Beiträge von diamant

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    In der Leerheit kann man nicht verweilen


    In Ordnung.


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    und mit Körper-Geist abfallen, ist das ganz gut beschrieben


    Da bin ich im Lauf meines Weges zu anderer Auffassung gekommen. Ich finde die alte Deutung, die auf Geist abfallen herausläuft, treffender.


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    niemand wird getötet - es gibt überhaupt keinen Tod.
    Und genau das ist die große Täuschung über Erwachen.


    Das ist in meinen Augen keine Täuschung über das Erwachen, sondern über die Fakten des Lebens.
    Das sind außerdem alles Klischees, die von irgendwem mal geäußert wurden, z.B. während der Kriegstreiberei der Japaner im letzten Jahrhundert, aber das ist kein Problem, das man sich zueigen machen muss. Es handelt sich auch nur um Rhetorik. Es hat nichts damit zu tun, dass sich nach dem Erwachen der Blick auf die gesamte schriftliche Überlieferung noch einmal fundamental geändert hat zu "außerhalb der Schriften". Und jenseits der Regeln. Das bedarf der obigen Rhetorik nicht, und das muss auch gar nicht so aussehen wie bei Sawaki oder anderen, als sie in den Krieg zogen. Man wird da nicht mehr umgetrieben von moralischen Binsenweisheiten, wie es hier im Forum offenbar bei einigen der Fall ist. Man weiß z.B. auch genau, wann ein Ehebruch angebracht sein kann. Und man lässt ihn nicht, weil man sich "in einer Regel übt", genauso wenig, wie man sich denkt (oder gar grämt), diese zu verletzen. Das ist so. Ob du es glaubst oder nicht. Und weil du es mit anderen Vorstellungen (denen du hier so heftig ans Zeug flickst) in Abrede stellen willst, mit Verweisen auf den Palikanon etwa, wirst du schließen müssen, dass dies nicht sein kann. Obwohl du auch selbst sagtest: Jeder muss es selbst erfahren.


    Ich übe ja auch Kritik an Lehrern (siehe Threadthema). Und da stellen sich für mich interessantere Fragen. Wieso z.B. Genpo Merzel (den ich wegen seiner Vermarktungsstrategien und inhaltlicher Dinge kritisierte, nicht so sehr wegen seines Ehebruchs - auch wenn das immer ein Thema ist, wenn man selbst verheiratet ist) in den USA wegen seines Sexualverhaltens an den Pranger gestellt wurde, aber Bernie Glassman seine eigene Frau (also eine Schülerin, mit der er Sex hatte) zur Dharma-Nachfolgerin machen kann, ohne dass ihm das von den gleichen Leuten um die Ohren geschlagen wird. Solche moralischen Diskussionen werden eigentlich erst interessant, wenn das Thema wesentlich komplexer wird als das Erschlagen einer Fliege.


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    Er konnte ja nichts anderes, als einer Zen-Halle vorstehen und vorsitzen und Geschichten erzählen, warum man das machen kann. Was ist dagegen einzuwänden?


    Dogen ist doch nach seinem Bekunden und der Legende, die er um Ju-ching/Rujing strickte, in China das entscheidende Licht aufgegangen. Den Klosterweg hat er also ohne Not verschärft. Er hat sich da selbst reingeritten und dann immer mehr darauf versteift.

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    Da du nicht weißt, was man wieder hier erkennt, was mit Erwachen gemeint ist ... Dogen erzählt natürlich seine Erfahrungen ... Aber es gibt niemanden, der erwacht.


    Eher erkennt man wieder deine Abneigungen und Vorlieben. Denn auch ich erzähle meine Erfahrungen. Wenn es aber niemanden gibt, der erwacht, frage dich doch, warum du dich daran stoßen musst, dass da "Erwachen ist".


    Deine Rhetorik ist unergiebig. Es erwacht keiner, folglich täuscht sich auch keiner, dann hält sich auch keiner an sila und es kann keiner sie verletzen. Ich halte nichts von solchen nebulösen Vorstellungen. Niemand in der Zentradition, den wir hier zitieren, hat sich offensichtlich geweigert, seine "Erfahrung" auf den Punkt zu bringen - so gut es eben ging. Und die meisten haben sich nicht gescheut, sie als Erwachen zu sehen. Das scheint eher ein Fluchtreflex deinerseits zu sein. Denke dran, wenn du das nächste Mal die Ahnenreihe rezitieren solltest, stattdessen einfach das Telefonbuch irgendwo aufzuschlagen und die darin befindlichen Namen runterzurattern.


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    kommst du auf solche Schnitzer


    Davor stand ein Zitat von Chih-i. Nicht von mir.

    Andreas: Bodhisattva ist m.E. eine "Untermenge" von Buddha. Deshalb glaubt man im Mahayana ja nicht mal, dass mit dem Shakyamuni Schluss war (siehe Maitreya). Auch der Buddha kommt wieder.


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    Ein-Mann-Buddha werden und ab ins Nirwana ist gemessen daran ein ziemlicher Ego-Trip.


    Wenn Samsara und Nirwana eins sind, dann gibt es kein Ab ins Nirwana außerhalb dieser Existenz. Das Bodhisattvasein ist damit inbegriffen. Es ist ein Aspekt des Buddhaseins, der helfende, tätige, eingreifende.


    Thursday: Du hast hier schlicht zwei Perspektiven verwechselt. Es gibt für den Erwachten (von dem redet Chih-i hier) kein Vorher oder Nachher mehr (siehe auch Uji: Sein-Zeit bei Dôgen, da er Zeit auf einer tieferen Ebene als Kontinuum statt als Abfolge erlebt). Aber in der Außensicht auf den Erwachten, also in der biografischen Beschreibung seines Erwachens, ist dies das Moment, das sein vorheriges von dem späteren Leben unterscheidet. Die Geschichte im Denkôroku ist nicht das Fazit Dôgens über sein Erwachen (innensicht), sondern das Fazit seines Lehrer über ihn (Außensicht).


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    Die fünf Vergehen sind nichts anderes als Erleuchtung,


    Best of Chih-i (Asso-Blog).

    Thursday:

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    Shimano und Sasaki sind da die passenden Beispiele.


    Für was? Für das, was du vorher sagtest?

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    rechtfertigen ihre Untaten mit ihrer angeblichen tiefen Einsicht


    Wo sind da die Belege? Das sind doch Klischees von anderswo. Beide haben sich entweder im Einzelfall entschuldigt oder überhaupt nicht reagiert.


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    Was einen edlen Menschen gegenüber einem unedlen kennzeichnet ist da nachzulesen.


