Beiträge von void im Thema „Religiös“

    Aber z.B. der Taoismus ist nicht auf das Kollektive ausgerichtet. Auch gibt es da nicht die Achse zwischen Natürlichen und Übernatürlichen. Tao, Himmel ist Natur, Immanenz.

    Ja, da hast du vollkommen recht. Auch bei den Sumerern gab es vor langer Zeit ein Denken ( Before Nature ) in dem man sie Welt als ein Spiel von Naturkräften sah. Ähnlich wie in China war man dort den Launen eines mächtigen,ständig sein Bett ändernden und alles überschwemmende Flusses ausgesetzt, der sich mit sehenden Wind abwechselte. Naturbedingungen, die den Menschen zum Spielball machten.


    Später verlagerte sich das und je mehr bei den Menschen Kriegsherren wichtiger wurden, gab es auch bei den Göttern eine Bewegung von vergöttlichten Naturkräften hin zu sozialen Stadtgöttern wie Marduk.


    Ich denke, in China blieb die Natur viel länger der Referenzpunkt von Religion. Gerade der gelbe Fluss mit seinen katastrophalen Überschwemmungen bewies ja immer wieder ein Primat der Natur, die den Menschen, der sich nicht an ihre Rhythmen anpasste, wegschwemmte. Aber ich denke sogar im Taoismus gab es später so eine Verlagerung hin zum Sozialen . Bei den Himmelsmeister der Han-Zeit gab es ja richtiggehend Gemeinden und man hatte Register, welche der höheren Mächte wann anzurufen waren.

    Ich habe in meinen Beiträgen versucht zu zeigen dass das Wort Religion so viele unterschiedliche Dimensionen trägt, dass es kaum vernünftig verwendbar ist und es mehr Sinn macht über die Einzeldimensionen zu reden.

    Was meinst du mit "Einzeldimensionen" ? Vielleicht wären konkrete Vorschläge hilfreich.... :?

    Ich habe schon mehrere Dimensionen traditionelle Religion genannt


    1. Der erste Punkte ist der das Religion häufig das Kollektive regelt. Man hat Stammesgötter und Ahnen, gemeinsame Feste. Man hat Anbetung,Statuen, Rituale und Initiationsriten, Priesterschaften und Hymnen.
    2. Der zweite Punkt ist die Achse zwischen dem Natürlichen und den Übernaturlichen in vielen Religionen gibt es eine Parallelsetzung zwischen Heilsamen und Übernatürlichem sowie zwischen Materiellen und Unheilsamen.

    Meistens ist es bei traditionellen Religionen so, dass da durchaus das individuelle Ego überwinden wird, aber eben dadurch, dass es auf kollektive, übernatürliche Fokalpunkte gelenkt wird. Soldaten marschieren in einer Schwingung mit Mithras, Paare verkuppeln sich in einer Schwingung mit Venus. Alles natürlich kombiniert mit den entsprechenden religiösen Gefühlen des Aufgehrns in Größeren.


    Am Anfang unterschied sich der Buddhismus sehr davon indem er nicht nur das individuelle Ego transzrndierte sondern eben auch diese kollektiven, übernatürliche Ebene. Vom Ringelwurm bis zum Deva sind wir alle sansarusche Wesen und wie übernatürlich man ist, ist irrelevant. Und zusätzlich hatte Buddhismus war am Anfang auch etwas "unsoziales" - die Menschen verließen ihre gesellschaftliche Rolle und Familie und zogen in Wildnis und Hauslosgkeit.


    Wenn man im Buddhismus einfach von selbstlosen Handeln spricht und von Nibbana als der Abwesenheit von Gier und Hass spricht dann kann man diese Schlichtheit und Nüchternheit als Defizit sehen und sich mehr Lametta wünschen. Religiöse Pracht, Hymnen, geheimnisvolle Tempel und mystische Vorkommnisse.


