Auf der Suche nach passenden Worten

  • Servus an alle,


    bei den Einsätzen unseres Kriseninterventions-Teams sind die betreuten Menschen in nahezu 100 % der Fälle mit dem Tod eines ihnen nahestehenden Menschen konfrontiert. Den meisten hilft es in dieser Situation, vom Verstorbenen bewusst Abschied zu nehmen - auch und gerade dann, wenn die Beziehung vielleicht schwierig war.


    Dabei tut sich oft eine spirituelle Dimension auf, die irgendwie aufgegriffen werden will. Nun gehören die Hinterbliebenen aber unterschiedlichsten Religionen (manchmal auch keiner) an, sodass ich auf der Suche nach einem geeigneten „überkonfessionellen“ Text bin.


    Was haltet ihr in diesem Zusammenhang von folgendem Rilke-Gedicht? Wäre es für einen „klassischen“ Buddhisten (Shin-Buddhisten sollten damit eigentlich keine Schwierigkeiten haben) zumutbar?



    Herbst


    Die Blätter fallen, fallen wie von weit,

    als welkten in den Himmeln ferne Gärten;

    sie fallen mit verneinender Gebärde.


    Und in den Nächten fällt die schwere Erde

    aus allen Sternen in die Einsamkeit.


    Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.

    Und sieh dir andre an: es ist in allen.


    Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen

    unendlich sanft in seinen Händen hält.



    lg copter

  • Ich bin kein (nicht ausschließlich) Buddhist, aber auch kein Nicht-Buddhist ..

    Religionen hatte ich viele... keine schien zu passen, wenn ich wusste was nicht passt.



    Herbst


    Die Blätter fallen, fallen wie von weit,

    als welkten in den Himmeln ferne Gärten;

    sie fallen mit verneinender Gebärde.

    Herbst ist eine der Jahreszeiten und sie ist nach drei der vier Jahrezeiten immer wieder da (vereinfacht gesagt), egal wie ich mich als Mensch gerade fühle. Im Sommer kann ich herbstliche Gefühle haben, sowie im Winter wieder auch sommerliche...
    Schaue ich nicht so sehr auf die Symbole, sehe ich den natürlichen Kreislauf des Lebens - bei den Pflanzen, durch Himmel und Erde der Planeten, bei den Menschen... all das beobachtet man wohl auf der ganzen Welt gleichermaßen - die Naturgesetze erscheinen in Europa gleich, in Asien gleich, auf dem Mars gleich. Darin kann man sich verbunden fühlen //


    Und in den Nächten fällt die schwere Erde

    aus allen Sternen in die Einsamkeit.


    Als schwere Erde war ich nicht der Planet, sondern die Erde die uns alle nährt... aus ihr wachsen Pflanzen, Tiere können Essen, es werden Früchte geerntet. Bis zur Ernte ist es ein langer Weg und die Früchte trägt das Leben - du kannst auch mit einem schrecklichen Gefühl bereits den Weg der Frucht, des Lebens gehen, unwissend, vollkommen. Und aus allen Sternen fällt sie in die Einsamkeit. Erst war da Licht und dann, aus allen Sternen heraus in die (dunkle) Einsamkeit - die schwere Erde, wir selbst vielleicht ...


    Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.

    Und sieh dir andre an: es ist in allen.

    Ja wir alle fallen, so wie wir jeden Abend ins Bett fallen, schlafen und nicht bei Bewusstsein sind (Analyse). Jeder Mensch schläft, also wieder etwas mit dem ich verbunden bin, denn es ist ganz normal. Wir alle fallen so wie diese Hand da fällt - wirklich - auch die Hand des Körpers, die teils als eigene Hand gesehen werden kann - es ist in allen - diese Wirklichkeit - diese Klarheit - wir alle - verbunden - weil das eine in alles andere ist, das kleine im großen wiederfindbar ist etc. Wieder fühle ich eine tiefe Verbundenheit und muss nicht erklären warum - die Hand verbindet - diese normale Hand.


    Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen

    unendlich sanft in seinen Händen hält.

