Beiträge von diamant

    Nils:

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    Buddha hat von seinen früheren Inkarnationen berichtet.


    Die Stellen, wo er ein Insekt war, hätte ich gern mal benannt.


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    Er ist durch die Energie mit allen Wesen verbunden und ist dadurch eins mit allen Wesen.


    Im Zen wird das Alleinseins in der Regel als "kosmisch" empfunden, man ist also keineswegs nur mit lebenden Wesen eins, sondern mit allen Dingen und Phänomenen. Das gemeinsame Kennzeichen dieser Phänomene ist shunyata, nicht Energie.


    blue: Eines, was du nicht begreifst, ist, dass man nicht ständig seine "Abneigung" gegen andere pflegen, also nähren sollte. Hier verwirklicht sich Karma. Das ist auch noch "nicht lange her", das hast du erst die Tage gemacht. Wenn du das verstehst, dann vielleicht auch den Unterschied zwischen einem Verbundensein in der Erkenntnis der gemeinsamen Natur und einem dualistischen Denken. Diese Sicht und Erfahrung - das Verbundensein - hat nichts mehr mit "Abneigung" zu tun. Das, was du als Abneigung bezeichnest (Meinungen), ist im schlechten Fall Hass und im besten Fall Unterscheidungskraft, aber es unterscheidet sich als Phänomen in seiner Natur nicht von den anderen: Es ist vergänglich und "leer". Ein Spiel im Samsara. Letztlich ist es also deine Abneigung, die "unwahr und wertlos" ist. Auch darin unterscheidest du dich nicht von mir. Nur im Grad des Verständnisses derselbigen, und in der Fähigkeit, davon lassen zu können.

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    Man müsste die genauere Geschichte dahinter kennen und warum er etwas sagte


    Hierzu ein Hinweis auf eine Diskussion, die Bhikkhu Bodhi letztes Jahr mit Bhikkhu Thanissaro zum Thema "Krieg und Frieden" hatte (auf Englisch): http://www.inquiringmind.com/Articles/WarAndPeace.html und http://www.inquiringmind.com/Articles/BhikkhuLetters.html . Bodhi ist der Meinung, dass der Buddha nicht für alle zukünftigen Situationen, sondern nur für ihm bekannte Umstände Lösungen bzw. ihm zugetragene Probleme aufzeigte. Von daher hält er den Vorwurf von Thanissaro, dass man dies und das nicht im Palikanon fände, für wenig hilfreich. Man fände eben nicht auf alles eine Antwort und müsse für manches aktuelle Problem selbst eine schaffen.

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    bitte vergiss den Wikipedia-Quatsch.


    Jeder kann diesen Quatsch umschreiben und zusehen, ob er damit durchkommt ...


    Ich hoffe, Sherab, Deine Frage ist zunächst einmal beantwortet. Darum erlaube ich mir, auf Details einzugehen und Sudhana zu fragen:


    Was genau haben denn Dôgens Mönche aus dieser Vorstellung der "helfenden Hände und Augen" gemacht? Abgesehen vom Klosterleben, meine ich.


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    Das findet sich auch schon im "formlosen dreifachen Studium" bei Huineng.


    Wo und in welcher Fassung?


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    es handelt sich um zwei verschiedene Übertragungslinien, die beide auf Huineng (jap. Daikan Enō, 638 – 713), den sog. 6. Patriarchen zurückgehen


    Dies ist eine typische Sôtô-Sicht. Dôgen hat durch seine Kritik an Hui-neng (zum Beispiel an seiner Auffassung des Erwachens, jap. kenshô) diese Verbindung im Grunde zunichte gemacht. In den Texten der Tang-Zeit findet sich noch eine orthodoxe Linie, erst in der Sung-Zeit hat man dann mehrere auf Hui-neng zurückgeführt. (siehe Steven Heine: Dogen and the Koan tradition) Für Dôgen ist das wichtig, aber wie ich andernorts ausgiebig darstellte, hat Dôgen eine Kernlehre Hui-nengs entscheidend verändert/umgedeutet. Aus diesem Grunde musste er auch Hui-neng kritisieren, um seine eigene Deutung zu stärken.

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    Alle Wesen haben Bewusstsein. In meinen früheren Leben war ich oft ein Tier, vom kleinen Insekt bis zum Säugetier. Das Bewusstsein war unterschiedlich, aber immer konnte ich Leid und Glück spüren. Ich strebte nach Glück und wollte Leid vermeiden.


    Dieser Wahn sei dir unbenommen. Aber er kann nicht die Grundlage einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Palikanon sein.
    Hat der Buddha selbst denn von seinen Insektenleben berichtet?


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    Wir sehen uns in allen Wesen


    Das halte ich für einen Fehler. Im Zen sieht man die Leere in allen Wesen. Das ist das Gemeinsame. Nicht die Gefühlsduselei.

    Gerade las ich wieder, wie selbstverständlich ein User die sila des Nicht-Tötens auf Tiere, in diesem Fall Insekten, anwendet. Dies betrachtet er als ethische Übung. Was aber steht überhaupt in dieser sila?


    Die erste Sila lautet:

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    Panatipata veramani sikkhapadam samadiyami


    Pana verweist z.B. nach Bhikkhu Bodhi offenbar auf jedes Wesen mit Atem und einem Bewusstsein. Eigentlich ist es der "Atem des Lebens". Pflanzen sollen nicht darunter gefasst werden. atipata ist Töten oder Verletzen. Woher Bhikkhu Bodhi das Bewusstsein nimmt, ist mir nicht ganz klar.


    Das erste Problem deutet sich damit nämlich schon an: Nach dem aktuellen Stand der Hirnforschung gestehen wir Bewusstsein bestenfalls einigen Säugetieren zu. Insekten nicht. (https://www.dasgehirn.info/den…ein/tierisch-bewusst-6082)


    Desweiteren findet bei Pflanzen die Photosynthese statt, die wir heute als passive Atmung (Austausch von Gasen) bzw. "Respiration" begreifen können. Zu Buddhas Zeiten gab es dieses Wissen wohl nicht. Demnach müssten wir heute korrekterweise unter die erste sila auch Pflanzen fassen, wenn wir schon Lebewesen ohne Bewusstsein miteinbeziehen - und müssten dann bei Befolgen der sila verhungern.


    Folglich sollte man verstehen, welchen Zweck die sila haben. Sie sollen Liebe, Respekt, Harmonie und Einheit erzeugen (siehe A.III,287; M.I.322, Ausgabe nach der Pali Text Society). Sich an diese sila zu halten wurde als Gabe (danani) gesehen, von der Gebender wie Empfangender profitieren würden, und zwar so: Wenn ein Edler die fünf sila praktiziert, dann verleiht er Freiheit von Furcht, Hass und bösem Willen an zahllose Lebewesen (nach A. IV, 246). An einer anderen Stelle nennt der Buddha dies förderlich für die Konzentration und Freiheit spendend. (A. III, 132).


    Denken wir mal einen Moment darüber nach, ob diese Dinge zutreffen können, wenn mit den Lebewesen tatsächlich Tiere gemeint wären. Verlieren Tiere prinzipiell ihre Furcht, ihren Hass (und kennen sie diesen überhaupt?), wenn man sie nicht tötet, oder geht es hier doch nur um den Ausübenden der sila, den Menschen? Wird etwa einem Insekt Konzentration geschenkt, wenn man es nicht tötet? Hier wird also schon klar, dass die sila in Hinblick auf diese Effekte gar nicht dem Nutzen der Tiere dienen kann, sondern allein dem der Menschen. Die Aussage, dass diese Effekte bei "zahllosen Lebewesen" zuträfen, ist widerlegbar. Die Motivation für das Verschonen von tierischem Leben wäre demnach menschlicher Eigennutz - die Harmonie unter den Menschen. Aber auch diese Harmonie würde recht schnell in Hungersnöten schwinden, wenn Menschen der Genuss von Fleich verboten würde. Eine solche Situation dürfte zu Lebzeiten Shakyamunis hinreichend bekannt gewesen sein. Also kann es nicht ums Verschonen von Tieren gegangen sein.


