Beiträge von Rudolf im Thema „Was unterscheidet den Buddhisten vom Materialisten ?“

    Die Worte "was wir selbst sind" haben auch eine konventionelle Bedeutung, und sind nicht nur tief philosophisch zu verstehen.


    Meine Erfahrung ist, dass manche Diskussionen über "Ich" und "selbst" (dabei habe ich es doch klein geschrieben) ausarten, degenerieren in Verwechslungen der Zwei Wahrheiten: 1. bloß konventionelle Wahrheiten ("ich selbst werde das tun") und 2. Wahrheiten, die nach philosophischem analytischen Denken gefunden werden.


    Wenn eine Diskussion so weit kommt, höre ich in der Regel auf.

    Und nur weil einer das Wort "Ich" benutzt, ist damit nicht gesagt, dass jemand dieses Wort ebenso wie andere benutzend, irgendwie dasselbe sagt wie die.


    Den Buddha jedenfalls halte ich für so weise, dass er das Wort "Ich" so benutzt wie es in der Welt bekannt ist: eine ganz normale konventionelle Bezeichnung für die eigene Person oder das Lebewesen was wir selbst sind. Der Buddha möchte ja, dass wir ihn verstehen, und daher benutzt er das Wort "Ich" so wir wir es benutzen.

    Was in der konventionellen Sprache Personen oder Lebewesen sind ist auch klar: so wie wir es in der Muttersprache von unseren Eltern gelernt haben. Weitere Erklärungen sind nicht notwendig und hat der Buddha auch nicht gegeben.


    Und auf welche Art und Weise dieses Ich "leer" ist, darum geht es im Palikanon in diversen Sutren.


    Es wird im Palikanon keine Leerheit eines Ichs erklärt.


    Da widerspreche ich also.


    Und weiter geht es in wenigen (in ziemlich wenigen) Palikanon-Sutten auch darum inwiefern auch alle Phänomene "leer" sind.

    Und da gibt es Unterschiede zwischen Palikanon und Prajnaparamitasutren. Nicht nur in der Ausführlichkeit der Erklärungen. (Solche Formulierungen wie im Herzsutra wirst du im Palikanona nicht finden.)

    Ebenso der Unterschied in den Schriften der jeweiligen Gelehrten in der Theravada- und Mahayana-Tradition.

    Letzteres bestätigen Nagarjuna und Shantideva in ihren Hauptwerken.


    (Wenn heutzutage Theravada-Gelehrte sich auch auskennen in der Mahayana-Philosophie und entsprechendes lehren ist das prima)

    Verschiedene Richtungen sind aus Spaltungen entstanden, weil jeweils irgendwas nicht anerkannt wurde. Oder durch historische Entwicklung, wo sich in den verschiedenen Kulturen bestimmte Schwerpunkte herausgebildet haben. Soll man da, als Kind dieser Zeit und dieser Weltgegend, einen bestimmten Standpunkt verteidigen und andere ablehnen?


    Nicht nur dieser Ausschnitt, sondern auch der ganze Beitrag von dir hat mich an die Reden des Dalai Lama erinnert, die er vor allgemeinem Publikum hier in Deutschland und wahrscheinlich auch in Europa und anderen Erdteilen hält.

    Z.B. ist er der Ansicht, dass die Christen nicht ihren Glauben wechseln sollten, selbst wenn sie sich zum Buddhismus hingezogen fühlen. Das könne schlimme Verwirrungen im Geist geben, wenn so jemand dann im Sterben liegt. Er habe das selbst mal erlebt bei einer älteren Frau.

    Und überhaupt ist Frieden und Liebe und Mitgefühl das Wichtigste.

    Und er möchte auf keinen Fall irgend wen bekehren.


    Das alles ist natürlich großartig.


    Auf der anderen Seite ist der Dalai Lama ein Gelehrter (zumindest in Bezug auf die verschiedenen buddhistischen Philosophien) und hält (wie er selbst sagt) die Prasangika-Madhyamika-Lehrmeinung über die Bedeutung der Leerheit für die höchste philosophische Ansicht. Da steckt er nicht zurück und buddhistische Philosophie mit Widerlegung anderer Lehrmeinungen hat er Jahre lang studiert. Und er unterrichtet das auch vor Menschen, die das hören wollen! (Nagarjunas MMK in Brüssel 2006, Aryadevas Vierhundert in Hamburg 2007 - wenn ich die Jahreszahlen richtig im Kopf habe).


    Es gibt also zwei Aspekte oder zwei Methoden wie man mit der Darstellung der verschiedenen Religionen und Philosophien umgehen kann.