    Einerseits habe auch ich da eine große religiöse Sehnsucht aber auf der anderen Seite bringe ich den romantischen und archaischen Gefühlen auch eine Skepsis entgegen. Es können Gefühle sein die einen von der Beschränktheit individueller Verblendungen nur in den Bereich kollektiver und archaischer Verblendungen tragen, die subtiler und schwerer zu durchauen sind.

    Im Kontext des Christentum wurde das Wort "religiös" sehr relevant, weil dort das Bekenntnis viel zählt - ob man sich Gott anvertraut und auf Gott zählt oder nicht und welchem Glazbensbekentnis man folgt.


    Im Buddhismus ist das Bekenntnis von nachgeordneten Bedeutung. Es ist in erster Linie wichtig, in Gedanken, Worten und Taten heilsam zu handeln. Also Gier uns Hass zu zügeln und zu überwinden.


    Ein Bekenntnis kann, wenn es dazu beiträgt, wichtig sein, es ist aber selber nicht zentral. Es ist ja hinreichend untersucht, dass "Religiosität" nicht zu ethischen Verhalten führt.


    In einem klassischen Experiment, das als "Barmherzige-Samariter-Studie" bekannt ist, beobachteten Forscher, wer anhielt, um einer verletzten Person, die in einer Gasse lag, zu helfen. Sie fanden heraus, dass die Religiosität keine Rolle für das Hilfsverhalten spielte, selbst wenn die Teilnehmer auf dem Weg waren, einen Vortrag über das Gleichnis vom barmherzigen Samariter zu halten.


    Dieses Ergebnis wurde inzwischen in zahlreichen Labor- und Feldstudien bestätigt. Insgesamt sind die Ergebnisse eindeutig: Unabhängig davon, wie wir Moral definieren, verhalten sich religiöse Menschen nicht moralischer als Atheisten, auch wenn sie oft sagen (und wahrscheinlich auch glauben), dass sie es tun.

    Von daher macht es keinen Sinn zu tun, als wäre Religiosität an sich heilsam und so weit zu gehen das Heilsame und das Religiöse gleichzusetzen.


    Wie bei dem "barmherzigen Samariter" selbst zählt die Tat. Wenn der "Priester" und der "Levit" also Leute mit ganz starken religiösen Bekenntnis nicht helfen ist das nichts wert. Und wenn jemand aus dem ungläubigen Samaria das tut, dann ist das gut.


    Bekenntnis zur Religion ist also nicht wichtig. Ob jemand sich als "religiös" sieht sagt mir wenig über ihn.

    An meiner Haltung hat sich seit damals nichts geändert. Der Begriff Gott erscheint Dir transzendent, obwohl er auf etwas referriert, das Paul Tillich als den Urgrung des Seins bezeichnet, das sich sehr gut in Shunyata und die totale Diesseitigkeit fügt. Du musst nur mal die Metapher von Gott als personaler Gott verlassen.

    Wo habe ich denn von Gott gesprochen. Und wo habe ich eine Metapher als personalen Gott? Und wo erscheint mir das transzendent? Ich habe das Gefühl du verwechselst mich.

    Hi Thorsten Hallscheidt ,


    ich habe das Gefühl, wir kommen nicht an den Punkt Ich habe in meinen Beiträgen versucht zu zeigen dass das Wort Religion so viele unterschiedliche Dimensionen trägt, dass es kaum vernünftig verwendbar ist und es mehr Sinn macht über die Einzeldimensionen zu reden. Mir kommt es aber so vor, als gehst du in die Gegenrichtung und als sei dir die Begriff "Religion" und "religiös" sehr wichtig - eben auch in seiner Wirkung als Klammer die das Heilsame, das Ubernatürliche, das Geistige und das Sakrale ( die ja kaum was miteinander zu tun haben( zusammen denkt.