    Das Fazit ist: Die erste sila kann sich aufgrund weiterer Erläuterungen des Buddha nur auf das Nicht-Töten von Menschen beziehen (so man eine innere Logik des Palikanon sucht). Nach modernen Erkenntnissen wäre zu überlegen, ob man bestimmte hoch entwickelte Säugetiere darunter fasst (die Tiere, die wir gemeinhin zum Essen schlachten, gehören in der Regel nicht dazu). Insekten fallen gewiss nicht unter diese Regel. Wer die Regel allzu wörtlich auslegen will und den Zusammenhang mit den o.g. Textstellen leugnet, wird sich die Frage gefallen lassen müssen, warum er Pflanzen tötet.

    Sherab: Ich könnte mir denken, die Frage beruht auch auf Diskussionen hier. Neben der wohl eher nebensächlichen bevorzugten Sitzweise zur Wand hin bei den Sôtô-Anhängern beziehen sie sich im Wesentlichen auf Dôgen Zenji. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Lektüre von Hongzhi als einem "Vorläufer".
    Die Rinzais dagegen halten Huangpo, Linji und Hakuin in Ehren. Wie Du hier lesen konntest, gibt es einen entscheidenden Unterschied, allerdings nur, wenn man Dôgen so versteht, wie es hier exemplarisch durch bel, Thursday, blue geschieht (Ich behaupte, es geht auch anders): Nach Dôgen ist Zazen zweckfrei (eigentlich müsste es korrekt heißen, es geschieht als Selbstzweck). Die bei den Rinzai beliebte Kôan-Schulung ist jedoch eindeutiger als zielgerichtet zu identifizieren, so gibt es in einigen solcher Schulungen z.B. Abstufungen von Schweregraden der Kôan. Hier ist das Ziel unumwunden das Erwachen. Bei Dôgen "ist erwachen" - um Thursdays Formulierung aufzugreifen -, und das wird durch das Beispiel des Zazen verdeutlicht. Ich halte den Unterschied, wenn man Dôgen so versteht, für wesentlich, und diese Dôgenfraktion ebenfalls, wie Du daran erkennst, wie sie ihn mit Klauen verteidigen. Von Dôgen sind freilich nicht nur Kôan überliefert, sondern aus seinen Versen spricht auch eine Weisheit, wie man sie in denen großer Rinzaimeister findet. In der Vergangenheit hat sich eher das Rinzai-Zen mit der martialischen Samuraikultur verbunden, und auch die Ausbildung in den Klöstern soll (bis heute) rigoroser und auch "gewalttätiger" sein als üblicherweise in Sôtô-Klöstern (Muho hatte in jüngerer Zeit davon berichtet).


    Einige moderne Zenlehrer hatten das Problem nicht, dass Dôgen eine Weile mit den Rinzai hadern ließ. Kodo Sawaki zum Beispiel verband eine intensive Freundschaft mit dem Rinzaimeister Kozan Kato, wovon dieser biografische Roman erzählt: http://www.amazon.de/Dharma-Br…lish-ebook/dp/B004NBZLOC/

    Ich finde Benkeis Gedanken und Einwürfe immer wieder erfrischend. Ich wünschte mir mehr davon.


    Thursday macht hier einen Fehler. Der Autor des Essays fasst ja zig Positionen zusammen, die gar nicht von ihm sind. Und ich hatte hier früher schon gesagt, dass es die sinngemäß gleichen Thesen auch bei anderen gibt, etwa bei Steven Heine. Das ist ein Buddhologe. Kein Shin. Man sollte sich alles von ihm zu Dôgen reinpfeifen, in diesem Zusammenhang vor allem "Did Dogen Go to China?" (Oxford University Press 2006). Leider hab ich nicht das Geld oder selbst die Zeit, wissenschaftliche Werke komplett ins Deutsche zu übersetzen oder übersetzen zu lassen. Demnächst bemüh ich mich wenigstens mal um die ein oder andere weitere Zusammenfassung, als jeweils eigener Thread, nicht immer nur zitatemäßig eingestreut. Weil mir das ständige Selbschutzgerede von "Einzelmeinung" usw. auf den Senkel geht, fahr ich halt zunehmend auch mal andere Namen auf, damit man langsam erkennt, wie erdrückend anders die Ansichten von Leuten sein können, die sich nicht nach ihren Sôtô-Lehrern richten wollen. Ich habe hier aber - als Dôgen-Übersetzer - schon lange behauptet, dass man das auch durch reine Dôgenlektüre herausbekommen kann, ohne die Hilfe von Akademikern.


    Ich will auch noch etwas korrigieren. Da der Inhalt des Eihei Koroku aus Dôgens Spätphase stammen muss und wegen zahlreicher darin enthaltener Perlen und weniger Unsinn, als er sich im Shôbôgenzô zusammentragen lässt (auch wenn darin wiederum die größeren Höhepunkte und Glanzstücke stehen), ist die These der zunehmenden Verblödung Dôgens eher ketzerisch gemeint. Leider ist es wohl so, dass Dôgen in seiner Spätphase schlicht einen üblen Charakterzug manifestierte, er taktierte, er manipulierte, er lästerte, um sein eigenes Ding zu schützen und durchzubringen. Er war frustriert, dass er anderswo kein Bein mehr in die Türen der "Entscheider" und "Geldgeber" bekam. Diese These erscheint mir als die plausibelste.

    Die Idee ist prinzipiell interessant. Demnach könnte Dôgen eigentlich mit Laien nur die gemeint haben, die die Bodhisattva-Gelübde nicht angenommen hatten. Heute hat sich das ja verschoben. Viele, die nicht im klösterlichen Umfeld leben, haben sie angenommen.


    Aber das ist noch das Eihei Shingi, Dôgens eigener Vinaya, wenn man so will, die Klosterregeln für seine Mönchsgemeinschaft. Das hat dann doch große Unterscheidungskraft.


    Die Sache hat noch einen Haken. Dôgens Lehrer Myôzen hat die "Hinayana precepts" 1199 im Todai-ji angenommen, also schon sehr früh, nicht erst wegen der Chinareise. (Es steht vor der von mir zitierten Stelle bei Dumoulin, https://books.google.co.th/boo…myozen%20kenninji&f=false). Zu Dôgens Lebzeiten wurde auch ein Nonnenorden nach dem Vinaya in Japan begründet. Es war also durchaus nicht schwer, sich diese (klassischere) Ordination nach dem Vinaya zu besorgen.


    Vielleicht ist Dôgen ja tatsächlich Myôzens Dharma-Nachfolger. nicht der Ju-chings.

    Thursday:

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    wenn du da mal Selbst erkennen könntest


    Ich verstehe schon, Thursday. Du hast uns ja an Deinem eigenen Prozess der Selbst-Reflektion teilhaben lassen, und das funktioniert bei mir nicht anders - da ist etwas, auf das ich meine, reagieren zu sollen. Aber wie ich schon sagte, es ist eine bewusste Entscheidung, bei der ich auch Ärger und Wut als Motiv akzeptiere. Ich muss dann halt ggf. auch mal eine Zeile löschen, weswegen (und wegen der Tippfehler) meine Beiträge ja oft auch mehrere Fassungen haben. Wir können ja nun mal beobachten, dass das auch anders geht. Der Schalter im Hirn wird umgelegt. Das ist nichts Mysteriöses. Und statt persönlich wird eben "sachlich" reagiert. Sagen wir mal, so den Rest des Monats lang. Und vielleicht als Alternative noch: witzig. Allerdings macht mir das persönliche eben auch Spaß, und ich stehe dazu. Gerade habe ich gesehen, wie sich Rüdiger Safranski in einen Verriss des neuen Romanes von Jonathan Franzen reinsteigerte (ich bin da ganz bei ihm, ein überschätzter Autor), es war im "Literaturclub", und ich dachte mir, das hätte mir auch gefallen. Danach zuckte es ihn noch minutenlang in den Fingern.


    Ich gehöre nicht zu den Buddhisten, die das alles weghaben müssen. Ich akzeptiere, das das zu mir gehört. Es gibt eben auch Selbst. Das, worüber wir unsere Identität definieren wollen. Das war auch bei Shakyamuni und Sawaki nicht anders.


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    Wie also sieht deine Religion aus?