    Daher: dass man durch Studium und Fragen nach Klarheit sucht, was man selbst für die beste Ansicht (religiöse und philosophische Weltanschauung) hält, finde ich nicht übermäßig verkopft oder übertrieben oder Unruhe stiftend oder besser wissen wollen. Es ist einfach bei mir und einigen anderen ein starkes Bedürfnis.


    Daher stelle ich manchmal philosophische Fragen und lasse nicht so schnell locker.

    Wenn du diese meine Mentalität berücksichtigst, wirst du vielleicht mehr Verständnis haben für die Art meiner Beiträge.

    Manchen Menschen hilft die erste Methode des Dalai Lama: zu welcher Religion man sich bekennt oder welche Ansichten man hat, ist nicht ganz so wichtig, Hauptsachen die Ethik ist gut.

    Andere bemühen sich aber zu einer Einsicht zu kommen, die man selbst für die "höchste" hält.


    Und deswegen suche ich nach genauen philosophischen Diskussionen und deswegen stellte ich meine Frage:

    "Was auch Bakram bestätigt hat, warum werden dann von vielen Theravada-Anhängern die Prajnaparamita-Sutren nicht als die Lehre des Buddha angesehen?"

    Darauf müsste es eine genauere philosophische Antwort geben als es dein Beitrag war.

    Trotzdem vielen Dank für deine Antwort.

    Eine andere Antwort gibt es ja noch nicht.

    Kernlosigkeit ist nicht dasselbe wie Leerheit im Mahayana.

    Es gibt das Beispiel einer Bananenstaude. Die besteht nur aus Blättern, hat keinen Stamm oder Kern im Innern. Wenn man also nach und nach die Blätter wegnimmt, bleibt nichts übrig.

    Trotzdem ist im Hinayana wie auch bei den Weltlingen eine Bananenstaude eine Bananenstaude. Nicht so im Mahayana, wenigstens in den Prajnaparamitasutren und bei Nagarjuna und folgenden Gelehrten.

    Und eine Nase ist kein Nase. Eine Nase gibt es gar nicht.

    material_herzsutras.pdf


    (Ich habe ja gesagt, dass hier vor Nihilismus gewarnt werden muss)

    Falls du mit Hinayana auch den Theravada meinst, kannst du das irgendwie belegen wo dort die Leerheit der Phänomene abgelehnt wird?


    siehe meinen vorherigen Beitrag.

    Die Leerheit der Phänomene hat im Mahayana dieselbe Bedeutung wie die Leerheit des Ich im Palikanon.

    Diese Leerheit der Phänomene wird im Palikanon nicht erklärt. Das kann ich dir nicht zeigen, weil es halt nicht vorkommt im Palikanon.

    Da bin ich bin mit Bakram einer Meinung. Sein Beitrag und Zitat wurde leider von den Moderatoren verschoben, was immer für etwas Konfusion sorgt, finde ich. Diskussionen funktionieren nun mal so, dass sie sich auch thematisch entwickeln.

    Von dem Buddha wurde keine Lehrheit einer Person gelehrt*


    Da der Buddha wiederholt von sich selbst als "ich" gesprochen hat und ich, du, er, sie, es nun mal Personen genannt werden, hat der Buddha auch die Lehrheit Leerheit :) der Person gelehrt.

    Und zwar nicht SN 22.95 (das ständig als einziges Sutta dieser Art zitiert wird) sondern dort wo er in mehreren Sutten seine Mönche untersuchen läßt:

    Was ist das Ich? Der Körper? Die Empfindungen? usw.

    In SN 22.95 geht es gar nicht um Leerheit der Person, sondern um die Kernlosigkeit der Phänomene.


    Der Buddha sagt dort nicht, dass der Schaum usw. leer ist von Schaum usw ! Aber im Mahayana wird gelehrt, dass der Schaum leer ist von Schaum, nicht nur leer von einem Kern.

    Um die Vergänglichkeit und Leerheit der Erscheinungen zu erkennen, reicht es, sich mit Pratityasamutpada zu beschäftigen.


    Garantiert ist nur, dass man das abhängige Entstehen der Erscheinungen und insbesondere der Leiden erkennen kann mit Pratityasamutpada.

    Das abhängige Entstehen erkennen ist aber noch keine Einsicht in die Leerheit der Erscheinungen.


    Dass Leerheit ein Aspekt des abhängigen Entstehen ist muss extra erklärt werden.


    Die Hinayana-Gelehrten akzeptieren Pratityasamutpada und die Leerheit der Person, aber nicht die Leerheit aller Phänomene. Viele Hinayana-Anhänger glauben, dass gerade deswegen die Mahayana-Sutren mit der überschwänglichen, ausführlichen, meist intuitiven Darstellung der Leerheit aller Phänomene gar nicht vom Buddha gesprochen worden sind.