    Ja, wenn man Theravada macht. Im Mahayana sucht man nach tieferen Weisheiten, wie denen von Chih-i:


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    Wenn der Geist nach seinem Entstehen vergeht, dann auch alle Fesseln und Zwänge. So versteht man: Da kann kein Übertreten sein, nichts bleibt. Es ist wie mit einer Lampe, die man in einem dunklen Raum anzündet: Die Dunkelheit kann keine Ansprüche über den Raum anmelden und sich nicht weigern zu verschwinden, nur weil sie so lange dort herrschte. So bald die Lampe angezündet wird, verschwindet die Dunkelheit.


    Ist die Dunkelheit nicht verschwunden, sieht man sie überall.


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    Es gibt so etwas wie vor oder nach dem Erwachen nicht


    Natürlich gibt es das. Schon im Palikanon sind es die Geschichten von Verbrechern, die durch Einsicht ihren Lebensweg fundamental ändern. In den Kôan finden sich zig andere Beispiele. Hier nur eins, es stammt aus der Sôtô-Tradition und beschreibt das davor und danach von Dôgen selbst, im Denkôroku:


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    Der einundfünfzigste Patriarch war der Ehrwürdige Eihei Dogen. Er übte unter Tiantong Rujing. Während des nächtlichen Zazen sagte Tiantong zu den Mönchen: „Die Übung des Zen ist das Abwerfen von Körper und Geist.“ Dabei wurde Dogen plötzlich erweckt. Er begab sich unverzüglich ins Zimmer des Abtes und entzündete dort Weihrauch. Tiantong fragte ihn: „Warum verbrennst du Weihrauch?“ Dogen antwortete: „Körper und Geist sind abgefallen.“ Tiantong sagte: „Körper und Geist haben das Abwerfen von Körper und Geist abgeworfen.“ Dogen sagte: „Dies ist nur eine vorübergehende Fähigkeit. Bestätigt mich nicht willkürlich.“ Tiantong sagte: „Das tue ich nicht.“ Dogen fragte: „Was ist das, was nicht willkürlich bestätigt wird?“ Tiantong erwiderte: „Das Abwerfen von Körper und Geist.“ Dogen verbeugte sich. Tiantong bestätigte: „Du hast das Abwerfen abgeworfen.“ Dann sagte sein Gehilfe Huangping aus Fuzhou: „Für einen Fremden ist es keine Kleinigkeit, diesen Bereich zu erlangen.“ Tiantong sagte: „Wie viele hier verdienen einen Schlag auf den Kopf? Er hingegen ist nun befreit, sanft und friedlich. Und dennoch dröhnt der Donner!“

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    Er versteht, dass er die Daseinsmerkmale nicht für alle zum verschwinden bringen kann.


    Es bedarf dazu keiner Gelübde, da sie oft nur leere Versprechen sind. Es ist ausgedrückt im Zen mit "Wenn ich erwache, erwacht die ganze Welt mit mir". Das Bewusstsein der Verbundenheit und von Ursache und Wirkung (wenn ich bereit bin, Fleischspenden anzunehmen, wird es jemanden geben, der für mich Tiere tötet) macht einem diesen Zusammenhang klar.

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    Wie schon angemerkt, ist Erwachen oder Erleuchtung nicht etwas, das man erlangt und dann "hat". Wer durch die Welt läuft und sich selbst (d.h. sein Selbst) als erleuchtet bezeichnet, ist entweder ein Scharlatan oder hat einen an der Waffel.


    Eine Binsenweisheit. Genau wie die, dass es fortgesetzten Buddhatuns bedarf. An wen richtet sie sich? Wer glaubt, dass man etwas "hat"? Und andererseits: Woher willst du das wissen, wenn du nicht erwacht bist?


    Um in dieser Logik zu bleiben: Der Buddha Shakyamuni hatte demnach einen an der Waffel!


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    er ist selbst nichts als Klesha und verliert damit in dem Akt (sofern er korrekt ausgeübt wird) auch sich selbst - allerdings nur, so lange der Akt dauert.


    Eine Sôtô-Sicht. Wie immer. Es gibt kein "korrektes Ausüben" von Erwachen. Was ich hier sehe, ist befremdlich. Alle, die auf diese Art seit Dekaden sich im Zen bewegen, haben inzwischen Scheuklappen. Sie behaupten etwas, als stehe es für das ganze (Zen), was nicht stimmt, was sie wissen müssten, weswegen ich auch an ihrer Motivation zweifle. Die scheint mir nicht ganz sauber zu sein, nicht aufrichtig.


    Was zeigen die erwähnten zehn Ochshirtbilder denn? Ist da am Ende ein leerer Kreis, ist da jemand auf den Markplatz zurückgekehrt? Oder holt er sich den nächsten Bullen, um ihn zu zähmen?


    Satori kann man als das Erkennen der eigenen Natur verstehen. Es handelt sich um eine Einsicht. Es geht nicht darum, die Einsicht (Erfahrung) permanent zu wiederholen (auch wenn das geschehen mag), damit sie Gültigkeit hat, sondern dass man aus dieser Erfahrung lebt. Satori ist Anuttara Samyak Sambodhi. Das ist schlicht Buddhaschaft. Wer dies in Abrede stellt, entzieht Dôgen und den anderen Buddhas und Patriarchen wegen seiner (falschen) Sicht auf die Ethik ihren Status als Buddhas.


    Die falsche Sicht besteht hier darin, zu behaupten, ein Übender solle dem achtfachen Pfad folgen, wenn er ihn aber vervollkommnet (oder die höchste "Stufe" des Erwachens erlangt) habe, würde er selbstverständlich weiter an den einzelnen Pfadgliedern scheitern. Dies widerspricht der buddhistischen Lehre. Das ist aber, was Sudhana hier mit den klesha Dogens beschreibt. Er führt damit seine eigene Rhetorik um die Ethik ad absurdum, weil er hier selbst aufzeigt, dass sie KEIN Weg zu Weisheit sein kann, sondern sich immer wieder in sich selbst verfängt. Es ist genau so, wie wir das hier beobachten können an den Anhängern dieser Ansicht. Sie wollen dem Pfad folgen, nur um ständig daran zu scheitern. Sie glauben, wenn einer Einsicht und Weisheit erlangt, dann sei dies nur momentan, und es würden danach die üblichen klesha am Werke sein wie zuvor. In Dogens Fall würde das im Übrigen bedeuten, dass sein Erwachen die klesha noch verschlimmert hätte, denn er hatte seine Aussetzer ja in seiner Spätphase. Was für eine Farce!


