Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Vermischung / Hauptpfeiler des Buddhismus“

    Der Beweger, das Bewegende und die Bewegung sind Eins.

    Hm.


    Und jetzt?


    War das der Satz, den Du aus der Sicht der Non-Dualität geschrieben hast? Ich lese hier vier Konzepte, die sprachlich zu einem Gedankenbild zusammengekloppt werden, das ich mir dann vorstelle. Da bin also 1.) ich, da ist 2.) meine Vorstellung und da ist noch 3. das "mir". Das sind schon drei. Bei Dir wird es ähnlich sein. Das hat doch nichts mit Non-Dualität (Nicht-Zwei, Auflösung der Subjekt-Objekt-Trennung) zu tun. Das sind schöne, wertvolle (und leicht staubige) philosophische Gedanken zu Śūnyatā.

    Du paraphrasierst (nicht so ganz) einen Gedanken von (korrigiere mich!) Nagarjuna (MMK Kap.2), nicht ? Dort sind sie (Geher, gegangene Strecke und Gehen) nicht eins, aber konstituieren einander. Aber Non-Dualität... also ich weiß nicht...


    Ich glaube, ich gehe schlafen.


    Gute Nacht zusammen!


    PS: Hier noch ein schönes Interview mit einem echten Profi in Sachen Erleuchtung und Non-Dialität. (Was man so alles findet, wenn man nach Non-Dualität googelt ;))


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    Ach was, da ist keine Poesie. Da gibt es ganz andere, denen ich das Wasser gerne reichen würde... Mir lag nur daran, diesen trocknen Knochen hier etwas Fleisch anzuheften. Das war ganz plump und prosaisch gemeint und ohne Geschwobel....


    Formuliere doch bitte einen Satz aus (d)einer nondualen Sicht. Jetzt bin ich schon neugierig geworden.

    Nein, könntest Du nicht.

    Ich? Nein, natürlich nicht.

    Eine nonduale Sicht (was für ein monströser Ausdruck für so etwas tiefes und feines!) muss sich jeder Formulierung entziehen, so dass es gänzlich unmöglich ist, irgendetwas aus nondualer Sicht zu schreiben. Jemand, der nicht weiß wovor er oder sie spricht, kann im Nachhinein sich dem vielleicht annähern mit Poesie oder Gestammel.


    Ich merke, dass ich froh bin, nach langer Suche zwischen staubigen und wertvollen Worten, beim Zen gelandet zu sein... Ich erinnere mich allerdings auch mit Freude an die Zeit, in der wir (Helmut und Rudolf und wer noch alles) in Hamburg tibetische Landkarten studiert haben. Jetzt habe ich gelernt, dass diese Landkarten unsere Wohnung abbilden, den Garten, die Autos, die Supermärkte und den Wald. Die exotischen Tiere, von denen die Landkarten sprachen, sind unsere Begleiter hier im Haus: Hund und Katze. Meine Frau und meine Tochter, die sich natürlich selbst gehören und nicht meine sind, sind echte Bodhisattvas, von denen ich täglich lerne. Meine Tochter hat sich zum Beispiel letzthin aus der Schlange im Garten eine Schaukel gebastelt. Ein guter Umgang mit der Angst, dachte ich noch.


    Ich muss mir oft und öfter die tröstlichen Worte von Meister Bankei ins Gedächtnis rufen:


    Wenn du denkst, der Geist,

    der Erleuchtung erlangt, sei dein,

    kämpfen nur Gedanken

    in dir miteinander.


    Dann verschwindet die Welt, die ich mir als Illusion und Trug so schön zurechtgelegt habe, und echter Wind raschelt wieder in echten Blättern. Ausatmend verlasse ich das Kino!


    :taenzerin:

    Es ist müßig über Dinge nachzusinnen die aus unerleuchtetem Geist stammen.

    Dann kann man ja dieses Forum getrost schließen. :|


    Zitat

    Aber den Weg gehen, das musst du selber tun, erstens. Zweitens, alles was ich sage, sollt ihr prüfen. Nachdem ihr richtig geprüft habt, so wie Gold geprüft wird, dann solltet ihr entsprechend praktizieren, aber nicht mein Wort verehren.