    Nicht nur Shantideva im Kapitel 9 im Bodhisattvacaryavatara stellt das so dar.

    Der Buddha hat sich auch verändert entsprechend seines Handelns und Redens von seinem 35.Lebenjahr an bis zu seinem Parinirvana.

    Und zwar hat er sich entsprechend seines Handelns verändert. Indem er zum Beispiel sich zunehmend um seine Sangha gekümmert hat, nach und nach mehr Regeln für Mönche und Nonnen erklärt hat und auch auf besondere Situationen und Fragen eingegangen ist. Auch das ist Kausalität.


    Außerdem hat er mit seinem Handeln auf andere gewirkt.


    Die Beseitigung des NIchtWissens ist entscheidend für den Sterbeprozess: ob man zwangsweise wiedergeboren wird oder nicht.



    Vielleicht wirst dus ja mal verstehen.


    Mit so einer Bemerkung aber bestimmt nicht.

    Ich verstehe nicht warum die mündliche Tradition und die Vorbilder lebender Meister von manchen außer Acht gelassen wird.

    In der tibetischen Tradition, in der ich mich hauptsächlich aufhalte kommen mir die mündlichen unterweisungen der Lamas gar nicht verschwommen vor. Sowohl deren Praxis als auch die Philosophie haben Hand und Fuß und widersprechen sich nicht. Auch wenn es anderer meister gibt, die manche Subtilitäten anders lehren.


    Der Buddha hat es ja vorgemacht: er hat nichts aufgschrieben, die mündliche Tradition ist das Entscheidende und Vertrauenswürdige.

    Und nach einigen Jahren können wir sehr wohl unserer Lehrer beurteilen ob sie zu sehr von den erhaltenen schriftlichen Quellen abweichen oder nicht.

    ..... und nicht der aktive Versuch ein späteres Leben so zu prägen oder so, weil man "weiß", dass die Handlungen späteres Dasein ("eigene spätere Leben") bedingen.


    Selbst wenn jemand es nicht aktiv versucht und nichts von Karma weiß oder wissen will: unsere gegenwärtigen Handlungen prägen unser späteres Dasein. Das braucht dieser jemand nicht zu wissen. Das ist einfach das abhängige Entstehen.


    Übrigens sind Handlung grundlegend Motivation.

    Es gibt drei Arten von Handlungen: körperliche, sprachliche und geistige Handlungen.

    Daher sind auch diese Beispiele Handlungen:

    Entsagung nach und nach, Ausprägung des Hanges nach Ehrlichkeit, Wunsch danach, andere Wesen nicht zu verwirren oder zu verletzen, .....

    Ich bin überzeugt wir sollten uns in erster Linie um dieses unser jetziges Leben kümmern und nicht zukünftige Leben erhoffen oder vergangenen Leben nachtrauern.


    Wie kann man sich denn um vergangene und zukünftige Leben kümmern? Man kann sich nur um dieses jetzige Leben kümmern, das geht gar nicht anders.

    Vergangenen Leben nachtrauern können wir Normalsterblichen gar nicht, weil wir sie nicht kennen. Zukünftige leben erhoffen ist der falsche Ausdruck: solange Unwissenheit und Triebe da sind, erhoffen wir keine weiteren Leben, sondern das nächste Leben wird gewiss kommen, ob wir wollen oder nicht.


    Wenn Buddhisten gerade so viel oder so oft über Karma und Wiedergeburt reden wie sie in den Reden Buddhas vorkommen ist das angemessen. Wir folgen damit dem Dharma.


    Häufiges Meditieren über den Tod und dass wir nicht wissen, ob wir genauso gut und frei im nächsten Leben praktizieren können, fördert die Intensität jetziger Praxis.

    Das musst du nicht glauben, aber wenn es nur bei einigen Menschen so ist, dann ist es schon gut.