    Was Dôgen tatsächlich vorlebte war, dass man Nirwana und Samsara sind eins verwirklicht, indem man in der Täuschung (klesha) das Erwachen (satori) umsetzt. Das ist eine der Hauptlehren Dôgens. Was sich ändert nach dem Erwachen ist der "weise" Blick auf die klesha, auch auf die eigenen, deren Natur durchschaut ist. Und dass er das nicht mehr bemerkte, als er sich mit seiner Kritik an der Linji-Tradition etc. anbiederte, das ist das eigentliche Problem - nicht die klesha an sich, sondern das Fehlen ihrer Erkenntnis, der distanzierte und freie Umgang damit, das Loslassenkönnen.


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    Das heisst nicht, dass der Praktizierende ein Buddha wird


    Das heißt, dass der Praktizierende erkennt, dass er schon immer ein Buddha war, und fortan in diesem Bewusstsein voranschreitet. Insofern wird er erst zum Buddha durch das Erwachen. Die entscheidende Täuschung, kein Buddha (sondern ein Selbst aus dies und das) zu sein, ist dann überwunden.


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    liegt dann auch die Bedeutung der Bodhisattva-Gelübde


    Sie haben keine Bedeutung für einen Buddha. Ein Buddha legt keine Bodhisattva-Gelübde ab. Das tun die, die sich (noch) nicht als Buddha begriffen haben.

    Da du die Diskussion - oder Reaktion - wieder aufgenommen hast (bei den schon Ignorierten hatte ich das ja standardmäßig als Reflex vorangekündigt): Darum geht es doch gar nicht, Thursday: Dass alle Arschlöcher sind und auch der Idiot Buddhanatur hat. Es geht hier lediglich darum, dass es keinen dieser Idioten (Sawaki, Sasaki et al.) besonders kratzte, sich an die sila zu halten. Rein praktisch. Das könnte einem - wenn man schon durch die hier die sila Übenden und daran Scheiternden nicht schlauer wird - auf etwas bringen.


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    Wenn man nach Gründen sucht, das eigene regelverletzende Verhalten an dem Verhalten von Buddhas und Patriarchen zu messen


    Natürlich willst du das nicht verstehen, weil es an den Grundfesten deiner Überzeugen rüttelt: Hier wurde nach Gründen gesucht, das regelverletzende Verhalten von Buddhas und Patriarchan an den sila zu messen (nicht am "eigenen Verhalten" - falls damit meins gemeint sein soll, ich saufe z.B. weder noch unterschlage ich Geld noch habe ich - im Krieg - gemordet, habe also deutlich weniger auf dem Kerbholz als die o.g. "Buddhas und Patriarchen" :roll: ).


    Aber in dieser Art werden die rhetorischen Verdrehereien wohl auch von dir weitergehen. Schade.

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    Es besteht ein Unterschied zwischen verlangen und annehmen !!!!


    Nicht für das Tier. Es ist tot.
    Und es wird auf verschiedene Schalen verteilt und verschiedenen Menschen einverleibt. In deiner Sichtweise geht es also letztlich nur ums Wohlergehen des Menschen. Der, der nichts verlangt, es aber annimmt, entledigt sich der Verantwortung. Das geht mir nicht weit genug. Eine solche Haltung führte dann auch dazu, dass der, der nicht die Vernichtung einer Minderheit verlangt, aber ihren Tod hin/annimmt, sich ebenfalls der Verantwortung entzöge. Durch Passivität und Nichtstun.


    Die konsequentere Haltung, wenn man ins Nicht-Töten nicht involviert sein wil, ist die Ablehnung jeglichen Fleisches. Nur dann wäre die sila wichtiger als "nicht wählerisch sein" usw.


    mukti;

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    setze mich bitte auch auf deine Ignorierliste, damit ich nicht etwa von dir angesprochen werde.


    Das ging leider nicht. Offenbar bist du Moderator oder Administrator, weswegen mir das verweigert wurde.

    Das langweilt auch. Einer, der Fleischspeisen annimmt, hat de facto für sich töten lassen. Wenn der Buddha das nicht verstand, war er ein bisschen naiv.
    Aber ich kenne diese Diskussionen, darum auch für dich die Ignorliste. Es ist so einfacher für mich, die immer gleichen Litaneien zu übersehen.

    accinca:

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    hat daher mit der Lehre des Buddha auch nicht viel zu tun


    Was es damit zu tun hat, habe ich oben erklärt. Aber du bist nicht der einzige, der bloß mit Textstellen operiert, ohne einen Zusammenhang herzustellen.


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    Lebewesen zu töten – das hat er aufgegeben


    Genau das ist die Absicht, nicht zu töten. Denn alles andere ist Sophismus, da der Buddha ja weiter Fleischspenden aß (er hat es also nicht aufgegeben, andere töten zu lassen).


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    Ohne Stock, ohne Schwert


    Die braucht man auch nicht für Insekten. Alles, was du zitierst, habe ich also schon mit meinen Worten gesagt, nur hast du es anders verstanden.


    fotost: Ja, durch solche Beispiele wird es vor Augen geführt. Aber wir hatten das hier auch schon drastischer mit dem wissenschaftlichen Experiment, wo einer durch das Opfern eines Menschen drei andere auf den Gleisen retten kann und gefragt wurde, ob er das täte. Deshalb bin ich auch nicht für das Ziel des Minimierens zu haben. Da funktioniert es für mich nicht mehr. Das Menschenleben hat einen besonderen Stellenwert, und darum muss ich nicht ein (gleichwertiges, unbekanntes) vernichten, wenn ich damit drei andere (unbekannte) retten könnte. In einer solch theoretischen Situation ist für mich nicht zu erkennen, dass ich ein Recht auf Vernichtung des einen Lebens hätte. Nicht mal, wenn hunderte andere auf dem Spiel stünden. Anders sähe es aus, wenn ich das eine Leben als das eines grausamen Diktators ansähe o. ä..