    Wie soll man prüfen, wenn man nicht sorgfältig nachsinnt? Wer weiß schon, ob all die Rinpoches, Bhikkhus und Lamas selbst aus erleuchtetem Geist sprechen. Wir müssen schon selbst denken und selbst erfahren. Das kann uns keiner abnehmen.

    Die Frage, ob es Wiedergeburt gibt oder nicht, ist vor allem für die wichtig, denen es wichtig ist, ob sie selbst diejenigen sind, die ernten, was sie sähen. Das nenne ich mal eine starke Ich-Fixierung! ICH forever! Wenn diese Motivation ein Hauptpfeiler des Buddhismus ist, so kann dieser Buddhismus von mir aus gerne Geschichte werden – dann taugt er nicht viel. Alle Traditionen, die mit der Wirklichkeit der Menschen nicht mehr übereinstimmen (wollen oder können), werden irgendwann Geschichte – und das ist auch gut so.


    Was ist denn der Gedanke hinter einer personalen Wiedergeburtsvorstellung, in der immer wieder ICH wiedergeboren werde? Lohnt es wirklich sich anzustrengen (Mit heilsamer Lebensführung, mit anstrengender Meditation, etc.) , wenn ICH am Ende nichts davon habe? Was soll der ganze Aufwand, wenn ICH eh weg bin, nach meinem Tod? Dann kann ICH ja hier noch die Sau rauslassen! Es kann MICH ja eh keiner bestrafen, ICH bin ja weg!

    Diese Vorstellungen sind so kindisch: Wenn ICH brav bin, bekomme ICH eine Belohnung (Nirvana). Wenn ICH nicht brav bin, werde ICH bestraft (Niedere Lebensbereiche, oder Qualen in der Hölle).
    Das hat mich schon bei den Erzählungen der traditionellen Katholiken verwundert und befremdet. Himmel, Hölle, dieser ganze Irrsinn, der nur dazu taugt, einfachen Gemütern Angst zu machen, um die eigene Machtposition zu festigen.


    Wenn ich mir alleine diese ganzen Kataloge von Foltermethoden anschaue, die im tibetischen Buddhismus für dieses oder jenes Vergehen höchst lebendig (beinahe lustvoll) ausgemalt werden, zweifle ich daran, ob damals Ahimsa, Nicht-Verletzen wirklich in den geschorenen Köpfen angekommen ist.


    Was ist denn das für eine Lehre, die auf einen immer währenden Egoismus, eine immerwährende ICH-Zentrierung setzt: MEIN Karma, schafft die ganze Welt, jetzt und für immer. Von allem was ICH tue, werde ICH die Konsequenzen zu spüren bekommen? Was soll das denn?! Wahrscheinlich hört mit der ICH-Illusion deshalb auch der (Glaube an den) Kreislauf der Wiedergeburten auf, weil es einfach nicht mehr sosehr darum geht, ob es einem selbst gut geht oder nicht.


    Aber so ist der Buddhismus, so wie ich ihn kennengelernt habe, zum Glück ja nicht. Hier ein schöner Text von Dagyab Kyabgön Rinpoche:


    Zitat

    Alles was in der Literatur steht, ist sicherlich wichtig. Aber wichtiger ist es, alles, was da drin steht zu prüfen, ob es mit der Realität zu vereinbaren ist oder nicht. Wenn es irgendeine wissenschaftlich bewiesene Sache ist, dann müssen wir diese Quellen aufgeben oder kommentieren. Wir dürfen niemals der wortwörtlichen Bedeutung hinterher rennen, nach dem Motto: „Alles was im Text steht, das stimmt“. Wenn wir das tun, dann sind wir nicht viel anders als andere Religionen. Jetzt, wenn ich dazu ergänze, Buddha hat von Anfang an im Sutra gesagt: „Ich werde dir den Weg zeigen. Aber den Weg gehen, das musst du selber tun, erstens. Zweitens, alles was ich sage, sollt ihr prüfen. Nachdem ihr richtig geprüft habt, so wie Gold geprüft wird, dann solltet ihr entsprechend praktizieren, aber nicht mein Wort verehren.“ So hat er gesagt. Zu denken: „Oh, das ist Buddhas Wort, das müssen wir akzeptieren“, wäre falsch. So ist es überhaupt nicht. So viel Freiheit, so eine große Freiheit hat er uns gegeben.