    Die von @'He Who Remains von dir oben ausgegrabenen Zitate zeigen, dass es dir früher sogar sehr wichtig war zu differenzieren:


    Jetzt aber nicht mehr. Handelt es es also um eine Art "Kierkegardschen *Sprung in den Glauben". Hat es also den Charakter eines Bekenntnisses zur Religion? Gerade hinsichtlich gesellschaftlicher Ablehnung


    Wenn es primär eine Sache der Identität ist, dann muss man ja anders darüber reden.

    Das ist ja auch genau der Grund, warum die pauschale Verurteilung des Religiösen, der Religionen oder von religiösen Menschen nicht nur viel zu kurz greift, sondern durch Vorurteile auch viele Dinge verdächtig macht und dadurch blockiert, die einen sehr positiven Einfluss hatten und haben können.

    Wenn man von der "Verurteilung des Religiösen" ausgeht, dann kommt man glaube ich zu einem Begriff des Religiösen als dessen wovon sich die Moderne abgrenzt. Also grob - wie ich oben sagt ein Modus der sich statt sich der Weltverbesserung zu verschreiben, vom eigenen Geist ausgeht.


    Wenn man das Religiöse so sieht, dann fällt darunter natürlich viel Positives. Das ganze Arbeiten am eigenen Geist um Gier und Hass zu vermindern. Ich denke gerade in einer begrezten Welt mit wenig Ressourcen kann es sehr wichtig werden, Glück nicht im Außen zu suchen.


    Traditionell waren ja die Kloster auch Auffangbecken, für überzählige Töchter und Söhne. Diejenigen die keine Chance hatten ihre Träume zu verwirklichen , lernten sie zu überwinden. Und als Grabstelle für Träume ist es ja ganz natürlich, dass es denen die dafür sind, dass alle Träume ausgelebt werden, ein gruseliger und deprimierender Ort ist.


    Es ist natürlich, dass dies in einer Zeit, wo sich dauernd Zukunftshorizonte zur Verwirklichung aller Träume öffneten, unnötig erachtet wird, während es in

    einer Zeit gegenüber, wo sie sich schließen, zunehmend wichtig wird.


    Wenn der Planet zu wenig hat um jedermanns Träume zu verwirklichen, dann führt das ja zu sehr viel Frustration, Trauer, Verzweiflung und Wut, die in Gewalt, Entstildarisierung und Krieg umzuschalten kann. Da ist es ja sehr naheliegend Religion als etwas zu sehen, was dazu fähig ist dem entgegenzuwirken und Menschen auch dann zum Glück und Zufriedenheit zu führen, ohne dabei die Welt noch mehr zu zerstören.


    Aber dies ist vielleicht ein "Best Case Szenario". Eine Verlagerung von der objektiven und geteilten Realität hin zum subjektiven Pol muß nicht diese wünschenswerten Ergebnisse hervorbringen. Wenn man zur Ebene der Wahrnehmung geht, muss dies nicht zur Klärung der Wahrnehmung führen, sondern kann im Gegenteil zur Verstrickungen in Wahrnehmung führen. Dann geht es von evidenzbasierter Medizin hin zur gefühlten Medizin, von verhandelten Politik hin zur Politikromantik, von Fakten hin zu gefühlten Fakten. Es gibt also durchaus auch eine negative Seite.

    der Begriff Religion ist an dieser Stelle viel zu breit für eine vernünftige Diskussion. Alle möglichen Formen der Verehrung übernatürlichen Wesen gelten als "religiös"


    Das Wichtige ist aber, dass Buddha ganz viel davon - sagen wir wenn jemand einen Naga zur Schutz gegen Schlangen oder Überschwemmungen anrief - als "weltlich" ansah. Eben weil es nur zur Verbesserung von Lebensumständen beiträgt und nicht zum buddhistischen Heilziel - der Überwindung von Samsara.