    Ich habe hier viele Beispiele von "Buddhas und Patriarachen" angeführt, die sich offensichtlich im Sinne der sila (Regeln) fehlverhielten, also wahlweise stahlen, soffen, die Ehe brachen oder sogar mordeten (z.B, Sasaki, Katagiri, Deshimaru, Shimano, Sawaki). Eine Möglichkeit wäre natürlich, deren Status als Patriarchen in Frage zu stellen, oder zu behaupten, dass all dies vor ihrem Erwachen geschah. Eine andere ist, festzustellen, dass Erwachtsein nicht bedeutet, dass sich die sila - in ihrer bekannten Bedeutung - irgendwie "von selbst" oder "auf natürliche Weise" manifestieren (statt daraus ein großes Tamtam zu machen, sie sich wörtlich in Erinnerung zu rufen oder sie bewusst "zu üben"). Vielmehr bedeutet Erwachen in all diesen Fällen (auch) ein eindeutiges Übertreten der Regeln. Es manifestiert sich eben nichts im Sinne der Übung von sila "natürlich". Ein gutes Beispiel ist Dôgen selbst. Er verletzte z.B. die Regel, keine Zwietracht in der buddhistischen Sangha zu säen und nicht andere zu defamieren. Wer da im Shobogenzo fündig werden will, findet hier ("Did Dogen go to China", S.. 178) eine Aufstellung von Steven Heine mit den Kapiteln, in denen Dogen Vertreter des Linji kritisierte. Obwohl Dogen z.B. im Kapitel Shobogenzo zuimonki noch Ta-huis sorgfältige Praxis lobte, behauptete er später im Kapitel Jisho zanmai, Ta-hui könne den Dharma nicht einmal im Traum verwirklichen (über die Gründe mehr hier: http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=12&t=14874). Dogens Haltung war hier insgesamt widersprüchlich.


    Fazit: Wer das "natürliche Verhalten" Buddhas anführt, muss feststellen, dass dieses immer wieder die Regeln (sila) verletzt. Das kann man so als Kritik stehen lassen. Oder man kommt auf eine andere Idee: Offenbar verstehen "Buddhas und Patriarchen" etwas anderes darunter als der gemeine Laie (oder Mönch), der sich immer noch an diese sila klammert und davon ausgeht, dass sie auch "nach" dem Erwachen schlichtweg in dem Sinne befolgt würden, in dem er sie "vor" dem Erwachen verstand.


    Linchi


    Sokushin zebutsu
    Daigo
    Bukkôjôji
    Gyôji
    Sesshin sesshô
    Butsudô
    Bukkyô
    Mitsugo
    Mujô seppô
    Kenbutsu
    Daishugyô


    Te-shan


    Sokushin zebutsu
    Shinfukatoku
    Bukkôjôji
    Kattô
    Butsudô
    Mitsugo
    Mujô seppô
    Daishugyô


    Yün-men


    Sansuikyô
    Kattô
    Kenbutsu
    Bukkyô
    Menju


    Yüan-wu


    Bukkôjôji
    Kattô
    Shunjô


    Kuei-shan


    Kattô

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    Ein Beispiel ist, dass du Yampolsky (1967) zitierst, ohne seine wesentliche Ansicht zu erwähnen: Dass Dôgen Yampolskys Meinung nach das Plattformsutra nie in den Händen hatte!


    Dein Englisch ist noch ausbaufähig. Dass Dōgen das Plattform-Sutra nicht gekannt haben soll, ist natürlich Unsinn


    Das ist nicht Englisch. Ich schreibe in Deutsch. Und in Deutsch steht da nicht, "dass Dogen das Plattformsutra nicht gekannt haben soll", sondern dass er es nie in den Händen hatte. Dogen hat das Plattformsutra offenbar nur aus zweiter Hand - oder nur bruchstückhaft - gekannt, und deshalb seine Fehldeutungen geleistet. Hätte er es vorgeliegen gehabt und wäre zu seinen Schlüssen gekommen, müsste man an seinem Verstand zweifeln.


    Zitat

    Richtig ist daran, dass Dōgen in Shōbōgenzō Shizen Biku die Authentizität des Plattform-Sutra bestreitet, im Sinne einer Autorschaft Huinengs.


    Nein, er bestreitet in erster Linie den Inhalt, das steht ja da in dieser Reihenfolge:

    Zitat

    ... enthält die Worte "die Natur erkennen" ... Es handelt sich nicht um die Worte eines Mannes, dem der Schatz des Dharmas übertragen wurde.

    Von dem Inhalt schließt er auf eine Fälschung. Wie dann auch deine weiteren Zitate belegen.


    Weiter stellt sich natürlich die Frage, warum er an anderer Stelle im Shobogenzo den Hui-neng so gar nicht anzweifelt, etwa in Gyoji und Inmo, und dabei auf autobiografische Teile des Plattformsutras zurückgreift. Dies bestätigt einmal mehr meine obige These, dass Dogen mit dem Sutra und seinem Huineng-Verständnis nach eigenem Belieben verfuhr. Was ihm inhaltlich nicht passte, wurde in Abrede gestellt. Dass Dogen die von dir zitierte Frage nicht beantworten konnte, wer von den Ahnen lehrte, dass Buddha-Dharma "nur" bedeute, die eigene Natur zu erkennen, könnte wiederum seine eigene begrenzte Kenntnis dieser Vorfahren belegen. Es stinkt freilich nach einer rhetorischen Frage.


    Im Eihei Koroku rät Dogen indirekt sogar zur Lektüre des Plattformsutras, und seine Zweifel an diesem und an Hui-neng sind wie weggeblasen: (V, 37):

    Zitat

    Wenn ihr Sutren lesen wollt, solltet ihr jene anschauen, die von Hui-neng dargelegt wurden: das Saddharmapundarîka- , das Mahâparinirvâna- und das Prajnâpâramitâ-Sûtra.

    Zitat

    Das entspricht exakt dem, was in der Soto-Tradition als Zazen gelehrt und geübt wird. Von besonderem Interesse ist dieses Zitat auch hinsichtlich dieser Aussage: "If, for one thought-moment, there is a break, the dharma-body separates from the physical body, and in the midst of successive thoughts there will be no attachment to any kind of matter." Das ist Dōgens 'shinjin datsuraku' (身心脱落), das Abfallen von Körper-und-Geist.


    Diese Aussage ist falsch, wenn man einen Essay von Seijun Ishii, Professor an der Komazawa-Universität, zu Rate zieht, den die Sôtô-Schule veröffentlicht hat. Hier wird genau erläutert, wie Shinjin datsuraku zu verstehen ist: http://global.sotozen-net.or.j…terms/pdf/key_terms03.pdf


    Die Unterschiede zu Hui-neng demnach im Einzelnen:


    1) Shinjin datsuraku steht in Verbindung mit Shikantaza (das Hui-neng nicht propagierte - Dogen führt diese Lehre ausdrücklich auf seinen Lehrer Ju-ching zurück).


    2) Shinjin datsuraku wird von Dogen statt "satori" benutzt: "Er argumentiert, dass das Erkennen der Realität des Selbst nur durch kontinuierliches Praktizieren möglich ist." Bei Hui-neng hingegen gibt es einen Schlüsselmoment, der sich in dem Vers verdichtet, der dazu führt, dass sein Meister ihn zum Nachfolger macht, also ein zeitlich verankertes Geschehen des Erwachens.