    Quelle S. 25 (Bedrohung oder Ermutigung?)


    Hier lohnt übrigens das ganze PDF.

    Rudolf, ich kann mich leider nicht für Dich mit diesen Dingen beschäftigen. Mich jedenfalls inspiriert es. Es spengt auch mein Kontingent an Zeit, auf jedes Deiner Argumente wieder Argumente anzuführen. Erfahrungsgemäß ist das endlos.... Ich lese von Dir seit vielen Jahren... Ich maße mir nicht an, Dich von irgendwas überzeugen zu können. Dein Weltbild, wie es hier erscheint zumindest, ist vollkommen hermetisch. Es überfordert mich, das zu ändern. Und nötig ist es wahrscheinlich auch nicht.


    _()_


    :moon:

    sondern nenne mal ein paar Worte des Buddha, die die Menschen "sehr anders" verstanden haben als wir heute.

    Na, nehmen wir das Wort "Erlöschen": In der deutschen Rezeption des Begriffs, bekam er bis in die jüngste Zeit eine sehr pessimistische und nihilistische Bedeutung im Sinne von Selbstvernichtung.

    Dann hat sich auch die Vorstellung der Zeit sehr verändert von damals bis heute. Wir leben heute in einem viel stärker linearen Zeitverständnis als zur Zeit des Buddha. Dort war das Verständnis wesentlich zirkularer. Die Wandlungsgeschichte des Begriffes Karma und Wiedergeburt in Indien ist in folgendem Buch sehr genau dargestellt: Karma und Wiedergeburt im indischen Denken.

    Kosmologische Vorstellungen haben sich grundlegend geändert. Während Karma zur Zeiten des Buddha mehr oder weniger selbstverständlich war, ist der Begriff heute eher exotisch geworden. Wir müssen heute wesentich mehr "Glaubensarbeit" aufwenden, um diesen Begriff in unser Denken zu integrieren, als es damals der Fall war. Und natürlich gibt es viele Beispiel mehr. Der Text von Buddhadāsa Bhikkhu ist auch ein gutes Beispiel für einen allmählichen Bedeutungswandel.

    noch andere Metaphysiken mit in den Buddhismus,

    Das ist doch gerade der Punkt: Es ist genau betrachtet keine andere Metaphysik sondern eine aus unserer Kultur erwachsene Sichtweise auf die Wirklichkeit, die zu ähnlichen Ergebnissen kommt wie die buddhistische Lehre. Aber wenn Du Dich damit nicht auseinandersetzen willst, wird es für Dich natürlich auch verschlossen bleiben. Aber das macht ja auch nichts, finde ich. Ich schätze Deine Mühe, die Lehre des Buddha immer wieder gegen "fremde" Einflüsse zu verteidigen. Hingegen bin ich überzeugt davon, dass die Lehre des Buddha nah genug an der Wirklichkeit ist, dass sie diese Anstrengungen nicht braucht. Im Gegenteil, in jeder Kultur wird die buddhistische Lehre genau den Wandel der Blickrichtung herbeiführen, der die Wirklichkeit seiner Lehre bestätig – und zwar innerhalb der aktuellen Bedeutungen der jeweiligen Kultur!! Eben das sehe ich auch bei David Chalmers und seiner Kritik am Materialismus.

    Sie können ihre Meinungen doch ganz einfach denken und sagen - und Buddhas Worte in Ruhe lassen.

    Vielleicht möchtest Du, das sie Dein Denken in Ruhe lassen, damit Du Deine Meinung nicht ändern musst? :angel:


    Aber Scherz beiseite. Ich finde es erfrischend, wenn ich die Möglichkeit finde, meine intuitive Zustimmung zur Buddhistischen Lehre im aktuellen Diskurs wiederzufinden. Zudem ist eine Lehre immer ein Gefüge von Bedeutungen, mit denen die Wirklichkeit strukturiert wird. Das ist auch bei der Lehre des Buddha nicht anders. Dieses Gefüge kann ganz verschieden sein, je nach Kultur, die auf die Wirklichkeit schaut. Der Referenzpunkt ist immer die gleiche Wirklichkeit, der wir alle gegenüberstehen. Daher ist es immer gut und auch notwendig, eine Lehre mit den aktuellen Bedeutungen der Worte in Einklang zu bringen. Das ändert am absoluten Inhalt nichts, wohl aber an der Form. Die Menschen vor 2000 Jahren haben den Worten, die im Palikanon zu finden sind zum Teil sehr andere Bedeutungen zugemessen als wir heute, weil sie in einem völlig anderen kulturellen Kontext gelebt haben. Wir lesen die Worte des Buddha heute aus unserem Kontext und werden daher zwangsläufig die Lehre anders verstehen als die Menschen damals – auch Du.

