Beiträge von ARYA DHARMA im Thema „Das Ego-Dilemma“

    Mit dem Wort "vage" bezog ich mich auf die Formulierungen wie "perfekte Lehre" oder auch jetzt "die Lehre Buddhas", oder am Anfang "die Lehre Buddhas, wie sie IST".


    Das sind alles Synonyme.




    Pali-Kanon?


    Ja.




    Und ich mein eben, es sind alles von Menschen gemachte Wege, die zur Nondualität führen sollen, und wohl auch können.


    Ich denke nicht, dass viele Wege zur Nondualität führen, oder führen sollen. Der Buddhismus gehört schon mal nicht dazu.




    Auf verschiedene Weisen, die erstmal alle respektiert werden sollten - solang, bis man konkrete Einwände hat. Und die kann man dann auch konkret diskutieren.Verstehst du, was ich damit meine?


    Ja sicher, aber hier wurde es ja bisher noch nicht so konkret. Wenn es konkret werden soll, dann müssten wir einzelne Punkte untersuchen. Wir können ja einfach mal damit anfangen:


    Inwiefern ist der Buddhismus für dich ein Weg, der zur Nondualität führen soll?

    Ich kann mit Vorstllen, dass gerade für Führungskräfte Selbstliebe sehr wichtig ist.

    Ohne Frage, ja. Aber warum zum Teufel das ganze dann unter "Zen Buddhismus" laufen lassen?




    Dass wir nicht mehr auf einen Nenner kommen, ist wohl klar, und das darf ja auch mal sein.


    Das ist völlig in Ordnung, ja.




    Ich tu mir halt schwer mit manchen der Aussagen, weil ich den Eindruck hab, dass da in starken, deutlich abwertenden Worten kritisiert wird, und dass das Gegenstück der sehr vage bleibt.


    Wieso denn? Das Gegenstück ist die Lehre Buddhas, die alles andere als vage ist.


    Mit "abwertenden Worten" hab ich persönlich kein Problem, auch wenn das vielleicht arrogant rüberkommt. Ich bin gewiss kein "Dharma Keeper" und auch kein Meister. Doch die Lehre Buddhas hat eben einen bestimmten Wert - und wenn ich Verfälschungen diesen selben Wert nicht zuschreibe - was ich ja tue - nun, dann bin ich eben "abwertend".




    Insbesondere, da du ja anscheinend dich auch dem Zen verbunden fühlst, wo ja eine gewisse Skepsis bezüglich Überlieferungen und Konzepten nicht ganz unüblich ist.


    Skepsis ist natürlich wertvoll und da wird auch viel Wert darauf gelegt. Das soll aber nicht heißen, dass man die Buddha Lehre komplett als vage Überlieferung ansieht. Zuerst einmal ist ja das Vertrauen in die Lehre entscheidend, dann die persönliche Anwendung und dann kann man seine Skepsis ansetzen - wie beschreibt es Buddha und wie nehme ich es wahr? Deckt sich die Erfahrung Buddhas mit meiner Erfahrung? Hab ich etwas übersehen? In dieser Art verstehe ich Skepsis. Aber natürlich gibt es innerhalb des Zen, Meister, die das überzogen haben.



    Es ist halt einfach auch ein, aus meiner Sicht, stärker religiös geprägter Ansatz, als ich ihn z.B. hab.


    Schau mal, das hat doch mit "Religion" nichts zu tun. Wenn ich die Lehre Buddhas kennenlerne UND sie anwende und praktiziere UND schließlich feststelle, dass sie korrekt ist - dann folgt daraus ein 100% Glaube. Dieser Glaube ist aber kein religiöser Vorschuss, sondern ein nachträglicher. Ich glaube ja auch daran, dass ein Glas Wasser meinen Durst lindert - eben weil ich es erfahren habe. Wenn dann aber jemand hingeht und sagt, ein Glas Wasser wäre aber auch gut, um seine Festplatte zu formatieren, dann hat das mit dem Ursprung nichts mehr zu tun.



