Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Tenzin Palmo über Fleisch-essende (Laien), was haltet ihr davon?“

    Diese Vermehrungsmanie ist auch ein Ausdruck von Gier und Egoismus.

    Die momentane Überbevölkerung kommt nicht allein dadurch zustande, weil zu viele Kinder geboren werden, sondern auch, weil die Menschen immer älter werden.


    Zitat

    Bereits 2018 gab es mehr Menschen auf der Welt, die 65 Jahre oder älter waren als Kinder unter fünf Jahren. Bis 2050 wird es mehr als doppelt so viele Alte wie Kleinkinder geben.


    Wie die Überbevölkerung gebremst werden könnte
    Die Bevölkerung auf unserem Planet wächst schnell. Zu schnell. Und das bringt erhebliche Probleme mit sich. Doch was kann man dagegen tun?
    www.quarks.de

    Die buddhistische Übung ist eine Geistesübung und jedenfalls im Zen ein radikales Erforschen oder wenigstens intensives Beobachten des eigenen Gedanken- und damit Gefühlsapparates.

    Wenn das in der Konsequenz nur dazu führt, zu sagen: Aha, das finde ich vor, dann ist das wohl genau so auch richtig so, und ich mache, was ich will, weil es eben (meine) Natur ist, erinnert mich diese Form der seelischen Selbstbegutachtung eher an Narzissmus als an Buddhismus.

    Ich könnte dir (wenn ich deinen Einzeiler so verstehe) und Thorsten aus dieser Warte schlicht sagen, dass ihr sentimentalen Illusionen anhängt

    Das wurde schon häufiger behauptet: Beim Frauenwahlrecht z.B., bei der Abschaffung der Sklaverei, beim Umweltschutz, bei der Abschaffung der Legebatterien, etc.. Die Zeiten ändern sich. Ökologisches Bewusstsein wird wachsen und der Konsum von Fleisch wird in dem Ausmaß und unter den Bedingungen wie bisher verschwinden, ebenso wie extensive Landwirtschaft, Individualverkehr, Inlandsflüge und der ganze andere Mist.

    Nein darum geht es überhaupt nicht.

    Ich finde Ellviral hat hier einen guten Punkt genannt. Wenn ich mir wirklich vollkommen bewusst mache, was es bedeutet, ein Tier zu töten, werde ich es wahrscheinlich eher unterlassen. Zumindest ist so meine eigene Erfahrung. Z.B beim Töten von Insekten: Ich frage mich mittlerweile, wenn ich den Drang habe, ein nervendes Insekt zu töten, ob das, was das Insekt gerade macht, wirklich Grund genug ist, ihm das Leben zu nehmen oder ob es nicht auch andere Möglichkeiten gibt, mit der Situation umzugehen. Das Gleiche frage ich mich, wenn ich Fleisch essen möchte. Ist meine Lust auf Fleisch wirklich so wichtig, dass ich dafür mittelbar einem anderen Wesen das Leben nehmen muss? Diese Frage kann ich theoretisch nicht gut beantworten, vor allem in ihrer emotionalen Konsequenz nicht. Empathie und vollkommene Bewusstwerdung können aber dazu führen, dass mir auch emotional klar wird, was töten bedeutet, welcher Schmerz und welche Angst damit verbunden ist. Seit ich mir das klargemacht habe, fällt es mir jedenfalls wesentlich schwerer als früher, als die Fliegenklatsche zum normalen Küchenrequisit und die Billigfrikadellen zum normalen Essen gehörten.


    Vielleicht reicht es auch schon, sich das Töten intensiv vorzustellen. Allerdings ist die unmittelbare Handlung nochmals von einer ganz anderen transformierenden Qualität, wenn sie bewusst ausgeführt wird. Aus diesem Grunde habe ich mal eine Nacht in einem Schlachthof zugebracht, um dabei zu sein, als 800 Schweine getötet wurden. Auch war ich in einer Landmetzgerei, als drei Jungschweine und deren Muttersau getötet wurden, weil ich auch das sogenannte "gute" Töten in ländlichen Kleinstrukturen kennenlernen wollte. Ich bin auch auf dem Land aufgewachsen, mein Opa hat Kaninchen, Hühner und Gänse getötet, ich habe dabei geholfen. Ich habe auch selbstverständlich Fleisch gegessen und zahllose Tiere getötet oder gequält, Fische beim Angeln, Insekten oder Katzen beim Spielen als Kind. Als ich mir dann aber durch Empathie bewusst wurde, WAS ich da eigentlich tue, tat es mir unglaublich leid – bis heute. Im Tibetischen ist darum die kontemplative Übung des Austauschs von Ich und Anderen ein guter Weg, um diese ethische Sensibilität zu kultivieren.

