accinca:Also das stelle ich mir noch ein bißchen anders vor.
Wir können natürlich das Reine Beobachten auch im Sinne höherer nanas interpretieren, was auf einer fortgeschrittenen Stufe sicher korrekt ist. Aber der Titel des Threads hier lautet ja: Reines Beobachten nach Nyanaponika, und Nyanaponika beschreibt es im Geistestraining so:
Reines Beobachten ist das klare, unabgelenkte Beobachten dessen, was im Augenblick der jeweils gegenwärtigen Erfahrung (einer äußeren oder inneren) wirklich vor sich geht. (...) Es sind die «reinen Tatsachen», die hier zu Wort kommen sollen. Wenn sich nun aber an ein anfänglich reines Registrieren dieser Tatsachen aus alter Gewohnheit doch wieder gleich Bewertungen und andere Reaktionen anschließen, so sollen dann eben diese Reaktionen selber sofort wieder zum Gegenstand Reinen Beobachtens gemacht werden. Eine so gewonnene innere Freiheit dem Objekt gegenüber wird durch Einübung allmählich zu einer vertrauten Geisteshaltung, die leicht verfügbar ist, wenn sie benötigt wird. (...) Das Reine Beobachten wird hier empfohlen als eine methodische Übung in dafür bestimmten kürzeren oder längeren Perioden der Freizeit; sowie zur Anwendung in jenen, auch im geschäftigen Alltag möglichen Momenten, in denen man für eine Weile, und sei es nur für eine Minute, vom Getriebe zurücktritt, oder auch vor wichtigen Entscheidungen einige Minuten der Besinnung einfügt.
mukti:Es bedeutet dass man sich "nur" oder "rein" auf das Beobachten verlegt, warum sollte man das denn nicht üben können oder dürfen. Natürlich ist es nicht rein in dem Sinn dass es vollkommen wäre.
Ja, das ist wohl das, worauf accinca hinweisen will. Wie mit aller geistigen Entwicklung, so verhält es sich auch mit sati (und eben auch mit sati als Reinem Beobachten im Sinne Nyanaponikas): Es ist ein Entwicklungs-, ein Wachstumsprozess (Entfaltung: bhavana).
ZitatMan vergisst ja leicht, das das Wort "Achtsamkeit" das eigentliche Wort (sati) nicht vollständig wiedergibt und weswegen es auch die verschiedensten Übersetzungen dafür gibt.
Richtig. Ich finde es sehr hilfreich, jeweils die verschiedenen Übersetzungen und Interpretationen mit zu berücksichtigen (ein Aspekt, auf den Analayo in seinem Satipatthana-Buch übrigens in hilfreicher Weise eingeht). Mir persönlich passt diesbezüglich auch sehr die "Wahrheitsgegenwart" (Paul Debes, Fritz Schäfer). Dieses Verständnis illustriert auch, worauf ich eingangs hinweisen wollte:
erbreich:Die Satipatthana-Übung gipfelt in der Erkenntnis und Verwirklichung der Vier Edlen Wahrheiten und beinhaltet daher auch den gesamten Buddha-Dhamma. Und zwar nicht als blosses Theoriewissen und auch nicht ausschliesslich (nicht einmal vornehmlich) auf dem Kissen, sondern ganz konkret im alltäglichen, praktischen Leben. Es bedeutet die Integration des Edlen Achtfachen Pfades in den Geist. Wie weit diese Integration fortgeschritten ist, zeigt sich dem Übenden in seinem ethischen Verhalten (sila), in seinem Herzensfrieden (Gemütsruhe; samadhi) und in seinem Wissen (Weisheit; panna).
Das ist, nach meinem Verständnis, entwickelte sati, Wahrheitsgegenwart.
mukti:Mir scheint du (Anm: zu accinca) denkst mit "reines Beobachten" ist der höchste Befreiungszustand gemeint, aber ich spreche nur von Übung.
sati - als Reines Beobachten - ist sowohl wesentlicher Aspekt der Übung, als auch - als vollendete Wahrheitsgegenwart - Aspekt der Befreiung. Durch die Übung kommen wir immer näher an die Wahrheit heran, die Wahrheit (Dhamma) wird immer gegenwärtiger (unmittelbarer) erlebt.