    3) Dogen hat offenbar den Ausdruck Shinjin datsuraku uminterpretiert: "Nun ist wohl beim gegenwärtigen Stand die beste Erklärung, dass Dogen Zenji Nyojos Ausdruck Shinjin datsuraku (Abwerfen der Geist-Verschmutzungen) umfassend und kreativ als Shinjin datsuraku (Abwerfen von Körper und Geist) interpretiert hat." Bei Hui-neng geht es jedoch um den Geist, nicht um den Körper. Im obigen Zitat aus A.C. Muellers Übersetzung ist "dharma body" das eigentliche Erkennen: "seeing is the dharma-body" (Jorgensen: Inventing Hui-neng. Leiden 2005, S. 320). Um das Abfallen des Körpers geht es da nicht. Darum schließt der Autor dieses Essays auch:


    Zitat

    Wir können keine Quelle für Shinjin Datsuraku in irgendeinem chinesischen Zentext finden.

    Nachtrag: A.C. Mueller irrt, wenn er meint, dass im Zen Nicht-Denken nur so verstanden würde, wie von ihm beschrieben (als nicht-anhaftendes Denken). Ein Zeitgenosse des (legendären) Bodhidharma, Zhiyi (https://en.wikipedia.org/wiki/Zhiyi) schrieb ein Werk mit dem Titel "Anhalten und Sehen" und ging dort bereits weiter. Gemeint ist das Erkennen der Wirklichkeit, wenn die Gedanken tatsächlich aufhören.


    Zhiyi gilt den Tendai als ihr Begründer und hatte bedeutenden Einfluss aufs Zen, er propagierte unter anderem, dass es besser sei, "die Wahrheit inmitten von Beschmutzungen zu verwirklichen als durch deren Tilgung". (Aus einer Doktorarbeit zu Chih-i und Madyamika: https://macsphere.mcmaster.ca/…1375/13647/1/fulltext.pdf)


    Folglich sagte er auch:

    Zitat

    "Menschen, die das Anhalten und Sehen nicht kultivieren können, empfiehlt der Buddha Tugenden als den Weg."

    [siehe Thomas Cleary: Stopping and Seeing. A Comprehensive Course in Buddhist Meditation. (Boston 1997)] Hier haben wir also bereits im 6. Jahrhundert einen Hinweis auf den von mir beschriebenen Unterschied einer Zen-Geistesübung zu einer Tugendübung. Chih-i sieht letztere offensichtlich als minderwertig an.


    In Chih-is Auflistung der vier Samadhi-Arten findet sich eine, die "weder Gehen noch Sitzen" ist. Dazu werden die Gedankenstufen erläutert, und die erste ist: noch nicht denken (also ohne Gedanken sein; siehe u.a. http://www.kamalashila.co.uk/page27/styled-34/)


    Aus der Unkenntnis solcher Meister wurde hier nicht nur schon in Abrede gestellt, wie zweitrangig die Tugendübung im Buddhismus sein kann, sondern auch, dass es im frühen Mahayana-Buddhismus bereits die Erkenntnis gab, auch Nicht-Denken im Sinne einer völligen Gedankenfreiheit sei möglich, ja nötig! Dies ist m. E. wichtig, wenn man die Erfahrung des Erwachens vieler Meister begreifen will, die ja regelmäßig erst danach versuchten, diese in Worte zu kleiden.

    Zitat

    wie willst du sonst üben


    Ich übe keine sila. Ich beschäftige mich mit meinem Geist (Gedanken, Gefühlen) auf eine Weise, die dies unmöglich macht. Es wäre sozusagen "hirnverbrannt", etwas zu üben, was nichts mit diesem Geist zu tun hat und von außen kommt, weil ja gerade das als nutzlose Projektion durchschaut ist.


    Nicht-Töten ist einfach die fehlende Absicht, zu töten. Ich hege (prinzipiell) keine Absicht, zu töten. Was soll da geübt werden? Wenn sich andere Notwendigkeiten ergeben, ändert sich nichts an der prinzipiellen Absicht. Dann wird ab-sichts-los das Insekt getötet, also ohne eine Sicht, d.h. ohne eine Gier, eine Wut, ein Anhaften. Liegt keine Notwendigkeit vor, wird das nächste Tier womöglich einfach aus dem Schwimmbecken gerettet. Die Rettung erfolgt ohne Gedanken an metta, so wie das Töten ohne Gedanken an Gier erfolgt.

    Danke, Jojo. Aber bei mir heißt es "Wortglaubereien". Im Sinne von Schrift- und Buchstabengläubigkeit. Ich melde aber kein Patent drauf an. Ich habe kürzlich auch das Wort "chrungte" für den Charakter einer bestimmten südostasiatischen Musik erfunden.

    Sudhana: So sieht also "EOD" aus.


    Zitat

    das sei eine Erfindung von mir


    Klar, deine Formulierungen und Übersetzungen sind deine. Und vor allem nicht die Huinengs. Ich habe ja schon gezeigt, dass man selbst Bielefeldt anders übersetzen kann, nämlich nicht so tendenziös.


    Ein Beispiel ist, dass du Yampolsky (1967) zitierst, ohne seine wesentliche Ansicht zu erwähnen: Dass Dôgen Yampolskys Meinung nach das Plattformsutra nie in den Händen hatte!


    Als Dôgen in seinem Essay "Shizen biku" (im Shobogenzo) das "Erkennen der Natur" beschreibt, sagt er: "Das Plattformsutra des sechsten Patriarchen enthält die Worte "die Natur erkennen", doch dieser Text ist eine Fälschung. Es handelt sich nicht um die Worte eines Mannes, dem der Schatz des Dharmas übertragen wurde ... Es ist ein Text, auf den sich Nachfolger der buddhistischen Patriarchen niemals verlassen." (übersetzt nach Nishijima & Cross).


    Demnach hat man zwei Möglichkeiten: a) Schon Dôgen hat sich was über dieses Plattformsutra zurechtgefaselt, und es ist kein Wunder, dass es nicht besser wird, wenn man ihm da versucht zu folgen; b) Dôgen kannte das Sutra tatsächlich und hat hiermit klar gemacht, dass im Gegensatz zu Sudhanas Behauptung seine Zenlehre in wesentlichen Teilen von der Hui-nengs abweicht. Was sie ja tatsächlich tut. Weswegen ich mich weder an a) noch b) reiben muss.


    Zitat

    Dass es da auch keinen Bedarf nach Religion oder sonst etwas gibt, ist fast zu trivial, um es noch anzuführen.


    Nein, ist es nicht, denn Dôgen hat nicht nur eine errichtet, er hat ja das damit verbundene Klosterleben sogar in seiner Spätphase als das einzig wahre angesehen. Und darum geht es. Im Umkehrschluss zu verstehen, dass Dôgen diesen Pfad der "trivialen" Erkenntnisse seiner Vorgänger verließ.