    Dann aber machte ich mich schlauer, und erfahrene Bauern wissen das: Genau die gleichen Schreie kann man schon hören, wenn man ihnen morgens das Futter bringt oder einfach mal bei ihnen vorbeischaut. Also, man denkt sich da eben oft was aus.

    Für mich ist das nur ein Zeichen, dass es an Unterscheidungsvermögen fehlt, die Lautäußerungen der Tiere angemessen zu verstehen. Das ist keine Kritik. Denn es ist auch sehr schwer, die Sprache der Tiere zu verstehen. Oft genug kommt es zu anthropomorphen Erklärungsversuchen, die eher die Probleme noch erhöhen. Die Sprache der Tiere ist ein relativ neues Forschungsfeld, was vor allem dadurch seriöser wurde, dass man angefangen hat, das Tier als ein fremdes Wesen mit einer fremden Kultur zu verstehen, auf die man eigene Vorstellungen und Werte nicht oder nur bedingt übertragen kann.


    Aber es geht in diesem Diskurs hier auch nicht nur um die Frage, ob das Töten von Tieren ethisch vertretbar ist oder nicht. Es ist in den letzten Jahrzehnten klar geworden, dass wir mit Art und Menge unseres Fleischkonsums global extrem viel Schaden und Leid anrichten und damit an dem Ast sägen, auf dem wir selbst sitzen. Darum ist es einfach eine Frage der Vernunft, den Fleischkonsum zumindest so weit zu reduzieren und so nachhaltig zu gestalten, dass wir diese Schäden minimieren. Es würde schon reichen, wenn wir dazu zum Fleischkonsum der 50er oder 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückkehren würden, als der Sonntagsbraten noch etwas Wertvolles und Besonderes war.

    Ich bin der Buddha. Die Wahrheit ensteht aus mir. Die Realität und So-heit wird durch mich erkannt und manifestiert.

    Wow! Das ist mal ein Statement. Wenn das so ist, dann ist natürlich jede Diskussion von vornherein eher ergebnislos. Denn wie solltest Du je irren, wenn die Wahrheit aus Dir entsteht und zudem noch die Realität durch DICH erkannt und manifestiert wird?! Das ist eine mächtige Logik, da sie auch völlig faktenfrei funktioniert und zudem völlig unwiderlegbar ist. UND sie ist immer im Einklang mit der Realität und So-heit. Toll. – Es sei denn, Du wärest eventuell noch kein Buddha und es entstünden noch – wie bei uns normalen Menschen – aus Anhaftung und Ablehnung neben vermeintlicher Wahrheit auch Illusion, Selbstbetrug und Täuschung in Dir, die ggf. nicht der Wahrheit, Realität oder So-heit entsprechen – Aber das kann ja nicht sein, oder?


    Wenn sich jemand von Ratschlägen zu Baumgeistern angesprochen fühlt (diesen Kontext habe ja ich aufgezeigt, nicht der Zitierende), ist das schon bemerkenswert.

    Hm, ja... eher nicht... Es geht in diesem Sutra doch nicht primär um den Schutz vor Baumgeistern, sondern um eine sehr komprimierte Zusammenfassung der buddhistischen Heilslehre und der zugrundeliegenden Ethik allen Wesen gegenüber. Dieses Sutra hat bis heute eine solche Wirkmacht und Verbreitung, weil es sehr poetisch, klar und auf kleinstem Raum die buddhistische Kernlehre auf den Punkt bringt. Diese Lehre ist ein Schutz und eine Zuflucht – nicht nur im Falle von renitenten Baumgeistern, sondern auch bei sonstigen Unpässlichkeiten wie Alter, Krankheit, Tod, Verblendungen und sonstigen Leiden. Aber als Buddha hast Du das ja schon hinter Dich gelassen, nehme ich an.

    Er hatte dieses Problem absolut nicht auf dem Radar. Ich kann mich darum auch nicht in diesen Fragen auf ihn berufen, denn offenbar hat er das gar nicht "gecheckt". Man könnte ihm freilich unterstellen, dass er - da er ja ein zölibatäres Mönchsleben als ideal ansah und damit die Dezimierung der Menschheit - im Grunde das Problem der Überbevölkerung frühzeitig bekämpft hätte.