    Die Differenz zwischen Samsara und Nibbana lässt sich nicht mit der Differenz zwischen Natürlichen und Übernatürlichen oder der Differenz zwischen Materiellem und Nicht-Materiellen in Deckung bringen. Wäre das so, dann könnte man die drei gemeinsam behandeln und in der Differenz "nicht-religiös" - "religiös' bündeln.Das kann man aber nicht. Und insofern ist ein Wirtgebrauch der das was zur Befreiung führt und das "Religiöse" als Synonym behandelt eine Mogelpackung


    Was aber nicht bedeutet dass die drei Differenzen vollkommen unkorreliert wären.

    Das was Thorsten Hallscheidt hier beschreibt ...


    Zuflucht vor dem Irrsinn des Samsara. Zuflucht vor dem Irrsinn des Theaters in meinem Kopf. Zuflucht vor dem Getriebensein, immer wieder neu und anders, ewig ruhelos gierig, ängstlich:


    Das Geborene, Gewordene, Entstandene, Geschaffene, Gestaltete, Unbeständige, aus Alter und Tod Gebildete, das Nest des Siechtums, das Gebrechliche, aus dem Strom der Nahrung Entsprungene: es reicht nicht hin, um daran Wohlgefallen zu finden. Der Ausweg aus ihm ist der Friede, das dem Sinnen Unzugängliche, Beständige, die ungeborene, unentstandene Stätte, frei von Kummer und Leidenschaft, die Aufhebung der Leidenserscheinungen, das selige Zurruhekommen der Prozesse.“

    ... also den "Weg von Samsara nach Nibbana" würde ich nicht als "das Religiöse" sondern als das "Heilsame im buddhistischen Sinne" benennen?


    Die Fragen inwieweit das Heilsame religiös ist und inwieweit das Religiöse heilsam sind sind beides wichtige Fragen und eine Definition die das Religiöse als das Heilsame und das Heilsame als das Religiöse definieren sind problematisch, weil sich dadurch die Beziehung zwischen beiden nicht gut untersuchen lässt.


    So ähnlich wie wenn ein, ein Christ "Gott" als "das Gute" definiert. Dann gerät die Diskrepanz aus dem Blick und die wichtigen Fragen inwieweit es sinnvoll und zielführend ist, Gutes als Gott zu personifizieren ist, kann nicht mehr gestellt werden.


    Vielleicht braucht man auch ein Wort dazwischen. Es wird z.B gesagt, dass sowohl Christentum als auch Buddhismus "soteriologisch" sind. Christen suchen "Erlösung von Sünde" und Buddhisten "Befreiung von Dukkha". Während sehr viele Religionen nicht soteriologisch sind.

    Es ko.mt ein wenig darauf an, wie man das Wort "Erfahrung" definiert. Thorsten Hallscheidt zitiert oben diese schöne Passage:


    Zitat

    Das Geborene, Gewordene, Entstandene, Geschaffene, Gestaltete, Unbeständige, aus Alter und Tod Gebildete, das Nest des Siechtums, das Gebrechliche, aus dem Strom der Nahrung Entsprungene: es reicht nicht hin, um daran Wohlgefallen zu finden. Der Ausweg aus ihm ist der Friede, das dem Sinnen Unzugängliche,



    Den Sinnen unzugänglich bedeutet dass es nicht einfach eine weitere Sinneserfahrung ist.


    Zitat


    Beständige, die ungeborene, unentstandene Stätte, frei von Kummer und Leidenschaft, die Aufhebung der Leidenserscheinungen, das selige Zurruhekommen der Prozesse.“


    Wenn der ganze Prozess des Erfahrens mit seiner Trennung in Erfahrenden

    Erfahrenes und Erfahrung zu einem Ende kommt, dann ist ja ein Kategoriefehler Nibbana als etwas zu sehen, was man erfährt.


    Auf der anderen Seite kann man "Erfahren" ja auch sehr breit als "durch eingenes Erleben kennenlernen" beschreiben. Und da kann man ja z.B von Shakyamuni sehr genau den Punkt in seinem Leben beschreiben, wo er Befreiung von Leid kennenlernte

    Ich habe versucht es so präzise zu formulieren wie möglich.Und dabei habe ich stark versucht Marx nicht zu zitieren weil es mir nicht um den Kommunismus geht sondern um etwas allgemeineres.


