bel:
Jojo:
Vipassana-Elemente, die in meiner Zazenpraxis vorkommen: die Betrachtung von Körper/Atem, Wahrnehmungen, Gefühlen, Gedankeninhalten.
Also wenn Du mal bei den Theras nachlesen möchtest: "Betrachtung" meint da etwas völlig anderes.
Meinst du die quasi-geführten Meditationen, also z.B. die Leichenbetrachtung oder die Analyse der Bestandteile des Körpers? Die meinte ich nicht, ich meinte eher die vier Grundlagen der Achtsamkeit. Sie ergeben sich meiner Meinung nach von selbst, wenn man lange genug sitzt. Und dieses "lange genug" kann man - glaube ich - gar nicht hoch genug bewerten.
Zitat
Vipassana ist eine ausgearbeitete Meditationsform, die das was unter Satipatthana als Einstimmung, Anfängerübung aufgezählt wird, zur Hauptsache macht.
Und warum auch nicht, wenn es doch die Basis und Grundlage ist? Wie soll man denn laufen lernen, wenn man noch nicht mal stehen kann? Ist es nicht in Ordnung, erst mal ansatzweise Stehen zu lernen, bevor man laufen will? Zum Problem wird das doch nur dann, wenn man - sobald man Stehen einmal gelernt hat - sich weigert, nun mit dem Laufen anzufangen, weil irgendein Lehrer gesagt hat, dass das Stehen das Wesentliche sei, und dass nun das Auf-Einem-Bein-Stehen kommt, und dann das auf-den-Zehenspitzen-stehen, und dann das auf-dem-Kopf-stehen usw. Da muss man sich halt entscheiden: will ich lernen, auf tausend verschiedene Arten zu stehen, oder will ich laufen lernen?
Ich hoffe, es kommt rüber, was ich meine 
Ich denke, die Praxis Zazen hat für uns Laien in unserer Gesellschaft ein grundlegendes Problem.
Ich versuchs mal mit einer Analogie aus dem Sprachenlernen. Es gibt zwei sehr verschiedene Arten, eine Sprache zu lernen: die traditionelle (mit Grammatik- und Vokabelpauken), und eine, die heißt "total immersion": die Sprache im Alltag lernen, durch Nachahmen, durch Ausprobieren, ohne sich groß irgendeine Struktur vorzustellen oder Regeln zu lernen.
Ich denke mir das so: Zazen ist quasi die total-immersion-Methode. Vipassana ist quasi die traditionelle Methode. Man bekommt eine Grammatik, lernt die Regeln, und paukt dann so lange vorgefertigte Übungssätze nach dem gleichen Schema, bis man sie automatisiert hat. Wenn man genug solcher Schemata gepaukt hat, kann man anfangen, sie zusammenzusetzen, und auf dieser Basis das eigentliche Sprechen üben.
Natürlich kann man jetzt sagen, dass Grammatik und Regeln ja gar nicht Bestandteil einer Sprache sind, sondern nur eine Methode zu deren (oft unzureichenden) Beschreibung, und dass es deshalb Schwachsinn wäre, zuerst die Grammatik und die Regeln zu lernen, wenn man doch gleich damit anfangen könnte, die Sprache selbst zu lernen.
Das geht aber an der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen vorbei. Die meisten Menschen habe nicht die Möglichkeit, mal ein oder zwei Jahre in ein fremdes Land zu gehen, um dort 24/7 die Sprache zu beobachten und sie sich durch learning-by-doing anzueignen. Also lernen sie statt dessen in der Schule die Grammatik und die Regeln, und gehen dann zum Schluss ein paar Monate ins Land.
Ebenso haben die meisten von uns nicht die Möglichkeit, täglich mehrere Stunden zu sitzen. Wenn man aber täglich nur 30 Minuten sitzt, ohne jede andere Anleitung, ist das so, als wollte man einerseits eine Sprache mit der total-immersion-Methode lernen, andererseits aber nicht 24/7 investieren, sondern bittesehr nur 30 Minuten täglich. Das klappt einfach nicht. Vielleicht kann das klappen, wenn man noch sehr jung ist, und Geist und Körper noch nicht vollgemüllt sind. Ab einem gewissen Alter - bin ich fest von überzeugt - macht man sich damit aber nur was vor.
Was spricht also dagegen, sich anfangs der Erfahrungen anderer zu bedienen, sprich, die Grammatik zu benutzen, die Vipassana oder sagen wir MBSR bereit stellen? Irgendwann muss man solche Systeme natürlich verlassen. und anfangen, die eigentliche Sprache zu sprechen, mit allen Fehlern, die man macht.
Ein andere Frage ist natürlich, ob man der Typ dazu ist, fein und ordentlich einen Haufen Übungssätze auswendig zu lernen und sie dann auch systematisch anzuwenden. Ich bin es ehrlich gesagt nicht, deshalb bin ich im Zen schon ganz richtig.