Der edle Pfad, praktisch gesehen

  • „Der arbeitende Ochse ist sich seiner Stärke ebenso wenig bewusst wie sich der Mensch seiner Schwäche.“
    Dies Sprichwort mag auch verstanden werden als ein Hinweis auf die Eigenart des Menschen, sich selbst gelegentlich zu überschätzen. Diese Selbstüberschätzung wiederum mag entweder eine zu hoch gesteckte Zielsetzung oder eine unklare Sichtweise als Ursache haben. Gerät man auf solche Weise ins Stolpern, ist meist Frust und Aufgabe die Folge. Denn Menschen stolpern nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel... ;)
    Der 8-fache Pfad ist ein Weg zur Überwindung des Leidens und zum Ausstieg aus Samsara. Für die buddhistische Praxis möchte ich eine differenzierende Betrachtung anbieten, um das, was erreicht werden kann, noch etwas zu staffeln.
    Die ersten beiden Regeln (die rechte Einsicht und die rechte Gesinnung) beziehen sich beide auf den Ausgangspunkt des menschlichen Handelns, also unserer eigenen Handlungen.
    Die Regeln 3 – 6 (rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt) lassen sich als ein moralisches Regelwerk verstehen, welches menschlich-sittliches, ethisches Verhalten bekräftigt. Und bis hierher geht es noch nicht um den Ausstieg aus der Dualität, aus der Polarität, aus dem Kreislauf der Wiedergeburten.
    Erst die beiden letzten Regeln (rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und Konzentration) beziehen sich auf ein mentales und spirituelles Training, welches den Zugang zu einem erweiterten, tieferen Bewusstsein und so einer im buddhistischen Sinne realistischeren Betrachtung der Welt dienlich sein soll.
    So mag ein jeder für sich seine Motivation haben, den edlen Pfad zu gehen. Auch, wenn er nicht in seiner ganzen Fülle verstanden oder praktiziert wird: Diesen Pfad zu wählen ist in jedem fall eine gute Wahl!
    Grüße,
    Wusheng

  • Die verschiedenen Glieder des Achtfachen Pfades greifen alle ineinander, bedingen sich gegenseitig. In meinen Augen ist der Pfad nur sinnvoll in seiner Ganzheit zu gehen. Wobei allein die Beachtung der sittlichen Regeln natürlich schon segensreich wäre. Herausgelöst aus dem Kontext des gesamten Pfades können die ethischen Komponenten des Pfades sich allerdings nicht voll entfalten. Wie gesagt, die Glieder des Pfades stehen in einem komplexen Bedingungszusammenhang. Keinesfalls ist der Achtfache Pfad ein Stufenweg.


    LG
    Onda

  • Onda:

    Keinesfalls ist der Achtfache Pfad ein Stufenweg.
    Onda


    Nein, ist er nicht, er hat eine sanfte Steigung...
    Wusheng

  • wusheng:
    Onda:

    Keinesfalls ist der Achtfache Pfad ein Stufenweg.
    Onda


    Nein, ist er nicht, er hat eine sanfte Steigung...
    Wusheng


    Kann es sein, dass du das Bild eines linearen Pfades vor Augen hast (Von A nach B, erst 1, dann 2, dann 3 usw...)?
    Onda

  • Onda:


    Kann es sein, dass du das Bild eines linearen Pfades vor Augen hast (Von A nach B, erst 1, dann 2, dann 3 usw...)?
    Onda


    Nein, nicht im linearen Sinne. Ich sehe es aus der Sicht des spirituellen Wachstums, und das braucht nun einmal Zeit und läßt sich als eine Art der Steigerung empfinden.
    Gruß, Wusheng

  • wusheng:
    Onda:


    Kann es sein, dass du das Bild eines linearen Pfades vor Augen hast (Von A nach B, erst 1, dann 2, dann 3 usw...)?
    Onda


    Nein, nicht im linearen Sinne. Ich sehe es aus der Sicht des spirituellen Wachstums, und das braucht nun einmal Zeit und läßt sich als eine Art der Steigerung empfinden.
    Gruß, Wusheng


    So empfinde ich es auch. Als Buddhist bin ich noch zu sehr Anfänger, um viel dazu sagen zu können. Aber da ich als Agnostiker nicht an Verhaltensrichtlininien gebunden war, hatte ich freie Wahl, wie meine Lebensphilosphie aussehen soll und wie ich Moral und Ethik definiere. Habe darüber auch viele Jahre mit Christen (die ihre Religion gerne schonmal als Begründer von Moral generell darstellen), Atheisten und weiteren Agnostikern diskutiert.


    Über die Jahre hinweg, hat sich daraus eine Denkweise entwickelt, die mir die Entscheidung für den Buddhismus und damit auch den edlen 4 Wahrheiten, dem 8-fachen Pfad und die 5 buddhistischen Grundregeln, als eine gute Wahl darstellt. Selbstverständlich habe ich ohne Buddhismus nicht allem einen Namen gegeben oder gezählt und nummeriert, aber die Grundsätze stimmen sehr stark überein.


