Beiträge von Helmut im Thema „Ursachen der Leidenschaften“

    Weil die Leidenschaften in uns Ursachen haben, haben sie auch Wirkungen.


    • Die Leidenschaften schädigen die heilsamen Eigenschaften und Gedanken in einem selbst.
    • Sie schaden anderen anderen Lebewesen, weil sie mich zu unheilsamen Handlungen motivieren, die den anderen schaden.
    • Die Leidenschaften zerstören die eigene ethische Disziplin.

    Santideva schreibt dazu im Bodhicaryavatara:

    Zitat

    Seit unendlich langer Zeit sind die Leidenschaften unsere Feinde; selbst alle äußeren Feinde könnten mir nicht über eine so lange Zeit einen solchen Schaden zufügen.

    Die Geistesgifte hängen wohl wegen des Ergreifens irgendwie zusammen, aber sie bedingen sich nicht, wenn sie sich bedingen würden, gäbe es keinen Ausweg.

    Jedes Geistesgift muss einzeln vermindert werden, das kann dazu führen, dass sich alle Gifte vermindern, aber wahrscheinlich ist das nicht. Wenn eins vermindert ist, erscheint ein anderes dominanter. Ja, das widerspricht der „Lehre“, dass sie sich bedingen.

    Wenn die drei Geistesgifte Unwissenheit, Begierde und Hass miteinander zusammenhängen, dann bedingen sie sich auch gegenseitig. sonst würde kein Zusammenhang bestehen.


    Unwissenheit ist die Wurzel Samsaras. Damit ist sie die Grundlage, auf der dann die beiden anderen Geistesgifte Begierde und Hass entstehen. So lange es Unwissenheit gibt, entsteht auch immer wieder Begierde und Hass. In Abhängigkeit von Begierde entsteht weiterer Hass und auch die Unwissenheit wird durch sie vermehrt. Aber auch durch Hass entsteht weitere Unwissenheit und Begierde. Wenn sich Phänomene gegenseitig beeinflussen, sind sie voneinander abhängig.


    Gegen Hass und Begierde gibt es spezifischen Gegenmittel. Die Gegenmittel gegen Hass verringern nur den Hass und nicht die Begierde und umgekehrt.


    Wendet man aber gegen die Unwissenheit das Gegenmittel, die Erkenntnis der Selbstlosigkeit, an und überwindet sie so, dann können auch Begierde und Hass nicht mehr im Geist entstehen.

    Es erscheint mir sinnvoll, in diesem Zusammenhang den Begriff des Gleichmuts zu klären. Gleichmut hat nichts mit Gleichgültigkeit zu tun.


    Gleichmut bezeichnet eine Geisteshaltung, mit der man alle Menschen als gleich wertvoll ansieht und die Menschen nicht mehr nach Freunden, Feinden, sind mir egal usw. einteilt. So eine Einstellung gegenüber den Menschen ist immer mit Empfindungen verbunden, nämlich der Empfindung, dass sie alle wertvoll sind.


    Diese Geisteshaltung steht im Gegensatz zu unseren alltäglichen, weltlichen Haltungen. Deshalb ist sie auch nicht ganz einfach zu verwirklichen

    Wenn man die dritte edle Wahrheit verwirklicht hat, hat man nicht alle Emotionen aufgegeben, denn auch ein Arhat hat Emotionen und erlebt die Glückseligkeit seines Nirvanas

    Du meinst, er hat z.B. die Emotion "Freude" beim Erleben der Glückseligkeit (die ja vom Buddha als "außerweltliche Erfahrung" beschrieben wird)? :doubt:

    Schön wäre es ja... (aus unerleuchteter Sicht), aber "unerschütterlicher Gleichmut" kann m.E. nicht emotional sein.... :?


    Liebe Grüße, Anna _()_ :heart: :)

    Warum kann denn unerschütterlicher Gleichmut nicht emotional sein?

    Ich setze aber Emotionen nicht mit Leidenschaften gleich, weil es Emotionen gibt, die keine Leidenschaften sind.