    Man kann also Deine Argumentation folgendermaßen zusammenfassen:

    Du hast kein Problem damit, Fleisch zu essen, weil es keine Trennung zwischen Dir und dem geschlachteten Tier gibt und weil sich Deine Güte und Dein Mitgefühl mit diesem Tier in der Dankbarkeit für dieses Nahrungsmittel äußert. Einfluss auf Dein Karma hat das nicht, weil "Du" Dich selbst und das Tier als leer von inhärenter Eigenexistenz erkannt hast im Sinne von Shunyata. Insofern gibt es natürlich auch keine Verantwortung und auch kein Tierleid und auch keine weiteren Auswirkungen Deines Konsums. Die Probleme treten nur deshalb auf, weil es zu viele Menschen gibt, die das Gleiche wollen wie Du. Aber dafür kannst Du ja nichts. Wären die zu vielen weg, gäbe es auch diese Probleme (Klimawandel, Artensterben, etc.) nicht mehr.


    Habe ich das richtig verstanden?

    vielmehr ist Wohlwollen und Dankbarkeit auch gegenüber dem aufgetischten Fleisch nicht allzu schwer.

    Warst Du schon einmal in einer Massentierhaltung oder in einem Schlachthof?


    Zudem geht es nicht um das Fleisch-Essen als isoliertes Phänomen. Sicher gibt es Gegenden auf der Erde, in denen Tierhaltung deutlich ökologischer und nachhaltiger zu bewerten als der Anbau oder der Import von Gemüse, so z.B. im Hochland von Tibet oder von Nepal. Aber das trifft auf uns in Deutschland und auch die meisten anderen Länder, in denen massenhaft Tier gegessen wird, nicht zu.


    Der Konsum von Fleisch ist längst kein solches isoliertes Phänomen mehr. Darum greift Deine Argumentation auch immer weniger. Ich würde sagen, es ist an der Zeit, dass Du Dich einmal gründlich informierst, was für Auswirkungen der Konsum von Fleisch derzeit global hat:


    Der Appetit auf Fleisch und seine Folgen | WWF

    Der Einfluss des Ernährungsverhaltens auf die Rechte künftiger Generationen am Beispiel des Fleischkonsums in Deutschland

    EconStor: Warum essen wir so viel Fleisch?


    Diese Auswirkungen sind mit der Ausübung von Metta nur sehr schwer und unter dem Symptom massiver kognitiver Dissonanz zu vereinbaren, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. (:


    Übrigens esse ich auch alle paar Wochen etwas Fleisch. Ich habe auch schon einige Jahre ganz ohne Fleisch gelebt. Milch, Butter, Eier und Käse gab es aber noch, was nicht viel besser ist.


    Warum lebe ich nicht völlig vegan?

    Weil es ich nicht immer hinbekomme, nein zu sagen, z.B. wenn wir eingeladen sind.

    Weil wir unsere Tochter in ihrer Entscheidung zum Fleischkonsum nicht drängen oder unter Druck setzen wollen.

    Weil ich manchmal von unglaublicher Gier nach Fleisch überfallen werde, die ich kaum in den Griff bekomme.


    Eisentabletten haben die Gier etwas gesenkt und Vitamin B12 Tabletten (von beiden gibt es auch vegane Alternativen).


    Aber es wird immer weniger, und es gelingt uns im Alltag immer mehr tierische Produkte durch vegane Alternativen gut und sogar mit Gewinn zu ersetzen. Ich ertrage meine eigene kognitive Dissonanz auch immer weniger, kotze mich selbst an, wenn ich mit windigen Erklärungen und Rechtfertigungen komme, wo es keine mehr gibt. Fleischkonsum, tierische Produkte insgesamt, Fliegen, unnötige Autofahrten, etc. sind einfach immer weniger und schwieriger zu rechtfertigen angesichts der ökologischen Krise, auf die wir zusteuern – in der wir uns schon befinden.


    Mein Weg jedenfalls wird zum völligen Verzicht auf tierische Produkte führen, hoffentlich früher als später. Die Website Utopia.de - einfach nachhaltiger leben hat mir dabei schon sehr viel geholfen. Hier am Beispiel veganer Pfannkuchen, das uns so überzeugt hat, dass wir auf Milch und Eier bei diesem Rezept komplett verzichten können: Klick, oder vegane Frikadellen: Klick oder Milch: Klick


    Bei so ziemlich jedem Gericht, das wir kochen, schaue ich dort zunächst nach einer veganen Zubereitungsart und habe so unglaublich viele Tipps, Inspirationen und Ideen bekommen. Es macht mir Freude, auf diesem Weg zu sein, ehrliche Freude, Entdeckerfreude. Verzicht ist das nicht, denn mein Leben bereichert sich durch die Suche nach Alternativen zu tierischen Produkten um ein vielfaches.