    Zitat

    »Überall in allen den Daseinsformen zeigt sich einem solchen bloß das durch Verknüpfung von Ursachen und Wirkungen im Gange befindliche Geistige und Körperliche. Keinen Täter sieht er außerhalb der Taten, keinen die Karmawirkung Erfahrenden außerhalb der Karmawirkung. Daß aber die Weisen sich nur einer bloßen konventionellen Bezeichnung bedienen, wenn sie mit Hinsicht auf das Stattfinden einer Tat von einem 'Täter' und beim Eintritt ihrer Wirkung von einem die karmische Wirkung 'Erfahrenden' sprechen: das hat er in rechter Einsicht klar erkannt. Darum sagen eben die alten Meister:


    »Nicht findet man der Taten 'Täter',
    Kein 'Wesen', das die Wirkung trifft
    Nur leere Dinge zieh'n vorüber:
    Wer so erkennt, hat rechten Blick.»
    Und während so die Tat und Wirkung
    Im Gange sind, wurzelbedingt,
    Kann, wie beim Samen und beim Baume,
    Man keinen Anfang je erspäh'n.«

    Karma


    Keinen Täter sieht er außerhalb der Taten, keinen die Karmawirkung Erfahrenden außerhalb der Karmawirkung.

    So ist das gemeint. (Zum Glück ist das nicht nur meine Meinung :) )


    Daß aber die Weisen sich nur einer bloßen konventionellen Bezeichnung bedienen,

    Das Wort "Taten" ist allerdings auch nur eine konventionelle Bezeichnung.

    Welche Wörter sind nicht bloß konventionelle Bezeichnungen?


    Die Realität ist ohne Worte und was es da gibt, da müsst ihr einfach hinschauen oder hinfühlen, unter Ausschaltung der begrifflichen Vernunft.


    Wenn wir aber hier im Forum uns nur mit Worten verständigen können, da gibt es nun mal die Worte Taten und Täter. Und jeder weiß, was damit gemeint ist - außer vielleicht ein paar Leute, die all zu sehr in Worten und Begriffen leben, mehr als in der Realität.


    "gandhabba" bzw. "gandhabbo" ist hier von Zumwinkel übersetzt als "Wesen das wiedergeboren werden soll".


    Hier sieht man den Vorteil, wenn man die Originalsprache kann. (Ich verstehe Pali nicht)


    Ich kannte die Stelle in MN38, aber leider habe ich mich daran gewöhnt palikanon,de aufzurufen. Sollte ich endlich mal auf palikanon.com umschwenken?


    KEN übersetzt:

    Zitat

    "Wenn Drei sich vereinen, ihr Mönche, bildet sich eine Leibesfrucht.

    Da sind Vater und Mutter vereint, aber die Mutter hat nicht ihre Zeit, aber der Keimling ist nicht bereit, und so bildet sich keine Leibesfrucht.

    Da sind Vater und Mutter vereint und die Mutter hat ihre Zeit, aber der Keimling ist nicht bereit, und so bildet sich keine Leibesfrucht.

    Sind aber, ihr Mönche, Vater und Mutter vereint, und die Mutter hat ihre Zeit, und der Keimling ist bereit, so bildet sich durch der Drei Vereinigung eine Leibesfrucht.


    "der Keimling ist bereit" = "Wesen das wiedergeboren werden soll" = gandhabho

    Ist die Übersetzung von KEN auch akzeptabel?

    Die Wesen im Daseinskreiskreislauf sind ihr Karma, ihre Taten. Diese sind das Wesentliche, die ständig Wiedergeburt im Bedingten Entstehen hervorbringen. Das genügt, um ein Wesen zu erklären.

    Wir sind das Ergebnis unserer früheren Taten (Karmaformationen) und wir entwickeln uns entsprechend unserer gegenwärtigen Taten (Berührung und Anhangen oder Verlangen und Tun)


    Zitat

    So sind denn, ihr Mönche,

    • durch Unwissen bedingt Karmaformation,
    • ist durch Karmaformation bedingt Bewußtsein,
    • durch Bewußtsein bedingt Geistigkeit und Körperlichkeit,
    • durch Geistiges und Körperliches bedingt sechsfaches Reich,
    • durch sechsfaches Reich bedingt Berührung,
    • durch Berührung bedingt Gefühl,
    • durch Gefühl bedingt Durst,
    • durch Durst bedingt Anhangen,
    • durch Anhangen bedingt Werden,
    • durch Werden bedingt Geburt,
    • durch Geburt bedingt gehen Alter und Tod, Schmerz und Jammer, Leiden, Trübsal, Verzweiflung hervor:

    also kommt dieses gesamten Leidensstückes Entwicklung zustande.

    Majjhima Nikaya 38


    Solange die Unwissenheit beim Tod der Wesen (die nichts anderes als diese Zwölf Glieder sind) nicht beseitigt ist, geht es wieder von vorne los.

    Die jetzige Beschaffenheit eines Menschen geht zurück auf vorangegangene Handlungen und auch wie und warum der Mensch auf eine bestimmte Weise beschaffen ist, kränklich oder gesund, hässlich oder schön usw. Das wird auch erklärt, die betreffende Lehrrede müsste ich aber erst heraussuchen.