    Welche Emotionen wären das, deiner Ansicht nach, die nicht unter die Kategorie "Leidenschaften" fallen?

    Ich zähle mal ein paar Emotionen auf:

    Ärger/Wut, Angst, Ekel, Freude, Trauer, Überraschung, Verachtung, Eifersucht, Neid, Scham, Fröhlichkeit, Dankbarkeit, Zuneigung,.....?

    Alle Leidenschaften versetzen den eigenen Geist in einen unruhigen, unausgeglichenen Zustand, weil sie die Realität verzerrt wahrnehmen. Anhand dieses Kriteriums kann man dann ja untersuchen, welche Emotionen diese Bedingung erfüllen.


    Von den von dir genannten Beispielen würde ich deshalb Freude, Dankbarkeit, Zuneigung nicht zu den Leidenschaften zählen.


    Weitere Beispiele wären die elf heilsamen Geistesfaktoren wie Vertrauen, Hasslosigkeit, Verblendungslosigkeit, Tatkraft, Gleichmut usw.

    Ich hatte die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung immer als untrennbar zusammenhängend betrachtet. Durch die Identifikation mit dem Ich (Unwissenheit) entsteht der Wille etwas zu erreichen (Gier) und die Ablehnung dessen, was der Erreichung des Zieles entgegensteht (Hass).

    Sie muss uns nicht gleich zum Töten oder zu negativen Handlungen führen, sondern kann auch dabei helfen, nach Befreiung zu streben.

    Bin mir aber nicht sicher, ob ich das so richtig verstanden habe. Danke Euch für diese Diskussion und Eure Beiträge!

    Die Geistesgifte hängen miteinander zusammen und bedingen einander. Deshalb werden sie im Rad des Lebens ja auch als drei Tiere, die sich in den Schwanz beißen, dargestellt.


    Da die Geistesgifte und die Leidenschaften auf einer verzerrten Wahrnehmung der Realität beruhen, die man aber selbst als korrekt auffasst, wieso führen sie dann nicht zu negativen Handlungen?

    Bitte richtig lesen, ist auch nicht Thema gewesen, sondern Helmuts Behauptung war, man bräuchte Gier nicht zum Überleben. Die Gier auf die fetten Schweine zeigt, dass durch sie überlebt werden kann.

    Natürlich kann man durch die Gier auf die fetten Schweine anderer überleben, wenn man sie in den eigenen Besitz bekommt.


    Das widerlegt aber meine Aussage, dass man auch ohne Gier überleben kann, nicht. Um sie zu widerlegen, muss man schon widerspruchsfrei aufzeigen, dass diejenigen, die ihr Leben nicht auf Gier aufbauen, überlebensunfähig sind.

    Um zu überleben brauchen wir die Leidenschaften von .., Gier ... nicht.

    Im Gegenteil, sei gierig auf die fetten Schweine im Nachbarort, klau' sie und deine Frau klagt nicht mehr über die kargen Mahlzeiten und die vor Hunger schreienden Kinder.

    Die Begierde als Leidenschaft zu erkennen ist schon sehr schwierig. Wir begreifen sie meist als so etwas wie einen Freund, der uns zu dem verhilft, was wir für unser Glück glauben zu brauchen. Dafür sind wir dann bereit, Handlungen wie Töten und Diebstahl zu begehen.


    Die Begierde ist aufgrund der negativen Handlungen, die wir in ihrer Folge durchführen, eine Leidenschaft, die uns aufgrund der unheilsamen Potentiale, die wir durch sie ansammeln, sehr stark an Samsara fesselt.

    Eifersucht ist sicherlich eine Leidenschaft. Ihr liegt Ärger, Zorn oder Hass gegenüber einer anderen Person zugrunde. Dieser Hass hat wiederum seine Ursache in der Ansicht, die die vergängliche Anhäufung der Skandhas für ein inhärentes Ich und Mein hält; also in unserer Unwissenheit.