    Aber wenn halt jemand hergeht und sagt, was ihr da macht, wie ihr das macht, ist degeneriert und schlecht, dann stellt sich die Frage - wie macht man's besser, wer macht's besser? Naja - sei's drum.


    Ganz einfach:


    Wie macht man es besser?


    Indem man sich an die Lehre Buddhas hält.


    Wer machts besser?


    Man selbst machts besser, indem man in seiner Praxis ehrlich bleibt und verworrenes und illusionäres Zeug wegwirft, auch wenn es schmerzt und man es lieber anders haben möchte.

    Als Veranschaulichungsvideo hab ich dieses hier zufällig gerade gefunden und ich muss es hier teilen, weil es exakt das visuell umsetzt, was ich meine:


    Zen und die Kraft der Selbstliebe


    Hier geht es also darum, ein starkes Selbst aufzubauen (!), damit man mehr mit sich und der Welt in Einklang kommt, Freude und Liebe spürt, und dann letztlich nur noch Licht und Liebe wird (!).


    Was hier klingt wie ein spirituelles 08/15 Seminarangebot, wird hier als Buddhismus verkauft, mit einer wirklich sehr gut dargestellten Lehrerrolle. Der Typ ist sympathisch, benutzt geheime Mantras und redet voller Überzeugung und macht seine Spässchen.


    Der Max und die Hilde kommen dann nach so einem Vortrag heim und finden den Buddhismus wirklich knorcke und machen sich jetzt fleißig ans Werk, ein starkes Selbst aufzubauen dass sich letztlich dann in Liebe verwandelt. Und das steckt wiederum andere an, die finden das auch ganz toll und so macht das dann über die Jahrzehnte die Runde...und irgendwann weiß keiner mehr, worum es überhaupt im Buddhismus geht, da durch diese Verwässerungen Inhalte durch Phrasen ausgetauscht wurden.


    Und dann der Witz: "Treffen sich 2 Buddhisten..."


    Buddha redet von Nicht-Selbst, diese Buddhisten wollen ein Selbst aufbauen. Buddha redet davon, Vorstellungen abzubauen, diese Buddhisten fördern Sie. Buddha verwarf metaphysische Systeme, diese Buddhisten entwerfen welche. Und dann noch als völlige Karrikatur, dies dann "Zen" zu nennen...aber da Sprach ja auch ein Zen Meister!


    Dann lieber keinen Meister und mit der Mönchsrobe ins Bordell.

    Da finde ich mittlerweile bestimmtes, direkt erlebbares Verhalten einiger Lehrer, was von den Massen mitbekommen wird schlimmer. Um auf deine Frage einzugehen: Ja warum liest man in bestimmten (nicht nur "buddhistischen") Lehr- oder "Wissens"- Büchern richtiggehenden Unfug?


    Es ist da auch die Möglichkeit, Geld zu verdienen und nicht zuletzt spielen gerade im Fall "Tibet" politische Interessen eine grössere Rolle. Wie sonst kann man es erklären, dass gerade lehrende Menschen aus Tibet, von denen einige ja ganz offensichtlich Nibbana nicht erreicht haben, so überrepräsentiert im Westen sind?


    Ja, volle Zustimmung meinerseits.




    Ja eben. Es geht um das, was gelehrt werden soll. Und wenn die Anpassung so stark ist, dass anatta zB (dein Beispiel) ausgeklammert wird, dann ist das in meinen Augen keine Anpassung mehr. Es ist dann eine andere Lehre.


    So ist es. Nimmt man die Grundpfeiler weg, entsteht ein neuer Bau.




    Buddhistische Lehren zu verstehen, hat automatisch zur Folge, dass sich da Motivationen ändern. Ich glaube, dass da viele Lehrer und auch Bücherschreiber sind, die Nibbana nicht erreicht, NichtWissen nicht überwunden haben. Es aber selber glauben. Es gibt nämlich kein "EgoDilemma", wenn Ich-Illusion überwunden wurde.


