Beiträge von Geronimo im Thema „Frage zu Paticcasamuppada(bedingtes Entstehen)“

    Matthias65:

    Gänzlich auf Genüsse zu verzichten macht keinen Sinn, es sei denn man lebt im Kloster.
    Dagyab Rinpoche sagt dazu auch: Es ist o.k. ab und zu abends mal ein (!) Glas Wein zu trinken.
    Aber: Es macht auch keinen Sinn, bei der Gier nach Genüssen zu übertreiben. Bei einer Übertreibung entsteht Anhaftung.
    Daher eigentlich wie immer: Den "mittleren" Weg und damit den "rechten" Genuß wählen :)


    Alkohol kommt für mich mittlerweile fast überhaupt nicht mehr infrage. Es wirkt sich ausnahmslos ungünstig auf meine geistige Klarheit aus, von der leichten Anheiterung einmal abgesehen. Ich werde definitv nachlässig wenn ich etwas getrunken habe.


    Ich dachte ich habe es ganz gut erklärt. Es geht nicht um dürfen und nicht-dürfen. Das der Genuss an vielen Dingen mit der Zeit verblasst, passiert ganz von selbst, auf eine sehr positive Weise. Umso größer die innere Befriedigung schon ist, umso weniger Befriedigung zieht man aus den äußeren Dingen. Das ist doch genau so mit der Pizza. Die ersten 3, 4 oder 5 Stücke sind fast immer sehr befriedigend, die letzten 2, 3 aber nicht mehr ganz so. Ganz einfach weil man einen gewissen Grad an Sattheit erlangt hat, für den Moment.

    MonikaMarie1:

    Ist das nun eine Bestätigung meines Beitrages oder eine Belehrung?
    Immer gibt es einen Grund hinzuschauen, reizt es mich zum Widerspruch, und wenn ja, warum, oder fühle ich sofort "Ja, so sehe ich das auch".
    Fühle ich Frieden oder fühle ich Widerstand? Da setz ich an und da hab ich keine Angst mehr vor, auch wenn ich einen Knoten fühle. Ich weiß, es ist bedingtes Entstehen, das durch heilsames Denken und Handeln vergeht.
    _()_


    Astreine Bestätigung.

    MonikaMarie1:

    Guten Morgen Geronimo,
    ja, so erlebe ich das auch. Das Verblassen ist ähnlich wie die Spiele oder das Spielzeug aus der Kindheit. Früher habe ich über den Verlust geweint - und es gibt auch Alte, die darüber heute noch weinen "die leuchtenden Augen der Kinder am Weihnachtsbaum, könnte ich das doch noch einmal so fühlen ..." - heute haben diese Dinge keine Bedeutung mehr. Früher habe ich viele Tränen vergossen über den Verlust eines "Verliebten", heute sehe ich das anders. Und dennoch kann ich mich an Freuenden erfreuen und bin nicht ohne Gefühl, aber ich hafte daran nicht an und sehne mich auch nicht danach.


    Einfach ein natürlicher Reifeprozess. Und so ist es auch mit Gier, Hass und Verblendung. So nach und nach verlassen mich diese Hindernisse mit fortschreitender Einsicht. Denn, wenn eine Tür sich geöffnet hat, kommt's ja noch subtiler und womöglich erschreckend härter auf mich zu. Aber die Kraft wächst und die Schleier fallen ohne große "Ausbrüche" mehr. Genau so wie es kein Problem war, nach der Pubertät erwachsener zu werden. Es gibt da aber natürlich Ausnahmen ;) .


    _()_ Monika


    Gibt wirklich keinen Grund Angst davor zu haben das einem bestimmte Dinge irgendwann nicht mehr so reizen wie sie es früher einmal getan haben, wenn man es richtig macht. Es gibt natürlich auch den selben Effekt der auf Stumpfheit beruht, der aber nun wirklich überhaupt nichts mit dem Weg des Buddha zu tun hat.


    Aber wie man auch hier sehr schön sehen kann, hat das "Ich" erst einmal ganz grundlegend Furcht davor das ihm irgendetwas verloren gehen könnte, und seien es auch noch so trügerische Dinge. Aber auch das ist ein ganz natürlicher Prozess, den wir alle irgendwann durchlaufen. Nur erkennen wir in diesen Momenten nicht, das Verlust hier tatsächlich Gewinn bedeutet. Umso früher man aufgibt sich dagegen zu wehren, umso früher wird man verstehen was tatsächlich Glück ist und was nicht.