    Da es aber immernoch um die gleiche ontologische Situation und Problematik geht, ist es nur hilfreich, wenn wir ein Verständnis der Lehre entwickeln können, das seine Bedeutungen aus unserer Kultur bezieht. David Chalmers ist für mich da ein sehr interessanter Vermittler und Neu-Denker der Fragestellungen, die die Menschen zu Buddhas Zeit schon umgetrieben haben.

    Ich kenne diese Standpunkte, sie sind unreif und nicht durchdacht

    Du kennst sie so gut, dass Du nicht merkst, dass es sich bei Russell und Chalmers weder um Wissenschaftler noch um Materialisten handelt, sondern dass beide im Gegenteil genau diese materialistische Position in Frage stellen, und das Chalmers eine sehr interessante Idee formuliert, die der indischen Vorstellung von Brahman recht nahe kommt... :)


    Glaube indes was Du willst, ich will Dir das in keiner Weise streitig machen. :wrose:

    Bitte ließ das nochmal in Ruhe. Und schau Dir auch Chalmers an! Die Verbindung Brahman -> Bewusstsein -> Gehirn wird dann auch deutlicher.


    Chalmers argumentiert genau gegen die Position, dass Bewusstsein ausschließlich vom Gehirn ausgeht!


    Das "Gehirn" ist nach Russell eine Konstruktion auf der Basis von Schlussfolgerungen, die auf Wahrnehmung beruhen:


    Zitat

    Man kann aus der Untersuchung unserer Wahrnehmungsinhalte – so habe ich behauptet – auf gewisse formale, mathematische Eigenschaften der äußeren Materie schließen; dieser Schluss ist weder streng noch sicher.


    Den Begriff der "äußeren" Materie relativiert er dann am Ende:


    Zitat

    Die Wahrnehmungsinhalte sind der einzige Bestandteil der physikalischen Welt, die wir anders als in abstrakter Weise kennen.


    Und kommt damit zum Schluss:


    Zitat

    Aber vom philosophischen Standpunkt betrachtet, ist die Unterscheidung zwischen Physischem und Psychischem eine oberflächliche und irreale.


    Das ist eine Zen-Sicht auf die Dinge, wenn man es genau nimmt.

    Auch wenn Russel meint, er würde keinen materialistischen Standpunkt vertreten, macht er es trotzdem.

    Keinesfalls. Denn:


    Zitat

    Die Wahrnehmungsinhalte sind der einzige Bestandteil der physikalischen Welt, die wir anders als in abstrakter Weise kennen. Was die Welt im allgemeinen betrifft, sowohl die physische als die geistige, so ist alles, was wir von ihrer Beschaffenheit wissen, von der psychischen Seite abgeleitet, und fast alles, was wir über Kausalgesetze wissen, von der physischen Seite. Aber vom philosophischen Standpunkt betrachtet, ist die Unterscheidung zwischen Physischem und Psychischem eine oberflächliche und irreale.


    Ich habe übrigens einmal gesagt, das Du etwas falsch verstanden hast. Das zweite Mal habe ich darauf verwiesen, dass man das, was man zur Zeit für meta-physisch, also als über die Physik hinausgehend hält, in Zukunft vielleicht verstehen wird, so dass es nicht mehr als jenseits der Physik sondern als diesseits verstanden wird. Das ist in der Vergangenheit schon oft geschehen. Warum nicht wieder heute oder Morgen bezüglich dessen was wir über das Bewusstsein wissen? Verständnis muss die Dinge nicht zwangsläufig entzaubern. Jetzt allerdings sind es doch zweimal geworden... (:


    Hast Du Dir den Vortrag von Chalmers mal angesehen?

