Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Nirwana“

    Ja, klar. Aber dann doch nichts, was die Beschaffenheit meiner Ich-Wahrnehmung oder irgendwelche anderen tiefen persönlichen Belange angeht. Mich hat, glaube ich, am meisten der Begriff "korrigieren" gestört, der für mich nur zu "persönlichen Belangen" gehört, wenn ich ein Gegenüber habe, dem ich vertrauen und dem ich zutrauen kann, mich auf dem Weg führen zu können.

    Ich kann zB jedem sagen wie ich mich fühle. Auch hier in diesem Forum kann ich einräumen etwas falsch verstanden zu haben etc

    Ja, klar. Das ist sicher gut. Vor allem ist bei persönlichen Gefühlen oder schwierigen Situationen das achtsame Zuhören gut, das erst einmal wahrnimmt, ohne zu korrigieren. Das fällt mir oft schwer, und ich versuche es zu üben. Sichtweisen hingegen kann man diskutieren, solange das Gegenüber nicht annimmt, dass Fakten nur unbequeme Meinungen sind. (Womit ich jetzt nicht Dich meine.)

    Aber mit solchem Sprechen über die eigene Person und 'das eigene Ich' (und nicht 'das ...') gibt es den Vorteil bzw wird die Möglichkeit eröffnet, dass andere rückfragen können, insofern eine korrigierende Funktion einnehmen können.

    Das sind Gespräche, die ich nur vis a vis mit einem wirklichen Lehrer in einem Zweiergespräch führen möchte. Keinesfalls in einem Internetforum, in dem viele sich berufen fühlen, die anderen zu korrigieren, ohne Hintergründe und Entwicklung einer Person zu kennen. Es kann auch ein wohlmeinender Freund sein, der auch den buddhistischen Weg geht.

    Ich glaub ich bin doch lieber Taoist


    Der Weg steht offen.
    Willst du ihm folgen,
    wirst du sein Ende
    nie erreichen.
    Er ist unergündbar
    wie der Anfang aller Geschöpfe:
    Er stillt ihr Verlangen.
    Er entwirrt ihre Wirrsal.
    Er kühlt ihr Glühen.
    Er vereint sie am Ende wieder
    im Staub.
    Aufgehoben ist er im Schweigen.
    Ich weiss nicht, wer ihn hervorgebracht hat.
    Er hat die Sterne
    am Himmel erschaffen.
    Er ist der Herr und Schöpfer von allem.


    Quelle

    Wer jahrelang praktiziert, wird schon merken, wie Leiden entsteht und dass es vorallem aus dem eigenen Kopf kommt. Wie Du, Thorsten, auch richtig schreibst, aus ANHAFTUNG.

    Das Thema taucht ja immer wieder auf. Und da hat einen bestimmten Grund. Die Frage, ob man Dukkha nur entkommt, wenn die gesamte Existenz abgelehnt wird und ausgelöscht ist oder wenn sich lediglich das Verhältnis zur Wirklichkeit ändert (Gier, Hass und Unwissenheit überwunden wird), hat schon ziemliche Auswirkungen. Manche Sutren scheinen auf das erste, manche auf das zweite zu deuten.

    Zunächst sind Diskussionen nur dann hilfreich, wenn Leute daran teilnehmen, die von der Sache was verstehen.

    Nicht unbedingt. Wenn jemand eine Frage stellt, der nur wenig davon versteht, muss ich dennoch eine klare und richtige Antwort geben. Das zwingt mich dazu, immer wieder zu hinterfragen, ob meine Sichtweise plausibel ist... und ob ich überhaupt verstanden habe, was ich da erzähle oder ob ich nur Gelesenes reproduziere.

    Ich schrei schon lange und Fass mich ann Kop.

    Solche Diskussionen sind doch hilfreich, um zu überprüfen, ob man einen Sachverhalt richtig verstanden hat oder nicht. Ich habe schon oft nach solchen Diskussionen meine Sicht verändert, weil ich Aspekte und Zusammenhänge entdeckt habe, die mir vorher unbekannt waren.