    Ich habe im Grunde keine. Ich verstehe darunter das, was man unter Wiki und im Lexikon findet. Ich habe mein Zen entreligiösiert. Aber natürlich wird ein Kritiker noch genug religiöse Anzeichen finden, weil schon die Erwähnung von Termini aus dem Zen oder von Erkenntnissen, die ja nur angelesen sein könnten, wiederum als Klischees erscheinen. Insofern, ja, eine Sicht auf die Welt habe ich natürlich auch, meine eigene, sozusagen dann meine eigene Religion, wenn du das gleichsetzt. Und da die sich mit vielen alten Zenhaudegen deckt, ist es wiederum auch nicht nur meine, und sie muffelt für manchen immer noch nach Religion. Das kann ich mir schon vorstellen.


    Ein gutes Beispiel, wie weit das bei mir geht, war das lange Gespräch mit dem Mann, der hier seit Dekaden lebt (und vögelt). Er beschrieb sich als Agnostiker. Ich sagte, ich sei es im Grunde auch, aber ich beschrieb die Einschränkung (das, was der Unbuddhist als das Transzendente verdammt). Allerdings mit dem klassischen Beispiel: Das Ausmaß meiner Gedanken und Gefühle an eine Frau (Liebe) führte zu den unwahrscheinlichsten Begegnungen mit ihr. Der andere meinte, das könne man doch erklären, mit Heisenberg. Und dann sprach er von der mir bekannten These, dass sich ein Ereignis an zwei Orten (versimpelt ausgedrückt, man kann es ja googeln) abspielen kann. Er führte es nicht weiter aus, aber möglicherweise wollte er eine Art Gedankenübertragung anhand eines Heisenbergschen Modells andeuten. Was mich nun von einem Religiösen unterscheidet ist, dass ich ihm sagte: Das Frappierende ist, dass diese Dinge keinerlei Sinn haben. Sie sind quasi chaotisch (aber eben nicht zufällig).


    Religion will aber vor allem Sinn stiften. Und, wie der Name sagt, irgendwie an etwas "binden".


    Für mich ist der Buddha tot. Ich habe ihn erledigt. Ganz, wie die Zenlehre es in meinen Augen vorsieht. Deshalb auch meine freche Kritik an diesem und jenem. Dennoch bin ich im Zen-Sinne ein Nachfolger Buddhas. Weil er ja - in dieser Richtung - genau so verstanden wird, als Befreier.


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    Mir erscheinst du als ein bindungsloses Wesen, dass sich nach Rechtfertigungen dafür umsieht


    Diese Schlussfolgerung folgt ja aus dem, was du vorher definiertest. Für dich ist Buddha-Nachfolge Bindung, für mich ist sie Ent-Bindung.

    Der Begriff "Rechtfertigung" fällt leider oft. Ist denn alles Rechtfertigung? Dann also auch das, was purna als Grund anführt, offenbar keine Prostitution zu nutzen. Das wäre nur logisch. Jedes Argument ist Rechtfertigung. Alle rechtfertigen sich demnach nur. Ein seltsames Verständnis. Vielleicht, weil du an Sünde oder Schuld glaubst. Ich glaube nur daran, wenn ich z.B. jemanden durch Unachtsamkeit überfahre. Dann bin ich schuld. Und vielleicht trage ich auch schuld.


    Wenn ich Menschen wie purna erklären will, dass sie m.E. falsch liegen, und das an praktischen Beispielen, gilt das nicht als Erklärung, sondern als Rechtfertigung. Warum? Weil der Standpunkt bereits festliegt: Dies und das kann eben nicht gut sein. Aber solche Fragen, kann ich dir versichern, stellen sich einem Ent-bundenen nicht. Moralische Fragen, die sich mir tatsächlich stellen, waren zuletzt etwa, ob ich es zulassen soll, dass eine christliche Hilfsorganisation sich ein Kind unter den Nagel reißt, dass m. E. das Kôan ihrer Mutter sein sollte. Ich habe hier schon oft betont, dass sich im Alltag in der Regel das rechte Tun von alleine ergeben kann, wenn man nicht mehr in Grübeleien verstrickt ist. Aber hin und wieder tauchen spezielle Probleme auf, wie jetzt in Deutschland das der Flüchtlinge (einen längeren Beitrag dazu hab ich schon hier liegen).


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    und dennoch scheinst du an sowas wie Zen dich gebunden zu fühlen. Aber das hat vielleicht was mit deinem Verlagsprogramm zu tun und ist evtl romantischer Natur.


    Nein. Erst kam das eine (Zen), dann irgendwann das andere (Übersetzen etc.). Ich fühle mich natürlich mit dem verbunden, was mich ausmacht, was mich innerlich antreibt. Das sind noch andere Dinge. Aber ich denke, mein Leben läuft im Wesentlichen so, wie es ist, weil ich es für die adäquate Umsetzung meiner Zen-Einsicht halte. Ich habe mich z.B. eben raus in den Regen gestellt, um mir eine Rekordbestellung am fliegenden Barbecue-Stand zu holen (11 Spieße mit Fisch und Fleisch), weil die Frau heute in dieser Brühe arbeiten muss und wohl nicht alles los wird. Im Alltag gibt es viele solcher Motivationen. Aber etliche User hier würden genau das falsch verstehen. Für diese Pampe haben wir ja Ajahn Brahm. Denn viele machen einen Unterschied zwischen diesem Verhalten und dem Rat, in einen Krieg bewaffnet einzugreifen. Sie können nicht nachvollziehen, dass diese Handlungsweisen aus ein und derselben Einsicht kommen. Das sind also Erklärungsversuche. Es gibt überhaupt nichts zu rechtfertigen. Ich halte mich lediglich für "meinungsstark". Das liegt nicht jedem. Und es ist klar, dass diejenigen, die viele Ansichten äußern, statistisch auch öfter widerlegt werden müssten als die Zurückhaltenden.


    Was erwartest du denn bloß als Replik auf Leute, die eine Szene wie die in Thailand nicht kennen? Soll man da schweigen, wenn man sie aus eigener Erfahrung kennt? Das es eigene ist, muss ja wohl nicht immer gesagt werden, das versteht sich dann von selbst. Kannst du dir nicht vorstellen, wie unerträglich für mich dieser Unsinn ist, den Schwarzer, Rahm und Space verbreiten, auf einer rein intellektuellen Ebene? Dass Idioten unsere liberale Gesetzgebung verändern wollen? Das könnte mich auch ganz ohne meinen Zeneinfluss auf die Palme bringen.


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    Aber noch wichtiger ist mir, wie diejenigen Dogen verstehen, die sich ihr Leben lang mit Dogen beschäftigen.


    Ich zähle dazu. Wie du weißt, gibt es in Deutschland schon mal niemanden, der mehr Dogen übersetzt hat als ich. Und wenn du nun Zazen meinst, was könnte ich da schon beweisen? Und ansonsten bin ja ich es, der Heine et al. gern ins Spiel bringt. Dogen-Experten eben. Und wenn du auch hier wieder andere meinst, also intensiver Praktizierende (Meditierende), Muho zum Beispiel, dann freu dich nicht zu früh, rate ich. Oder zitiere sie halt. Fumon Roshi, Okumura, wen du willst. Du weißt ja auch, dass ich Sawakis Werke gut genug kenne, und Deshimaru. Das ist alles gut, und ich behaupte ja auch nur, dass sie einen einzigen Fehler machten: Sie haben - wenn auch oft nur unterschwellig - ihre Einsichten im Wesentlichen auf Zazen zurückgeführt. Das ist mein entscheidender Beitrag zum Verständnis dieser Überlieferung (deshalb auch hier keine Quellenangabe ...). Sie sind m.E. einem Irrtum aufgesessen. Es war nicht ihre Körperhaltung, sondern die ihres Geistes, die die Einsicht bewirkte. Und die hätten wahrscheinlich alle von ihnen auch ohne zazen gehabt. Allerdings dann wohl ohne den Zenkontext und ohne in diesem Gedankengebäude so zu verharren (wobei Sawaki ja auch ganz gut in Alltagssprache umsetzte).


    Das behaupte ich aufgrund eigener Erfahrung, die Vergleiche erlaubt. Aus dieser Gewissheit heraus.