    Die Meta-Physik ist nur so lange Meta, wie sie nicht verstanden wurde. Danach wird sie Physik.

    Hier ein schönes Zitat von Bertrand Russell, das ich in dieser Beziehung immer sehr erhellend finde:


    Zitat

    Sowohl die Materialisten als auch die Idealisten haben sich, unbewusst oder ungeachtet ausdrücklicher Ableugnungen, in ihrem Vorstellungsbild von der Materie einer Verwechslung schuldig gemacht. Sie dachten, dass ihre Wahrnehmungsinhalte, wenn sie sehen oder tasten, die Materie der Außenwelt darstellten, während doch in Wirklichkeit diese Wahrnehmungsinhalte Bestandteile der Materie des wahrnehmenden Gehirns sind. Man kann aus der Untersuchung unserer Wahrnehmungsinhalte – so habe ich behauptet – auf gewisse formale, mathematische Eigenschaften der äußeren Materie schließen; dieser Schluss ist weder streng noch sicher. Andererseits erhalten wir aber doch durch die Untersuchung unserer Wahrnehmungsinhalte ein Wissen über die Materie unserer Gehirne, das nicht rein formal ist. Freilich ist dieses Wissen Stückwerk; aber soweit es reicht, hat es Vorzüge, die diejenigen des physikalischen Wissens übertreffen. [...] Die Wahrnehmungsinhalte sind der einzige Bestandteil der physikalischen Welt, die wir anders als in abstrakter Weise kennen. Was die Welt im allgemeinen betrifft, sowohl die physische als die geistige, so ist alles, was wir von ihrer Beschaffenheit wissen, von der psychischen Seite abgeleitet, und fast alles, was wir über Kausalgesetze wissen, von der physischen Seite. Aber vom philosophischen Standpunkt betrachtet, ist die Unterscheidung zwischen Physischem und Psychischem eine oberflächliche und irreale.


    aus Philosophie der Materie, Leipzig und Berlin 1929, §167, 174


    Das Zitat ist angeführt in Grundkurs Philosophie des Geistes von Thomas Metzinger (Hrsg.), Band I, Seite 163, 164

    Nachtrag:


    Eigentlich könnte man Karma im oben genannten Sinne mit Information übersetzen, wenn Information das ist, was innerhalb eines Systems in Verbindung mit Raum, Zeit und und Masse zu Wirk-lichkeit wird. Karma formt unsere physische Erscheinung inkl. Wahrnehmung (Information in Form von DNA / Genetik), unsere psychische Disposition (Information aus Kultur, Erziehung und Erfahrung) unsere gesellschaftliche Form (Information aus Kultur und sozialer Dynamik, z.B. Geld). Umgekehrt formt unser Tun (damit ist alles, was Tat werden kann gemeint: Wollen, Denken, Sprechen, Bewegen, Handeln, Nicht-Handeln, etc. ) die Informationssphäre der Wirklichkeit, in der sich Bewusstsein immer wieder auf der Basis von Karma/Information neu formt. Jedes Tun formt die Kultur, in der wir leben. Jedes Tun formt die Richtung der Evolution. Hier komt auch der Begriff der Meme ins Spiel.

    Ok, nehmen wir an, der Satz „ICH habe schon unzählige Leben gelebt und erinnere mich daran“ entspricht der Wahrheit.


    Was hat er zu bedeuten?


    Dadurch, dass das ICH in Abhängigkeit von den Aggregaten und in Abhängigkeit von der Benennung existiert, ist diese Aussage so sinnvoll und richtig wie die, dass jeder „Regentropfen“ seit Anbeginn der Zeiten existiert und immer existieren wird, nämlich einmal als Teil eines Ozean, einmal als Teil eines Flusses, einmal als Teil eines Urinstrahls, einmal aufgespalten in Wasserstoff und Sauerstoff, u.s.w..


    In vielen menschlichen Wesen entsteht (emergiert) die Vorstellung eines kontinuierlichen existierenden Ich. Diese Vorstellung entsteht in Abhängigkeit von bestimmten Bedingungen. Vergehen diese Bedingungen, vergeht auch das, was wir als „ICH“ bezeichnen. Das ist wieder ähnlich wie bei einem Regentropfen. Auch wenn die Substanz, aus der der Regentropen besteht, unbegrenzt fortdauert, so sind doch nur sehr begrenzt die Bedingungen gegeben, dass die „Benennung“ Regentropfen zutrifft.


