Organspende ja oder nein, für Buddhisten?

  • Lobsang Soepa:

    Das Problem ist: Der Körper eines Organspenders ist nicht verrottende Biomasse, wenn der sogenannte Hirntod diagnostiziert wurde. Denn dann, wenn der Körper verrottenden Biomasse wäre, wäre er als Spender sofort ungeeignet. Der Organspender ist ein intakter, lebender Mensch mit einem beschädigten Gehirn. Da die Diagnose "Hirntod" in den letzten Jahren erst erzeugt wurde um die Organentnahme zu ermöglichen und die Standards für die Feststellung aus meiner Sicht lausig sind, bin ich nicht nur als Buddhist, sondern auch als Naturwissenschaftler wenig überzeugt. Gehen wir von einer Geist-Körper-Dualität aus, dann ist für keinen von uns klar, ob bei der Diagnose Hirntod der Geist den Körper verlassen hat, selbst dann, wenn die Diagnose wirklich sauber gestellt wurde. Das nicht geringe materielle Interesse an Organspendern vermag einen zur Annahme unlauterer Motive bei den Organentnahmeteams verführen. Selbst wenn wir solche materiellen Aspekte vernachlässigen, bleibt die Frage, ist der Geist unabdingbar mit der Diagnose Hirntod abgetrennt? Ein friedvoller Tod, würdevoll und freundlich für mich und meine Angehörigen, findet zu Hause statt, in Ruhe, möglichst im eigenen Bett, in Gegenwart von Freunden und Familie. Genauso ist es mit der Aufbahrung. Wir haben das in unserer Nachbarschaft nun im letzten Jahr dreimal erlebt. Es waren Situationen von spiritueller Intensität. Dagegen sind Sterbeprozesse auf der Intensivstation häufig und im Rahmen einer Organentnahme stets friedlos, würdelos, fern dessen, was wir miteinander im Leben teilten.


    Naja, irgendwie sind aber halt doch alle irgendwann verrottet - von fraglichen Ausnahmen die hier auch schon diskutiert wurden einmal abgesehen. "Tod" ist sicherlich kein unproblematischer Begriff (genauso wie "Leben"), und auch die Ausmachung eines Zeitpunkts. Du schreibst in einem anderen Post, "es gibt keinen Zeitpunkt, ab dem man Tod ist" und dann "einer Leiche kann man keine Organe entnehmen". Irgendeinen Unterschied gibt es ja wohl doch. Ob die Gleichung "Hirntod = Geist aus" stimmt oder nicht, keine Ahnung. Kenne aber auch keinen mich ernsthaft überzeugenden Gedankengang dazu. Und ja, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen ist sicher erstrebenswert - ob es friedvoll wird, glaube ich kann man nie wissen. Ich glaube nicht, dass hierzu eine allgemeingültige Regel oder Aussage möglich ist; ich denke jeder muss selbst seine Haltung dazu finden (und evtl neu finden).
    Sprich: ich vertraue und hoffe ganz einfach darauf, dass ich mein Ende in Frieden und einer angenehmen Umgebung nehme, und nicht überwacht in einer Klinik oder einem Rettungswagen oder dergleichen. Dass ich praktisch erst "erkaltet" gefunden werde; und dann ist es mir wurscht was mit dem Leib passiert. Was mich nicht mehr ängstigt sind halt Szenarien a la "ich sehe dann wie mein Leib ausgeweidet wird", "ich brauche den ganzen Körper für die Auferstehung" oder dergleichen. Wäre natürlich shit wenn ich mich irre und genau das passiert, aber immerhin habe ich dann angstfrei gelebt.
    Aber wie gesagt, ausgefüllt habe ich den Organspende-Ausweis noch nicht.

  • Lobsang Soepa:

    Eine für mich sehr spannende Frage ist folgende, liebe(r) Losang Lamo. Ist die Vorstellung "friedvoller Tod" oder "friedvoller Sterbeprozess" für Dich vereinbar mit der Vorstellung einer Organentnahme?


