Und wie bedingen sich die relative und absolute Wahrheit einander?
Die Frage kann man natürlich ganz allgemein so beantworten: Die beiden Wahrheiten hängen voreinander ab, weil sie abhängige Phänomene sind und deshalb nicht aus sich selbst heraus existieren.
Die Cittamatrins (Yogacarins) beschreiben es so, dass die konventionelle und die letztgültige Wahrheit begrifflich verschieden, aber von einer Entität sind. Letzteres bedeutet, dass die beiden Wahrheiten immer gemeinsam an einem Phänomen auffindbar sind.
Das kann man sich anhand ihrer Lehre von den drei Merkmalen verdeutlichen. Die drei Merkmale sind:
- Beifügungen
- Abhängige Phänomene
- Vollständig erwiesene Merkmale
Alle Phänomene kann man in eine dieser drei Kategorien einordnen. Diese Einteilung umfasst also alles Existierende.
Die Cittamatrins sagen aber auch, dass man an jedem einzelnen Phänomen diese drei Merkmale feststellen kann.
Jedes Phänomen ist ein abhängiges Phänomen und dies ist seine konventionelle Wahrheit, die durch verschiedenen Merkmale, Eigenschaften, Qualitäten und Funktionen bestimmt ist.
Das vollständig erwiesene Merkmal eines Phänomens besteht darin, dass ein Phänomen leer oder frei davon ist, eine äußere Wirklichkeit zu sein, die unabhängig vom wahrnehmenden Bewusstsein besteht. Dies ist die letztgültige Wahrheit des Phänomens.
Diese beiden Wahrheiten treten immer gemeinsam an einem Phänomen auf ohne identisch zu sein. Weil ein Phänomen wie eine Vase keine äußere Wirklichkeit ist, ist sie ein abhängiges Phänomen. Weil sie ein abhängiges Phänomen ist, kann sie keine äußere Wirklichkeit sein.
Deshalb sind die beiden Wahrheiten von einer Entität, weil diese zwei Aspekte eines Phänomens gleichzeitig auftreten. Sie sind aber begrifflich verschieden, weil sie sich vom Gegenteil ihrer Verneinung her unterscheiden.