    Mein Punkt ist der, dass die von Thorsten Hallscheidt angesprochene Religionskritik darin hat, dass man seit Aufklärung und Humanismus

    Leid durch Weltverbesserung beheben will und deswegen Ansätze der Leidverminderung durch Innerlichkeit zunehmend suspekt werden. Eben weil sie e Energie von ersteren Ansatz ( Modus B) zu zweiterem ( Modus A) umleiten. Dies betrifft nicht nur den staatlichen kommunistische Weltverbesserung sondern ebenso das westliche unternehmerische Selbst und seine Projekte. Für beiden ist die religiöse Innerlichkeit ein Vogel Strauss der seinen Kopf in den Sand steckt statt die Probleme im Draussen anzugehen.


    Ich denke dies führt dann direkt zu den Vorurteilen, die religiösen Menschen entgegenschlagen.Also dass der Christ seine Energie auf eine "fiktive Gestalt" richtet statt sich der Welt zu stellen. Und auch Meditation wird so gesehen, dass Menschen sich, statt sich der Realität zu stellen, sich in eine innere Wellnessblase zurückziehen wo sie sich selber "unangebrachten" Glücksgefühle erzeugen. Religion wird also als Weltverweigerung gesehen.

    Hier die „Religiösen“, da die Wachen.

    Hier die „Religiösen“, da die Eigenverantwortlichen.

    Hier die „Religiösen“, da die den Mut haben, sich der Wirklichkeit zu stellen.

    Hier die „Religiösen“, da die Starken.

    Wenn man da weiterfragt, was "das Schlimme an der Religion" ist, dann landet man wahrscheinlich wirklich bei dem Gedanken vom "Opium des Volkes".


    Auf Widrigkeiten kann man ja grob auf zwei Arten reagieren.Man passt also entweder die Welt an oder sich selbst.

    • Im ersten Fall arbeitet man an seinem Geist und seiner Wahrnehmung ( Modus A)
    • Oder man verändert die Welt so, dass man seine Ziele erreicht (Modus B)


    Lange Zeit hätten die Menschen schlicht wenig Macht und von daher war Modus A eine häufige Wahl. Aber als man in der Industrialisierung Macht bekam würde das Projekt der "Verwandlung der Welt" (Modus B) der Standardall und Modus A die "Wandlung des Geistes" wurde zu einem Drückebergertum erklärt - ein Zurückschrecken vor den Aufgaben - einen Opium dass statt das Problem die Wahrnehmung des Problems reduziert.


    Nun haben wir wieder einen Umschwung bei dem das Projekt der "Verwandlung der Welt" neben den Errungenschaften auch seine Nebenwirkungen und Schattenseiten zeigt - von Umweltschäden bis hin zum Burnout. Viele die verinnerlicht haben, dass sie ihr Glück schmieden müssen und die Welt gestalten sollen, treffen dabei auf Frustration, Stress und Enttäuschung. Weswegen es bei vielen einen Umschwung hin zu einem Denken gibt, das eher an den eigenen Weltbilder arbeitet.


    Aber vorerst vielleicht nicht an einer Arbeit an Gier und Hass ( Modus A) sondern an Fake News - an alternativen Fakten und persönlichen Mythen. Ein erster Schritt hin zu einer "Wiederverzauberung der Welt". Was ja hübsch klingt, wenn man an Feen und Drachen denkt - aber die Pizzagate-Kannibalen und verschwörerischen Dunkelmänner aus dem Internetgeraune ist ja nicht Mal ein döselige Träume Schenkendes Opium sondern eher Crystal Meth für das Volk.

    Das Problem an dem Wort "religiös" ist doch, dass damit ganz unterschiedliche Abgrenzungen gemeint sind. Und dadurch dass da das gleiche Wort verwendet wird, gewöhnt man sich an sie zusammen zu denken.


