Beiträge von Frieden-und-Freude im Thema „Meditation und (negative) Gedanken im Alltag“

    Aravind:
    kilaya:

    Unheilsame durch heilsame Gedanken auszutauschen ist aber kein Wunschkonzert. Sagen wir, jemand empfindet immer Neid, wenn er glückliche Paare sieht. Der Neid schlägt fast schon in Hass um. Das sind unheilsame Gedanken. Sie zu verdrängen hiesse, "oh, ich darf nicht neidisch sein, das drücke ich schnell zurück wo es hergekommen ist". Dann bleibt der Impuls unaufgelöst. Wenn man nun die Gedanken durch heilsame Gedanken ersetzt, dann erfreut man sich an dem Glück dieses Paares und wünscht ihm eine erfolgreiche Beziehung. Erkennt, wie gut sie zusammenpassen usw. usf. Das kann den ersten Impuls auflösen. Macht man das immer wieder, wird es zur Gewohnheit. Das ist ein Stück weit durchaus Tantra in dem Beispiel, es gibt sicherlich "weniger tantrische" Methoden.


    Sehe ich auch so. Ich glaube, Metta für unheilsame Gedanken gehört auch in diese Kategorie. Angst z.B. wird eben nicht verdrängt, sondern gesehen und gewürdigt, und quasi in Metta eingebettet. Bildhaft gesprochen kann sie sich dann entspannen und auflösen (oder erstmal auch nicht).
    Langfristig kann Angst der Liebe nicht widerstehen.


    Liebe Grüße,
    Aravind.


    @kilaya & Aravind
    Das habt ihr gut auf den Punkt gebracht in den letzten Beiträgen, finde ich.
    Gerade auch den Unterschied des Ersetzens von unheilsamen durch heilsame Gedanken im Gegensatz zu dem üblichen Gebrauch bzw. Missbrauch von Affirmationen.


    Ganz genau! :):like:



    Da erwähnst Du einen sehr wichtigen Punkt!


    Den "negativen Gedanken" oder "Mustern" oder "Persönlichkeits-Anteilen" selbst liebende Güte entgegen zu bringen, kann sehr sinnvoll sein.
    Oft wird im Umgang mit "Negativem" zu stark mit Ablehnung gearbeitet, was ja wiederum eine Aversion ist, die das Negative verstärkt.


    Der liebevolle Umgang mit allen Persönlichkeitsanteilen ist beispielsweise etwas, was traditionelle Meditationslehrer durchaus von der modernen Psychotherapie lernen können. (Manche Dhammalehrer gehen bereits intuitiv so vor, viele arbeiten aber leider mit eher schroffer Unterbrechung von unerwünschten Mustern.)


    1. Ja, eine generelle Empfehlung, Gedanken zu "beobachten", kann für manche Menschen schädlich sein. Beispielsweise dann, wenn eine zwanghafte Störung vorliegt. (Genau aus solchen Gründen kann es ja problematisch sein, in einem Internetforum Menschen Empfehlungen zu geben, die Meditation zur Überwindung psychischer Probleme nutzen wollen. Was für den einen gut ist, kann für den anderen schädlich sein.)


    2. Auch für den Umgang mit Ängsten kann es nützlich sein, diese Ängste achtsam wahrzunehmen (also zu "beobachten"), sofern damit gemeint ist, sich damit zugleich von diesen Gefühlen und Geisteszuständen zu distanzieren, statt sich noch mehr hineinzusteigern.
    Das ist ein großer Unterschied und da kommt es bei der Anleitung wirklich auf die Details an.
    Sinn der Übung ist, den problematischen Gedanken als etwas Nicht-Ichhaftes zu betrachten, der einen nichts angeht. Diese Distanzierung kann z.B. durch einen humorvollen oder ironischen Umgang damit erfolgen. Oder auch - je nach Persönlichkeit - durch ein etwas ruppiges "Geht mich nichts an", "Nothing", "Ist mir egal", "Blödsinn" oder dergleichen, so wie manche das hier schon beschrieben haben.
    Wie das für jemand am besten funktioniert, findet derjenige entweder durch langes ausprobieren heraus oder - wenn er/sie Glück hat - durch einen guten Lehrer bzw. Berater.


    3. Es scheint gerade für Zen-Praktizierende eine Art Dogma zu sein, dass Achtsamkeit bedeutet, einfach nur das wahrzunehmen, was da gerade ist, ohne aktiv einzugreifen und etwas zu verändern.
    Wie gesagt: Das ist eine von mehreren Möglichkeiten, die der Buddha beschreibt. Er beschreibt aber auch Formen der aktiven Unterbrechung von unheilsamen Gedanken. Und das ist gängige Praxis im Theravada. Zugleich gehört es als "Rechte Anstrengung" zum achtfachen Pfad. (Siehe meinen Link weiter oben.)
    Je nach dem, wie man das praktiziert und was für ein Mensch man ist, funktioniert das auch. (Da gilt wiederum: Entweder muss man lange ausprobieren oder findet einen guten Lehrer und lernt es durch persönliche Unterweisung.)

    kal:

    Gedanken solöten nicht manipuliert, z.B. unterdrückt werden. Auch ein Ersetzen ist sinnlos, so schürt man doch weiterhin eine Illusion.
    Gedanken aind normale Produkte des Körpers, der Lebenskraft und somit des Seins. Es genügt sie bewusst zu erkennen und damit loszulassen, damit sie sich nicht weiterspinnen. Man kann im Alltag auch dann auf den Atem achten, als Achtsamkeitsanker um hier und jetzt zurückzukehren und nicht in Gedanken zu versinken..


    Diese Ansicht entstammt der Zen-Praxis.
    Gegen die Praxis habe ich nichts einzuwenden, wohl aber gegen die dogmatische und apodiktische Form deiner geäußerten Ansicht. :)
    Dass der Buddha ein aktives Unterbrechen und Verändern unheilsamer Gedanken als eine von verschiedenen Möglichkeiten des Umgangs mit unheilsamen Gedanken empfohlen hat, wurde in diesem Thread bereits zitiert.
    Im Theravada ist das gängige Praxis, oft mit guten Resultaten.
    Monika hat das schön beschrieben.


    Natürlich kann man auch anders vorgehen und im Sinne der Zen-Praxis auf aktives Unterbrechen verzichten und die Gedanken sozusagen ins Leere auslaufen lassen, indem man nicht auf sie reagiert, ihnen also keine weitere Nahrung gibt.
    Der Buddha beschreibt das auch, es ist halt eine Möglichkeit von mehreren. ^^


    So isses :):like:
    Von Pillen war nicht die Rede, obwohl sie in manchen Fällen sinnvoll sind.
    Und genau: Es gibt auf diesem Gebiet auch gute und engagierte Profis, aber sie sind nicht leicht zu finden.
    Blindes Vertrauen in Psychotherapie und Coaching empfehle ich keineswegs.

    P.S.


    Hier kannst Du nachlesen und einen Eindruck bekommen, wie komplex das Thema ist und welche verschiedenen Meinungen Buddhisten hier im Forum dazu haben:
    http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=2&t=14426


    Also im Zweifelsfall: Wenn es darum geht, dass Du mit Hilfe von Achtsamkeitsübungen störende Gedanken unterbrechen möchtest und es sich dabei vielleicht sogar um eine Angststörung handelt, bitte lieber einen Profi konsultieren, als hier im Forum nach Lösungen zu suchen. :)

    onyx10:

    Vielen Dank für eure Antworten.
    Bei den vielen Fragen die ich gestellt habe ging es eigentlich im Kern darum hier zu erfahren, wie erfahrene Meditierende mit Gedanken im Alltag umgehen.
    Achtet und registriert ihr ständig destruktive Gedanken, oder Gedanken aller Art? Wird langfristig im Gehirn ein Automatismus draus?


    Du wirst feststellen, dass hier im Forum ganz unterschiedliche Traditionen vertreten sind und du auch ganz unterschiedliche Antworten bekommen wirst.
    Es ist also nicht so, dass "erfahrene Meditierende" dieselben Erfahrungen machen, denn die Praxis unterscheidet sich häufig beträchtlich.


    Meine Antwort:


    Ja, zu meiner Praxis gehört es, auf unheilsame Gedanken zu achten und sie möglichst loszulassen oder zu ersetzen oder nicht zu beachten. Das kann mit der Zeit zu einer guten Gewohnheit werden, erfordert aber Geduld und viel Übung und klappt trotzdem nicht immer.


    Für den Anfang ist es leichter, auf den Atem zu achten.
    So wie dir das oben schon beschrieben wurde.

    Manchen Menschen ist nicht bewusst, dass sie sehr häufig "negative" (beispielsweise: die eigene Person abwertende) Gedanken denken.
    In diesem Fall kann es durchaus sinnvoll sein, diesbezüglich Achtsamkeit zu entwickeln, also diese Gedanken wahrzunehmen und sich davon zu distanzieren.


    Ob das in dem konkreten Fall angebracht ist, wenn beispielsweise eine Angststörung vorliegt, muss ein Psychotherapeut im persönlichen Gespräch mit dem Klienten entscheiden.


    P.S. Deine Fragen zum Schluss beziehen sich weniger auf Achtsamkeitstraining, sondern mehr auf hypnotische Techniken und Mentaltraining. Wenn man darin nicht sehr geübt ist, sollte man das besser nicht autodidaktisch anwenden und vermischen.