    Zitat

    "Was ist wohl, o Gotamo, der Anlaß, was ist der Grund, daß man auch unter menschlichen Wesen, die als Menschen geboren sind, Verkommenheit und Vorzüglichkeit findet? Man sieht, o Gotamo,

    • kurzlebige Menschen und man sieht langlebige,
    • man sieht bresthafte und man sieht rüstige,
    • man sieht unschöne und man sieht schöne,
    • man sieht wenig vermögende und man sieht viel vermögende,
    • man sieht wenig besitzende und man sieht viel besitzende,
    • man sieht niedrig gestellte und man sieht hoch gestellte,
    • man sieht stumpfsinnige und man sieht scharfsinnige:

    was ist da, o Gotamo, der Anlaß, was ist der Grund, daß man auch unter menschlichen Wesen, die als Menschen geboren sind, Verkommenheit und Vorzüglichkeit findet?"


    "Eigner der Werke, Brahmane, sind die Wesen, Erben der Werke, Kinder der Werke, Geschöpfe der Werke, Knechte der Werke: das Werk scheidet die Wesen ab, nach Verkommenheit und Vorzüglichkeit."

    Majjhima Nikaya 135




    "Die Wesen sind Erben ihrer Taten" passt genau genommen nicht zusammen.


    Ihr könnt in meinen Beiträgen die Bedeutung des Wortes "Wesen" genauso verstehen wie der Buddha es gemeint hat. Der wir ja wohl nicht ein "Selbst" gemeint haben.


    Und meine Worte "wir sind so beschaffen" könnt ihr so verstehen wie Buddhas AusdrucK "was die Wesen abscheidet, nach Verkommenheit und Vorzüglichkeit".

    Herzlichen Dank für deine gründliche Antwort, Weltreisender.


    Mit mir hast du es mit einem wirklich "Gläubigen" zu tun, d.h. ich glaube an Karma und Wiedergeburt und glaube, dass der Buddha der tiefsten Meditation über das abhängige Entstehen fähig war und Nirvana erreicht hat. Und deswegen ist es für mich wirklich keine von Zeitumständen abhängige philosophische Spekulation.

    Der Buddha hat vor 2500 Jahren in Indien die Erleuchtung erlangt, weil dort die günstigen Umstände dazu vorhanden waren, die tatsächlich zu erreichende Erleuchtung zu erlangen. Heute in Europa wäre es schwieriger gewesen, von Anfang an diesen Weg zu finden. Möglicherweise befindet sich das Menschengeschlecht schon auf dem Weg zur spirituellen Degeneration, zur spirituellen Vertrauenslosigkeit.


    Aber wenn wir Gott oder Karma oder whatever nutzen, weil wir unsere eigene Unwissenheit nicht ertragen können, dann können wir mit diesem Konzept kein Leid lösen. Im Gegenteil, es besteht sogar die Gefahr, dass wir uns der Leidfrage nicht mehr widmen, weil sowieso alles vorherbestimmt sei.


    Damit bin ich auch nicht einverstanden.

    Wenn wir uns einer Religion oder Philosophie anschließen (etwas was wir alleine niemals hätten kreieren können), dann können wir ja unsere eigene Unwissenheit ertragen. Entweder im Glauben oder im Weg, den ein Meister zu gehen gelehrt hat. Wo dann am Ende die Weisheit auch von uns realisiert werden kann. Und diesen Glauben haben wir oder diesen Weg gehen wir, um ganz besonders das Leiden zu überwinden und der Glaube an eine Erlösung bedeutet schon das Leid halb oder noch mehr überwunden zu haben.



    Die beiden genannten Persönlichkeiten haben nur insofern was miteinander zu tun, dass sie in einem weitläufigen Sinn durch Bedingungen verbunden sind. Aber die Persönlichkeit, die da geboren wird, ist nicht die gleiche Persönlichkeit, die zuvor irgendwo lebte.


    Das ist okay.

    Allerdings würde ich das "nur" streichen im Ausdruck "nur insofern"


    Der mittlere Weg in der Madhyamika-Philosophie sagt: "Die wiedergeborene Person ist nicht dieselbe wie vorher, aber auch keine andere."

    Die Person, das Lebewesen des Daseinskreislaufs ist ein Kontinuum am Faden seines Karmas, seiner Taten.

    Hallo Weltreisender,


    dass es auch im Hinduismus verschiedene philosophische Ansichten gibt, das will und kann ich nicht bestreiten.

