Beiträge von Schroedinger im Thema „Befindlichkeiten, Störgefühle und andere Illusionen“

    Vielleicht noch eine Ergänzung: es geht weniger um Gefühle, als um Gedanken, die durch Gefühle bedingt sind. Diese Gedanken sind störend und durch Achtsamkeit werden die Gedanken los gelassen.
    Im Anfängergeist gibt es keinen Gedanken - sagte Shunryu Suzuki - im Samadhi gibt es nichts, kein Gedanken, kein Gefühl, keine Form, keine Leere.


    Zitat

    „Shariputra, weil es sich so verhält gibt es in der Leerheit, keine Form, keine Gefühl, keine Unterscheidung, keine beeinflussenden Variablen, keinerlei Arten von Bewusstsein. Kein Auge, kein Ohr, keine Nase, keine Zunge, keinen Körper, keinen Geist. Keinen Anblick, keinen Klang, keinen Geruch, keinen Geschmack, keine körperliche Berührung, keine Phänomene. Keine kognitive Quelle, die ein Auge ist, bis hin zu keiner kognitiven Quelle, die ein Geist ist, (keine kognitive Quelle, die Phänomene ist), keine kognitive Quelle, die ein geistiges Bewusstsein ist. Keine Unwissenheit, kein Beseitigen der Unwissenheit, bis hin zu: kein Altern und kein Tod. Gleichermaßen gibt es kein Leiden, keine Ursache, keine Beendigung, keinen Pfadgeist. Kein tiefes Gewahrsein, keine Errungenschaft, keine Nicht-Errungenschaft.

    Doris Rasevic-Benz:

    Mit Loslassen meine ich nicht, so eine Anweisung: "Spürst Du den Zorn? So, und nun lasse ihn gehen …". Unter Loslassen verstehe ich, dass ich ein wenig Distanz zu ihnen bekomme, z.B. indem sie als Produkt des Geistes erkennen kann, nicht als gegeben und unveränderbar, als absoluter, gottgegebner Indikator nach dem Motto: "Die Gefühle haben immer recht." Sie sind auch nicht steinerne Blöcke, die da irgendwo abgelagert sind, sondern entstehen immer neu und vergehen. Und sie sind ausschließlich an mich gekoppelt. Das macht es mir leichter. I häng mi do net nei – wie man in Bayern sagen würde. Das ist für mich Loslassen.


    Gefühle sind wichtige Informationen über meine Wirklichkeit, also über mich und sind der Ausgangspunkt für Selbsterkenntnis. Sie entstehen durch "Kontakt", also durch die Wechselbeziehung von innen-außen; ich-andere; sie sind Grundlage der Erfahrung und sie werden zudem interpretiert, wie jede Erfahrung interpretiert wird, so wie eben Fühlen und Gefühl sich unterscheiden hinsichtlich dem Grad der Körperlichkeit bzw. Geistigkeit.
    Das Loslassen von Gefühlen ist durch Distanz natürlich möglich, aber die Erinnerung und das Begehren bleiben als Eindrücke und Nachhall einer Erfahrung, eines Kontakts, länger bestehen, als der Kontakt. Deshalb sollte man Wiederholungen vermeiden oder sich in Achtsamkeit üben. Überhaupt ist das, was da als Störung gesehen wird, nichts anderes als ein Hinweis auf eine mangelhafte Achtsamkeit einerseits und eine Lücke in der Selbsterkenntnis. Beides sind daher keine Störungen, sondern wichtige Hinweise auf mich selbst.


    Es bedeutet Leiden - dukkha - die Internalisierung einer Projektion geht nur durch die Annahme des darin enthaltenden Leidens - und was immer gern übersehen wird - das Wohlgefühl erzeugt ein starkes Leiden. Wir müssen uns diesem Leiden öffnen. Das wollen wir beim Wohlgefühl gerne, aber die Vergänglichkeit macht alles zunichte. Und das erzeugt Zorn. die Liebe aber macht vor den vergänglichen dingen nicht Halt. Sie zeigt sich gerade darin, dass sie sich dem angeblich Hässlichen, zuneigt.

    Moosgarten:


    Vermutlich meint Morpho, daß der Vorgang selbst, sich nun an einen Meister zu wenden, keine kognitive Fehlleistung sei.
    Bin mir sicher dazu gibts auch Koans :)


    Die Koans sind Darstellungen kognitiver (Fehl)Leistungen. Schon Huike trieben diese Dinge in den Schnee und er säbelte sich einen Arm ab, der Arme. Bodhidharma hingegen ruhte in sich und stellte ihm eine Aufgabe - schmiß ihm ein Stöckchen - und er kam mit hängender Zunge zurück - und sagte: ich kann's nicht finden. Daraufhin lächelte Bodhidharma - es soll das einzige Mal gewesen sein - und sagte: Nun, denn. Mach' dir ne Matte und setz dich. Alles ist gut.


    Jeder rudert auf seine Weise sein Boot im Ozean.

    Doris Rasevic-Benz:
    Tychiades:

    Ja. Das Problem sind nicht diese Eigenschaften, sondern dass du dich offensichtlich nicht mit ihnen anfreunden kannst (willst), sondern an einer Vorstellung von Buddha-Sein haftest, der du gerne und lieber entsprechend möchtest.