    Vielleicht, dass wir alle fallende Hände sind, wissentlich nicht fallen sondern einfach nur so, ohne Spannung. Einfach so, die Hände fallen - keine Kraft, kein Gedanke - Gravitation wirkt - die Natur ist -

    Und dann ist einer (der Eine eins) - der dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält, einfach so ohne Anstrengung, auch wenn er das nicht gleichzeitg sagen, denken, zeigen kann. Was bereits ist kann nicht (gleichzeitig) sein (oder so)... Liebe ist einzigartig, vollkommen.


    (Ende der Analyse)


    Vielleicht hat dich meine Auffassung interessiert, auf der anderen Seite wollte ich mich vor dem Mittag mal dran versuchen. Ich war früher nie gut im Texte analysieren, aber vielleicht reicht es wieder für ein bisschen mehr Farbe und Farbkombinationen :) Das Gedicht ist echt wunderschön und ich finde es toll, dass Du dich mit Menschen beschäftigst, hilfst, für sie nach den richtigen Worten suchst. Mein Herz sieht, dein Handeln ist schon Wort genug ...


    Danke

  • glückauf joris - Google Suche


    Dieses Sterbe/Totenlied zwingt mich daran zu glauben mich nach Wiedergeburt zu sehnen um den der so tief verschütte, ist wieder zu finden.

    Das Versprechen gilt: "Solang‘ es dunkel bleibt, werd‘ ich an deiner Seite sein. Es geht, geht auf, geht auf, geht aufwärts."

    Es hilft mir mir einzubilden das ich ihn atmen höre im vollen Bewusstsein das es nicht ist.


    Trauer erlauben im Schweigen und ganz da sein ist die beste Hilfe.

    Heilige Worte machen alles schlimmer.

  • _()_

    Du hast dir eine schwierige aufgaber geholt :erleichtert:


    Wenn nun die Frage nach einer gewissen Spiritualität auftaucht könnte man in Versuchung Geraten den eigenen glauben (wen auch nicht bewusst und verschlüsselt) dar zu bieten um dem betroffenen zu helfen.

    Dies könnte aber auch zu Problemen führen. Wenn man die Leute Dan fragt was sie gLauben was nach dem Tod kommt Dan kAnn man immernoch tröstend in die vorstellung mitwirken.

    Glaubt der eine ans Paradies kann man ihm sAgen das dOrt sicher Gelegenheit sein wird alles zu klären oder zusammen zu sein (Achtung gegebenenfals einstreuen das suizid nicht zwangsläufig eine gute Idee ist / eigentlich fast nie)

    Wenn jemand glaubt daß danach nichts kommt Dan ist mit dem Verstorbenen alles was zu klären ist mit gestorben und beim eigenen sterben wird der letzte Konflikt auch vergehen.

    Wenn jemand an Wiedergeburt glaubt dann nAha das weißt du selber denk ich besser als ich:grinsen:.

    Was mir wichtig scheint ist das Zuhören und im Einklang mit dem gehörten und gefühlten zu helfen. Wenn du jemanden tröstet ist die Konfession und der glaube aber manchmal auchbedeutungslos und eine ehrliche Anteilnahme und richtiges zu hören fiel wertvoller.

    PS wenn die fiel mit trauernden Christentum tun hast da gibt es ein Buch das zumindest für reformierte sicherlich lesenswert ist (Reise in die Unsterblichkeit 1 und 2) hat mir mein Psychologe Mal empfohlen:erleichtert:_()_

  • Danke für alle Hinweise und Anregungen!


    lg copter

  • @copter


    Ich finde das Gedicht ganz wunderbar und für deine Verwendung wirklich gut geeignet!


    _()_ User19823

  • Mir ging es früher oftmals so das ich auf den vielen Beerdigungen die in kurzen Abständen von Familie und Freunden nacheinander folgten, noch gar nicht in emotionalen Lage war so richtig aufmerksam zuzuhören.


    Doch einmal bekam ich dann mit das (verstorbener) Bruder und Sohn im Text verwechselt wurden.

    Das war ziemlich verwirrend und natürlich alles andere als leicht.


    Was jedoch immer sehr warm und leicht aufgenommen werden konnte war eine wohlwollende, liebevolle und echte Stimme, langsam und ruhig gesprochen.


    Ein Text gesprochen mit Mitgefühl war so wertvoll wie eine Umarmung.

    In dieser Situation, in diesen Momenten.


    Heilsam und Friedvoll.