    Der Buddha genoß ja auch, nur auf eine ein bisschen andere Art.

    Mein schönstes Beispiel dazu ist wirklich meine frühere starke Neigung zu Mangos, auch wenn ich das schon mehr als einmal zum besten gegeben habe.


    Als ich damals erfuhr das mir der Geschmack von Mangos irgendwann mal weniger bedeuten würde, fand ich das direkt unangenehm und konnte mich damit nicht wirklich anfreunden. Aber mit der Zeit ist die Befriedigung die ich aus der Frucht zog einfach auf ganz natürliche Weise immer weniger geworden, und es hat überhaupt nicht weh getan.


    Das ist ungefähr so, als ob ich vorher innerlich ein bisschen leerer war, und die Mango füllte diese Leere für eine gewisse Zeit auf. Und wenn die Fülle abnahm, dann kam der Appetit (Durst) wieder. Heute jedoch ist diese innere Leere wesentlich geringer geworden, und so ist mein Verlangen auch kaum noch gegenwärtig. Das ist ein überaus beglückender Prozess, der unabhängig macht.


    Und wenn da irgendwann mal überhaupt keine Leere (im Sinne von Durst) in einem ist, dann hat man wirklich zum ersten Mal wahre Befriedigung und Freiheit erfahren.


    Bis dahin jedoch ist jedes bedingte Glück nach dem sich das Herz neigt ein unfreies Glück. Aber das erkennt man auch erst wenn man es erkannt hat. Deshalb sind die drei immer zusammenhängend: Zuneigung, Abneigung, Unwissenheit = Keine Freiheit.

    Onda:
    Maybe Buddha:

    Es gibt einen mittleren Weg, zwischen Begierde und Aversion, zwischen Lebensbejahend und Lebensverneinend. Und diesen lehrte doch unser guter alter Kumpel, der Buddha.


    Wie so viele andere Konzepte im Buddhismus erschließt sich auch das von Mittleren Weg nicht unmittelbar auf den ersten Blick. Was Mittlerer Weg nicht bedeutet: ein bißchen hiervon, ein bißchen davon. EIn bißchen Askese, ein bißchen Völlerei, ein bißchen Aversion, ein bißchen Begierde. Der Mittlere Weg liegt nicht in der Mitte von Aversion und Begierde. Was den Genuss anbelangt, so gibt es nur ein klares Ja oder ein klares Nein. In mancher Lesart des Buddhismus hat Genuss keinerlei Platz, in anderen Lesarten ist er nicht verpönt. Für mich ist der heikle Punkt nicht der Genuss, sondern das Anhaften. Das Ideal eines gänzlich genussfreien Lebens halte ich für widernatürlich, abwegig und nicht artgerecht.


    Onda


    Es geht auch nicht um den Genuss als solches, sondern um den grundlegenden Durst der dahintersteht. Die Zuneigung, das Begehren nach was auch immer. Die vermeintliche Stillung dieses Bedürfnisses kommt ja erst im zweiten Schritt.


    Der nie enden wollende Durst nach Befriedigung jedoch ist was uns ganz fundamental unfrei macht. Also kann auch nur der noch Gefallen an Genüssen finden der durstig ist. Und sei dieser Durst auch noch so subtil, so das man geneigt ist zu sagen "Es macht mir nichts aus wenn er nicht da ist", so ist er dennoch vorhanden wenn man Freude empfindet beim konsumieren.


    Einer der diesen Durst endgültig überwunden hat, reagiert auf solche Genüsse überhaupt nicht mehr, weil er etwas wesentlich erfüllenderes gefunden hat. Das mag dem sinnlichen Menschen erst einmal widernatürlich erscheinen, aber tatsächlich verblasst die Freude an weltlichen und den meisten überweltlichen Genüssen einfach irgendwann ganz von selbst vor dem Hintergrund des absoluten Friedens.


    Das ist ein natürlicher Prozess, und ein sehr befreiender.


