Hallo Bakram,
vielen Dank deine Antwort.
Kleine Zweifel kann ich aber immer noch nicht beseitigen.
1) Der Buddha sagt: "Wer, ihr Mönche, sich am Auge freut, ....." da ist von sich freuen mit Begehren nicht die Rede. Es ist einfach nur "sich freuen". (Deshalb hat Thorsten in Beitrag (21) ja auch geschrieben: "Für Buddha bedeutet offenbar jede Ausprägung von Leben, jede auf die Welt bezogene Wahrnehmung, jeder auf die Welt bezogene Gedanke Leiden, Frustration, Ungenügen, weil sie alle unbeständig sind." in diesem Sinne hat Thorsten, der Themenstarter, die Frage gestellt: "Einverstanden?
Und in diesem Sinne ist deine Antwort nicht ganz zufriedenstellend.
2) Du zitierst selbst den Buddha: "Was, ihr Mönche, ist die Entstehung des Leidens? Es ist jenes zum Wiederdasein führende,..." damit bin ich ja schon längst einverstanden. Es ist aber doch - auch nach dem Buddha natürlich - ein Unterschied zwischen Entstehung (Ursachen) des Leidens und das Leiden als Wirkung dieser Ursachen.
Und hier sticht es sogar ins Auge: das Begehren ist die Ursache, und das Wiederdasein die Wirkung. Das Wiederdasein sind die Fünf Aggregate, oder nicht? Die zählt der Buddha mit zu den Leiden (das achte Leiden der Ersten Wahrheit). Die unbeständigen Aggregate.
Zitat "Was ist aber, Brüder, die heilige Wahrheit vom Leiden?
Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Sterben ist Leiden, Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind Leiden, was man begehrt nicht erlangen, das ist Leiden, kurz gesagt : die fünf Daseinsgruppen (khandha) sind Leiden.
Was sind aber, Brüder, die fünf Daseinsgruppen? Es ist da
- die Körperlichkeitsgruppe (rūpa-kkhandha),
- die Gefühlsgruppe (vedanā-kkhandha),
- die Wahrnehmungsgruppe (saññā-kkhandha),
- die Gruppe der Geistesformationen (sankhāra-kkhandha)
- die Bewußtseinsgruppe (viññāna-kkhandha)
Majjhima Nikaya 28
Nur nebenbei: das Begehren selbst hat ja auch Ursachen (siehe die Zwölf Glieder des Bedingten Entstehens). Wenn der Buddha die Zwölf Glieder rückwärts erklärt: gibt es keine Geburt, so gibt es nicht die Acht Leiden. gibt es kein Werden, so gibt es keine Geburt usw. ... hört er mit der Beseitigung des Begehrens (Verlangens) nicht auf: es geht weiter bis zur Beseitigung der Unwissenheit. Sonst hört das Begehren nicht auf.
In Majjhima Nikaya 9 führt der Buddha alle drei "Geistesgifte" gleichberechtigt als Ursachen an:
"Gier ist die Wurzel des Unheilsamen,
Haß ist die Wurzel des Unheilsamen,
Verblendung ist die Wurzel des Unheilsamen."
Wenn man weiter in diesem Sutta liest, erfährt man, dass Nichtwissen (Verblendung) und die Triebe sich gegenseitig bedingen, sich gegenseitig fördern.
Allgemein ist es genügend bekannt, dass man die Nichtwissen, die falsche Vorstellung über sein Ich beseitigen muss, um Befreiung zu erlangen. Nur das Aufgeben der (manifesten) Begierden reicht offenbar nicht aus, um das Leiden zu beseitigen.
An anderer Stelle - habe ich in Erinnerung - sagt der Buddha, dass Nichtwissen bedeutet: Nichtwissen der Vier Wahrheiten der Heiligen. Also auch das Nichtwissen des Leidens. Das Nicht-Erkennen was Leiden ist.
Der Mahāvagga des Vinayapitaka
Zitat (MV I.42) "Was meint ihr, Mönche, ist die sichtbare Gestalt beständig oder unbeständig?" - "Unbeständig, Erhabener." - "Wenn etwas unbeständig ist, ist es leidvoll oder freudvoll?" - "Leidvoll, Erhabener."
All dies lässt mich noch zweifeln, ob man letzteres Zitat wörtlich so stehen lassen kann, oder ob man es interpretieren muss, ständig "nur wenn man anhaftet" zufügen muss, bei solchen Aussagen des Buddha.