    So wünsche ich Dir für diese Momente ebenso viele Umarmungen von all den Menschen zu dehnen Du sprechen darfst.


    In Metta🙏

  • Namaste!


    Wenn man es nicht mit rein-materialistischen Menschen zu tun hat, dann empfinde ich das Rilke-Gedicht als sehr passend und universell. :like:


    Es ist wahrscheinlich passender und ermutigender als Rennyo Shonin's Brief "Graue Asche" und auch leichter zu verdauen als Zitate aus dem Herz-Sutra. ;)


    < gasshô >


    Benkei


    Namo-Amida-Butsu

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube es gibt zwei verschiedene Situationen.

    1. Wenn Leute mit dem Tod konfroniert sind, sind sie ja erstmal oft verwirrt und vor den Kopf gestoßen.
    2. Mit der Zeit (in einem Trauerprozess) lernt man dann mit der Situation immer besser umzugehen.

    Mir kommt es so vor, als passt das Rilke Gedicht für die zweite Situation, wo man schon einen gewissen Abstand gewonnen hat, und das Sterben als etwas Natürliches (wie das Welken der Blätter) akzeptiert werden kann.


    Wenn ich mich dagegen in einen Menschen in der ersten Situation hineiendenken, dann kann der ja mit welkenden Blättern vielleicht (noch) nicht viel anfangen. Und was er emotional braucht, ist eher, dass er sich in seinem Empfinden unterstützt fühlt. und dieses Empfidnen ist vielleicht, dass es schrecklich ist, dann ein mensch aus der Mitte gerissen wurde, Man ist schlecht drauf sein und hat komische, widerstrebende Gefühle. Da wäre es ja gut, wenn man an dieser Stelle abgeholt würde. Das Rilke Gedicht kann da , indem es eine fortgeschrittene Phase des Trauerprozesses ausdrückt - falsch tönen.


    Von daher glaube ich - das man für Leute in der ersteren situation nochmal ein anderes - weniger ausgegelichens - Gedicht braucht.

  • Servus an alle,


    weil ich ein gewisses Interesse an der Tätigkeit von Kriseninterventions-Teams bemerke, hier ein paar allgemeine Informationen:


    KI-Teams - wie ich sie kenne - übernehmen dann, wenn eine kurze (wenige Stunden) psychosoziale Betreuung unmittelbar nach einem „kritischen“ Ereignis wünschenswert erscheint und von den Betroffenen tatsächlich gewünscht wird. Typische Indikationen sind:


    · Plötzlicher Tod, schwerer Unfall, schwere Verletzung oder Erkrankung (Stichwort Reanimation)

    · Suizid(versuch)

    · Plötzlicher Kindstod (SIDS)

    · Raubüberfall am Arbeitsplatz

    · Vermisste Person

    · Überbringung der Todesnachricht (mit Polizei/Arzt)

    · Verlust der Lebensgrundlage (Brandfall...)

    · Großschadensereignis, Katastrophe


    Es handelt sich dabei um einmalige Kontakte, meist unmittelbar vor Ort und zeitlich auf wenige Stunden befristet. Reicht das für eine erste Stabilisierung und eine vorsichtig positive Prognose nicht aus, setzen andere Dienste die Betreuung fort. Die psychosoziale Akuthilfe entwickelt sich damit in Richtung längerfristiger Psychotherapie.


    Das durchaus beschränkte Ziel der Krisenintervention ist also, Betroffene wieder einigermaßen entscheidungs- und handlungsfähig werden zu lassen und ein soziales Sicherheitsnetz (Familie, Freunde, Kollegen, Nachbarn...) für die kommenden Stunden (möglichst bis zum nächsten Morgen) einzurichten. In aller Regel sind dabei 2 Grundszenarien zu unterscheiden, die sich allerdings häufig überlappen:


    · Trauma: Traumatisierte Menschen brauchen vor allem Sicherheit. („Gift“ ist hier, jemanden in einer solchen Situationen allein zu lassen!)

    · Trauer: Trauernde brauchen Rituale: Verabschiedung vom Verstorbenen, gemeinsames Gebet oder stilles Gedenken, Verbundensein mit anderen, Entzünden einer Kerze, Sargbeigabe, Erinnerungsbox...


    Für das zweite Szenario habe ich einen stimmigen Text gesucht und oben zur Diskussion gestellt. Natürlich passt er nicht für alle Trauersituationen, persönlich sagt er mir aber zu, weil er nicht „penetrant religiös“ daherkommt und doch diese Dimension anspricht.


    lg copter

  • Suche nach passenden Worten ist eines meiner größten Hindernisse gewesen. Es gibt keine, ist die anfangs erschütternde Erfahrung.

    Aber was soll ich tun? Zeigen, auf das, was jetzt da ist, alles erkennen, was jetzt da ist, welche Gedanken überlagern den Schock beim anderen?

    Mein Bruder hat wohl schon vor einem Jahr gewusst, was mit ihm geschieht, er hat alles, was das Leben seiner Frau so weiter laufen lässt gerichtet. Sie ist sicher, nur eben ohne ihn. Weil die Familie das weiß, besser, weil sie sich sicher ist das das Leben der Frau meines Bruders sicher und geborgen ist, könne alle sich um die körperliche wärme und Sicherheit sorgen. Alles kann sich auf die Hinnahme und das weiterziehen und wieder erscheinen des Schmerzes konzentrieren. Dafür braucht es nicht ein Wort, nur gute Ohren und Hände.

  • Das geht immer! Da gibt es keine Ausrede. Doch eine gibt es, die angst die wohl behütete Grenze des Anstandes zu schützen. Die Normen und Regeln dieser Gesellschaft erlauben keine Nähe von Menschen einfach so. Es treffen Personen aufeinander und die sind Nie Menschen die sich einfach so begegnen. Darum fehlen die Worte wird nach Worten gesucht wo keine Worte helfen und man sagt: "Herzliches Beileid" "tut mir leid dein Leid."usw. und geht mit einem Schamgefühl nichts geleistet zu haben für den Menschen oder zufrieden seine "Schuldigkeit" getan zu haben. Gedichte und Musik usw. helfen nur, wenn sie mit Schweigen ganz nahe dem Adressaten gemeinsam gelebt werden. Von wem soll ich das lernen, mit wem üben, wenn die die das wissen oder wussten und können müssten nicht mehr im gemeinsamen Leben sind. Alle gut Versorgt, Sorgenlos kann ich sie vergessen. Was macht es dann schon, wenn ich Worte finde die nur weh tun.

  • Worte sind so leicht gesagt,...

    Man bedient sich der Vollkommenheit der Worte... Worte... wieder Worte... jedes Wort wie eine Blüte... so einzigartig, vollkommen.

    Und nie wird es sie passend geben,... in Relation vielleicht (aus der Vollkommenheit gerissen), vorsicht obacht!

    Sieh nicht mit den Augen, sondern mit dem Herzen.

    Immer passt etwas, immer passt etwas nicht.


    Wir wollen scheinbar kein Ende, bei dem Worte passen..

    Auch das unpassende ist gleichermaßen, wie das passende - suchen ist anhaften/ existenz glaubt

    Stets (schon) (mir) passend - kann nicht sein! Unwahr! Denke ich auch nicht... quatsch!


    Unpassende Worte waren immer (auch) Grund wieso wir uns (weiter) unterhalten (haben) sagte das Herz.

    Genau wie alles unpassende ein Anlass ist zu achten, zu lernen, zu entwickeln... sagte das Herz.

    immer hin zu dem was bereis (ver)wirklicht, (deshalb) nicht zu erreichen, IST es bereits passend und unpassend -

    Liebe, einfach so :) Ich liebe dich, so unscheinbar, in allem was du bist :)


    Passende Worte... dabei IST jedes Wort bereits (bevor du es zerdenkst).

    Und es IST immer (bereits) passend in sich, es passt sich selbst... könntest du es sonst erfahren?

    Passt du dir selbst? Wem passt es dann? Passt es nicht (vielleicht auch) so (unpassend)?


    *hihi*


    Für die Fortsetzung scheint es wie Gift,

    das tun als ob "Worte unpassend" wie "passend" (einseitig) seien "könnten" ...

    Wir werden es ohnehin weiter versuchen, so tun als ob etwas passend oder unpassend sein könnte...


    Eigentlich ist mir jetzt wieder alles unwichtig... in einer Frage scheint es etwas zu geben...


    Vertrauen wir uns?

    Einmal editiert, zuletzt von fck.you ()