    Wie Leidenschaften entstehen:


    Unsere Unwissenheit besteht ja in der Ansicht, die auf die vergänglichen Skandhas ein unabhängiges Ich projiziert. Dadurch entsteht die Unterscheidung in die Phänomene, die für das unabhängig vorstellte Ich förderlich sind, und in die Phänomene, die für dieses Ich abträglich sind. Gegenüber den ersteren entwickelt man begehrliches Anhaften, gegenüber letzteren feindselige Ablehnung.


    Damit ist die Grundlage gelegt, dass

    • in Bezug auf das fälschlich vorgestellte Ich Stolz entsteht
    • die Vorstellung entsteht, dass das fälschlich vorgestellte Ich entweder ewig existieren würde oder mit dem Tode endgültig zu Ende ginge
    • es dazu kommen kann, dass man bestimmte Handlungen, die man für dieses fälschlich vorstellte Ich durchführt, für die besten hält, auch wenn sie negativ sind
    • es dazu kommt, dass man diejenigen, die die Selbstlosigkeit lehren, ablehnt und die Lehre über Karma, die Vier Wahrheiten oder die Eigenschaften der drei Juwelen verwirft.

    Zu den Ursachen der Leiden habe ich in einer Mahayana-Schrift, der deutschen Übersetzung des Lamrim Chenmo, folgende Aussage zu den leiderzeugenden Geistesfaktoren gefunden:

    Zitat

    Karma (dt. Handlung, Tat) respektive karman (dt. die aus Handlungen entstehenden Potenziale) und klesa sind zwar gemeinsame Ursachen für Geburten in den Daseinskreisläufen (skr. samsara), aber die leiderzeugenden Faktoren (skr. klesa) sind die primären.

    Ich sehe das anders. Wenn wir rein wissenschaftlich betrachten, dass das Leben weitergeht, dann folgt daraus, dass der Mensch nach bestimmten Mustern reagiert. Die Leidenschaften helfen dem Homo sapiens einfach zu überleben, denn alle Emotionen dienen dem Ziel des Überlebens und dem Aufrechterhalten der Homöostase. Ohne diese Leidenschaften würde der normale Mensch sich eher in eine KI verwandeln, eine böse Parodie seiner selbst.

    Du musst ja meine Positionen nicht teilen. Ich setze aber Emotionen nicht mit Leidenschaften gleich, weil es Emotionen gibt, die keine Leidenschaften sind.


    Um zu überleben brauchen wir die Leidenschaften von Unwissenheit, Gier und Hass nicht. Sie fesseln uns an Samsara und durch ihr Aufgeben beseitigen wir nicht unsere Emotionen. Vielmehr erleben wir die Heiligkeit, wenn wir die dritte edle Wahrheit verwirklicht haben.

    Zitat

    "Heiligkeit, Heiligkeit, Bruder Sariputto, sagt man. Was ist nun, Bruder Sariputto, Heiligkeit?"


    "Was da, Bruder, das Versiegen von Gier, das Versiegen von Hass, das Versiegen von Verblendung ist, das nennt man Heiligkeit." (SN 38.2)

    Vom Versiegen aller Emotionen ist im Zusammenhang mit Nirvana also nicht die Rede. Wenn man die dritte edle Wahrheit verwirklicht hat, hat man nicht alle Emotionen aufgegeben, denn auch ein Arhat hat Emotionen und erlebt die Glückseligkeit seines Nirvanas. Das Versiegen der Leidenschaften führt also nicht dazu, dass man sich als Mensch in eine KI verwandelt.

    Wenn man das, was du in deiner Antwort fett markiert hast, wortwörtlich nimmt, geht man in die Irre. Nirvana bedeutet, dass man Gier, Hass und Verblendung restlos zum Erlöschen gebracht. Wenn man durch den achtfachen Pfad das Nirvana erlangt hat, lebt man weiter, aber man steht nicht mehr unter der Macht der Geistesgifte. Es gibt dann kein Wiedergeborenwerden, Altern und Sterben, Leiden und Elend mehr, das durch die Macht von karma und klesas zustande kommt.


    Die Geistesgifte beherrschen dann nicht mehr unseren Geist, sondern wir haben Macht über unseren eigenen Geist, weil die drei Geistesgifte ein für alle Mal überwunden sind. Wir befinden uns dann im dauerhaften Glück des Nirvana.

