Beiträge von Jojo im Thema „Was uebt man im Zazen eigentlich genau?“

    Wurde dann doch nichts mit "heute abend", war unverhofft zum Grillen am Strand eingeladen und bin jetzt angenehm erledigt.


    Ich gucke auf den Text und habe keine Lust mehr, dazu groß was zu schreiben.
    Wie bel schon schrieb, die einen sitzen halt, die andern sitzen nicht.
    Letztlich gibt´s keinen Einen Rechten Weg.
    Andreas hat auch alles Wichtige gesagt.


    Gute Nacht zusammen.

    diamant:

    Natürlich. Das Nicht-Sitzen ist nicht ritualisiert. Wie man an deiner Andeutung sah, willst du im Sitzen offenbar einen von Alkohol ungetrübten Geist haben. Das Sitzen muss etwas Besonderes bleiben.


    Das ist also deine Vorstellung von den Vorstellungen anderer.


    Zitat

    Zwischen diesem Sitzen (Zazen in der üblichen Vorstellung) und dem Nicht-Sitzen (Zen im Alltag) besteht ein Unterschied. Das Nicht-Sitzen (Zen im Alltag) findet sich damit ab, dass man nicht nur in einem bestimmten Setting (Dojo) seine Gedanken ziehen lassen und wertfrei halten kann, sondern selbst im berauschten Zustand dazu in der Lage sein sollte. Oder beim Sex. Oder beim Fernsehen.


    Zen findet sich ab? Gedanken ziehen lassen und wertfrei halten?


    Zitat

    Der Unterschied ist immer da. Es fängt damit an, wie die Umgebung zu sein hat (ruhig), wie man sich hinzusetzen hat (die Hände ineinander). Es geht weiter damit, dass eine Zeit festgelegt wird, wann diese Haltung aufgelöst wird usw.

    Ich bin wirklich interessiert, mehr über deine Auffassung vom Sitzen zu erfahren.
    Mit deinen 10.000 Stunden auf dem Buckel.

    diamant:

    Aber wiederum: Das Sitzen ist eben NICHT der Maßstab für alles. Es wird schon so sein, dass da der Einfluss des Alkohols stört. Beim Nicht-Sitzen kann das anders sein.


    Ach so. Deiner Ansicht nach besteht ein Unterschied zwischen Sitzen und Nicht-Sitzen.


    Zitat

    ... Art des Zen, die ich Alltagszen nenne und bei der man sich auch im leicht alkoholisch-erheiterten Zustand den Lauf der Gedanken und der Welt betrachten kann.


    Verstanden. Wie Ikkyu seinerzeit.

    diamant:

    Es ist also z.B. keinesfalls so, dass man nie Alkohol anrührt, weil das eben "natürlich" so geschehen würde und die "Regel" einem in Fleisch und Blut übergegangen ist, und es ist auch nicht so, dass man sich im Falle einer Feier sagt: Moment, ich muss mich an die sila halten und darf nichts trinken. Das, was "natürlich" geschieht und sich als Tugend offenbart, ist nicht irgendwo im Vorhinein festgelegt, sondern entsteht aus der Situation. Die Tugendhaftigkeit kann also auch darin bestehen, zu trinken.


    Es ist aber so, um mal bei diesem einfachen Beispiel zu bleiben, dass sich mit fortschreitender Bewusstheit ein besseres Körpergefühl entwickelt, und dass man immer deutlicher spürt, was Alkohol mit dem Körper macht.


    Wenn man sich diesen unangenehmen Empfindungen (z.B. beim Sitzen) immer wieder stellt, und sie nicht mit Tabletten oder durch Rückzug (Ausschlafen) wegdrückt, verändert sich was.


    Das Trinken macht kein Vergnügen mehr.


    Wer also am exzessiven Trinken Vergnügen hat, ist in vieler Hinsicht unbewusst.


    Das ist nichts Schlimmes (außer für diese Person, und vielleicht ihr direktes Umfeld). Es hat nur mit „jenseits von Regeln“ im Sinne der Zenpraxis nichts zu tun.


    Ich spreche (leider) aus umfangreicher eigener Erfahrung.


    Deine Theorie, dass ganz besondere Lehrer regelmäßiges exzessives Trinken als geschicktes Mittel einsetzten, dürfte in fast allen Fällen Augenwischerei sein.

    Tai:

    ebensowenig aber wird im Zen behauptet (wenn auch - vor allem von Anfängern - leider immer mal wieder in diesem Sinne missvertanden), es sei schlimm oder überflüssig, Ziele zu verfolgen bzw. zu Streben. Die Zen-Lehre bedient sich solcher Begriffe nur, um anzudeuten, was in genau dem Augenblick passiert, in welchem du diese Art des prinzipiellen Denkens loslässt.