    Das ist sicherlich nicht einfach mit der Friedlichkeit. Ich würde die Organspende nur jemandem empfehlen, der den Mut hat, zu Lebzeiten darüber nachzudenken, es sich vorzustellen und sich dann dafür zu entscheiden. Organspende, nur weil man irgendwo nicht das "Nein" angekreuzt hat, halte ich für problematisch.


    Aber ich stelle mir vor, für meinen besten Freund würde ich so einer Organentnahme zustimmen und auf ein bisschen Frieden verzichten - bzw den Frieden im Inneren generieren. So stelle ich es mir vor.
    Was ich aber für meinen besten Freund bringen würde - warum sollte ich es nicht auch für einen Unbekannten können? Warum sollte ich nach Abneigung oder Zuneigung über Leben und Tod entscheiden?


    Es ist die Vorstellung von "Geben" - ein Paramita - und ich denke, mit dieser altruistischen Ausrichtung, werde ich den Bardo schon irgendwie überstehen.
    Es ist eine persönliche Entscheidung aus Mitgefühl.
    Das ist meine spirituelle Begründung. Mehr kann ich nicht erklären. :)
    _()_

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Ellviral:


    Ein Spenderausweis würde helfen ein endloses Maschinenleben schnell zu beenden. Wenn der Hirntod oder ein irreversibler Schaden festgestellt wird, würde mich die Gier nach meinen Organen aus den Fängen der Lebensrettenden "Ärzte" befreien. Gier kann also sehr nützlich sein. Das gibt mir genau das Argument einen Ausweis bei mir zu tragen. Ein Organrettungsarzt wird alles tun um mich um die Ecke zu bringen.


    lol von der seite hab ich das ja noch gar nich betrachtet :D


    ich persönlich möchte bei dem verlassen dieses körpers möglichst viel ruhe haben. nur weil das hirn ausschaltet, ist man noch nicht völlig weg. außerdem sehe ich es auch kritisch organe und damit warscheinlich eigene seelenanteile zu überlassen.

  • raterZ:
    Ellviral:


    Ein Spenderausweis würde helfen ein endloses Maschinenleben schnell zu beenden. Wenn der Hirntod oder ein irreversibler Schaden festgestellt wird, würde mich die Gier nach meinen Organen aus den Fängen der Lebensrettenden "Ärzte" befreien. Gier kann also sehr nützlich sein. Das gibt mir genau das Argument einen Ausweis bei mir zu tragen. Ein Organrettungsarzt wird alles tun um mich um die Ecke zu bringen.


    lol von der seite hab ich das ja noch gar nich betrachtet :D


    ich persönlich möchte bei dem verlassen dieses körpers möglichst viel ruhe haben. nur weil das hirn ausschaltet, ist man noch nicht völlig weg. außerdem sehe ich es auch kritisch organe und damit warscheinlich eigene seelenanteile zu überlassen.


    Ich habe diesen Gedanken schon mit mehren besprochen und es wird tot-ernst.
    Buddhismus und Seelenanteile!?!?!

  • ja klar. die seele als feinstofflicher astraler körper existiert! (schonmal astralreisen gemacht? :grinsen: )


    was buddha lehrte war das gegenteil von atman, die unzerstörbare, ewige essenz des geistes.. bezieht sich also auf das bewusstsein als unveränderlichen kern. buddha sagte, dass es nichts unveränderliches gibt, also ist dieser kern auch nicht ewig & unveränderlich (unendlichkeitsextrem). auf der anderen seite ist aber auch nicht nicht-da (nihilismus-extrem).
    die metaphysik ist eigtl. wurst, denn das problem steckt eben in dieser dualität zwischen ewigkeit & völliger vernichtung, die wir vor allem auch auf unsere psyche projizieren und damit ein "ego" generieren mit aversion & anhaftung (und leiden).


    wie man sehen kann, sind das alles drei völlig verschiedene paar schuhe..