    1. Die Abgrenzung von der du sprichst ist ja die buddhistische; grob gesagt der Unterschied zwischen Samsara und Nibbana - zwischen Anhaften am Ego und dessen Überwindung.
    2. Eine andere Abgrenzung die auch oft mit Religion in Verbindung gebracht wird, ist die zwischen dem Natürlichen und dem Übernatürlichen.
    3. Eine dritte Abgrenzung von der ich oben sprach ist die zwischen dem rein persönlichen und den überpersönlichen, kollektiven die dieses übersteigt.

    In dem meisten realen Religionen sind diese drei eng verwoben. Götter wachen da beispielsweise über die "gemeinsame Sache" und erlassen Stammesgesetzte (3) und ihre übernatürlichen Fähigkeiten(2) zeugen von ihrer Erhabenheit. Und um der Gemeinschaft zu dienen muss man seine Begierden und Wünsche zügeln (1)


    Aber so wie es Kaffee, Sahne und Eis nicht nur als Eiskaffee gibt sondern sie auch alleine auftreten, ist diese Koppelung nicht zwangsläufig. Aleinverwirklicher und Nashörner zeugen davon, dass Befreiung auch im nicht-sozialen Rahmen ( 1 ohne 3) möglich ist. Und ebenso denke ich kann es einen naturalistischen (1 ohne 2) Buddhismus geben. Aber natürlich gibt es viele Fälle, wo die drei Punkte einander gut unterstützten.


    Von daher ist vor allem die Toleranz gegenüber der Vielfalt dessen, was man da zusammenfasst oder nicht zusammenfasst, wichtig. Es gibt Eiskaffee, Milchkaffee, Espresso, Sahne mit Erdbeeren und Kaffeeeis. Übernatürlichw Vorstellungen können großartige Hilfsmittel sein und Gemeinschaft kann einen tragen aber auch der Verzicht darauf kann funktionieren.


    Es ist also sinnvoll ist zu untersuchen was da Religion jeweils bedeuten kann und von daher ein weites Dach zu haben, wo man den unterschiedlichen Optionen Respekt gegenüber bringt. Wobei ja auch jede Option neben erwünschten Wirkungen auch unerwünschte Nebenwirkungen haben kann.

    Ich denke das ist ein Diskurs, in dem ein modernes Verständnis autonomer Individuen betont wird und gegen alles

    gegen alle kollektiven und hierarchischen Entwürfe abgegrenzt wird. Die eben als Unmündigkeit abgewertet werden.


    Dies entspricht nicht unbedingt der Trennung religiös/nicht religiös. So kann sich z.B ein sehr gläubiger amerikanischer Protestant selber als autonomes Individuen, das nur ihrem Gott Rechenschaft schuldig ist sehen. Und von dieser Warte aus nicht nur die hierarchischen und kollektiveren Katholiken als "unmündige Schäfchen" abtun. Sondern er kann das sogar auch auf die gottlosen Kommunisten ausdehnen. Auch diese sind für keine "starken Individuen" sondern ebenfalls "schwache Individuen" die statt auf ihren inneren Kompass auf die Gemeinschaft schauen.

    Ich denke die ursprünglichste Funktion von Religion lag darin, die Leute zu einer Gemeinschaft zusammenzuschweißen. In Ritualen, Göttern und Tänzen lebt das Gemeinsame auf.


    Heute gibt es gleichzeitig eine Tendenz alles, wo sich der einzelne einreicht und unterordnet skeptisch und als Quelle von Entmündigung und Machtmißbrauch zu sehen. Von daher bürdet man vieles was früher gemeinschaftlich gelöst wurde, dem Individuum auf - das als solches leicht überfordert und gestresst ist. Aber auf der anderen Seite sehnt man sich natürlich nach authentisches - nicht entfremdeten - Gemeinschaften - wo man nicht "Elementarteilchen" ist sondern Teil von was Größeren.