    Danke, Tai. Höre ich zum ersten Mal so klar ausgesprochen.

    bel:
    Jojo:

    Vipassana-Elemente, die in meiner Zazenpraxis vorkommen: die Betrachtung von Körper/Atem, Wahrnehmungen, Gefühlen, Gedankeninhalten.


    Also wenn Du mal bei den Theras nachlesen möchtest: "Betrachtung" meint da etwas völlig anderes.


    Meinst du die quasi-geführten Meditationen, also z.B. die Leichenbetrachtung oder die Analyse der Bestandteile des Körpers? Die meinte ich nicht, ich meinte eher die vier Grundlagen der Achtsamkeit. Sie ergeben sich meiner Meinung nach von selbst, wenn man lange genug sitzt. Und dieses "lange genug" kann man - glaube ich - gar nicht hoch genug bewerten.


    Zitat

    Vipassana ist eine ausgearbeitete Meditationsform, die das was unter Satipatthana als Einstimmung, Anfängerübung aufgezählt wird, zur Hauptsache macht.


    Und warum auch nicht, wenn es doch die Basis und Grundlage ist? Wie soll man denn laufen lernen, wenn man noch nicht mal stehen kann? Ist es nicht in Ordnung, erst mal ansatzweise Stehen zu lernen, bevor man laufen will? Zum Problem wird das doch nur dann, wenn man - sobald man Stehen einmal gelernt hat - sich weigert, nun mit dem Laufen anzufangen, weil irgendein Lehrer gesagt hat, dass das Stehen das Wesentliche sei, und dass nun das Auf-Einem-Bein-Stehen kommt, und dann das auf-den-Zehenspitzen-stehen, und dann das auf-dem-Kopf-stehen usw. Da muss man sich halt entscheiden: will ich lernen, auf tausend verschiedene Arten zu stehen, oder will ich laufen lernen?


    Ich hoffe, es kommt rüber, was ich meine :(


    Ich denke, die Praxis Zazen hat für uns Laien in unserer Gesellschaft ein grundlegendes Problem.


    Ich versuchs mal mit einer Analogie aus dem Sprachenlernen. Es gibt zwei sehr verschiedene Arten, eine Sprache zu lernen: die traditionelle (mit Grammatik- und Vokabelpauken), und eine, die heißt "total immersion": die Sprache im Alltag lernen, durch Nachahmen, durch Ausprobieren, ohne sich groß irgendeine Struktur vorzustellen oder Regeln zu lernen.


    Ich denke mir das so: Zazen ist quasi die total-immersion-Methode. Vipassana ist quasi die traditionelle Methode. Man bekommt eine Grammatik, lernt die Regeln, und paukt dann so lange vorgefertigte Übungssätze nach dem gleichen Schema, bis man sie automatisiert hat. Wenn man genug solcher Schemata gepaukt hat, kann man anfangen, sie zusammenzusetzen, und auf dieser Basis das eigentliche Sprechen üben.


    Natürlich kann man jetzt sagen, dass Grammatik und Regeln ja gar nicht Bestandteil einer Sprache sind, sondern nur eine Methode zu deren (oft unzureichenden) Beschreibung, und dass es deshalb Schwachsinn wäre, zuerst die Grammatik und die Regeln zu lernen, wenn man doch gleich damit anfangen könnte, die Sprache selbst zu lernen.


    Das geht aber an der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen vorbei. Die meisten Menschen habe nicht die Möglichkeit, mal ein oder zwei Jahre in ein fremdes Land zu gehen, um dort 24/7 die Sprache zu beobachten und sie sich durch learning-by-doing anzueignen. Also lernen sie statt dessen in der Schule die Grammatik und die Regeln, und gehen dann zum Schluss ein paar Monate ins Land.


    Ebenso haben die meisten von uns nicht die Möglichkeit, täglich mehrere Stunden zu sitzen. Wenn man aber täglich nur 30 Minuten sitzt, ohne jede andere Anleitung, ist das so, als wollte man einerseits eine Sprache mit der total-immersion-Methode lernen, andererseits aber nicht 24/7 investieren, sondern bittesehr nur 30 Minuten täglich. Das klappt einfach nicht. Vielleicht kann das klappen, wenn man noch sehr jung ist, und Geist und Körper noch nicht vollgemüllt sind. Ab einem gewissen Alter - bin ich fest von überzeugt - macht man sich damit aber nur was vor.