    Danke für den Hinweis, Sudhana . In diesem Sutra sind die Brahmavihara explizit für Laien als wesentlicher Teil des Pfades genannt:

    Zitat

    Derart von Begierde und Übelwollen befreit, unverwirrt, wissensklar und achtsam, durchdringt der edle Jünger mit einem von Güte von Mitleid von Mitfreude von Gleichmut erfüllten Geiste die eine Himmelsrichtung, ebenso die zweite, ebenso die dritte, ebenso die vierte. So durchdringt er oben, unten, quer inmitten, überall, allerwärts, die ganze Welt mit einem von Güte, Mitleid, Mitfreude oder Gleichmut erfüllten Geiste, einem weiten, umfassenden, unermesslichen, von Hass und Übelwollen befreiten.


    Quelle

    Damit haben wir doch schon geklärt, dass du nicht der Adressat des Sutras bist.

    Oh, das ist mir jetzt zu kleinkariert. Dieses Sutra ist eine der Grundlagen des Buddhismus überhaupt. Es richtet sich an Mönche wie an Laien gleichermaßen, auch wenn es ursprünglich vielleicht für Mönche formuliert wurde. Damals hat der Laien-Buddhismus aber auch noch nicht so eine Rolle gespielt wie später im Mahayana oder Zen. Auf die universelle Verantwortung für die Mitlebewesen, wie sie im Metta-Sutra aufscheint, beruft sich z.B. auch auf der Dalai Lama heute in seiner säkularen Ethik, die sich nicht einmal an Buddhisten oder sonst wie religiöse Menschen, geschweige denn an Mönche, richtet.


    Aber niemand zwingt Dich, diese Sichtweise anzunehmen. Aber wenn Du Dich mit der Metta-Meditation befasst, wie sie z.B. im tibetischen Buddhismus gelehrt wird (für Laien und Mönche übrigens), geht es dabei um die Entfaltung genau dieser Geisteshaltung, die im Metta-Sutra entworfen wird. Darauf bezieht sich der Eingangspost. Wenn diese Form der Meditation mittelfristig kein Mitgefühl und daraus resultierend auch keine Bereitschaft, Dein Verhalten zu ändern zum Wohle aller Wesen, erwächst, ist diese Praxis sinnlos, führt maximal zu einem falschen Selbstbild und Selbstbetrug.


    In allen buddhistischen Richtungen, die ich bisher kennengelernt habe, spielt Metta eine grundlegende Rolle, sowohl für Mönche als auch für Laien. Aber wie gesagt, letztlich zwingt Dich ja niemand, die Haltung anzunehmen. Auch ahimsa kannst Du natürlich für Dich als Laie ablehnen – oder was sonst noch nicht so gut in Dein Weltbild und Wohlbefinden passt. Aber es ist unsinnig, diese Basis der buddhistischen Lebensführung wegreden zu wollen. Dafür ist sie viel zu umfassend und konstituierend für die Lehre des Buddha.

    Was soll das denn konkret sein, was verstehst du denn unter Metta-Meditation


    Ich hatte ein Sutra verlinkt, das zu den ältesten buddhistischen Schriften gehört: Das Metta-Sutra. Lies das mal. Es ist nicht lang.


    Hier wird gelehrt, welches Verhältnis ein Schüler des Buddha zur Welt und den Mitlebewesen einnimmt. Wenn man sich also heute als Buddhist bezeichnet, ist die Sichtweise, die das Metta-Sutra einnimmt, sicherlich bestimmend, wenn nicht entscheidend.

    in deinen ganzen Ausführungen sehe ich nicht, dass man deshalb buddhistisch begründet auf Fleisch verzichten soll, sondern das ökologische Argument, dem ich ja im Großen und Ganzen schon zustimmte. Dieses Argument stammt aber nicht vom Buddha, denn damals herrschten andere Bedingungen.

    Die buddhistische Lehre führt in ihrer Konsequenz unmittelbar zu ökologischem und nachhaltigem Handeln, vor allem die Sichtweise, die durch Metta repräsentiert wird.