    Schopenhauer hat die Art wie wir zweischen dem Leiden an der Einbindung ins Kollektiv und das Leiden der Entfremdung in seinem Text von den Stachelschweinen gut auf den Punkt gebracht:

    Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich an einem kalten Wintertage recht nah zusammen, um sich durch die gegenseitige Wärme vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln, welches sie dann wieder von einander entfernte. Wann nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zusammenbrachte, wiederholte sich jenes zweite Übel, so daß sie zwischen beiden Leiden hin und her geworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung voneinander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten.

    So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden, und bei welcher ein Beisammensein bestehen kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte.

    Statt des belasteten Differenz religiös-nicht religiös finde ich eine andere Differenz viel wichtiger:


    Nämlich ob man ein Leben aus der "Ich Perspektive" führen will, und alles danach beurteilt, was es "für mich bedeutet", "was es mir bringt" , "ob es mir schaded" oder ob man einen Ausgangspunkt wählt, der diese "Ich-Perspektive" transzendiert und wo dann umgekehrt die Frage stellt , wofür man selber nützlich sein kann und wo man selber helfen kann. Diese Haltung ist eine, wo man sich selber nicht so wichtig nimmt weil es was "Größeres" gibt und natürlich erfordert das Demut, Vertrauen und Hingabe -ein Umlenken des Bezugspunktes.


    Dies rein mit dem Begriff der Religion zu bezeichnen passt nicht, da man ja alles Mögliche als was etwas "Größeres" wählen kann. Einen Gott, eine Partei, die Revolution, die Vernunft, das Wohl aller Menschen, die Freheit, die Nation, das Klima usw. All dem kann man sein "kleines Ego" opfern. Und umgekehrt gibt es auch viel Religiöses das gar keine das Ego transzendierende Perspektive hat sondern wo das Übernatürlich angerufen wird, um der Ich-Perspektive zu dienen.


    Das Hinausgehen über das beschränkte Ich (Demut, Hingabe ) mit dem Religiösen zu identifizieren, ist also nicht so zielführend und es tut auch denen Unrecht die mit Bescheidenheit, Demut und Entsagung einer Sache dienen ohne dass dies mit Übernatürlichen assoziiert wäre.


    Prinzipiell ist es ja schon mal eine große Leistung, wenn Leute es schaffen ihr kleines Ego zu zügeln und sich einer guten Sache verschreiben. Die Umweltschützer die ihre Samstage für die Reinigung eines Flusses opfern oder auch die Zeugen Jehovas die da in Treue zu ihrem Gott selbst im Regen hinter ihren Tafeln stehen und da Spott und Unverständnis ertragen müssen.


    Aber so vom Buddhismus aus gedacht, sind Hingabe, Vertrauen und Demut nicht ausreichend - es reicht nicht aus von dem Regen "individuellen Egos" in die Traufe "kollektiven Egos" zu kommen, sondern es ist wichtig, auch da drüber hinaus zu gehen und schauen, auf was sich diese Hingabe und dieses Vertrauen richtet und ob es

    "Recht Hingabe" und "Rechtes Vertrauen" im Sinne des edlen achtfachen Pfad ist, oder ob es droht, verblendetes Vertrauen oder blinde Hingabe zu werden.


    Von daher gibt es dann sowohl einen Teil der als "Abstehen vom individuellen Ego" religiös gelesen werden kann und einen Teil des "Abstehend von kollektiven Ego" der fast etwas Anti-Religiöses zu haben scheint aber natürlich ein zentraler Teil von Religion sein kann. Auch in der Bibel wendet sich ja auch Gott mit Bilderverbot gegen übliche religiöse Formen ( Tanz um das Goldene Kalb) . Ihn deswegen unter die säkukaren Religionsverächter einzuordnen lässt wahrscheiich einige Augenbrauen rotieren.