    Zitat

    stellst dich jedenfalls in den Mittelpunkt deines Weges


    Wen denn sonst? Jeder ist der Mittelpunkt seines Weges. Noch einmal: Meine Methode ist u.a., durch anschauliche, möglichst aktuelle Bezüge aus meinem Leben zu illustrieren, was gemeint ist (siehe oben, metta am Barbecue-Stand - aber mit Egoismus/Hunger). Die Beispiele wähle ich aber lieber so, dass sie die Grenzen des Lesers tangieren, seine Duldbarkeit, seine ethischen Limits. Das gehört für mich dazu, da ich ja auch vermitteln will, was an Zenfreiheit möglich ist. Falls du


    meinst, ich wäre der einzige, der nach oder trotz Zazenerfahrung zum Schluss kam, man könne den Sinnenlüsten frönen oder sich getrost auch ausgiebig "unterhalten", zitiere ich halt - sicher nicht zum ersten Mal:


    Zitat

    ["Was ist Zen?"] - "Schlafen, reden, lachen - das ist alles."

    (Kyudo Nakagawa)


    Zitat

    Wenn du klar die Essenz erkennst, dann sind die Sinnesobjekte selbst Meditation, sinnliche Begierden sind selbst der Weg der Einheit und alle Dinge sind Manifestationen der Wirklichkeit.

    (Man-an)


    Und noch einmal Thursday:

    Zitat

    Ein Anhänger Buddhas bekennt sich auch offen zu Buddha - durch Kleidung und auch durch die Bindung an ein Kloster oder eine andere religiöse Gemeinschaft von Laien z.B.


    Ich bin entschieden gegen diese Verengung. Das ist nicht "offene Weite, nichts von heilig" (was man Bodhidharma zuschreibt), es ist eben Dôgen. Und Dôgen, das muss man eben auch verstehen, war geistig nicht ganz klar. Neben den genialen Momenten gab es etliche Aussetzer.


    Die richtige Umsetzung des Zengeistes, behaupte ich, ist die: Ein Anhänger Buddhas ist sich sich dessen bewusst, dass er/sie selbst dieser Buddha ist. Er verwirklicht seine/ihre Buddha-Natur, indem die ganze Menschheit zur Sangha wird und nicht nur die "religiöse Gemeinschaft".


    Das dies aber, da auch Unterscheidungskraft zum Überleben nötig ist, Einschränkungen erfährt und ein "Ideal" ist (nach Kobun Chino kann ja niemand Zen vollkommen verwirklichen), werde ich dann an meiner Ansicht zum Flüchtlingsproblem zeigen. Ich möchte mich nicht nur an religiöse Gleichgesinnte binden, das ist mir zu selektiv. Aber auch ich selektiere, allerdings mit dem Ziel "offenerer Weite". Zuletzt bedeutete das auch eine bewusste Annäherung an den Islam (in Form von Literatur zunächst).


    Zitat

    das ist eben nicht Zen. Das ist Ego-Fuck.


    Wenn man nicht begreift, dass es auch eines Egos bedarf, dann kann man sich nicht mal auf Sawaki und Co. stützen. "Bang, bang" - auch das ist Ego-Fuck. Im Zen geht es m.E. darum, damit auch spielerisch umzugehen (mein Zen ist sich ja auch eher der taoistischen Wurzeln bewusst), also sich nichts diesbezüglich vorzumachen. Jeder, der als Nicht-Buddhist dieses Forum studiert, wird zum Schluss kommen, dass die buddhistische Übung ganz offenbar das Ego der Übenden nicht verkleinert. Der gleiche Sawaki hat das übrigens gewusst, als er sagte: "Wenn ich sterbe, stirbt die Welt mit mir." Das ist Ego-Fuck par exellence.


    Und hier noch eine Ergänzung, damit klar wird, wie sehr Thursdays oder bels Verständnis auf Dôgen-Zen verengt ist. Trevor Leggett hat dies in Bezug auf Reden Takashina Rôsens, der selbst ein Sôtô-Meister war, so zusammengefasst (https://books.google.co.th/boo…%20after%20satori&f=false): Im Dôgen-Zen würde nicht - wie außerhalb davon - auf ein Satôri (Erwachen) hingearbeitet. Darum würde auch nicht nach einem etwaigen Erreichen dieses Zieles "Erwachen" das Mittel zum Zweck (Zazen) aufgegeben.


    Diese Ansicht bestimmt die eine Seite der Diskussion hier. Wenn man tiefer im Sôtô ist, sollte man sich ein Beispiel an Rôsen nehmen und darüber im Klaren sein, dass es andere Zenrichtungen gibt, die Zazen nicht als das Ziel, sondern einen Weg zum Ziel ansahen.

    Okay, ich werde da mehr Selbstdisziplin üben.


    Das Problem kenne ich übrigens auch von emails, wo mir die x-te Antwort noch unter einem ganz alten Thema mit zig "Re"s davor im Betreff schon oft genug auf den Senkel ging. Wenn man, wie ich gerade, dann mal seinen Email-Briefkasten aufräumt oder nach was sucht, findet man es garantiert nicht über die Betreffzeile der email. Leider passiert mir das im Alltag auch oft - einfach auf Reply drücken und den Betreff belassen.

    Zitat

    Nach deiner absurden Unterstellung, in Antaiji würden die Leute letztendlich ordinieren, weil dies "nach Dogen" die Voraussetzung für Erwachen sei


    Du verstehst die Dinge immer so, wie sie in dein Abneigungs-Schema passen. Selbstverständlich ist mir klar, dass jeder persönliche Gründe hat. Was ich aber zum Ausdruck brachte war, dass es die Ordination im Sôtô und damit - und nicht nur, sondern auch - im Antaiji deshalb geben muss, weil man ansonsten Dôgen verraten würde, der in seiner Spätphase darauf beharrte, dass man Mönch sein müsse, um zu erwachen. Und dass man genau deshalb auch dir die Ordination anbietet.


    Für mich ist das Beste an Dôgen jedoch von einer Ordination unabhängig. Für die Sôtôshu nicht.


    Zitat

    du hingegen denkst in Bezug auf Ordination nur in Kategorien von Formalien und Ritus und kannst offenbar überhaupt nicht begreifen, dass es für andere Leute ganz anders ist.


    Doch, natürlich, aber ihr kommt eben auch nicht um die Riten rum.


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    Wo stand was von Entrobung?


    Na bei dir. Robe und Schale zurückgeben. Entrobung heißt einfach: die Robe ausziehen.


    Zitat

    Wenn jemand im Soto seine Robe zurückgibt, hat er seine Gründe.


    Ich werde dir das Problem gern erklären. Wenn einer im Soto seine Robe zurückgibt, dann hat das einen bestimmten Grund. Dass er nämlich noch immer der inneren Logik, die er der Robe beimisst, aufsitzt. Er zieht sie also gar nicht aus. Er hat sie gar nicht abgelegt. Denn allein dadurch, dass er meint, sie zurückgeben zu müssen (statt sie zu verschenken, verrotten zu lassen oder wegzuwerfen) sitzt er der gleichen anfänglichen Idee von der Robe auf, die bestimmte Rituale zur Folge hat. Er bleibt in dem ganzen damit verbundenen Gedankenkosmos stecken. Das ist eben nicht "persönlich", sondern das ist religiöser Überbau.


    solaris:

    Zitat

    nicht zur besseren Lesbarkeit des Forums beitragen


    Ich stimme zu. Aber wenn du dir ansiehst, dass ich mir ein bisschen Arbeit machte mit der Zusammenfassung des Essays, erkennst du vielleicht auch, dass es mir wichtig ist, wie man z.B. Dôgen versteht. In Zukunft kann ich das vlt. noch öfter machen, einfach mit der Zus.fassung von akademischen Beiträgen antworten. Was die Ausgangsfrage ("Meditationsplan") hier anging, so war die, denke ich, schon anfangs von einigen dezidiert - und unterschiedlich - beantwortet worden. Die Frage ist, ob man jedes Mal, wenn dann prinzipielle Erwägungen - wie hier die Frage, ob es überhaupt noch richtig ist, die Meditation in den Mittelpunkt seines Weges zu stellen - einen neuen Thread aufmachen sollte.