    Es ging in diesem Thread zum Schluß jedoch nicht um die in Abhängigkeit entstehende und bestehende Persönlichkeit sondern darum, ob es eine beständige ewige Seele (Atman) gibt und ob man sich so etwas vorstellen, bestenfalls sogar wahrnehmen kann.

    Wikipedia und andere Lehrbücher und die mündliche Tradition meiner Lehrer sagen, dass es die Ansicht einer ewigen Seele bei manchen Leuten gibt. Die werden sich ja wohl nicht völlig irren.

    Wenn du der Ansicht bist, eine ewige beständige Seele existiert nicht, da bin ich mit dir einer Meinung.

    Wenn du der Ansicht bist, dass es noch nicht mal diese Ansicht gibt (im Hinduismus und Christentum z.B.), teile ich das nicht.


    Natürlich sind sie sich aus deshalb sehr ähnlich, weil der Buddha die philosophische Spekulation der Upanishaden namens Wiedergeburt übernommen hat, die im Grunde nur Illusion und menschgemacht ist.


    Für den Buddha ist es keine philosophische Spekulation, er hat gesagt, dass er mit seinem geistigen Auge seine eigenen und die Wiedergeburten anderen Lebewesen sehen kann. Das ist keine Spekulation, sondern direkte geistige (yogische) Wahrnehmung.

    Und wir können dem Buddha da glauben oder nicht. Deshalb ist der Buddhismus auf jeden Fall auch eine Religion, eine Offenbarung eines vollkommen Erleuchteten, wie der Buddha von sich selbst sagt.


    Und wenn man berücksichtigt, dass unserer Persönlichkeit, die wir in einem Leben entwickeln unser Karma ist (warum bist du als Mann und nicht als Frau geboren worden? Und von deinen Eltern und nicht von anderen Eltern? Und warum hast du nicht das musikalische Genie Mozarts oder kannst nicht so gut Mathematik wie Karl Friedrich Gauß? Und Fußball spielen? Vielleicht willst du gar nicht Fußball spielen?): woher kommen unsere Potentiale, die wir entwickeln können? Woher kommt es, dass wir dieses wollen, jenes nicht?

    Dann ist zweifellos diese "innere" Persönlichkeit eine in Ursache-Wirkung fortschreitende Kontinuität und im Sinne unseres Karmas sind wir auch noch dieselben im nächsten Leben.

    Zitat

    "Eigner der Werke, Brahmane, sind die Wesen, Erben der Werke, Kinder der Werke, Geschöpfe der Werke, Knechte der Werke: das Werk scheidet die Wesen ab, nach Verkommenheit und Vorzüglichkeit."

    Majjhima Nikaya 135



    Während der Wiedergeburt konstruiert dieser "Ich-Macher" eine neue Persönlichkeit, die aber nichts mit der vorherigen Persönlichkeit zu tun hat, außer dass sie durch die Prägungen oder Muster, die diese Persönlichkeit gesetzt hat, bedingt wird.


    Was mich wundert ist, dass du sagst "die Prägungen oder Muster, die diese Persönlichkeit gesetzt hat," hat mit der nachfolgenden Persönlichkeit nichts zu tun.

    Meinst du auch ganz allgemein, dass eine Wirkung mit ihren Ursachen nichts zu tun hat?

    Dann müsste auch in diesem Leben der 60jährige Mensch mit dem 20jährigen nichts zu tun haben. Da ja auch keine ewige Seele diesen Menschen zusammenhält.

    Tatsache ist aber, dass der 60jährige überhaupt nicht existieren würde als der und der mit den und den Eigenschaften, wenn er nicht auch mal der 20jährige gewesen wäre.

    So ist das auch mit uns in diesem Leben: wir wären nicht hier und so und so beschaffen, wenn wir nicht in vorherigen Leben so und so gehandelt hätten.

    Es mag sein, dass es nicht so ist, aber dies ist die Lehre des Buddha. Oder was habe ich falsch verstanden?

    und dass generell das was da ist, also wahrnehmbar ist, nicht als eigen begriffen werden kann, und auch kein eigenes ist.


    das ist mein Punkt. Und da sind wir grundlegend wohl anderer Meinung.

    Es geht meinem Verständnis nach beim Wort Alles (für das zwei Extreme genannt werden) im Kaccayanagottasutta um das was wahrnehmbar ist.

    Eine unsterbliche beständige Seele ist nicht wahrnehmbar und existiert daher überhaupt nicht. Das ist in dem Fall dann keine extreme Aussage.


    Ich denke wir sind mal wieder am Ende einer Diskussion. Ich mache jetzt erst mal Pause in dieser Sache.