    Die Versuche, die Zeremonien, die im Plattformsutra im Rahmen des später klösterlichen Leben Hui-nengs eine Rolle spielten, in den Mittelpunkt seiner Lehre zu stellen, statt seine "Geistesübung" und seinen Verriss des stillen Sitzens (Ta-hui bezeichnet Shikantaza später, mit Berufung auf Huineng, als "Polieren des Geist-Spiegels", als allmähliches Erwachen, zengo - siehe Heine, Dogen and Zen, S. 25), sind natürlich die ewig zu erwartenden Rettungsversuche, mit denen Dôgen in Einklang mit Hui-neng gebracht werden soll. Dabei ist klar, dass Huineng genau das Gegenteil von Dôgen behauptete: Er räumte Laien die gleiche Chance wie Mönchen ein. Schon von daher ist es absurd, darauf zu verweisen, dass er sich im Kloster klösterlich verhielt.


    Weil Huineng Geistesübung betrieb, perlte das Klosterleben an ihm ab. Weil Dôgen vor allem Körper- und Klosterübung betrieb, veränderte das jedoch entscheidend seine Ansichten.


    Eine der zentralen Lehren Hui-nengs ist die vom plötzlichen Erwachen. Hier sollte man zunächst genauer in die Sôtô-Geschichte schauen, ehe man denen glaubt, die als nach eigenem Bekunden Nicht-Erwachte möglicherweise ein solches plötzliches Erwachen in Frage stellen. Was aber, wenn sie das shusho itto (Praxis als Erleuchtung) von Dogen als solches verstehen ? Was meinen sie dann mit Praxis (eine Frage, die ich immer wieder hier stellte)? Wie erwacht also ein Dôgen-Anhänger plötzlich?


    (Bei mir bitte möglichst keine Nachfragen per PM. Ich mache das alles öffentlich.)


    Zitat

    Ethische Indifferenz


    Davon sprechen nur die, die nicht verstehen, welche Ethik aus Erwachen erwächst. Diejenigen also, die ein Korsett brauchen, weil sie sonst selbst ins Schwimmen (Indifferenz) geraten.


    Zitat

    was Huineng im Plattform-Sutra zu den 'formlosen Gelöbnissen' zu sagen hat


    Er sagte: "If you think ..." Ich übersetze: Wenn du denkst ... Alles im Sinne der Geistesübung. Er sprach in der zitierten Stelle eben nicht von sila. Sondern schlicht vom Guten und Bösen. Der wichtigste Satz ist: "Wenn du von intuitiver Weisheit denkst, wirst du die höchsten Gefilde erreichen." Er sagte also genau das, was ich hier immer wieder betone: Die höchsten Gefilde sind die intuitiver Weisheit (nicht die der sila oder fest umrissener Ethik).

    void:

    Zitat

    düften sie jetzt so die Sau rauslassen, sich schamlos bereichern und extrem seltsame Dinge tun.


    Das wäre ein Unterscheidungsmerkmal. Ich habe nicht den Eindruck, dass dies für Huineng, Linji, Huangpo und Co. galt.


    Ellviral: Das hast Du schön gesagt. Meinen letzten Schrei habe ich ein paar Stunden später erklärt, um den Zuhörern etwas plausibler zu machen. Es wird dich nicht überraschen, dass Kinder intuitiv verstehen und eher die Erwachsenen verwirrt sind. Ob sich die anderen nun an dem eigenen "Speicher", den man frei gibt, bereichern oder nicht, ist einem selbst auch nicht mehr wichtig. Aber auch das kann der Intuitive eher. Es ist wie ein permanentes Angebot.


    Was verändert sich? Das ist im achtfachen Pfad beschrieben, den so viele ja leider entweder als Weg von a nach b oder als einen Weg sehen, der einen dauerhaft in einer bestimmten Definition beschäftigt ("Wortglaubereien"). NACH (!) der Erkenntnis (1. Glied) verändert sich das Denken, die Rede (man sagt, wie es ist, und das stößt Leuten auf, siehe hier die Beispiele aus dem Bereich Sexualität), das Handeln (es wird furchtloser, und zwar gegenüber Menschen, nicht gemeint ist, dass man sich in Extremsportarten betätigt - man greift öfter ein, packt öfter an), der Lebenserwerb (er enthält ein dienendes oder dharmaverbreitendes Element), die Anstrengung (Beispiel: Übersetzen von Fachliteratur statt plakativer Sprüche in einem buddhistischen Forum), die Achtsamkeit, die Versenkung.


    Nach meinem Eindruck verändern sich die Denkstrukturen derart, dass man schneller das eigentliche Problem erkennt und intuitiver eine Lösung entwickelt - und sie sofort angeht. Ich bekam heute z.B. eine email, in der mir jemand schrieb, er habe einen dringenden Brief nicht aufgeben können, weil seine Post am Ort zu habe. Als ob es nur eine gäbe ... Diese Einstellung findet man auch hier oft. Sich nicht der nötigen Einsicht und Tat stellen, sondern einen bequemeren Ausweg suchen.

    Ich stimme zu, void. Was dann auch erklärt, warum hier immer wieder unnötige Diskussionen versucht werden. Wenn man dort angekommen ist (die Buddha-Natur verwirklicht hat), stellt es sich so dar und soll auch so vermittelt werden. Und genau von diesem Standpunkt aus haben es die alten Zenmeister vermittelt, da sie ebenfalls dort angekommen waren. Wenn man nicht dort angekommen ist, sagt man: "Du solltest dich mal mit dem Pfadglied der rechten Gesinnung beschäftigen" - bleibt also in der Mathematik der Ethik stecken und erweist sich gerade so als nicht angekommen.


    (gelöscht, hatte Dich falsch verstanden)

    Zitat

    Ganz bestimmt nicht


    Zitat

    das bekommst du eh nicht auf die Reihe


    Zitat

    Blödsinn.


    (und das alles offenbar während eines Aufenthaltes in Antaiji und ausgedehnter Zazenübung ...)

    Zitat

    Du verstehst diese Art "ideal-typische" Sprache des Zen nicht


    Ihr beide, bel und blue, seid mir zu niveaulos. Ich tue euch jetzt mal auf die Ignorierliste.


    In der nächsten Zeit fasse ich nach Möglichkeit noch den einen oder anderen akademischen Beitrag zusammen. Man möge dies als Denkanstoß verstehen, und ich möchte denen eine Hilfe geben, die nicht genügend Englisch können oder nicht die Zeit für solche Lektüre finden.


    Ich prophezeie auch da solche Abwehrreflexe. Es lohnt nicht, damit jeden Thread vollzumüllen.