    Nun, ich denke auch das dies zutrifft, nur sehe ich das ganze auch ein wenig realistisch: Man muss nicht "vollkommen befreit" sein um Bücher zu schreiben oder zu lehren. Denn dann gäbe es wohl nicht viele Bücher und nur eine Handvoll Lehrer, wenn überhaupt. Charaktereigenschaften laufen oftmals weiter, ohne dass man da großartig was daran drehen kann, etwa ein zorniges Naturell wird wahrscheinlich niemals vollkommen friedfertig dahinleben. Aber darum geht es ja gar nicht, sondern um den Abstand, das erkennen, in was man sich wiedermal verstrickt, wenn Gefühl/Tat XY auftritt und man es bewusst bemerkt und sich anschaut.

    Fakt ist, dass die buddhistische Philosophie, so wie sie IST, im Westen nicht gut ankommen würde - darum muss man sie verwässern und verfälschen

    Mir klingt es so, als gingest du von einer reinen, unangreifbaren Lehre aus, die irgendwo in Asien existiert. Du sagst "perfekt". Und die dann denaturiert, "verwässert" wird. In meiner Sicht eine nicht unproblematische Idealisierung. Gelebter Buddhismus ist doch immer ein Kontinuum aus Theorie, Anpassungen an die regionale Kultur und Schwerpunktsetzungen durch einzelne Schulen, Zentren, Lehrer. Mal mit mehr Erfol, mal mit weniger.


    Wie "IST" denn die buddh. "Philosophie"? Worauf beziehst du dich?


    Hallo Grashuepfer,


    meine Vorredner haben schon die wichtigsten Punkte genannt: Dukkha und Anatta.


    Das sind für mich die absoluten Säulen, auf denen die buddh. Philosophie ruht inkl. den Weg, der aus Dukkha führt. Die ursprüngliche Lehre aus Asien beinhaltet diese Themen in einem sehr großen Maße.


    "Perfekt" ist keine Idealisierung meiner Seite, sondern der 100% Glaube und das Vertrauen in die überlieferte Lehre. Diese Lehre ändert sich im Kern NICHT - daher:


    Zitat

    Gelebter Buddhismus ist doch immer ein Kontinuum aus Theorie, Anpassungen an die regionale Kultur und Schwerpunktsetzungen durch einzelne Schulen, Zentren, Lehrer


    Kann ich dem nicht zustimmen. Das dies aber heute überall gemacht wird und als "normal" empfunden wird, ist eben auch Teil meiner Kritik. Sicherlich lebt jedes Individuum die buddh. Lehre anders aus, das ist keine Frage. Keine zwei Menschen gehen den gleichen Weg. Aber ich halte es einfach für nicht förderlich, die Lehre zu verwässern, indem man z.B. den westlichen Glaubensstandart a la "Streben nach Glück" in die Lehre irgendwie hineinschiebt, um sie dem Publikum schmackhaft zu machen. Wenn man von "Glück" reden möchte, dann ist das buddh. Glück nicht das Glück, welches wir im Westen meinen (Hochgefühle, Freude usw.) sondern es ist eher mit Ruhe verbunden, Abstand zu den samsarischen Ketten.

    Das ist kein Fakt. Maximal ist Fakt, dass man so denken könnte, dass sowas "Fakt" wäre.


    Dann stellt sich jedoch die Frage, warum man so viel abwegiges in buddh. Büchern liest, was mit der ursprünglichen Lehre nichts zu tun hat?




    wieviel Entstellung/Verwässerung einer Lehre muss man denn in Kauf nehmen, um den ganzen Planeten zu bekehren?


    Für mich persönlich - gar keine Verwässerung. Warum sollte man eine in sich perfekte Lehre verwässern?



    Andere Fragen: wieviel "Verwässerung" muss man betreiben, damit alle Menschen etwas verstehen? Ist Verstehen durch verwässerten Wahrheitsgehalt möglich?