    Alles Gute

    Rudolf

    Die meisten Kontroversen in Diskussionen - meine Erfahrung - kommen dadurch zustande, dass zwei Diskutanten ein und dasselbe Wort in zwei unterschiedlichen Bedeutungen verstehen, und einer dabei nur in jeweils einer Bedeutung versteht:


    Duden; SEELE:

    1. alles Denken, Fühlen und Empfinden eines Menschen "eine empfindsame/kindliche Seele" · [Mehr] "Ihre ganze Seele lag offen vor mir."
    2. der körperlose, unsterbliche Teil eines Menschen
    3. Mensch "Seine Frau war eine gute Seele." · [Mehr] "Das Dorf zählt noch knapp 200 Seelen."


    Die Gläubigen in meinem Bekanntenkreis meinen Beispielsweise, dass Seele vorrangig sich durch die Gedächtniskontinuität wahrnehmbare Individuation des Menschen handelt, die sich permanent dynamisch gestaltet, aber durch unser Bewusstsein als Einheit konstruiert wird.

    "..... sich permanent dynamisch gestaltet" da meinst du oder deine Bekannten wohl die 1.Definition von Seele


    ich versteh aber nicht, warum meine bedeutung (2.Definition) von dir nicht gesehen wird. Das ergibt sich doch aus dem Kontext der vorherigen Beiträge hier. Wenn der Buddha seine Mönche das von den Hindus propagierte Selbst (oder Seele: das hatte ich in (316) geschrieben) suchen läßt, so sagt er immer: das Bewusstsein, die Empfindungen usw. können nicht das Selbst sein, weil diese unbeständig sind.

    Der Buddha hat also im Kontext seiner Zeit von einem beständigen Selbst gesprochen, dass gefunden werden soll. Und darüber haben Vedana und ich diskutiert. Nicht über dein Verständnis von Seele.

    Deinem Verständnis widerspreche ich übrigens nicht.


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    denn auch die hinduistischen Reinkarnationsvorstellungen gehen davon aus, dass die Bedingungen des Vorlebens eine neue Persönlichkeit konstruiert, die nur insofern etwas mit der alten Persönlichkeit oder dem alten Ich zu tun hat, dass die neue Existenz durch die Faktoren der letzten Bewusstseinseindrücke geschaffen wird.


    Das sehe ich nicht so, Da habe ich halt andere Lehrer gehabt und andere Bücher gelesen.

    In Wikipedia wird es auch so beschrieben:


    Zitat

    Atman .....bezeichnet das (absolute) Selbst, die unzerstörbare, ewige Essenz des Geistes und wird häufig als Seele übersetzt. Im hinduistischen Konzept der „Seele“ wird zum einen der Träger der individuellen Persönlichkeit, die nach der Lehre von der Wiedergeburt immer wieder geboren wird, der „Jiva“ (Sanskrit: जीवा jīvā f.) Leben, Seele, Lebewesen; (Pl.) das lebendige oder Leben bringende Element, Wasser), ein feinstofflicher, unsichtbarer Leib der sich immer wieder verkörpert und in ein neues Leben eingeht vom Atman unterschieden. Der Jiva ist nicht mit dem Atman gleichzusetzen.

    Der Atman dagegen, vom Jiva umhüllt und darum nicht erkennbar, ist unveränderlich und ewig. Er ist die unsterbliche, immaterielle „Seele“ und ist nicht dem Kreislauf der Wiedergeburten unterworfen. Er muss nicht befreit werden, sondern ist ewig frei. In der Erlösung vereinigt sich Atman mit Brahman, dem Absoluten Höchsten, dem alles zugrunde liegt.[1]


    Atman – Wikipedia


    Kann es sein, dass du Atman (Seele) mit Jiva verwechselt hast?

    In diesem kurzen Lehrtext wird erklärt, dass die Menschen gemeinhin nach zwei einfachen Urteilen gehen: Etwas existiert (ist so), etwas existiert nicht. Ein so urteilen und urteilen wollen (weil man denkt, dass das sinnvoll und nur angemessen ist) kann aber überwunden werden.


    Das Kaccayanagottasutta is ja nicht das einzige Sutta des Buddha. Wenn ich an die Lehre Buddhas im ganzen denke (z.B.auch an die sehr vielen Belehrungen über Unbeständigkeit) und an die Erklärungen nachfolgender Meister verschiedener Schulen und meines gegenwärtigen persönlichen Lehrers bedeutet meinem Verständnis nach "Etwas existiert (ist so)" = eine Eigenexistenz, eine unabhängige Existenz, und "etwas existiert nicht" = Nihilismus: entweder alles ist völlig bedeutungslos, insbesondere moralisch, oder was jetzt existiert kann zu völligem Nichts werden.