    Zitat

    Das Fazit ziehst du ganz alleine


    Ich bin dazu zwar in der Lage, maße mir das aber nicht mal an. Das glaubt man nur a) aus rhetorischen Gründen, b) aus Faulheit (zur Recherche), c) mangels hinreichender Lektüre. Die Nordschule des Zen wurde in eben dem Tendai (Dainichi Nônin) am Leben erhalten, dem sich Dôgen zunächst aussetzte (Heine, Did Dogen go to China, S. 98).


    Dazu dann sukzessive mehr.

    Carl Bielefeldt ist ein Dôgen-Experte, der einige der Ansichten vertritt, die ich hier schon äußerte. Zum Beispiel die, dass Dôgen ein "politcal manqué" gewesen sei, ein "verhinderter Politiker" (eigentlich ist manqué ja jemand, der eine bestimmte Erwartung oder Ambition nicht erfüllt). Er sagt das im Band "Dogen Studies" von William LaFleur (S. 41).


    In seinem Buch "Dogen's Manuals of Zen Meditation" (Berkeley, London 1988) schreibt Bielefeldt über Hui-neng und die drei attributlosen Schulungen ("three attributeless disciplines", wu hsiang san hsüeh):


    Zitat

    Der Unterschied, sagt Huineng, zwischen seiner eigenen Lehre von der spontanen Erleuchtung und der des graduellen Erwachens seines Rivalen aus der Nördlichen Schule, Shen-hsiu, sei der, dass Letzterer noch dem konventionellen Verständnis anhafte und Ethik, Meditation und Weisheit als etwas präsentiere, dass in die Praxis umzusetzen sei. Hui-neng sagt: "Die Tatsache, dass der Grund des Geistes (hsin li) ohne Falsch ist, stellt die Ethik der eigenen Natur dar ... Wenn wir unsere eigene Natur verstehen, errichten wir keine Ehtik, Meditation und Weisheit ..." In der erleuchteten Weisheit unserer eigenen wahren Natur tauche kein Bedarf nach Religion auf.

    (S. 90)


    Weiter heißt es bei Bielefeldt über Hui-nengs Dharma-Nachfolger:


    Zitat

    Shen-hui liefert eine Definition der drei "natürlichen" Schulungen (wu-tso) im Sinne Hui-nengs. ... In seiner Schrift Ting shih-fei lun unterscheidet er den Buddhismus Hui-nengs von dem Shen-hsius (!) aus der Nordschule damit, dass Letztgenannter die Menschen zur Praxis der Meditation ermutige und sie lehre, "den Geist erstarren zu lassen und in Samadhi einzutreten, den Geist zu richten und Reinheit zu bewahren, den Geist zu erregen und äußerlich zu erleuchten, den Geist zu konzentrieren und innerlich zu bestätigen."[In einer Fußnote wird noch kritisiert: "Verweilen mit gesenktem Blick"] ... Meditation sei karmische Aktivität, die nur zur Wiedergeburt führe. Sie würde eine spirituell impotente Leere erzeugen (wu-chi k'ung). ... Shen-hui nennt die künstliche Stille durch Meditation "Karma-Fessel", das einzig wahre Samadhi sei die natürliche Stille des ursprünglichen nicht-verweilenden Geistes eines Menschen.

    (S. 91)


    Im von Sudhana verlinkten Artikel von Professor Bielefeldt (http://www.jsri.jp/English/BukkyoSymp/Papers/bielefeldt.html ) geht es vor allem um eine Auseinandersetzung mit Prof. Ishigami, der über den Zusammenhang von Nembutsu und der "dreifachen Schulung" (meine Übersetzung) in sila (Regeln), Meditation und Weisheit schrieb. Der Name Hui-neng fällt genau einmal, als Beispiel für einen, der den allmählichen Zugang an diese dreifache Schulung ablehne und stattdessen für den plötzlichen Zugang sei, dass der eigenen Natur entspräche. Die Schulung der Gebote solle ethische Irrtümer einer Person ausmerzen, doch der eigene Geist sei von Natur aus nicht im Irrtum. Meditation bedeute, dass der eigene Geist von Natur aus nicht verstört sei. Weisheit bedeute, dass der eigene Geist von Natur aus nicht unwissend sei. Daraus folgt, dass wir die "dreifache Schulung" auf natürliche Weise inmitten unserer Irrtümer, Verstörungen und Unwissenheit praktizieren.


    Fazit: Es finden sich in der Kritik Hui-nengs und seines Nachfolgers Shen-hui so viele Kennzeichen des Zens von Dôgen und der Sôtô-Schule, dass der Verdacht nahe liegt, Dôgen habe sich eher an der nördlichen (Shen-hsiu) als der südlichen Schule (Shen-hui) orientiert. Dies zeigt sich auch an den Argumenten derjenigen User hier, die z.B. am Dreiklang von Regeln, Meditation und Weisheit festhalten. Das entspricht eben nicht der Auffassung Hui-nengs. Von daher war Sudhanas Versuch, Dôgen mithilfe des Akademikers Bielefeldt zwischen den Zeilen als in einer Linie mit Hui-neng zu legitimieren, eine Farce.


    Natürlich gibt es aber auch Gemeinsamkeiten, dazu müsste man Dôgen aber anders - und umfassender - verstehen, um dies wie Bielefeldt, Heine u.a. differenzieren zu können. Eine Gemeinsamkeit, die Bielefeldt in dem Artikel einräumt: Dôgen habe ebenfalls abgelehnt, dass die Meditation der dreifachen Schulung entspräche, sie sei vielmehr "die Praxis des Buddha" (butsugyo). Mit anderen Worten, man kann auch Dôgen so verstehen, wie ich es sagte, nämlich in seiner Ablehnung des Gleichklangs von Regeln, Meditation und Weisheit. Jedoch schreibt Bielefeldt davor auch, dass andere sich nicht wie Dôgen mit Zazen identifizierten:


    Zitat

    Der plötzliche Zugang zu den drei Schulungen, der manchmal als "formlose Schulung" (muso sangaku) beschrieben wird, taucht immer wieder in Texten der Zentradition auf und wird oft von einer scharfen Kritik an der Meditation begleitet und an der Auffassung, Zazen sei die traditionelle Übung des dhyana (Zen). Das Lin-chien lu, eine wichtige Abhandlung des Sung-Meisters Hui-hung beispielsweise, leugnet, dass das neunjährige Sitzen Bodhidharmas vor einer Wand die Praxis des Zen gewesen sei.