    Oh, Aversion ist ja auch der falsche Weg. Überall wo Zuneigung, Abneigung und Unwissenheit existieren, da ist keine wahre Freiheit möglich. Es geht darum wirklich zu verstehen was Genuss, Durst, Trieb-Befriedigung bedeutet, und wie sie sich zur absoluten Freiheit verhalten. Wenn man das erst einmal verstanden hat, dann wird man erkennen das jedweder Genuss seinen Preis hat. Das ist keine theoretisches Konstrukt, sondern für jeden ganz direkt erfahrbar.


    Und so kann man den Hunger auch nur mit Wissen überwinden, und nicht mit Zurückhaltung allein.

    Maybe Buddha:

    Genauso ist es eine irrige Ansicht zu glauben, man könne einfach den ganzen Spaß der sinnesfreuden genießen, ohne zu leiden. Und den Eindruck habe ich irgendwie bei deinen Aussagen.


    Du möchtest das ganze Paket...
    Sinnliche Freuden, weltliches Leben, aber ohne Dukkha. Das zu wollen ist sicherlich nicht verwerflich. Das wünschen sich warscheinlich die meißten. Aber einzusehen das dies nicht möglich ist, fällt vielen schwer.


    Das merkt man immer daran wenn angefangen wird bestimmte Dinge umzudeuten.

    Aiko:
    Geronimo:

    Ich sehe da auch keinen Tausch, es ist einfach eine Veränderung der Bedingungen. Das Klima im Kloster ist ein bisschen günstiger für die Überquerung des Flusses. Was man dann daraus macht liegt an jedem selbst.


    Lebst du in einem Waldkloster? Das Klima ist überall bedingt und überall kann jeder was daraus machen.
    Der Tausch liegt einfach darin, dass du günstigere Bedingungen eintauschst. Oder andere Bedingungen - .


    Nee, noch nicht. Aber insofern kann man schon von einem Tausch sprechen, da hast du Recht.

    Aiko:
    Geronimo:

    Aber klar ist, das er keine Bedürfnisse mehr nach weltlichen Dingen gehabt hat. Mehr wollt' ich doch garnicht sagen.


    Und wie ist das mit den Bedürfnissen/Begierden nach überweltlichen Dingen?
    Was mir hier jetzt grade auffällt ist das Tauschprinzip, das da anklingt - der Gang in die Hauslosigkeit wird als ein Tauschakt gesehen - da gibt einer sein Haus auf, um etwas Besseres oder Effektiveres zu erhalten - das ist aber mit Hauslosigkeit nicht gemeint. Auch nicht der Tausch von einem alten Leben zu einem neuen Leben.


    Ich sehe da auch keinen Tausch, es ist einfach eine Veränderung der Bedingungen. Das Klima im Kloster ist ein bisschen günstiger für die Überquerung des Flusses. Was man dann daraus macht liegt an jedem selbst.

    Aiko:
    Geronimo:

    Der Weg des Buddha jedoch überschreitet das Leben. Aus diesem Grund ist er auch nicht mehr in sein altes Leben zurückgekehrt.


    Deine Vorstellungen sind ja grandios. Das alte Leben des Shakyamuni war vergangen - wohin hätte er da zurück kehren können? Eines war er bestimmt - erheblich klüger als so manch' anderer, der sich da Vorstellungen über das Leben macht und dass man das überschreiten könne.


    Ach, das war jetzt nur mal 'ne Aussage. Ich war damals nicht dabei und mache mir auch keine großen Vorstellungen darüber. Aber klar ist, das er keine Bedürfnisse mehr nach weltlichen Dingen gehabt hat. Mehr wollt' ich doch garnicht sagen.

    Aiko:
    Geronimo:


    Aber das Glück der vollkommenen Loslösung ist im Haushalt nicht erfahrbar. Um nichts anderes geht es doch.


    Du scheinst darüber etwas zu wissen. Vollkommene Loslösung hat nicht mit Haushalt oder Hauslosigkeit zu tun, wenn du darunter eine Lebensweise verstehst. Es kommt nur auf die Identifikation mit z.B. dem Besitz an. Und da kann sich ein Hausloser u.U. stark mit dem Besitz seiner Hauslosigkeit identifzieren, sofern er sich mit dem Haushälter vergleicht und darüber einen Dünkel entwickelt.