    Das Kaccayanagottasutta ist sehr kurz, und da muss man halt auch etwas von der übrigen ausgedehnten Lehre des Buddha hineinholen (und dann entstehen die verschiedenen Lehrmeinungen .......du holst ja auch immer mehr rein in deinen Antworten :))

    So verstehe ich dieses Sutta. Bestätigt wird das für mich, indem der Buddha anschließend die Rechte Sicht als das Abhängige Entstehen lehrt. Dieses ist der mittlere Weg zwischen Eigenexistenz und Nichtexistenz.


    "Nichtexistenz ist ein Extrem" bedeutet daher nicht, dass der Buddha die Nichtexistenz einer Seele (Atman) oder eines Schöpfergottes nicht gesehen hat. Deswegen heißt es ja auch schon über Zweitausend Jahren, der Buddha hat anatman gelehrt, bis auf wenige Schulen, die das nicht so sehen. Im Mahayana wird jedenfalls jedes persönliche, individuelle eigenständige Selbst als nichtexistent gelehrt.




    In Majjhima Nikāya 2 sagt der Buddha am Anfang:

    Zitat

    2. "Ihr Bhikkhus, ich werde euch einen Vortrag über die Zügelung der Triebe halten. Hört zu und verfolgt aufmerksam, was ich sagen werde."


    Da sagt der Buddha doch tatsächlich: "ich" und meint sich selbst damit. Obwohl er an anderen Stellen seinen Mönchen erklärt, dass nirgendwo in oder außerhalb seines Wesens, seiner khandas, seiner Sechs Sinnesfelder, seines Namens und Form, seiner Geburt, Krankheit, Altern und Tod, ein Ich zu finden ist. Nirgendwo.

    Da ist also auch dieses im selben Sutta so zu interpretieren:

    • Die Ansicht 'für mich gibt es ein Selbst' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    • die Ansicht 'für mich gibt es kein Selbst' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder


    das erste wäre die Ansicht: mein Selbst ist eine Seele, unabhängig, ewig.

    das zweite wäre die Ansicht: mein Selbst existiert in keinster Weise, überhaupt nicht, noch nicht mal in völlig abhängiger Form


    Diese beiden Extreme überwindet der Buddha, wenn er mit "ich" die Zwölf Glieder des Bedingten Entstehens meint.


    (Übrigens Danke für deine ausführliche Antwort)

    Die Leute der Welt, die ordnen zumeist so ein: Das existiert, das andere existiert nicht.


    Ich verstehe diese Aussage Buddhas im Kaccayanagottasutta so, dass es von dem gilt was man wahrnehmen kann. Das ist mit dem Wort "Alles" gemeint. Auf die Wahrnehmungen bezieht sich das "existiert" und "nicht existiert" als Extreme. Für die Wahrnehmungen gilt der mittlere Weg.

    Andernfalls würde der Buddha sich selbst widersprechen.

    Denn er lehrt ja, dass es z.B. ein unabhängig, teilelos existierendes Ich nicht gibt. Das ist also etwas was tatsächlich nicht existiert.

    Da würden mir sogar Helmut und mka' zustimmen. Frag sie mal.

    Meine Argumentation wird eher verwirrend wiedergegeben.


    Hier eine Beispiel:

    dass ich dir in dem Fall sagen wollte, dass die Leute an eine Seele (nicht nur an eine eigne) eben glauben. Das möchte ich auch gar nicht bewerten. Es ist eben so. Und du bist mit deinen Zeilen soweit gekommen auch das zu negieren.


    Das habe ich nie gesagt!

    Ich habe nicht bestritten, dass manche Leute an eine Seele glauben.

    Sie können sich aber nicht vorstellen (geistig anschauen), was das ist, genauso wenig wie die Gottesgläubigen sich ihren Gott vorstellen können, wenn es nicht gerade ein alter Mann mit weißem Bart auf einer Wolke sitzend ist.

    Das geben die Gottesgläubigen auch zu, jedenfalls die, die ich kenne.


    Und der Buddha sagt, dass es einen Schöpfergott überhaupt nicht gibt.


    kilaya, ich diskutiere hier (und auch anderswo gerne mündlich), weil ich dadurch die Chance sehe, eventuell etwas zu lernen. In dem man direkt auf mein Fragen antwortet oder einen Widerspruch in meinen Aussagen aufzeigt.

    Die allgemeine Aussage, dass ich Widersprüchliches sage, hilft mir nicht.


    Du hast es noch nicht getan. Könntest du bitte konkret zeigen, wo ich mich widersprochen habe?

    Vielen herzlichen Dank.