    Leider kann man bei Anhängern des Sôtô-Zen in Foren seit Langem beobachten, dass sie diese Unterschiede verwischen, krampfhaft an der Deckungsgleichheit von Hui-nengs Lehre mit der Dôgens festhalten wollen und dabei auch leugnen, dass Ethik im Sinne der chinesischen Südschule einen anderen Stellenwert einnimmt, als von ihnen (bel, Sudhana, Thursday usw.) behauptet.


    Ich denke, Sherab, du wirst nun erkennen, dass die Unterschiede doch deutlich und nicht marginal sind.


    [Es werden folgen: Einige Wortglaubereien und weiteres Verwischen der Unterschiede, vor allem der Versuch, dass Hui-neng und Shen-hui mit ihrer Kritik gar nicht das zazen von Dôgen gemeint hätten - was ja eigentlich logisch ist, da er noch nicht lebte, aber auch wieder falsch, weil sie ja die Kennzeichen auflisteten, die man dort wiederfinden kann.]

    (Spoilerwarnung / erst typisches Forumsgeplaenkel, dann Inhalt ...)


    Zitat

    Carl Bielefeldt (der übrigens jedem, der sich heute ernsthaft mit Dogen beschäftigt, das eine oder andere Mal über den Weg gelaufen ist


    Besonders mir, deshalb hab ich ihn in diesem Forum auch schon erwaehnt ... Wie ich schon sagte, diese elende Herablassung (zumindest zwischen den Zeilen). 30 Jahre oder wie viel Zazen, und das ist immer noch nicht weg. Aber eh der naechste sich in Personendebatten ergeht - meine Frage wurde natuerlich nicht beantwortet. Dafuer haben wir hier den naechsten Chinesischkurs von einem Nichtsinologen. Immerhin mit einem "mE" und einem "wohl" ...


    Und "discipline" heisst im Englischen auch Studienfach und Schulung. Ich sehe da keinen Widerspruch.


    Mehr dann wohl, wenn ich wieder ein Keyboard mit Umlauten habe. Bielefeldt gehoert ausgerechnet zu denen, die man gut heranziehen und zusammenfassen kann, um die von mir vorgebrachte Kritik an Dogens Haltung zu Huineng zu untermauern. Wie man diesen Artikel erwaehnen kann, um die These, auch die Dogenlinie koenne sich auf Huineng zurueckfuehren, zu stuetzen, ist mir ein Raetsel. Deshalb wird es noetig sein, wesentliche Teile daraus zu uebersetzen.

    Ich finde deine Ausführungen treffend, aber hier kann ich mir einen Witz nicht verkneifen:


    Zitat

    Die Frage ist wie man mit achtsamen Umgang dafür sorgt, dass im Sommer die Fliegen aus der Wohnung bleiben u.ä.


    Und sie so leiden lassen? Wo doch hinter der Scheibe die leckere Sahnetorte wartet ... ;)


    Ich will damit sagen, dass es nicht einmal darum geht, dass die Fliege gleich tot (geklatscht) sein muss. Genau das ist ja die menschliche Projektion, die erst "Leid" im Hirn und der Gefühlswelt des Menschen schafft. Wenn man hingegen denkt, dass die Fliege keinerlei Konzept von Leid hat, kann man auch darauf verzichten, in sie etwas wie Leiden hineinzuinterpretieren. Unsere gemeinsame Natur - die erwachte, die Buddha-Natur - ist ja nicht die leidende Natur, sondern die Natur der Leere. Die buddhistische Lehre, das betone ich ja immer wieder, will das Leiden am Leiden tilgen. Ein solches Leiden am Leiden kennt die Fliege offenbar nicht, sondern nur die Rezeption von Schmerz an sich. Dafür ist die Buddhalehre aber nicht zuständig. Deshalb ist man selbst dafür verantwortlich, wenn man (noch) darunter leidet, eine Fliege zu töten. Das ist per se nichts Ehrenhaftes, genauso wenig, wie sie zu erschlagen oder, wie ich das als Kind oft machte, noch lebend in Spinnennetze im Keller meiner Oma auf dem Land zu werfen, um diese Spinnen zu studieren (nicht, dass ich damals schon so gedacht hätte wie heute ...).


    blue: Off topic, bitte das Thema ggf. im Salon eröffnen. bel ist keine Frau. Und nach dem Ursache-Wirkungsprinzip ist leicht im Forum zu recherchieren, wer sich zuerst auf wen "einschoss". Ich führe prinzipiell erst Debatten zur Person eines Users, wenn eine solche Ursache vorliegt. Das ist Buddhismus: Verschwindet die Ursache, dann auch die Wirkung. Probier es mal aus.

    Zitat

    Ohne diese Kernpassage des Textes präsent zu haben und zu wissen, wo man sie findet, ist man für eine Diskussion des Plattformsutra auf diesem Level mE nicht wirklich qualifiziert.


    Damit hast du dich also selbst disqualifiziert. Denn ich hatte ja gefragt, WO Huineng das genau behauptet, was du hier in schwammigen Ausdrücken von dir gibst.
    Da wären dann Seitenzahlen, Ausgaben, Zitate fällig. Fremdsprachen sollen hier leserfreundlich übersetzt werden. Und die Übersetzungen hast du ja offenbar vorliegen.


    Es wundert mich auch nicht, dass du dich danach gleich verabschiedest. Ich bin ja mit deiner Rhetorik seit Dekaden vertraut. Was mein "Diskussionsstil" ist, kann man in dem bisher recht kurzen Thread oben leicht nachlesen. Ich nagele Leute eben gerne fest, wenn sie Ausdrücke benutzen, die im Forum nur wenige verstehen dürften. Die Frage, die dahinter steht, ist ja, was du damit sagen willst, deshalb sollte man schon verstehen, was Huineng und du damit meinen. Das müsste aber von dir kommen. Einen bel haben wir schon.


    Erkäre doch freundlicherweise Sherab und anderen, die hier mitlesen (nicht mir, davon spreche ich dich frei), was das "formlose dreifache Studium" ist.
    Man kann es ja mal googeln. Dann stößt man auf die Seite von Zensplitter. Offenbar dreht man sich da also im Kreis.


    Ein Beispiel:

    Zitat

    der Eckpunkt der Dunjiao-Doktrin (頓教, Subitismus)


    Subitismus (ein Begriff von Paul Demiéville) steht für den "plötzlichen Durchbruch", für "blitzartige Erleuchtung" im Zen. Das ist also eben genau das, was man sich nach allem, was die nach Dôgen Praktizierenden hier so von sich geben, nicht als Übung nach Dôgen vorstellen wird. Und das war einer der Punkte, die ich in der Huineng-Diskussion als Unterscheidungsmerkmal zum Dôgen-Zen selbst angesprochen hatte (ohne Fachbegriffe).