    Es muss nicht gleich schädlich sein beim 8-fachen Pfad Prioritäten zu setzen, aber aber ganz unbeachtet sollte man keinen der 8 Punkte lassen.

    Nichts ist wie es scheint, aber alles ist wie es ist.

  • Ergänzung zu den Abstufungen des 8-fachen Pfades:
    Es ist nicht einfach, die konventionelle Ebene, auf der wir die Realität und uns selbst erleben, zu verlassen, bzw. überhaupt die Notwendigkeit zu begreifen, warum wir dies überhaupt tun sollten.
    Das Mantra der Vollkommenheit der Weisheit im Herz-Sutra enthält dessen implizierte Bedeutung über die fünf Stadien auf dem Weg zur Buddhaschaft: Ansammlung, Vorbereitung, Sehen, Meditation und Nicht-mehr-lernen. „In dieser Weise, Shariputra, sollte sich ein Bodhisattva-Mahasattva in der tiefgründigen Vollkommenheit der Weisheit üben.“
    Im ersten Stadium wird die Erkenntnis der Leerheit aus dem intellektuellen Verständnis heraus entstehen. Durch die Meditation darüber wird sich diese Erkenntnis vertiefen. Irgendwann wird das Verständnis klarer, der Gebrauch von Konzepten geht zurück, bis man in den Pfad des Sehens eintritt. Bis alle Trübungen und Verdunkelungen beseitigt sind, ist viel Praxis nötig. Für die absolute Erkenntnis wird Bodhicitta entwickelt werden müssen für die vollständige Erwachung, sonst ist man kein Bodhisattva.
    Aber hier bewege ich mich schon längst in Bereichen, in die meine persönlichen Erfahrung nicht reicht. Aber es bleibt in meinem Verständnis ein Pfad, der eben auch einen Anfang und eine Richtung hat…und eine Steigerung.
    Grüße, Wusheng

  • Hi Wusheng !


    Meiner Meinung nach beziehen sich alle Glieder auf ein "mentales und spirituelles Training, welches den Zugang zu einem erweiterten, tieferen Bewusstsein und so einer im buddhistischen Sinne realistischeren Betrachtung der Welt dienlich sein soll ". Es greift eins ins andere über, keine Stufen, keine Grenzen, keine Bedeutungshoheit. Da hat Onda sehr recht.


    Ich hab das erst sehr viel später kapiert, über den Umweg der christlichen und Sufi- Mystik.

  • Onyx9:

    Hi Wusheng !


    Meiner Meinung nach beziehen sich alle Glieder auf ein "mentales und spirituelles Training, welches den Zugang zu einem erweiterten, tieferen Bewusstsein und so einer im buddhistischen Sinne realistischeren Betrachtung der Welt dienlich sein soll ". Es greift eins ins andere über, keine Stufen, keine Grenzen, keine Bedeutungshoheit. Da hat Onda sehr recht.


    Ich hab das erst sehr viel später kapiert, über den Umweg der christlichen und Sufi- Mystik.


    Hallo Onyx9
    Mir geht es um den Hinweis auf das spirituelle Wachstum. Natürlich ist der edle Pfad nur in seiner Gesamtheit der "edle 8-fache Pfad", gar keine Diskussion darüber. Aber alle ersten 6 Pfade des 8-fachen Pfades sind für meine Erkenntnis Vorstufen für die letzten beiden Pfade. Denn hier geht es nicht mehr um das alltägliche Denken und das alltägliche Handeln, sondern um die wirklich verstandene Bewusstheit über die mentalen und emotionalen Prozesse des Daseins. Hier beginnt der spirituelle Pfad und die Befreiung von der Unbewusstheit. Ich mag nicht wirklich von mir behaupten, dass ich tiefe Erkenntnisse auf dieser Ebene erworben habe, bzw. mich von der Polarität befreit habe.
    Aber Danke für Deine persönliche Antwort, Onyx9.
    Gruß, Wusheng

  • Hi Wusheng,


    Ich versteh dich schon; es ist auch normal es so zu verstehen und abstufen zu wollen,
    aber die einzelnen Glieder bedingen sich gegenseitig in ihrer Qualität.
    Durch die beiden letzten werden die vorherigen erst wirklich "recht", sie werden aus dem alltäglichen Herausgehoben.
    Ein Buddha wird niemals etwas unrechtes tun oder sagen, weil er aus einem bereits existierenden, inhärenten Gesetz heraus handelt und spricht.
    Der achtfache Pfad ist keine Formalie, er ist ein universelles Gesetz.