    Was spricht also dagegen, sich anfangs der Erfahrungen anderer zu bedienen, sprich, die Grammatik zu benutzen, die Vipassana oder sagen wir MBSR bereit stellen? Irgendwann muss man solche Systeme natürlich verlassen. und anfangen, die eigentliche Sprache zu sprechen, mit allen Fehlern, die man macht.


    Ein andere Frage ist natürlich, ob man der Typ dazu ist, fein und ordentlich einen Haufen Übungssätze auswendig zu lernen und sie dann auch systematisch anzuwenden. Ich bin es ehrlich gesagt nicht, deshalb bin ich im Zen schon ganz richtig.

    bel:

    Mal abgesehen davon, daß ich nicht sehe, wo und wie "Samatha und Vipassana" im Zazen vorkommen (oder gar geübt werden) sollen -


    Vipassana-Elemente, die in meiner Zazenpraxis vorkommen: die Betrachtung von Körper/Atem, Wahrnehmungen, Gefühlen, Gedankeninhalten.
    Shamata-Elemente, die in meiner Zazenpraxis vorkommen: das Sitzen selbst, Entspannen, so weit es geht, und vor allem Güte und Freundlichkeit.


    Teilweise übe ich das auch systematisch, z.B. immer wieder die Gedanken loslassen und zur Aufmerksamkeit auf den Körper zurückkehren. Oder wenn sich mal wieder alles krümmt, erinnere ich mich ganz explizit daran, freundlich zu meinem Körper zu sein.


    Das Problem ist, finde ich, dass viele beim Sitzen versuchen, das, was auftaucht, zu ignorieren; und statt dessen versuchen, eine Art perverses Gleichmutsideal zu realisieren, und einfach nur Haltung zu bewahren, am besten bis die Knie kaputt sind.


    Besonders frustrierend, wenn man Leute trifft, die 30 Jahre Zazen praktiziert haben und man denkt: Oh Gott, so verbissen will ich nie werden, und dann guckt man in den Spiegel und sieht genau so aus.


    Ich hab selber jahrelang nur durchhalten geübt, bis ich eines Tages beschlossen habe: scheiß auf euren Gleichmut, auf euer Mushotoku, auf euer Hishiriyo, ich nehm jetzt zur Kenntnis, dass mir alles wehtut, und ich finde mich damit nicht ab, ich finde heraus, WAS DAS IST, auch wenn dieses Bestreben ein Bestreben ist und mit Nicht-Ich nichts zu tun hat.

    blue_aprico:
    Zitat

    Ajahn Chah soll mal gesagt haben, dass man samatha und vipassana nicht voneinander trennen kann, sie seien wie die zwei Seiten einer Hand. Mir kommt das logisch vor. Ich kann es jedenfalls nicht.


    Gut, macht auch Sinn. Wieso dann die von Shamata ( und Metta ) geschiedene Goenka-Vipassana-Methode vorschlagen?


    meines Wissens wird auf den Goenka-Retreats auch Shamata geübt. Die trennen Shamata und Vipassana methodisch halt auf eine Weise, die ich nicht nachvollziehen kann. Macht aber nichts, vielleicht können andere das. Und die Goenka-Methode scheint jhanatechnisch recht zielführend zu sein, wenn ich den vielen Berichten glauben darf, die ich im Laufe der Zeit gelesen habe.


    Ist halt nicht mein Ding. Aber vielleicht das anderer Leute. Warum also nicht vorschlagen?

    Sanshin:

    ist also Zazen eine Form von Samatha?
    Kommt auch Vipassana im Zen vor?


    Ajahn Chah soll mal gesagt haben, dass man samatha und vipassana nicht voneinander trennen kann, sie seien wie die zwei Seiten einer Hand. Mir kommt das logisch vor. Ich kann es jedenfalls nicht.


    Ich glaube (genau wissen tu ich´s nicht, weil keiner drüber redet!), dass beides im Zen vorkommt (also bei mir kommt beides vor), aber es wird nicht so genannt, und es wird nicht separat geübt.


    Zitat

    Mein Ziel ist es die Jhanas zu erleben und da ich gelesen habe das Zen dahin fuehren kann moechte ich mich informieren danke :)


    Wenn du zielstrebig auf die Jhanas zusteuern willst, ist es dann nicht vielleicht besser, ein paar 10-Tage-Vipassana-Kurse nach Goenka zu machen?


    Ich persönlich übe im Zazen: die Aufmerksamkeit auf die Körperempfindungen richten, nichts ausblenden, nicht eingreifen, freundlich zu mir sein, nicht ausweichen. Rinse and repeat.