    Es gibt allerdings auch folgenden Text: Anrüchig


    Darin gibt es folgende Zeilen:


    Zitat

    Lebendiges töten, schlagen, es misshandeln, fesseln, Diebstahl und Lügenwort, Betrug und Hintergehung, Heuchelnde Hinterlist und Ehebruch, - Anrüchig ist wohl dies, nicht aber Fleischgenuss!


    [...]


    Solch Menschen, welche rücksichtslos sind zu den Wesen, Die andere berauben und auf Schaden sinnen, Die herzlos, rauh und grob und ohne Freundlichkeit, - Anrüchiges ist dies, nicht aber Fleischgenuss!


    [...]


    Nicht Fisch und Fleisch vermeiden, nicht das Fasten, Nicht Nacktheit, Kahlheit, Haar in Flechten tragen, Nicht Schmutz und raues Fell, nicht Dienst am Feueropfer Und vielerlei Kasteiung um Unsterblichkeit; Nicht Sprüche, Weihegabe, große Opferspenden, Auch nicht die Jahreszeiten für Askese nutzen, - Dies alles macht den Sterblichen nicht rein, Der sich vom Zweifel noch nicht losgelöst.


    Bewachend, was da einströmt; gut beherrscht die Sinne; Fest in der Lehre sein und Geradheit lieben wie auch Milde; Fessel-entledigt dann und allem Leid entgangen. Bleibt unbefleckt der Weise durch Gesehenes, Gehörtes.



    Klar ist nach diesem Sutra, dass zwar Fleisch-Essen an sich nicht anrüchig ist, wohl aber, wenn man damit Bedingungen zulässt, die Leid für die Wesen bedeuten. Das reine Fasten, das Veganertum hingegen, macht allein auch noch keinen guten Buddhisten aus. Wichtig ist dies:

    Bewachend, was da einströmt; gut beherrscht die Sinne; Fest in der Lehre sein und Geradheit lieben wie auch Milde; Fessel-entledigt dann und allem Leid entgangen. Bleibt unbefleckt der Weise durch Gesehenes, Gehörtes.

    Das verstehe ich nicht. Mir ist klar, dass ich häufig anders empfinde als andere. Demnach ist der Gedanke "Verzicht wird ALLEN guttun" absurd und widerspricht meiner Erfahrung mit anderen Menschen. Das ist eine reine Wunschvorstellung, mit der man die Empfindungen zahlreicher verschiedener Wesen mit der buddhistischen Lehre - so wie man sie versteht - in Einklang bringen will. Es wird Menschen geben, denen der Verzicht nicht gut tut, und da sind die Allergiker, die überzeugt sind, dass ihr fast ausschließlicher Fleischkonsum sie heilt, nur der Anfang. Es gibt ja auch Theravada-Asketen, die meinen, der Verzicht auf Sex würde bestimmt allen gut tun. Das lässt sich aber nicht verifizieren.


    Mir scheint, Du willst nicht verstehen. Es ist doch eine völlig klare Rechnung: Wenn wir als industrieller Wohlstandsteil der globalen Gemeinschaft weiterhin ohne Rücksicht auf die planetaren Grenzen handeln, konsumieren und uns vergnügen, wird es im Laufe der Zeit ALLEN schlechter gehen – zuerst denen, die die geringste Verantwortung an dem Raubbau und Zerstörung tragen – im globalen Süden und den Entwicklungsländern – dann aber auch uns, indem wir immer größerer Hitze, indem wir Kriegen, Wasserknappheit, Extremwetterereignissen, sterbenden Wäldern, schwindender Biodiversität ausgesetzt sind mit allen negativen Konsequenzen, die das hat.


    Wenn wir hingegen die Bedingungen begrenzter Ressourcen, ökologisch und klimatisch sensibler und lebensnotwendiger Zusammenhänge respektieren lernen, werden wir ALLE in einer gesünderen Umwelt leben können, also wird es ALLEN* besser gehen, als wenn wir das nicht tun. Ist das wirklich so schwer zu verstehen? Zurzeit ist es so, dass immer mehr Lebewesen (auch Menschen) ihre Lebensgrundlage verlieren, weil global gesehen ein kleiner Teil der Gesellschaft weit über den Verhältnissen lebt, die für alle angemessen wären.


    Verzicht auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe, Verzicht auf die Rodung der letzten Urwälder, Verzicht auf die Versauerung der Ozeane, Verzicht auf weiteres Artensterben sind längst keine Frage der individuellen Wahl mehr, es ist eine Frage des Überlebens, die ALLE betrifft.