    Klar, wird sicher einige Haushälter geben die wesentlich weiter sind als Mönche, aber die Vorraussetzungen sind dennoch sehr verschieden.


    Mit vollkommener Loslösung meine ich, das es einem wirklich absolut nichts mehr ausmacht alles in seinem Leben von einem Moment auf den anderen zu verlieren.

    Onda:

    In Bezug auf den Buddhismus gibt es viele irrige Ansichten.
    Eine davon ist die, dass nur der monastische Weg der wahre ist.
    Zur Entlastung der in dieser Auffassung Fehlgehenden ist zu sagen, dass diese Ansicht eine lange Tradition hat.
    Es ist klar, dass diese Ansicht vorwiegend von Mönchen - zur Aufwertung ihres Weges (und zur Absicherung ihrer Bettelgänge) - vertreten wurde.


    Onda


    Nein, nein, nicht der "wahre", sondern der effektivste. Es gibt sicher nicht viele Haushälter die ihren Gleichmut behalten, wenn ihr Haus in Flammen aufgeht oder ihre Kinder sterben. Aber genau darum geht es bei der Freiheit des Buddha: Vollkommene Losgelöstheit. Da gibt es nichts mehr das den Frieden in irgendeiner Weise beeinflussen kann. Wer das im Haushalt erreicht: Chapeau! Aber das möchten ja auch die allerwenigsten im Haushalt. Sie möchten glücklich sein wenn die Dinge gut laufen und traurig wenn sie nicht so gut laufen. Das ist das Leben.


    Der Weg des Buddha jedoch überschreitet das Leben. Aus diesem Grund ist er auch nicht mehr in sein altes Leben zurückgekehrt.

    Onda:
    Geronimo:

    Stellt sich mir immer noch die Frage (oder auch nicht), warum der sehr verehrte Buddhadasa dann dennoch den Weg der Weltabgewandtheit gewählt hat, wenn Im Haus die gleichen Dinge möglich wären.


    Der verehrte Buddhadasa hat für sich den monastischen Weg gewählt.
    Er war gewiss nicht so arrogant, dem Haushälter MInderwertigkeit (in Bezug auf die Praxis) vorzuwerfen.


    Onda


    Hat der Buddha auch nicht getan. Aber das Glück der vollkommenen Loslösung ist im Haushalt nicht erfahrbar. Um nichts anderes geht es doch.

    Was für ein Leben hat der Buddha denn geführt? Darin liegen doch alle Antworten. Er hat sich ganz der Loslösung hingegeben. Zum eigenen Wohl hat er alles sinnliche, alles weltliche komplett hinter sich gelassen, was gibt es da zu deuten?


    Nur hat er diesen Weg nicht als den einzig möglichen zur Befreiung beschrieben, sondern als den effektivsten, schnellsten.


    Allen Nicht-Mönchen steht der Weg ebenso offen, mit all den dazugehörigen Annehmlichkeiten und Hindernissen.


    Der Begriff Lebensfeindlichkeit ist in diesem Zusammenhang immer einer falschen Perspektive geschuldet. Aus Sicht des Buddha jedoch sind die Befriedigungen all unserer, immer wiederkehrenden, Bedürfnisse nichts anderes als permanente Ersatzbefriedigungen. Immer und immer wieder das gleiche Spiel, ohne das irgendein Bedürfnis tatsächlich gestillt wird. Es wird kurz gestillt und taucht eine Weile später einfach wieder auf. Und interessanterweise werden die Bedürfnisse mit jedem mal sogar noch ein bisschen stärker umso öfter wir versuchen uns selbst zu befriedigen. Und nichts anderes versuchen wir ja ununterbrochen. Wir suchen echte Selbst-Befriedigung in Dingen und Handlungen die das von Natur aus nicht gewährleisten können.


    Und der Buddha hat entdeckt das es einen tatsächlichen Frieden, die wahre Befriedigung, nur abseits von all den Dingen geben kann die uns etwas vortäuschen das nicht wirklich da ist. Eine echte Stillung der Bedürfnisse.


    Wie könnte das lebensfeindlich sein?