    Alle Leidenschaften - nicht nur die sechs Wurzelleidenschaften, sondern auch die zwanzig Nebenleidenschaften - sind für die biologische Evolution in einer samsarischen Existenz erforderlich, denn ohne diese Leidenschaften erlangen wir keine samsarische Existenz.

    Ich denke Du hast recht, doch gäbe es ohne samsarische Existenzen noch den Buddha Dharma? Dann wäre er obsolet, ist das richtig?

    So lange wir in samsarischen Existenzen umherkreisen, müssen wir uns im Dharma schulen, um die dritte edle Wahrheit zu verwirklichen. Sobald wir sie verwirklicht haben, brauchen wir uns im Dharma nicht mehr zu schulen. Wir haben den Dharma im eigenen Bewusstseinskontinuum verwirklicht und sind frei von den wahren Leiden und den wahren Ursprüngen.


    Damit hört das Leben aber nicht auf. Vielmehr haben wir dann ein Leben, in dem wir nicht mehr unter der Macht von karma und klesa stehen. Wir werden weiterhin geboren und sterben werden, aber dies geschieht nicht mehr durch die Macht von karma und klesa so wie jetzt in einer samsarischen Existenz.


    Es gibt aber noch viele Lebewesen im Samsara, die die dritte edle Wahrheit noch nicht verwirklicht haben. Diesen können wir dann den in uns verwirklichten Dharma vermitteln, damit sie sich selbst um die Schulung des achtfachen Pfades bemühen.

    Manchmal denke ich, dass einige dieser Leidenschaften schlichtweg biologisch bedingt sind und für das Weiterbestehen der Art notwenig.

    Alle Leidenschaften - nicht nur die sechs Wurzelleidenschaften, sondern auch die zwanzig Nebenleidenschaften - sind für die biologische Evolution in einer samsarischen Existenz erforderlich, denn ohne diese Leidenschaften erlangen wir keine samsarische Existenz.


    Es geht aber darum, die samsarischen Existenzen zu überwinden und das geht nur, wenn wir gemäß den vier edlen Wahrheiten die Ursachen für samsarische Existenzen in unserem eigenen Bewusstseinskontinuum mittel des achtfachen Pfades überwinden. Es geht also um die Überwindung der Leidenschaften und nicht um die Überwindung der Evolution.


    Im Kontext des Dharma geht es in diesem Zusammenhang also darum, dass das Leidenschaften geistige Faktoren sind. Indem wir sie überwinden, geht ja unser Leben nicht zu Ende. Wir können ein Leben leben ohne von Leidenschaften (Klesa) beherrscht zu sein und trotzdem gilt die Evolution weiterhin.

    Kannst Du uns bitte nochmal die 6 Wurzelleidenschaften aufzählen? Das wäre bestimmt hilfreich für uns als Hintergrund zum besseren Verständnis. Danke! und liebe Grüsse

    Nanu

    Die sechs Wurzelleidenschaften sind:

    • Begierde
    • Wut
    • Stolz
    • Unwissenheit
    • Zweifel
    • leidenschaftsverbundene Ansichten

    Die zweite Wurzelleidenschaft wird auch mit Ärger oder Hass übersetzt.

    Leidenschaften sind ja Faktoren unseres Geistes; sie existieren nur in unserem Geist und nicht außerhalb von ihm. In Asangas Darstellung der 51 Geistesfaktoren gibt es die sechs Wurzelleidenschaften. Was sind ihre Ursachen? Im Schatzhaus des Höheren Wissens (Abhidharmakosa) beschreibt Vasubandhu drei ursächliche Umstände durch die Leidenschaften im eigenen Geist entstehen:

    • Im eigenen Geist sind noch die Anlagen für das Entstehen der Leidenschaften vorhanden
    • Man trifft auf äußere und innere Objekte, die die Leidenschaften auslösen können
    • Im eigenen Geist sind noch Denkweisen aktiv, die nicht der Realität entsprechen.