    Was bel angeht - meine Meinung über ihn brauche ich nicht mehr explizit zu formulieren, seine über mich kennen wir auch. Ich hatte ihn schon mal auf "ignorieren" gesetzt. Das hilft aber nur bedingt, wenn man einem Thread noch folgen will. Was würdest du davon halten, dass ich ihn wieder aktiv ignoriere, also nicht mehr direkt auf ihn eingehe, nur die sachlich falschen Aussagen mit Textstellen konterkariere und mich nicht weiter auf seine ausweichenden und sinnverdrehenden Beiträge einlasse? Würde das schon helfen?


    Das Problem ist aus wissenschaftlicher Sicht m. E. so zu verstehen: Ich verwende gern die induktive Methode. Diese Methode abstrahiert aus einzelnen Beobachtungen, um ein Fachgebiet voranzutreiben. Es handelt sich um schlussfolgerndes Denken, das natürlich auch irren kann, aber die Chance zu neuen Erkenntnissen auftut. Das deduktive Denken würde dagegen aus zwei "wahren" Prämissen eine logische Schlussfolgerung suchen. Natürlich wende ich dieses auch zuweilen an (siehe Sprachlogik). Aber mein primäres Anliegen ist eben nicht der status quo, sondern das Weiterdenken und -entwickeln (das manchmal auch nur einer Rückbesinnung auf schon mal Dagewesenes bedarf). Wenn man mit induktiven oder deduktiven Methoden nicht vertraut ist oder (wie ich das am Fall des Unbuddhisten mal beschrieb) mit in sich recht geschlossenen, ideologischen Gedankengebäuden und Sprachen (z.B. marxistischen) arbeitet, reibt man sich immer wieder gern an dieser offeneren Herangehensweise.

    Code
    Es wurde ja auch nix anderes hier behauptet.


    Eine deiner Lieblingsformulierungen. Hast du denn je etwas behauptet?


    Zitat

    Ich frage mich eh immer, was du dir alles zusammenphantasierst


    Warum? Nichts in diesem Fall. Ich habe dir Fragen gestellt, die du nicht beantworten konntest, wie üblich. Es waren reine Verständnisfragen.


    Die Entrobung von nicht nach dem Vinaya Ordinierten ist hingegen keinerlei Fantasie, sondern wird immer wieder gefordert, getan, behauptet und vor allem als die rechte Konsequenz bei moralischem Fehlverhalten angesehen. Genpo Merzel ist da ein Paradebeispiel. Ich denke, die, die es besser wissen, scheren sich einfach einen Dreck drum. Wie Sasaki und Shimano. Die wissen, dass schon die BE-robung ein Ritual war, bei dem die Form nicht den Inhalt verdecken kann. So dass die Entrobung am Inhalt nichts ändern kann.


    Im Gegensatz zu dir habe ich kein Problem damit, etwas zu behaupten. Wer nicht nach dem Vinaya ordiniert ist und meint, er solle seine Robe und Schale zurückgeben, den frage ich, wem er sein Totenhemd geben wird. Wer durch die Robe schaut, der weiß, dass sie wie andere Textilien einfach vor Kälte oder Sonnenbrand schützt.


    Zitat

    Wie du siehst, offenbar doch.


    Nein, ich sehe nichts. Du behauptest also doch etwas. Da helfen nur die Kontaktdaten der Leute, die Robe und Schale zurückgaben, und dann "sehe ich", wie sie das "rechtfertigen" bzw. erklären.

    Antwort von Muho: Es gibt kein spezielles Ritual bei ihnen in Antaiji. Einige würden eben Robe und Schale zurückgeben - und Muho dann versuchen, diese zu "recyceln".


    Ich sehe da auch weiter keine Begründung als eine persönliche. Mich hat schon immer gewundert, dass man von nicht nach dem Vinaya Ordinierten eine Entrobung bei Fehlverhalten oder Abkehr von der Sangha usw. erwartet (oder dass dies z. B. von Ehebrechern wie Genpo Merzel ausdrücklich behauptet wird - er habe entrobt), wenn man nicht sowieso schon prinzipiell der BE-robung kritisch gegenüber steht. Ohne den Vinaya als Hintergrund sehe ich keine Möglichkeit, eine Rückgabe von Schale und Robe zu rechtfertigen.


    Zum Recyceln macht's Sinn.

    Der Philosophie-Professor John Searle (geb. 1932) behauptet in seinem aktuellen Buch "Seeing things as they are" (Oxford University Press 2015), dass wir die Dinge so sehen, wie sie sind.


    Ich dachte mir, ich poste das mal in einem Extrafaden hier, denn für den Salon war's mir zu schade. Offensichtlich deutet sich da ein entscheidender Wandel in der Philosophie an, wie man dem Artikel in der SZ entnehmen kann: http://www.sueddeutsche.de/kul…it-1.2646719?reduced=true


    Mir fiel natürlich sofort die Ähnlichkeit seines Buchtitels mit Formulierungen im Zen auf. Es geht dem Philosophen vor allem um eine bestimmte Theorie der Wahrnehmung und die Abkehr von einem Argument ("Repräsentationstheorie"), das mehrere Jahrzehnte die Philosophie bestimmte: dass wir die Dinge und Verhältnisse der Welt nur indirekt wahrnähmen. Dies wird von ihm als "bad argument" bezeichnet. Es habe Objekt und Inhalt verwechselt und das Wahrnehmungserlebnis selbst zum Objekt des Erlebens gemacht. Dies erschwere aber den direkten Zugang zu den Dingen. Searles Ideen haben Vorläufer etwa in Richard Rorty ("Philosophy and the mirror of nature"), der die Welt u.a. als Produkt unserer wechselnden Wortbeschreibungen ansah, als "Widerschein unserer Beschreibungen". Doch Searle geht weiter und lehnt die Vorstellung ab, die Welt würde uns nur als Idee und Spiegelung erscheinen.


    Hochinteressant, finde ich, und hoffentlich bald in deutscher Übersetzung zu haben. Es streift viele Ansätze des Zen, von der Ausgangsidee, dass wir die Welt nur illusionär wahrnehmen, bis hin zum Übungsziel, sie zu "durchschauen" bzw. eben die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind. Ist das, was Searle beschreibt, also Zen oder ist es schlicht so, dass wir einen Fehler machten, wenn wir je glaubten, wir hätten die Welt nicht so gesehen, wie sie ist?

    Zitat

    Hab ich auch nicht behauptet.


    Aber klar. Auf "Volkshochschule" hast du mit deiner Studiengruppe gewedelt, u.a. mit einem Akademiker.


    Zitat

    Wenns Dich interssiert, frag doch selber nach. Mir gegenüber haben sie sich nicht erklärt.


    Das tue ich ja, ich frage dich. Du hast geschrieben, Leute hätten in eurer Gemeinschaft Robe und Schale zurückgegeben. Was ist da vor sich gegangen? Die reisen aus dem Ausland oder anderen Gegenden Japans an, nur um ihren Kram da abzuladen? Was ist denn da passiert, was hast du denn gesehen?


    Und müsstest du das nicht erklären können, als Teil der Gemeinschaft? Hast du nicht auch ordiniert oder willst es tun und müsstest diese Regeln kennen?

    Zitat

    Mach es kenntlich und schon kann man es nachprüfen..


    Zunächst einmal: Man lese einfach in diesem Thread und sehe, wie oft ich das bereits kenntlich machte. Auch hier wiederholst du nur sinnlose rhetorische Hülsen.


    In deinem Fall mach ich mir sicher keine Extramühe, denn du hast ja selbst deinen Ansatz so formuliert, dass deine Zitate teils weder einer Übersetzung noch einer genauen Quellenangabe bedürften. Das sei ja alles googelbar. (Da war ich schon weiter.)


    Natürlich sind auch die Ergebnisse deiner Studiengruppe rein privater Natur. Dein chinesischer Buddhologe veröffentlicht eure alternativen Lesarten ja offenbar nicht und setzt sie nicht der akademischen Fachwelt aus. Das wäre mal ein erster Schritt.


    Dein Ansatz ist also gewiss nicht hinreichend akademisch. Man sollte von anderen nicht wesentlich mehr erwarten, als man selbst bereit ist zu tun.