    @eitelpfuetze


    Das Sutra geht noch weiter:


    Zitat

    "Ist nun, Ehrwürdige, Anhangen und die fünf Daseinsgruppen ein und dasselbe, oder gibt es ein Anhangen außer den fünf Daseinsgruppen?"

    "Nicht ist, Bruder Visākho, Anhangen und die fünf Daseinsgruppen ein und dasselbe, doch gibt es kein Anhangen außer den fünf Daseinsgruppen: was da, Bruder Visākho, bei den fünf Daseinsgruppen Willensreiz ist, das ist dabei Anhangen."


    "Da hat einer, Bruder Visākho, nichts erfahren, ist ein gewöhnlicher Mensch, ohne Sinn für das Heilige, der heiligen Lehre unkundig, der heiligen Lehre unzugänglich, ohne Sinn für das Edle, der Lehre der Edlen unkundig, der Lehre der Edlen unzugänglich und betrachtet die Form als sich selbst, oder sich selbst als formähnlich, oder in sich selbst die Form, oder in der Form sich selbst; er betrachtet das Gefühl, die Wahrnehmung, die Geistobjekte, das Bewußtsein als sich selbst, oder sich selbst als diesen ähnlich, oder in sich selbst diese, oder in diesen sich selbst. So kann, Bruder Visākho, der Glaube an Persönlichkeit aufkommen."


    "Und wie, Ehrwürdige, kann der Glaube an Persönlichkeit nicht aufkommen?"

    "Da hat einer, Bruder Visākho, als erfahrener heiliger Jünger das Heilige gemerkt, ist der heiligen Lehre kundig, der heiligen Lehre wohlzugänglich, hat das Edle gemerkt, ist der Lehre der Edlen kundig, der Lehre der Edlen wohlzugänglich und betrachtet die Form nicht als sich selbst, noch sich selbst als formähnlich, noch in sich selbst die Form, noch in der Form sich selbst; er betrachtet das Gefühl, die Wahrnehmung, die Geistobjekte, das Bewußtsein nicht als sich selbst, noch sich selbst als diesen ähnlich, noch in sich selbst diese, noch in diesen sich selbst. So kann, Bruder Visākho, der Glaube an Persönlichkeit nicht aufkommen."


    Das ist das Ende von Verblendung oder Unwissenheit, dem dritten Geistesgift. So wird die Persönlichkeit aufgelöst: Das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das ist nicht mein Selbst.

    Anna Panna-Sati

    die fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, SIND Dukkha

    Wenn die fünf Daseinsgruppen Dukkha SIND, und nicht zu Dukkha führen durch die Geistesgifte, dann endet das Leiden also doch nicht durch Aufhebung von Anhaftung, Anhaftung und Unwissenheit?


    Zitat

    Aus Gier, Haß und Verblendung, Brahmane, und dadurch überwältigt, wirkt man zum eigenen Schaden, zu des anderen Schaden, zu beiderseitigem Schaden, erleidet man geistigen Schmerz und Trübsal. Sind aber Gier, Haß und Verblendung geschwunden, so wirkt man weder zum eigenen Schaden, noch zu des anderen Schaden, noch zu beiderseitigem Schaden, erleidet man keinen geistigen Schmerz und keine Trübsal. Das, Brahmane, ist das sichtbare Nirvana, das zeitlose, einladende, anregende, jedem Verständigen verständliche.


    Insofern also, Brahmane, der Mönch die restlose Versiegung von Gier, Haß und Verblendung verwirklicht, so gibt es eben das sichtbare Nirvana, das zeitlose, einladende, anregende, jedem Verständigen verständliche.

    A.III.56 Das sichtbare Nibbāna - 5. Nibbuta Sutta

    Hmm also so erklärst Du die Person, einen Handelnden für Ursache für das Leiden

    Nein, die Ursache des Leidens sind Anhaftung, Ablehnung und Verblendung. Mit dem Ende dieser drei endet auch das Leiden.