    Das Wort "Recht" bezeichnet eine Totale, ein einsichtiges Wissen, ein intuitives, spontanes, immer "gutes"- rechtmäßiges Handeln, Denken, Sprechen.
    Die einzelnen Glieder bedingen sich gegenseitig in ihrer Qualität, sie verfeinern sich, in jedem einzelnen klingt ein Satz durch:
    Alles ist EINS.


  • Genau so seh ich das auch!

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha


  • Jou, wir verstehen uns... ;)

  • Wusheng,


    Zitat

    Der edle Pfad, praktisch gesehen


    Der Edle Pfad ist Praxis.


    Zitat

    Für die buddhistische Praxis möchte ich eine differenzierende Betrachtung anbieten,


    Da bist Du 2500 Jahre zu spät mit Deinem Angebot, denn das hat bereits der Buddha selbst getan mit den Drei Schulungen: Sittlichkeit, Sammlung und Weisheit, die den Achtfachen Pfad beinhalten und diesen darin auch aufteilen. Dabei bedingen sich alle acht Bereiche des Pfades und sind keine stufenweise Steigerung.


    Zitat

    Erst die beiden letzten Regeln (rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und Konzentration) beziehen sich auf ein mentales und spirituelles Training, welches den Zugang zu einem erweiterten, tieferen Bewusstsein und so einer im buddhistischen Sinne realistischeren Betrachtung der Welt dienlich sein soll.


    Es bedarf der Anstrengung, Achtsamkeit und Konzentration, um einerseits die Sittlichkeit einzuhalten und andererseits zur Einsicht zu kommen. Wie sieht denn das mentale und spirituelle Training im Wushu Chan von Shaolin aus?


    Beth

    Nichts ist gewisser als der Tod, nichts ungewisser als seine Stunde (Anselm von Canterbury, 1033-1109)

  • @ Beth:
    Na, in der buddhistischen Praxis im Chan sieht es natürlich genauso aus. Und dass hier nicht ein ein Stufenmodell vorgestellt wurde, hab ich doch eindeutig erklärt, gelle?
    Für die Kommunikation in diesem Forum hab ich meine Gedanken vorgestellt, da mir der Umgang mit der Weisheit des edlen Pfades doch hinsichtlich der spirituellen Entwicklung manchmal ein bisserl schnell ist. Ich für meinen Teil bin Praktiker und glaube bei einigen Usern auch wirkliche Praxis und persönliche Erfahrung hinter ihren Posts zu spüren. Da ich die Möglichkeit des Austauschs in einem Forum grade dafür schätze, dass man eben durch andere User Inspirationen bekommt, war es mir ein Anliegen, auf eben das spirituelle Wachstum hinzuweisen, das man eben durch die Praxis erfährt.
    Danke für deine Antwort, beth.
    Gruß, Wusheng

  • Wusheng,


    ich sehe meine Frage an Dich nicht beantwortet.


    Beth

    Nichts ist gewisser als der Tod, nichts ungewisser als seine Stunde (Anselm von Canterbury, 1033-1109)

  • Beth:

    Wusheng,


    ich sehe meine Frage an Dich nicht beantwortet.


    Beth


    Beth,
    ich sagte doch: "Genauso!" Also ebenfalls Anstrengung, Achtsamkeit und Konzentration. Ich habe die von Dir gewählten Worte benutzt. Langt Dir das nicht? Oder fragtest Du nach "welche Übungen welche Methoden"? Dahingehend hatte ich Deine Frage nicht verstanden. Wenn Du magst, frag noch einmal, ich antworte gern.
    Hezang, Wusheng

  • Lieber Wusheng,


    das Wort Training sagt ja bereits aus, dass es sich um Übung handelt. Deshalb die Frage: Wie sieht das mentale und spirituelle Training im Wushu Chan von Shaolin aus?


    Gruß Beth

    Nichts ist gewisser als der Tod, nichts ungewisser als seine Stunde (Anselm von Canterbury, 1033-1109)

  • Beth:

    Lieber Wusheng,


    das Wort Training sagt ja bereits aus, dass es sich um Übung handelt. Deshalb die Frage: Wie sieht das mentale und spirituelle Training im Wushu Chan von Shaolin aus?


    Gruß Beth


    OK, Frage verstanden. Ich nehme sie zum Anlass und werde in meinem Thread "Wushu-Chan, wie praktisch..." da etwas zu posten. Danke für die Anregung. Wenn Du magst, werde ich Dich per PN darüber informieren. ;)
    Gruß,
    Wusheng

  • Lieber Wusheng,


    Du kannst mich immer per PN kontaktieren.


    Gruß, Beth

    Nichts ist gewisser als der Tod, nichts ungewisser als seine Stunde (Anselm von Canterbury, 1033-1109)

  • ähm, heute ist mir noch eingefallen, dass es doch acht-facher-Pfad heißt, also wie ein fächer.
    is schön wenn die wörter wie die faust aufs auge passen. :D