    Bizarr ist, dass diese Informationen wirklich schon lange bekannt sind und längst wissenschaftlich eindeutig belegt, und dennoch tust Du hier so, als wäre Verzicht auf die Zerstörung unserer Lebenswelt eine Zumutung, die irgendwelchen individuellen Freiheitsrechten im Weg stehen würde. Christian Lindner könnte Deine Argumentation gefallen. ;)


    *Mit ALLEN meine ich wirklich alle Wesen – nicht nur uns "intelligenten" Affen: sei es das Plankton, dessen Kalkskelett von dem sauren Wasser der Meere aufgelöst wird, seien es die Insekten, die durch extensive Landwirtschaft zunehmend zurückgedrängt werden, seien es die Buchen, die in unseren Wäldern gerade zu hunderttausenden absterben, weil die ganzen Dürreperioden in Folge ihnen den gar ausmacht. Dieses Feld ist es doch, in das bei der Metta-Meditation die grenzenlose Liebe und Verantwortung ausgebreitet wird.


    Zur Erinnerung:


    Wenn es den Kenianern so gut ginge wie uns, würden sie den gleichen Ausstoß haben.

    Wenn sie den gleichen falschen Weg einschlagen wie wir, mag das sein. Der Fehler besteht ja gerade darin, dass Menschen glauben, ihr Wohlbefinden hinge von Fleischkonsum oder Autos oder einem hohen Lebensstandard ab. (Unter uns: Da besteht keine notwendige Verbindung!) Das Gegenteil ist ja der Fall. Allen, wirklich ALLEN geht es besser, wenn wir auf diese Dinge verzichten. Hier wird dann Intelligenz und Kreativität zu einer Weiche der Evolution: Aussterben oder Anpassen.

    Das Problem ist, da wiederhole ich mich, die Überbevölkerung, also der Mensch.

    Nö. Das Problem ist, dass wir z.B. hier in Deutschland einen Pro-Kopf-CO2 Ausstoß haben, der 30 Mal so hoch ist wie in Kenia oder in Nepal, dass hier 60 kg Fleisch pro Jahr und Kopf gegessen werden, dass hier noch immer eine Wirtschaft des ständigen Wachstums bei offensichtlich bestehenden planetaren Grenzen gepflegt wird, und und und


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    Regelmäßig Fleisch zu essen ist unter derzeitigen Bedingungen nicht unmoralisch oder unbuddhistisch, sondern schlicht irrational, schädlich für die Ökosphäre und global gesehen zunehmend gefährlich, weil es zu Hunger und Elend und in der Folge zu Instabilität und Radikalisierung der politischen Systeme im globalen Süden führt. Kriege, Flüchtlingsströme und Terrorismus sind die Folge. Zudem werden wegen des globalen Fleischkonsums zunehmend Waldflächen gerodet, die wir dringend zum Überleben brauchen, nur um die für den Fleischkonsum notwendigen Futtermittel anzubauen. Das ist einfach vollkommen selbstmörderisch, ineffizient und kurzsichtig. Da muss man auch nicht drum herumreden.


    Darum ist es auch absurd, zum einen globales Mitgefühl mit allen Wesen in der Metta-Meditation zu üben, zum anderen aber als Konsequenz aus dieser Form der Meditation den Fleischkonsum nicht radikal und zeitnah zu reduzieren oder sogar einzustellen. Das betrifft aber genau so jede andere Handlung, die uns, unsere Nachfahren, die Mitlebewesen auf diesem Planeten bewusst schädigt (z.B. Fliegen, beheizte Pools, unnötige Autofahrten, unnötig hohe oder niedrige Temperaturen in Innenräumen, you name it), weil man auf lieb gewordene Gewohnheiten nicht verzichten kann, oder weil es "zu anstrengend" oder "unangenehm" ist, das Verhalten zu ändern. Da kann man sich Metta sparen, zumindest dann, wenn die Praxis von Metta nicht mittelfristig zu einer Veränderung des Verhaltens führt. Denn das ist die andere Seite der Medaille: Metta-Meditation wird ja genau deshalb praktiziert, um mehr Mitgefühl zu entwickeln. Daher ist es gut, sich immer wieder mal zu fragen, ob diese Meditation bei einem selbst zu einer Veränderung des Verhaltens führt oder nicht. Wenn nicht, ist das ein guter Anlass, die Praxis zu überdenken. Kurz: Wenn Metta-Meditation nicht mittelfristig zu ökologisch bewussterem Verhalten und nachhaltigerem Konsum führt, ist sie sinnlos.