    Du hast Recht mit Deinem Hinweis, danke.
    Ich hatte mal so eine Vorstellung, weil das ja so kolportiert wird: Alle die Kennzeichen usw. Aber so sehr glaubhaft fand ich das nie. Und Buddha wollte ich nie werden.
    Aber diesen Buddha im Gewand einer Waldschrätin, finde ich bisweilen schwer anzunehmen. Das ist eine Befindlichkeit, die oft zu Störgefühlen führt.


    So ein Buddha ist ja perfekt. Ich will auch immer perfekt sein, denn das macht mich unverletzlich, ein vermeintlicher Schutz. Nur führt das dazu, dass ich mir raffinierte Techniken überlegen muss, diese Nicht-Perfektion zu überspielen. Was dann völlige Verunsicherung als Resultat hat. Lass ich das aber, dann passt alles.


    Daran erkennt man, dass deine Buddha-Vorstellung "gegenständlich" ist. Alles ist Buddhanatur - sie ist von nichts getrennt und man kann das nicht werden. Das einzige was man machen kann, ist die Vorstellungen zu sehen und sie fallen zu lassen. Und immer wieder sehen und fallen lassen .....
    Das geschieht, wenn man aufhört Vorlieben zu haben und diese oder jenes abzulehen. Der Höchste Weg ist ohne Wahl. Das bist du selbst. So wie du bist. Nimm' dich an.

    Doris Rasevic-Benz:

    Wie gehst du denn selber damit um?



    Bevor ich mir die Zeit nehme, um einen detaillierten Post zu verfassen, die Kurzversion:


    Zitat


    Selbstananlyse

    Ist sehr schwierig, weil man da gern was übersieht - deshalb sollte das vier-Augen-Prinzip dabei sein und man einen Supervisor zu Rate ziehen. Z.B. Axel.

    Zitat


    Schonungslose Ehrlichkeit, zumindest vor mir selbst


    Da hilft es, wenn man sich die Dinge und Umstände ansieht in denen man lebt. Was gibt es da zu tun?

    Zitat


    Vertrauen in das, was meine Lehrer der Gegenwart und der Vergangenheit sagen


    Das sind Ratgeber, und die sollte man anhören, aber entscheiden muss man selbst. Und da braucht es Vertrauen in einen selbst. Und die Bereitschaft Fehler zu machen.

    Zitat


    Humor, Humor, Humor


    Ja. Und nochmal Ja.

    Zitat


    Liebevolle Haltung zu dem Menschen Doris


    Und Strenge. Liebe und Strenge gehören zusammen.

    Zitat


    Auf die bisherigen positiven Erfahrungen vertrauen


    Das ist eine Falle. Die Vergangenheit hilft dir nicht.

    Zitat


    Meinem Potential vertrauen


    Auch das ist ein unbegründetes Vertrauen. Du kennst es nicht. Das sind die Möglichkeiten, die sind genauso eine Falle, wie die bisherigen Erfahrungen. Darauf kann man nicht vertrauen. Die sind nicht (mehr) und noch nicht.


    Zitat


    Mich der Angst stellen

    [/quote]
    Dazu brauchst du Vertrauen in die Liebe - denn wo Angst ist, da ist keine Liebe bzw. wo Liebe ist, da ist keine Angst.

    Doris Rasevic-Benz:
    Zitat

    Also quasi "Wohlwollen" kombiniert mit "Nicht Durchgehen lassen".


    Jau.
    Da kommt dann noch was anderes zum Zuge: Das Vertrauen in meine Lehrer.
    Und die sagen, ich sei schon Buddha. Mittlerweile glaube ich ihnen.
    Nur bin ich ein recht ungezogener und ungehobelter Buddha, eine stark vernachlässigte und verwilderte Waldschrätin.


    Ja. Das Problem sind nicht diese Eigenschaften, sondern dass du dich offensichtlich nicht mit ihnen anfreunden kannst (willst), sondern an einer Vorstellung von Buddha-Sein haftest, der du gerne und lieber entsprechend möchtest.

    Doris Rasevic-Benz:


    Der Thread ist [...] ein Anlass die Mechanismen zu reflektieren und wie ich das mit Dharma und der Praxis in Verbindung bringen kann.


    Was du meinst, das sind die nivarana - Hindernisse -
    http://www.palikanon.com/wtb/nivarana.html
    die in deinem Feld als "Störgefühle" bezeichnet werden.
    http://www.buddhismus-heute.de…e__37.position__8.de.html
    Im Netz gibt es haufenweise praktische Übungen dazu, wie man die Hindernisse überwinden lernt.
    Ergänzend ist es dann auch notwendig die "Erleuchtungsglieder" zu entfalten
    http://www.palikanon.com/wtb/bojjhanga.html
    - und da steht an erster Stelle Achtsamkeit. Die Achtsamkeit ist die Grundlage um die Hindernisse wahrnehmen und überwinden zu lernen. Ansonsten sollte man eben wissen, dass alle Gefühle durch Kontakt entstehen. Kontakt wiederum ist natürlich von den vorausgehenden Bedingungen beeinflusst und da hilft es sich mit dem paticcasamuppada zu befassen.
    Sehr schön hat das mal Mirko Fryba in seinem Buch "Anleitung zum Glücklichsein" erläutert:
    https://www.amazon.de/Anleitun…-Abhidhamma/dp/376260312X


    Also ein achtsamer Kontakt ist schon mal sehr hilfreich.