    Man kann sicherlich die Verständnisebenen anpassen, bzw. die Lehren so weit vereinfachen, dass es jeder versteht. Das sogenannte "Bauernzen" hat so was gemacht. Doch das würde ich nicht "verwässern" nennen, sondern "vereinfachen", was auch völlig in Ordnung ist, wenn man die wichtigen Dinge nicht auslässt. Ich muss ja z.B kein eingefleischter Kenner der Madhyamaka Philosophie sein, um der Lehre Buddhas zu folgen bzw. sie zu verinnerlichen.


    Doch stellt sich dabei ja ein weiteres Problem: Verstehen ist ja nicht Gleichbedeutend mit Anwenden!


    Ich kann also theoretisch hingehen, und alles so vereinfachen oder verwässern, dass es "mein Publikum" versteht, aber das bringt ja überhaupt nichts, wenn da keine weitere Motivation vorliegt. So war es z.B. auch früher gar nicht verkehrt, einen neuen Zen Schüler auch mal ein, zwei Nächte bei Regen vor dem Kloster warten zu lassen. Als Lehrer allgemein sollte man sich nicht so sehr "dem Publikum" anpassen - ist meine Meinung.



    Worum geht es im Buddhismus? Geht es darum, NichtWissen zu überwinden, oder darum: verwässerte Lehren zu verbreiten?


    Das sollte sich jeder selbst fragen und auch für sich selbst beantworten. Ich denke einfach nur, dass viele "schwarze Schafe" sich darüber vollkommen bewusst sind, dass sie die Lehren verwässern, um etwa mehr Absatz mit Büchern zu machen.


    Der Punkt ist ja der: Ich kritisiere das nicht.


    Diese Lehrer machen einfach nur, was in Ihren Augen notwendig ist - sie denken betriebswirtschaftlich.

    Hallo Arthur,


    Zitat

    Hierzu ein Gedanke: Wohl alle buddhistischen Schulen würden zustimmen, dass der Kern des Buddhismus die Lehre vom "Nicht-Selbst" ist, also die Abwesenheit von einem unveränderlichen oder gar ewigen Wesenskern. Daraus leitet sich die Maxime der Abkehr von Gier, Egoismus und Selbstsucht ab. Nun ist aber zumindest im Westen eher das Gegenteil gefordert, wenn man sich auf dem Markt der Religionen durchsetzen und es "zu etwas bringen" will: Selbstvermarktung, Selbstbehauptung und auch eine gewisse Ellbogenmentalität. Ist es da nicht naheliegend, dass es eher solche Leute zu Prominenz bringen und eine Karriere auf dem Buddhismus aufbauen, denen es in Wahrheit nicht um den Dharma, sondern um gänzlich andere Dinge geht, während möglicherweise Lehrer, die den Dharma zutiefst verinnerlicht haben, zum Teil völlig unbeachtet bleiben?


    Das hast du völlig richtig erkannt. Darum ist auch der Dalai Lama so hoch angesehen.


    Fakt ist, dass die buddhistische Philosophie, so wie sie IST, im Westen nicht gut ankommen würde - darum muss man sie verwässern und verfälschen, das hat jeder "gute" Guru bis jetzt so gemacht, von Osho, Praphupad, Papaji, Dalai Lama und wie sie alle heißen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass diese Leute die Lehre nicht verstehen, denn meist verstehen sie sie sehr gut. Doch als Lehrer müssen sie Kompromisse eingehen, um eine Anhängerschaft zu gewinnen.


    Mit Anatta und den den wichtigen Stützpfeilern kommt man aber nicht weit, das will keiner hören, außer man verwässert es in einer Art von pantheistischem Allgeist, den man dann letzten Endes "sei". Oder man sagt den Leuten, dass sowieso "jeder den richtigen Weg geht" und das sich "alles auf Glück" zubewegt. Solche Phrasen muss man drauf haben, sonst bringt man es im Westen nicht weit. Ein bischen privater und emotionaler Missbrauch gehört auch dazu, um "menschlich" zu bleiben.