    ---


    Und nun bin ich mal wirklich gespannt, wieso jemand meint, er/sie solle seine Schale einem Abt zurückgeben. Worauf bezieht ihr euch da, welche Vorstellung steckt dahinter? Ihr ordiniert doch nicht nach dem Dharmaguptaka Vinaya, das dürfte hier schon ein paar Leute interessieren.

    Okay, da fehlt nun die Antwort auf bel, kurz zusammengefasst: Ich denke, du rechnest mir aus eher rhetorischen Gründen auch Dinge zu, die gar nicht von mir sind, sondern durch meine Lektüre in meine Schreibe einflossen. Das passiert ja allen Menschen so, die relativ viel lesen. Darum habe ich ein paar Passagen in der Zusammenfassung des Essays auch markiert. Wenn man viel schreibt und eigene Ideen entwickelt, stellt man auch immer mal wieder überrascht fest, dass die ein oder andere Idee schon mal da war oder gar nicht von einem selbst stammt. Oder dies: Ich habe mal eine Story, die ich für einen Kumpel erfand, ein paar Wochen später in einem Roman von Helmut Krausser wiedergefunden. Ich kenne auch einen, der meint, der Slogan "Weil es zen macht" sei von ihm, und nicht von einem Verleger, bei einer abendlichen Cocktailrunde erfunden worden.


    Zitat

    Es gibt auch Leute, die haben Mantel und Schale zurückgegeben.


    So? An wen denn? Wer ist denn da, der sie entgegennimmt?


    Das wiederum finde ich "unterirdisch".

    Nein, das stimmt nicht. Denn der erste in deiner sagenumwobenen Rezitationskette von Patriarchen ist Shakyamuni Buddha. Und der war ein Laie, als er erwachte.
    Alles klar?


    Und Dôgen war nicht bloß im Tendai, er lernte sogar in der Linji (Rinzai-)Tradition. Sein Lehrer war damals Myôzen. Dazu Dumoulin in der "Geschichte des Zen":


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    Myôzen erlernte im Kenninji bei Eisai die Zen-Meditation und erwarb den Dharma. Hätte Eisai [der in China in der Linji/Rinzai-Tradition bestätigt wurde], anstatt in der Tendai-Schule zu verbleiben, eine eigenständige Zen-Schule gegründet, so stände Myôzen als sein Dharma-Erbe in der 9. Generation der Huanglung-Linie der Rinzai-Schule, und auch Dôgen, der unter Myôzen Rinzai-Zen übte, wäre dieser Linie des Zen zuzurechnen.
    Dôgen weilte sechs Jahre lang im Tempelkloster Kenninji bei Myôzen (1217-1223). Im Kapitel über die Übung (Bendôwa) seines Hauptwerkes Shôbôgenzô erzählt er, wie er nach dem Weg zu suchen begann, viele Lehrer in allen Teilen des Landes besuchte und schließlich zum Mönch Myôzen im Kenninji hinfand.

    Ich fasse nun den Essay von Hoyu Ishida zusammen, der bereits 1989 erschien (http://www.office.usp.ac.jp/~k…hange%20of%20Attitude.pdf). Ein paar Stellen habe ich spaßeshalber fett markiert, weil sie so sinngemäß auch hier von mir formuliert worden waren (als Beispiel meiner Lektüre, die in meine Beiträge einfließt).


    Ishida räumt zunächst ein, dass viele der genannten Thesen zu dieser Zeit kontrovers diskutiert wurden. Dazu zählt auch die zweifelhafte Autorenschaft Dôgens am Kapitel „Bendôwa“ aus dem „Shôbôgenzô“. Dieses sei offenbar ursprünglich gar nicht fürs Shôbôgenzô geschrieben worden. Die darin einige Jahre nach seiner Rückkehr aus China (1227) geäußerten Ideen deckten sich mit denen des Fukanzazengi (spätestens 1233), das ein „universelle Empfehlung des Zazen“ darstelle. Die Thesen darin:


    - Zazen ist der wahre Buddha-Dharma, da alle Buddhas und Meister durch Zazen erwacht seien
    - Zazen ist kein Mittel zum Zweck (der Erleuchtung), sondern Erleuchtung selbst (shûsho-itto bzw. shûsho ichinyo)
    - Es gibt keine Degeneration des Dharma (mappô, Zeitalter des Zerfalls)
    - Auch Laien und Frauen können erwachen


    1233 wechselte Dôgen in einen anderen Tempel, wo er in zehn Jahren 44 Kapitel des Shôbôgenzô verfasste und Klosterregeln entwickelte. Im Kapitel „Rahai tokuzui“ betonte er noch einmal die Gleichheit von Mann und Frau.


    1243 veränderte Dôgen seinen Aufenthaltsort erneut und begründete den Tempel, den wir noch heute als Eiheiji kennen. Bis zu seinem Tod entstanden dort 29 weitere Kapitel des Shôbôgenzô, die vor allem der Mönchsausbildung gewidmet waren. Ab 1243 behauptet Dôgen plötzlich, das Mönchsein sei dem Laienstatus weit überlegen. Dies findet sich im Kapitel „Shuke kudoku“. Auszug:


    „Auch wenn es in der heiligen Lehre die Ansicht gibt, Laien könnten erwachen, ist dies nicht die rechte Lehre. Die rechte Übertragung der Buddhas und Patriarchen ist das Erlangen der Erleuchtung, indem man Mönch wird.“ Im Kapitel „Shukke“ wird diese Auffassung bestätigt.


    Im Kapitel „Sanjûshichihonbodaipunpô“ kritisiert Dôgen das Laienleben weiterhin deutlich. Demnach wäre sogar ein Mönch, der die Gebote bricht, einem Laien überlegen, der sie hält.


    Im folgenden Abschnitt des Essays wird die Haltung der Sôtô-Schule zu diesem Problem untersucht. exemplarisch an ihrem Vertreter Ekô Sokuô, einem der damals einflussreichsten Sôtô-Gelehrten. Ekô versucht, aus dem Fukanzazengi und der Hingabe von Mönchen an die Errettung der Wesen zu abstrahieren, dass Dôgens Zen sich demnach auch an Laien richtete. Wie die meisten Sôtô-Experten stellt er sich aber nicht den diesem Ansatz widersprechenden Textstellen.


    Ausgeführt wird dann anhand des Kapitels „Genjôkôan“, wie Dôgen betont, dass Erwachen gleichzeitig mit der Praxis einherginge und erst die Praxis das Erwachen authentifiziere, und zwar indem ständig „Körper und Geist abgeworfen“ werden (shinjin datsuraku). Man sei erleuchtet, indem man die eigene ursprüngliche Erleuchtung erkenne. Sobald dies der Fall ist, werde jede Alltagshandlung zur Manifestation der Erleuchtung. Doch Dôgen bringt keine Beispiele aus dem bloßen Alltagsleben ohne buddhistische Disziplin als Übungsweg, die der Erleuchtung gleichkämen. Er setzt seine Beispiele stets in Bezug zum Mönchsdasein – shushô itto geschieht stets auf der Basis von Erleuchtung (shujô no shu) als „bereits erleuchtete Praxis“. Um diese Art der Praxis zu erlangen, wo sie kein Mittel zum Zweck mehr ist, sei aber auch bei Dôgen eine zielgerichtete Praxis vonnöten.


    Im dritten Teil des Essays betont der Autor, dass die Erkenntnis von Dôgens Kritik am Laientum im Kontrast zu Darlegungen von Vertretern der Sôtô-Schule steht. Der Autor hält nichts von der These, Dôgen habe es zunächst nur vermieden zu behaupten, Laien könnten mithilfe von Laien erwachen, weil er einen finanziell abgesicherten Status für seine Klöster anstrebte, der ja auch von Laien abhing. Auch die These eines anderen Dôgen-Interpreten, dieser habe sich nicht viele Gedanken um den Zustand der Gesellschaft gemacht und seine früheren Aussagen zum Laientum seien ihm eher „herausgerutscht“, teilt der Autor nicht.


    Im vierten Teil des Essays zitiert der Autor die These, dass Dôgen zwei verschiedene Textarten hinterließ, eine, die sich an Laien richtete, eine, die an Mönche gerichtet war. Der Autor Masutani Fumio etwa sieht in Dôgens Phase seit seiner Eiheiji-Zeit schlicht eine weitere wesentliche Entwicklung des Lehrers, die u. a. auch zur Abkehr von Linji führte.