    Ein Regentropfen hat also einen eindeutigen Anfang (Kondensierender Wasserdampf) und ein eindeutiges Ende (wenn er in einer größeren Menge von Wasser aufgeht). Kommt deshalb ein Regentropfen aus den Nichts? Entsteht er ohne Grund? Keineswegs! Mit dem Bewusstsein, mit dem „ICH“ ist es ähnlich.


    Im Grunde ist „ICH“, wenn es als anfangslos gedacht wird, nicht mehr und nicht weniger als eine Bezeichnung für das Potenzial der Wirklichkeit sich zu „ICH“, zu reflektierender Bewusstheit verbinden zu können. Um in diesem Bild zu bleiben, muss es also einen Teil der Wirklichkeit geben, der „ICH“, Bewusstheit werden kann, ebenso wie Wasser immer das Potenzial hat, Regentropfen zu werden.


    Dieses „Material“ hat die besondere Eigenschaft, dass Erleben stattfinden kann (auch ohne jemanden, der bewusst erlebt). Diese Grundeigenschaft kann tatsächlich nicht aus dem Nichts kommen und ohne Ursache entstehen, und muss also ständig in Wandlung befindlicher Teil der Wirklichkeit sein. Auch kann diese Konstante nicht verschwinden, ebensowenig, wie das, woraus ein Regentropfen besteht einfach verschwindet, wenn der Regentropfen in einer Pfütze sein Ende gefunden hat.


    Der Philosoph David Chalmers sieht hier eine riesige Lücke in den Naturwissenschaften: Neben Raum, Zeit und Masse muss es seiner Ansicht nach noch eine Kategorie geben, die das Entstehen von Qualia erklärt: von der Besonderheit des Universums, dass etwas nicht nur existiert sondern auch zum Er-Leben werden kann. Als Bild nennt er hier etwas wie subatomare Teilchen, die aber die Besonderheit haben, Bewusstheit in einfachster Form zu sein. Diese Teilchen, besser diese Eigenschaft der Materie, Qualia, Erlebnisinhalt zu sein, ist ebenso unzerstörbar wie Materie selbst. Es fehlt also mit anderen Worten in dem Teilchenzoo, den die Physik etabliert hat, das Teilchen, das Bewusstsein werden kann. Lothar Schäfer hat den Begriff der Information dafür vorgeschlagen.


    Man könnte also die Wirklichkeit als riesigen Ozean begreifen, der das Potenzial hat, unter bestimmten Bedingungen höhere Formen von Bewusstsein zu erzeugen, die bei uns Menschen zu der Vorstellung eines kontinuierlichen „Ich“ führen. Die Grundvoraussetzungen von Bewusstheit sind aber immer schon als Grundbaustein, Grundbedingung von Materie vorhanden und werden auch immer vorhanden sein.


    Aus dem Hinduismus stammt folgender Vers, der das gut illustriert:


    In den Steinen schläft Brahman.

    In den Pflanzen atmet Brahman.

    In den Tieren träumt Brahman.

    In den Menschen erwacht Brahman.


    Unter diesen Vorraussetzungen ist eine "Wiedergeburt" mehr als wahrscheinlich, was aber nur bedeutet, dass die grundlegende Eigenschaft der Materie, bewusst werden zu können, zu immer neuen Formen von Bewusstheit kristallisiert und wieder zerfällt. Das, woraus das Erleben besteht, das ich mit dem Begriff "ICH" belege, ist wahrscheinlich ohne Anfang und ohne Ende. Ebenso wie Sauerstoff und Wasserstoff mal Ozean, man Fluss, mal Urinstrahl, mal Regentropfen sein können, und weder Anfang noch Ende haben. Doch diese Ich-Illusion, die ich mein Leben und meine Erinnerung nenne, die exisitiert so lange wie der Regentropfen. Das "Wasser" aus dem mein Leben und alle Erinnerungen bestehen, ist allerdings ohne Anfang und ohne Ende.