    Die 5 Skandha können nicht identisch mit Leiden sein, denn wenn die Skandha tatsächlich identisch mit dem Leiden wären, das Leiden aber mit dem Verlöschen des Verlangens endet, würden auch die Skandha enden. Da sich die Erwachten aber offensichtlich nicht sogleich in Nichts auflösen, wenn das Verlangen erloschen ist, und sie auch noch in der Lage sind, über Jahrzehnte zu lehren und anderen Menschen zum Erwachen zu verhelfen, und zwar im Zustand des Friedens und der Freude, werden sie wohl weiterhin über die 5 Skandha verfügen, allerdings ohne daran zu leiden. Warum? Weil Anhaftung, Ablehnung und Verblendung geendet haben.

    Für diejenigen, die es interessiert, und die noch tiefer einsteigen wollen, ein sehr tolles Werkzeug zum Studium der Sutten: Unter 4.5 z.B. das Original des Zitats oben in Pali. Mit Klick auf "Views" kann man das Paliwörterbuch aktivieren, sodass bei Doppelklick auf ein Wort unten die Übersetzung ins Englische angezeigt wird. Dukkha hat in diesem Kontext vier verschiedene Bedeutungen:


    Zitat
    1. (adjective) painful; unpleasant; bringing pain or distress; uneasy, uncomfortable; not what one wants; wrong 2. (used to characterize all experience) unsatisfactory; bringing distress or trouble 3. (neuter) pain, distress, trouble 4. (as a term characterizing all experience; its ending is nibbāna), distress, trouble

    Wichtig hier ist das Charakteristikum, dass Geburt, Krankheit, Tod, etc. unbefriedigend sind, Not, Ärger bringen, aber nicht sind.

    Was ist die Ursache des Leidens? Anhaftung, Ablehnung und Verblendung.

    Nicht die fünf Skandha sind die Ursache des Leidens.

    Was ist Nirwana? Die restlose Überwindung von Anhaftung, Ablehnung und Verblendung.

    Nicht die Auslöschung der fünf Skandha.


    Dukkha heißt nicht nur Leiden. Es bedeutet auch Ungenügen, wörtlich: schwer zu ertragen.


    Wenn man diese wörtliche Übersetzung in das Zitat oben einsetzt, wird klar, was gemeint ist.


    Zitat

    Was aber, ihr Jünger, ist die edle Wahrheit von dem, was schwer zu ertragen ist?

    Geburt ist schwer zu ertragen, Altern ist schwer zu ertragen (Krankheit ist schwer zu ertragen), Sterben ist schwer zu ertragen, Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung sind schwer zu ertragen; mit Unliebem vereint sein, ist schwer zu ertragen; von Liebem getrennt sein, ist schwer zu ertragen; nicht erlangen, was man begehrt, ist schwer zu ertragen; kurz gesagt, die fünf Anhaftungs-Gruppen sind schwer zu ertragen.

    Und was sind die Ursachen dafür, dass all das schwer zu ertragen ist: Anhaftung, Ablehnung und Unwissenheit. Das schwer ertragen können liegt beim Tragenden, nicht bei dem, was getragen wird.



    Hier sehr gute Literatur aus der Perspektive des Theravada zum Thema Dukkha, Samsara und Nibbana:


    Nibbāna – Der Vollkommene Friede
    Die "Nibbāna Sermons " – 33 Vorträge

    Die alle sind vergänglich, unzulänglich( "Leid-haft") und ohne den Inneren Kern.

    Also , die alle sind eigens ( per eigenen Natur) dukkha.