    Der fünfte Teil geht weiter darauf ein. Gleichzeitig mit der Abwendung vom Laientum äußerte sich Dôgen auch kritisch gegen Linji und Tahui (Kapitel „Jishôzanmai“ und „Jinshin inga“), zwei prominente Vertreter des Rinzai-Zen (obwohl Dôgen in seiner Frühphase noch Linji gelobt hatte). Diese Kritik soll auch schon Dôgens chinesischer Lehrer ob des Hangs zu Äußerlichkeiten unter den Linji-Nachfolgern geäußert haben. Imaeda Aishin analysiert den Wandel Dôgens in dieser Frage so: Kurz zuvor waren etliche Anhänger Dainichibô Nônins in Dôgens Gemeinschaft eingetreten. Deren Lehrer stand in Ta-huis Tradition und hatte nach Schriftstudium selbst Erleuchtung erlangt, die ihm später aus China brieflich bestätigt wurde. Er wurde deshalb von manch anderen Lehrern verachtet. Dôgen wollte nun seine Zenlehre gegen die eigenwillige Nônins abgrenzen.


    Auch die Konkurrenz durch Enni Benen, der aus China, in der Linji-Tradition ernannt, zurückkam und den Aufstieg des Tôfokuji-Tempels mitverantwortete, soll Dôgen zu seiner Kritik motiviert haben. Enni Benen genoss mehr Unterstützung aus Regierungskreisen. (In einer Fußnote wird ein weiteres Motiv von Yanagida Seizan hergeleitet: Dôgen habe aus China die Sammlung der Sprüche seines Meisters Ju-ching erhalten und sei so frustriert über deren Inhalt gewesen, dass er gegen eine andere chinesische Chantradition wetterte.)


    Bedeutsam ist auch, dass Dôgen sein Werk so nannte wie Ta-hui zuvor seines, nämlich Shôbôgenzô, womit er offenbar aufzeigen wollte, dass er die wahre Zenlehre verbreite. Um seine Kritik freizügig zu äußern, musste Dôgen aber offenbar seinen Wohnort in die Provinz Echizen verlegen. In diesem Jahr 1243 entstand allein ein Viertel der Kapitel des Shôbôgenzô.


    Angesichts der Ausnutzung, die die reicheren Laien offenbar durch das Zen im Gefolge Linjis erfuhren, änderte sich Dôgens Ansicht, nur die Entschlusskraft eines Laien, also sein aufrichtiger Wille, sei entscheidend für das Erlangen der Erleuchtung.


    Yanagida Seizan (auf den sich auch Heinrich Dumoulin oft beruft) sieht Dôgens Spätphase als ein Ringen mit sich selbst (hitori-zumô), das jedoch seiner Senilität und keinesfalls einem spirituellen Fortschritt geschuldet sei. Der Autor des Essays findet diese Ansicht gewagt. Yanagida meint, dass Dôgens Kritik an Linji einer bestimmten Motivation geschuldet sei, nicht aber wesentlichen inhaltlichen Differenzen.

    Zitat

    Auf eine solche Idee kann man nur kommen (bzw. sie Anderen nahelegen), wenn man nur auf den als Rezitationstext sehr knapp formulierten Pâtimokkha verweist und dessen ausführliche Erläuterung im Suttavibhanga (dazu gleich) und den Khandhakas nicht kennt bzw. ignoriert.


    Nein, auf eine solche Idee kommt man, wenn man - wie Thanissaro - die Texte alle gelesen hat und meint, da ginge der Vinaya wohl zu weit (Ablehnen der Ordination von Einäugigen, von Leuten, denen die Brauen zusammengewachsen sind usf.). Aber ich greife hier vor, ich stelle diesen Text woanders ein, pointierter, und dieses Wissen floss hier im Übrigen schon ein. Thanissaro erläutert auch, dass nach der Ordination erworbene Krankheiten etc. nicht zum Ausschluss führen sollen.


    Warum heißt du hier eigentlich nicht Sôgen? Das würde passen, finde ich. Die gleichen herablassenden Unterstellungen wie schon vor zwanzig Jahren. Aber vielleicht würde es sich nun - unter neuer Moderatorenschaft - nochmal lohnen, die Verbindung der Rei-Clique mit Österle anzusprechen. Jedem seine Animositäten, nicht wahr?


    Zitat

    lässt sich mE aus den einschlägigen Vinaya-Texten nicht herauslesen


    Das liegt eben an den Augen des Betrachters. Einem Autor von Text zu unterstellen, er habe dabei keine Hintergedanken, halte ich für naiv. Dabei ist die von dir ja bestätigte Tatsache, der Sangha wollte sich die Arbeit an Kranken vom Leib halten, ja Grund genug, die Stelle heftig zu kritisieren.


    Zitat

    Meine Meinung dazu behalte ich für mich.


    Ich nicht. Denn es ist genau umgekehrt - wer sich um die Kranken kümmert, ist dem Erwachen näher als der, der sie meidet. Man lasse sich das mal im Hirn zergehen: Da geht ein reicher Typ vor die Tür und sieht die Elenden, und dann beschießt er - nach dem Errwachen wohlgemerkt - dass man das Leiden am besten überwindet, indem man es nicht so an sich ranlässt. Was auch deshalb wichtig ist, weil ich immer wieder darauf hinweise, dass der Buddha keine Antwort auf körperliches Leiden wusste. Also jenes Leiden, das den Menschen im Allgemeinen am meisten Kummer macht.


    Zitat

    Oder kannst Du eine Belegstelle angeben?


    Einfach die genannte Quelle Thanissaro weiter lesen. Ja, das ist mit Lepra und Tuberkulose ja auch so, die sind eben schon jahrtausendelang dokumentiert, ebenso wie der chronische Husten. Selbst mein Hausarzt musste mich mal fragen: "Was haben Sie denn jetzt? COPD oder Asthma?" Denn mein Facharzt hatte im Lauf der Jahre beides diagnostiziert.


    Doch bei all diesen fünf Krankheiten waren Äußerlichkeiten, nämlich der Haut, vorrangig. Darum auch bei Thanissaro der Hinweis, wenn die widerlichen Stellen von der Robe bedeckt seien, könnten sie durchgehen. Der Mönch als Model.


    Und das mir das besonders auf den Senkel geht, hat auch einen aktuellen Anlass. Die beste Freundin meiner Bekannten war zeitweise ebenfalls im öffentlichen Raum als Freudenmädchen tätig. Kürzlich habe ich sie zuhause besucht und ihre Medikamente gesehen und erfahren, dass sie Lupus hat. Dieser äußert sich u.a. auch in deutlich sichtbaren Hautausschlägen. Von daher war zu erwarten, dass sie meinen Vorschlag, mit den Kindern der Bekannten nicht in einem privaten Pool baden zu gehen, sondern im öffentlichen Schwimmbad (weil da am Wochenende einfach mehr Stimmung ist), nicht annehmen würde. Und darum sollte man schon deutlich herausarbeiten, welche Egoisten diese Mönchshänflinge der Theravada-Tradition sind. Das sind einfach schlechte Vorbilder. Man sollte ihnen den Lupus spenden statt Reis.

    Zitat

    per se Bullshit und völlig destruktiv.


    Danke für die Vorarbeit, void. Die Sache klärt sich ja dann gleich, wenn ich mit der Zusammenfassung eines weiteren Beitrages fertig bin, den bel wohl nicht gelesen hat. Wie im Übrigen auch, das zeigt sich dann, das Shobogenzo nicht in Gänze.


    Die Arbeit all dieser Buddhologen empfinde ich als ausgesprochen konstruktiv. Denn sie beschäftigen sich mit den Phänomenen, die beim Übersetzen und der Lektüre der Grundlagenwerke geschehen. Eben dem Widersprüchlichen.


    Zitat

    Von der Unterstellung was die Motive der Ordinierten oder Ordinierenden in Antaiji oder Soto generell betrifft


    Du kannst uns gern über diese Motive aufklären. Ich habe dir lediglich verklickert, warum man m. E. immer noch meint, ordinieren zu müssen. Eine Altlast Dôgens. Ich erkläre dir das psychologisch - die Sôtô-Adepten können eben nicht von einem wesentlichen Zug Dôgens lassen. Wie sich gleich zeigen wird, haben sie diesen Widerspruch nie recht geklärt. Und ja, ich bin eben auch in der Lage, andere Autoren und ihre Positionen mit meinen Worten zusammenzufassen - eben, weil ich Sprachwissenschaft gemacht habe und Texte seit der Oberstufe in zwei Sprach-LKs analysiert. Und weil das Niveau hier und anderswo so ist, wie es ist und sogar "blaue" User, die offensichtliche Probleme mit der deutschen Sprache haben, sich lieber in Anfeindungen als Lektüre ergehen, beteiligen sich fast keine Akademiker an den Diskussionen in buddhistischen Foren.

    Zitat

    Es ging schlicht um den von dir intendiertem Gegensatz von Formal- und Lebenspraxis.


    Nein, kein Gegensatz. Wieso sollte die Lebenspraxis zu irgendetwas einen Gegensatz bilden, was Teil des Lebens ist? Das ist schlicht unlogisch.


    Was ich behaupte ist, dass es von Anfang an ein formloses Zen gab. Also eine Lebenspraxis ohne Form. Und je klösterlicher das Zen wurde, desto mehr geriet die Einsicht in dieses formlose, ungeregelte, undogmatische, un-sila-ische und letztlich unklösterliche Zen in Vergessenheit.


    Weiter: Ich fordere keine einheitliche Lehre. Es gibt überhaupt keine. Darum formuliere ich ja auch lieber in der Form von Kritik an Bestehendem, Tradiertem, statt an einer "Gegenlehre" zu arbeiten. Diese "Lehre", wenn es denn eine wäre, würde sich erst ergeben, wenn man die andere abgelegt hat. Aber bis es zu dieser Einsicht kommt, verweise ich so einiges, was andere als wesentliche Zenlehre behaupten, in die Schranken, und sage: Wenn schon, dann sähe das so aus ... Das ist im Grunde wohl auch, was Thursday meint. Nur auf dieser Ebene kann sich das hier abspielen, mehr als ein Fingerzeig ist nicht drin.


    Zitat

    Das ist einfach nur Blödsinn.


    Der Blödsinn, auf den du dich beziehst (Dogens Abwenden vom Laientum), wurde aber hier schon mehrfach zitiert. Er steht (akademisch) bei Steven Heine und bei Dogen im Eihei Koroku, das du ja offenbar nicht kennst. Wer geschickt suchen kann, wird das also bereits mehrfach hier finden. Das ist auch, was dich disqualifiziert. Rhetorische, herablassende Behauptungen, die dazu führen sollen, dass man immer wieder das Gleich durchkaut. Weil du natürlich Zweifel hast. Aber ich bin nicht der, der dir das tausend mal sagen sollte. Das könnte schon Muho übernehmen.


    Hier dann zur Abwechslung wohl was, das ich noch nicht verlinkt habe: "Dogens veränderte Einstellung zur Erleuchtung von Laien", ein Aufsatz von Hoyu Ishida (leider nur Englisch, aber vlt. fass ich ihn später mal woanders zusammen). Die Quintessenz steht auch am Anfang, es ist die gleiche, zu der Heine und andere kamen: Dogens Auffassung war letztlich - obwohl er zeitweise auch Laien predigte -, dass nur der Eintritt in die Priesterschaft zum Erwachen führen könne.*


    Ja, bel, und das ist auch der Grund, warum man in Antaiji und der Sotoshu ordiniert, falls du es noch nicht bemerkt hast.


    Was soll ich dazu noch sagen, außer Leseempfehlungen geben. Es ist doch klar, dass man dir den Boden unter den Füßen wegzieht, wenn das alles da zu finden ist. Und obwohl genau das der Sinn der Zenübung sein könnte, wollen sich dem die meisten nicht stellen. Am Ende steht man eben mit leeren Händen da. Und das ist angenehmer, als die kiloschweren Wälzer in Pali oder von Dogen mit sich rumzuschleppen.


    * Interessant auch der Hinweis auf die zweifelhafte Autorenschaft Dogens am Bendowa, einem der Kapitel aus dem Shobogenzo, das besonders gerne für seine essentielle Lehre herangezogen wird.


    void: Okay, ich fasse am besten diesen o.g. Essay mal zusammen in einem Extrathread, der gibt vlt. die nötigen Antworten. Ich warte gerade auf den Rückruf eines Freudenmädchens, so dass Zeit ist.

    bel:

    Zitat

    hast du dir eigentlich schon mal überlegt, wie prinzipiell unhaltbar deine Thesen über Huineng und Dogen sind ... (Sekundärquellen eingeschlossen)


    Hm. Das ist nun wirklich ein ganz billiger und hilfloser Einwurf.


    Nach meinem Eindruck - deine Kritik an Sekundärquellen hast du hier schon öfter geäußert - mangelt es dir an hinreichender Kenntnis derselbigen. "Meine" Thesen, wie hier mehrfach zitiert (etwa nach Dumoulin und Heine) sind also a) entweder gängige Thesen der Buddhologie (z.B. dass es keinen Nachweis gibt, Dogen sei tatsächlicher Dharma-Nachfolger eines Chinesen oder dieser habe Dinge wie Körper und Geist abfallen etc. gelehrt; dass Dogen sich explizit gegen Laientum gestellt und selektiv buddhistische Literatur gelesen habe; dass Dogen nicht das Gleiche wie Huingen gelehrt habe) und können im letztgenannten Fall schon durch umfassende Dogenlektüre von jedem verifiziert werden, b) sofern sie wirklich originell von mir sind (man müsste dann klären, was das sein soll) in der Überzeugung gesprochen, dass sie das Zen - in seiner eigentlichen Bedeutung - weiterbringen. Was mit deinen Ansichten - in meinen Augen - nicht der Fall sein dürfte (sie sind der status quo, oft aber auch, um dich zu zitieren, Erismus, Wortverdreherei oder Hintertürchenphilosophie).


    Was mich an deiner (gelegentlichen) Sinnverdreherei am meisten bekümmert ist, dass du offenbar meinst, durch Aufenthalte im Antaiji diese irgendwie aufwerten zu können. Ich erkenne in dir aber weder Sawaki noch Dogen wieder. Wieso macht dir die Praxis dort nicht klar, was gemeint ist? Wieso erwähnst du selbst, dass Sawaki reine Kesanäherinnen zu Dharma-Erbinnen machte, die kein Zazen betrieben, und schließt dann ein paar Wochen später dennoch, es habe im Zen (Chan) nie ein "entweder oder" gegeben? Natürlich gab es das. Z. B. bei Huineng: Entweder Zazen oder Küchendienst. Oder bei Sawaki: Entweder Zazen oder kein Zazen (hier stattdessen: Kesa nähen). Bloß von einer Dharma-Erbin, die ihre Muschi verkaufte, habe ich in seinem Fall noch nichts gehört. Das könnte auch "weiterbringen" sein. Über den formellen Rahmen des Klosterlebens (Kesa nähen) hinaus die Bedeutung von (Za)Zen auf andere im Zengeist vollzogene Tätigkeiten erweitern und sehen, wer da verwirklicht. Der Bauarbeiter? Der Arzt? Der Müllsammler? Der Bettler Tosui? Ikkyus blinde Musikerin?


    Die Tatsache, dass man einem Zitat ein anderes gegenüberstellen kann, aus der gleichen Schrift oder gar vom gleichen Autor, ist ja meine alte These. Das funktioniert beim Palikanon, bei Dogen usw. Womit auch schon gesagt ist, dass man mit gleichem Recht auf andere Stellen hinweisen kann als diejenigen, die meinen, mit ihren Stellen den Palikanon oder Dogen umfassend und richtig erfasst zu haben. Es gibt weder im einen noch im anderen Fall eine einheitliche, durchgehend sinnvolle oder in sich logische und konsequente Lehre. Folglich stellt sich immer die Frage, was man aus den Texten macht.


    Um eine andere Formulierung von dir also umzuwenden: Damit ist klar, dass ich für deine Zitate auch immer wieder Gegenbeispiele finden werde. Während Thursday das als "für die Tonne" ansieht, hoffe ich, dass ein solcher Blick auf die Überlieferung den Horizont erweitert.