    Ich denke, dass man diese Seelenwanderungsgeschichte nicht wörtlich nehmen sollte. Selbst im Theravada wird das zumindest heute nicht wörtlich gedeutet. Kann natürlich sein, dass Buddhadāsa Bhikkhu kein echter Buddhist ist oder sich in den Schriften nicht gut auskennt, nicht so gut zumindest wie manche Experten hierzulande... Er schreibt zum Beispiel:


    Zitat

    Nun zum Gegenteil, dem Wort "Tod". In der Umgangssprache bedeutet dieses Wort das Ereignis, das zur Einsargung, Verbrennung oder Beerdigung eines Leichnams führt. In der Dhamma-Sprache jedoch wird damit das Erlöschen der "Ich-und Mein-Vorstellung"gemeint, die wir gerade besprochen haben. Das Vergehen dieser Vorstellung im Geist eines Menschen nennt man "Tod" in der Dhamma-Sprache


    Quelle S.13

    Ich möchte Dich nicht von Deinen Vorstellungen abbringen. Wenn es Dir hilft, Dich von geistigen Trübungen zu befreien und glücklich zu werden, ist es doch wunderbar. Ein weiteres Floß unter vielen möglichen... Nur bitte verabsolutiere Deine Auffassung nicht als die einzig mögliche Lesart der Buddhistischen Lehre.


    Zitat

    Wie kann sich andauerndes Nibbana nur auf dieses Leben beziehen??


    Nun, Deiner Auffassung nach dürfte sich Nibbana auf gar kein Leben beziehen, denn deine...


    Zitat

    ...Religion ist ja, dass wir bald oder später aus dem Leben aussteigen können, vom Leben befreit werden.


    ^^

    Mit dem Tod hören wir auf zu existieren oder auch nicht. Entscheidend ist aber: Die Befreiung bezieht sich auf das Leben.


    Hier ist ein schönes Zitat von Buddhadāsa Bhikkhu (Danke für den Hinweis Lux)


    Zitat

    In der Dhamma-Sprache bedeutet "Nibbāna" die völlige und absolute Auslöschung aller Arten geistiger Trübungen(kilesa)und jeder Form von Kummer. Zu jeder Zeit,in der der Geist frei von kilesa und dukkha ist, besteht "Nibbāna". Wenn die Geistestrübungen vollkommen aufgelöst sind, ist es andauerndes Nibbāna: Das vollständige Erlöschen und Auskühlen des Feuers von kilesa und dukkha.


    Quelle


    ob man den Buddha ernst nimmt in dieser Hinsicht.

    Nimm Du ihn doch ernst! Denn er hat von Spekulationen, ob es ein Leben nach dem Tod gibt oder nicht, ausdrücklich abgeraten.

    wie ist

    • Nirvāna, die Befreiung, ist Frieden, das endgültige Glück.

    ohne Wiedergeburt, bzw. Befreiung von Wiedergeburt möglich?

    Warum sollte Wiedergeburt eine notwendige Bedingung für die Befreiung sein? Deine Frage schließt an die Spekulationen an, ob eine personale Wiedergeburt (Ich werde wiedergeboren) überhaupt von Buddha vertreten wird und für die Lehre des Buddha notwendige Bedingung ist. Wichtiger ist vielleicht die Frage, ob Karma ohne personale Wiedergeburt möglich ist. Ich denke schon. Dazu gibt es aber unterschiedliche auch moderne Ansichten. Im Zen jedenfalls wird die Frage der Wiedergeburt agnostisch bis ignorant betrachtet, weil sie einfach keine sonderliche Bedeutung hat. Wer das Ziel hat, im Hier und Jetzt zu leben, macht sich um die Zeit nach dem Tod bestenfalls keine Gedanken. Zudem weist uns ja auch das Hannya Shingyu sehr eindrücklich auf folgenden Sachverhalt in Sachen Śūnyatā hin:


    Zitat

    Oh Shariputra, alles Dasein ist dem Wesen nach Leerheit, es gibt in ihm weder Entstehen noch Vergehen, weder Reinheit noch Beschmutzung, weder Zunahme noch Abnahme. Daher gibt es in der Leere keine Form und keine Empfindung, Wahrnehmung, Denken, Handeln und Bewusstsein, nicht Augen noch Ohren noch Nase, Zunge, Körper oder Geist, keine Farben, Töne, Gerüche, Geschmäcke, Tastempfindungen oder Begriffe. Es gibt weder den Bereich der Wahrnehmung noch seine sechs Gegenstände. Auch die Welt der sechs Bewusstseinsarten (Augenbewusstsein, Ohrenbewusstsein, Nasenbewusstsein, Mundbewusstsein, Körperbewusstsein und Wille) gibt es nicht. Es gibt keine Unwissenheit, noch das Erlöschen der Unwissenheit. Es gibt kein Alter und keinen Tod, und kein Erlöschen von Alter und Tod. Auch die Vier Edlen Wahrheiten (das Leiden, der Ursprung des Leidens, das Erlöschen des Leidens und DO, der Weg dahin) gibt es nicht. Es gibt keine Erkenntnis und keinen Gewinn. Also ist es mushotoku (ohne Ziel, es gibt nichts zu erlangen).

    Quelle


    Daher kann ich persönlich gut auf den Glauben oder Nichtglauben an Wiedergeburt verzichten. Diese Spekulationen gehören für mich zu den schädlichen Ansichten bezüglich der letzen Dinge, die nur zu Verwirrung führen:


    Zitat

    Da ist einer ein unwissender Weltling, ohne Achtung vor edlen Menschen, ohne Kenntnis der edlen Lehre, ohne Zügelung darin, ohne Achtung vor guten Menschen, ohne Achtung vor ihrer Lehre, ohne Zügelung darin. Und sein Geist ist gefesselt und beherrscht von Persönlichkeits-Glauben, Zweifelsucht, Hang an äußeren Regeln und Riten, Sinnengier und Groll und wie man sich von diesen aufgestiegenen Dingen befreien kann, das weiß er nicht der Wirklichkeit gemäß. Ihm, der diese Dinge nicht überwunden hat, werden sie zu niederen Fesseln.


    Der Persönlichkeitsglaube mag sich äußern als
    1. Ewigkeits-Glaube, d. i. der Glaube, daß das Ich nach dem Tode fortbesteht;
    2. Selbstvernichtungs-Glaube d. i. der Glaube, daß das Ich beim Tode vernichtet wird.


    Denn beide Ansichten sind mit starken Hoffnungen und Anhaftungen verbunden. Das betrifft auch die Vergangenheit:


    Zitat

    Und unweise erwägt er also: ,Bin ich wohl in der Vergangenheit gewesen? Oder bin ich nicht gewesen? Was bin ich wohl in der Vergangenheit gewesen? Wie bin ich gewesen? Aus welchem Zustand bin ich in welchen Zustand in der Vergangenheit getreten?

    Werde ich wohl in der Zukunft sein? Oder werde ich nicht sein? Was werde ich wohl in der Zukunft sein? Wie werde ich sein? Aus welchem Zustand werde ich in welchen Zustand in der Zukunft treten?'

    Quelle


    Sicher ist jedenfalls nach den Worten des Buddha folgender Sachverhalt:

    Zitat

    Ob da nämlich die Ansicht besteht oder nicht besteht, daß die Welt ewig ist oder zeitlich, endlich oder unendlich, usw., sicher bestehen Geburt, Alter, Sterben, Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung, deren Vernichtung schon bei Lebzeiten ich euch verkünde.

    Quelle


    Diese und noch einige andere interessante Quellen zu diesem Thema finden sich hier.

    Die Diskussion, welche Lehre man als buddhisch bezeichnen kann und welche nicht, hat folgende Grundpfeiler oder Siegel der buddhistischen Lehre hervorgebracht:


    • Alle Produkte sind unbeständig.

    • Alles Befleckte ist leidhaft.

    • Alle Phänomene sind leer und ohne Selbst.

    • Nirvāna, die Befreiung, ist Frieden, das endgültige Glück.


    Quelle und detaillierter noch hier


    Ich denke, da lassen sich ohne weiteres auch säkulare Formen des Buddhismus subsummieren, die ohne Wiedergeburt auskommen, ohne die Möglichkeit der Wiedergeburt generell zu verneinen. Insofern ist übrigens auch der Zen schon ziemlich säkular.