    Es ist gibt einen massiven Unterschied zwischen "etwas ist Dukkha" und "etwas erzeugt Dukkha". Die Einsicht in die Leerheit und Unbeständigkeit aller Phänomene ist sogar ein Mittel gegen Dukkha, weil diese Einsicht Identifikation, Begierde oder Abneigung bezüglich eines Phänomens ad absurdum führt, sodass klar wird: Es ist völlig sinnlos, die eigene Identität beispielsweise an Reichtum, Jugend oder Schönheit zu heften. Finden Anhaftung, Ablehnung oder Verblendung bezüglich der Phänomene nicht mehr statt, entsteht auch kein Leiden mehr. Die Phänomene bleiben aber dieselben. Sie sind aber nicht mehr in der Lage, Dukkha zu erzeugen, weil die Verbindung der Geistesgifte durchtrennt ist – auch wenn die weiterhin vergänglich und leer sind.

    Also Nibbana ist nicht Samsara. Es ist das vollkommene Verlöschen von Bewusstsein Gefühl und Geburt, Altern und Tod.

    Nibbana ist definiert als das Verlöschen von Gier, Hass und Unwissenheit. Wo steht, dass es das Verlöschen von Bewusstsein, Gefühl etc. ist? Hast Du bitte eine Quellenangabe dazu?

    Du hast auch nicht verstanden dass mich diese extreme Erfahrung interessiert die du mit Knast beschrieben hast, dabei habe ich die Frage klar formuliert.

    Ich habe auch klar darauf geantwortet, indem ich versucht habe, zu beschreiben, was der "Knast" ist, und was er nicht ist. Der Knast, das sind die Zustände von Egozentrik und Getrieben-Sein, die die Welt eng und eindimensional machen. "Nicht-Knast", das ist das Erleben von Frieden, Offenheit und Selbstvergessenheit im Tun und Sein, das die ganze Welt öffnet.


    Genauso ist es jetzt mit dem Daseinsmerkmal dukkha. Ich habe seine generelle Bedeutung (Dasein ist dukkha / die Person ist dukkha) nicht gelehrt. Ich halte es aber für richtig. Alles ist vergänglich

    Das Dasein hält beide Seinsweisen, wie zwei Seiten einer Münze, bereit. Samsara und Nirwana. Letztlich ist es dasselbe Dasein. Auch Vergänglichkeit ist nur eine Seite, von etwas, das im Grunde keine Seiten hat.



    Es gibt das Leiden, die Ursachen des Leidens, die Möglichkeit der Befreiung und den achtfachen Pfad, der zur Befreiung vom Leiden führt. Darum sind weder Dasein noch Person Dukkha, aber alle Phänomenen sind leidhaft, ihnen haftet Dukkha an, aber sie sind nicht Dukkha.

    Beschreibe es doch bitte einfach, was genau passiert da dass du so eine extreme Metapher wählst

    Wenn ich längere Zeit sitze, wird mein Blick, werden meine Gedanken klarer. Die Wirklichkeit in ihrer Vielfalt wird präsenter, ich bin aufnahmefähiger, ich finde mehr als ich suche, u.s.w., aber genau beschreiben kann ich den Unterschied nicht, da es unterschiedliche Erfahrungsqualitäten sind. Wäre Dukkha ein generelles Daseinsmerkmal und nicht ein Merkmal aller psychischen und physischen Phänomene des Daseins, wäre eine Befreiung nicht möglich. Alle Phänomene sind leidvoll, heißt es. Nicht jede Form von Dasein.

    Bitte was?

    Ja klar. Das bleibt ja nicht aus, dass, wenn man bei sich genauer hinschaut, immer mehr Selbstbetrug offenbar wird. Zudem kommt durch die Meditation eine Vorstellung und zum Teil auch eine Erfahrung von Freiheit auf. Umso übler ist es dann, zurück in den Knast zu gehen.

    Ich weiß schon was du meinst. Es gibt Egomanen. Schlimmste öffentliche Beispiele aktuell vielleicht W Putin und D Trump. Das endet für beide nicht gut und auch nicht für die Betroffenen.

    Oh, je genauer ich bei mir selbst hinschaue, desto mehr finde ich all die Dinge, die ich weiter oben formuliert habe, obwohl das, was ich mir von mir selbst erzählt habe, immer etwas anderes behauptet hat.


    :grinsen: