Beiträge von Helmut im Thema „Warum es „Blödsinn“ ist den „Buddhismus studieren oder verstehen zu wollen““

    ... um es endlich klarzustellen: Die Begriffe absolute und relative Wahrheit gehören nur zur Mahayana-Schule.

    Das stimmt ja nicht. Auch die Schulen der Hinayana-Philosophie (Vaibhasika und Sautrantika) erklären die relative und die letztgültige Wahrheit. Diese Erklärungen unterscheiden sich allerdings deutlich von den Erklärungen der philosophischen Schulen des Mahayana.


    Die Mahayana-Schulen benutzen aber nicht den Begriff der absoluten Wahrheit. Das ist eine unangemessene Übersetzung, denn absolut hat immer die Bedeutung von beständig und unabhängig. Somit widerspricht der Begriff absolut dem abhängigen Entstehen wie es Buddha Sakyamuni gelehrt hat.

    Und wie bedingen sich die relative und absolute Wahrheit einander?

    Die Frage kann man natürlich ganz allgemein so beantworten: Die beiden Wahrheiten hängen voreinander ab, weil sie abhängige Phänomene sind und deshalb nicht aus sich selbst heraus existieren.


    Die Cittamatrins (Yogacarins) beschreiben es so, dass die konventionelle und die letztgültige Wahrheit begrifflich verschieden, aber von einer Entität sind. Letzteres bedeutet, dass die beiden Wahrheiten immer gemeinsam an einem Phänomen auffindbar sind.


    Das kann man sich anhand ihrer Lehre von den drei Merkmalen verdeutlichen. Die drei Merkmale sind:

    1. Beifügungen
    2. Abhängige Phänomene
    3. Vollständig erwiesene Merkmale

    Alle Phänomene kann man in eine dieser drei Kategorien einordnen. Diese Einteilung umfasst also alles Existierende.


    Die Cittamatrins sagen aber auch, dass man an jedem einzelnen Phänomen diese drei Merkmale feststellen kann.


    Jedes Phänomen ist ein abhängiges Phänomen und dies ist seine konventionelle Wahrheit, die durch verschiedenen Merkmale, Eigenschaften, Qualitäten und Funktionen bestimmt ist.


    Das vollständig erwiesene Merkmal eines Phänomens besteht darin, dass ein Phänomen leer oder frei davon ist, eine äußere Wirklichkeit zu sein, die unabhängig vom wahrnehmenden Bewusstsein besteht. Dies ist die letztgültige Wahrheit des Phänomens.


    Diese beiden Wahrheiten treten immer gemeinsam an einem Phänomen auf ohne identisch zu sein. Weil ein Phänomen wie eine Vase keine äußere Wirklichkeit ist, ist sie ein abhängiges Phänomen. Weil sie ein abhängiges Phänomen ist, kann sie keine äußere Wirklichkeit sein.


    Deshalb sind die beiden Wahrheiten von einer Entität, weil diese zwei Aspekte eines Phänomens gleichzeitig auftreten. Sie sind aber begrifflich verschieden, weil sie sich vom Gegenteil ihrer Verneinung her unterscheiden.

    Zitat

    Inmitten von Samsara existiert Nibbana

    Ein normaler Mensch stellt sich Samsāra1 gewöhnlich als etwas vor, das ganz anders ist als Nibbāna2 und im Gegensatz dazu steht. In diesem samsārischen Strudel wirbelt der Mensch unablässig umher, bis er sich Nibbāna zuwendet.

    Ich möchte hier aber gerne einbringen, daß Nibbāna tatsächlich in eben diesem Daseinsstrudel existiert. Der weise Mensch, der ohne nach außen gerichtete Anstrengung danach sucht, kann es entdecken, nicht aber ein Narr. Es ist also eine Frage der eigenen Fähigkeiten.

    Dann hat sich Buddha Sakyamuni wohl tüchtig geirrt als er die Vier edlen Wahrheiten der Heiligen gelehrt hat!

    Zitat

    Doch auch wenn es in der buddhistischen Vorstellung viele Äonen harter Disziplin brauchen mag, um sich schließlich aus Samsara zu befreien und Nirvana zu erreichen, sollte man nicht vergessen, dass auch diese "Dinge" nicht existieren, außer wenn wir ihnen Namen geben.

    Die knappe Formulierung "... dass auch diese 'Dinge' nicht existieren, außer wenn wir ihnen Namen geben." kann leicht zu dem Irrtum führen, Phänomene würden bereits existieren, wenn wir ihnen einen Namen geben. Das alleine reicht aber nicht. Nur durch den Namen 'Hasenhorn' entsteht ein solches ja nicht.


    Dass Samsara und Nirvana in Abhängigkeit von Benennung existieren, ist ja nur ein Aspekt ihres abhängigen Bestehens, wenn auch ein sehr subtiler Aspekt.


    Das abhängige Bestehen der Phänomene wird ja anhand von drei Ebenen beschrieben:

    • Abhängigkeit von Ursachen und Bedingungen
    • Abhängigkeit des Ganzen von seinen Teilen
    • Abhängigkeit von Benennung

    Alle drei Ebenen des abhängigen Bestehens sind an jedem Phänomen gegeben.* Wenn Nagarjuna und die Prasangika-Madhyamikas sagen, dass die Phänomene bloße Benennungen sind, dann negieren sie ersten beiden Aspekte des abhängigen Bestehens nicht, sondern betonen damit die Bedeutung des dritten Aspektes.


    Der dritte Aspekt bedeutet, dass die Phänomene keinerlei Eigenwesen, keine inhärente Existenz besitzen. Die Phänomene existieren also nicht aufgrund eines ihnen innewohnenden Wesenskerns, sondern nur weil zu den beiden ersten Ebenen des abhängigen Bestehens noch die Benennung durch den Geist hinzukommt.

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    * Genau genommen: Die erste Ebene des abhängigen abhängigen Bestehens trifft nur auf die produkthaften, unbeständigen Phänomene zu, aber nicht für die beständigen Phänomene wie zum Beispiel die Selbstlosigkeit der Person.

    Meine Aussage, die du zitierst, widerspricht nicht MMK 25.19-20, aber deiner Fehlinterpretation dieser Textstelle, die du hier ja schon oft im Forum vorgetragen hast. Dein Fehler besteht darin, diese Aussagen Nagarjunas aus dem Kontext seiner Intention, die er mit MMK verfolgt, herauszulösen und dann wortwörtlich zu nehmen als wenn die Bedeutung der Worte in den Worten selber liegt.


    Wenn man MMK liest, sollte einem schon auch bewusst sein, auf welcher der beiden Wahrheitsebenen er argumentiert, auch wenn er sie im Text nicht ständig benennt.


    Zitat

    Es gibt nichts, was das Samsara vom Nirwana und das Nirwana vom Samsara unterscheidet.


    Diese Aussage hat nur Gültigkeit auf der Ebene der letztlichen Wahrheit. Also wie Samsara und Nirvana existieren: Beide besitzen keine inhärente Existenz. In dem Punkt unterscheiden sie sich nicht, aber nur in diesem Punkt.


    Beschäftigt man sich mit Samsara und Nirvana auf der Ebene der konventionellen Wahrheit, zum Beispiel anhand der Lehre von den vier Wahrheiten der Edlen, dann wird man keinerlei Übereinstimmung finden.

    Skandha Benennungsgrundlage des zu Ergreifenden.

    Samsara und Nirvana sind die, die nach Skandha als Mein und Ich greifen und anhaften.

    Wenn Nirvana Ergreifen und Anhaften ist,

    dann ist das Nirvana eines Arhats keine Befreiung,

    weil in seinem Geist noch Verblendungen gegeben wären.


    Wenn Samsara und Nirvana das Ergreifen von Ich und Mein sind,

    dann ist die Darstellung der ersten drei edlen Wahrheiten in SN 56.11 falsch,

    weil es ja den grundlegenden Unterschied zwischen ihnen, wie in SN 56.11 dargelegt, dann nicht geben kann.

    Samsara und Nirvana sind die, die nach Skandha als Mein und Ich greifen und anhaften.

    Diese Gleichsetzung von Samsara und Nirvana widerspricht den Aussagen Buddha Sakyamunis in der Lehrrede von den vier edlen Wahrheiten. Dort hat er sie als Gegensatz dargelegt. Samsara muss man durch die Verwirklichung des Nirvana überwinden. Nirvana greift nach nichts und haftet auch an nichts an, weil im Zustand des Nirvanas die Unwissenheit vollständig überwunden ist.

    Das Samsara und Nirvana nur bloße Begriffe, für etwas Diffuses sind, muss dann schon selbstständig erkannte werden, um seine Anhaftungen an Begriffen zu erkennen.

    Dass Samsara und Nirvana bloße Begriffe für etwas Diffuses sind trifft nicht zu. Die beiden Begriffe haben eine klare, eindeutige Benennungsgrundlage auf die sie sich beziehen. Die Begriffe Samsara und Nirvana sind nur diffus so lange man ihre Benennungsgrundlage nicht verstanden hat.

    Na dann man los, die Benennungsgrundlage kann ja nur genauso knackig sein wie die beiden Begriffe,

    Die Benennungsgrundlage von Samsara und Nirvana sind unsere Skandhas, weil es Samsara und Nirvana nicht unabhängig und außerhalb von den Skandhas gibt. Im Zusammenhang mit anderen Phänomenen als den Skandhas kann man nicht von Samsara und Nirvana sprechen.


    Samsara und Nirvana sind zwei unterschiedliche Perspektiven auf die Skandhas. Samsara bedeutet, dass die fünf Daseinsgruppen Leiden sind, weil wir sie unfreiwillig aufgrund von Karma und Klesas annehmen müssen. Nirvana bedeutet, dass unser Geisteskontinuum frei ist von allen Leiden und ihren Ursachen; dass wir die dritte edle Wahrheit verwirklicht haben.


    Die Zustände von Samsara und Nirvana stehen in einem direkten logischen Widerspruch zueinander; dass heißt sie schließen sich gegenseitig aus. Wenn unser Geist durch Samsara geprägt ist, haben wir die dritte edle Wahrheit noch nicht in unserem Geist verwirklicht. Haben wir die dritte edle Wahrheit, also Nirvana, verwirklicht, gibt es den Zustand von Samsara nicht mehr in unserem Geist, weil alle Leiden samt ihren Ursachen vollständig aufgegeben sind.


    Während Samsara ein unbeständiges Phänomen ist, ist Nirvana ein beständiges Phänomen. Hat man Nirvana verwirklicht, fällt man aus diesem Zustand nicht wieder heraus; so wie ein Arhat nicht wieder zu einem Stromeingetretenen werden kann.

    Das Samsara und Nirvana nur bloße Begriffe, für etwas Diffuses sind, muss dann schon selbstständig erkannte werden, um seine Anhaftungen an Begriffen zu erkennen.

    Dass Samsara und Nirvana bloße Begriffe für etwas Diffuses sind trifft nicht zu. Die beiden Begriffe haben eine klare, eindeutige Benennungsgrundlage auf die sie sich beziehen. Die Begriffe Samsara und Nirvana sind nur diffus so lange man ihre Benennungsgrundlage nicht verstanden hat.

    Wenn im Kontext des Dharma, der Lehre des Buddha, die Rede davon ist, dass man Festhalten oder Anhaftung aufgeben soll, dann geht es immer darum, getäuschte Ansichten über die Realität, die auf Unwissenheit beruhen, aufzugeben.


    Man kann hier auf dem Forum getäuschte Auffassungen über die Realität verbreiten wie in anderen Medien. Es geht aber nicht darum, sie hier nicht mehr zu äußern, sondern darum, sie im eigenen Denken aufzugeben.

    Doch, wenn Nirvana erreicht ist, geht es mit Sicherheit im lebend sein wieder auf Samsara zu. Festhalten wollen ist auch hier die Illusion, das man alles erreicht hat und es Beständigkeit ist. ...

    Verstehe ich nicht so recht, Samsara bedeutet ja festhalten wollen und Nirvana ist ohne die Illusion, die zum Festhalten führt. Aber irgendwie haben wir eine verschiedene Sprache, vielleicht ist das Zen-typisch, keine Ahnung.

    Buddha weist immer wieder darauf hin, das Festhalten an Samara, Sinnesleiden und oder Nirvana Sinnesfreuden vermieden werden muss.

    Es wäre hilfreich, wenn Qualia mal zwei, drei Textstellen aus den Sutras aufzeigen würde aus denen dies hervorgeht. Mit SN 56.11 kann man nicht belegen, dass Buddha darauf hinweist, dass das Festhalten an Nirvana vermieden werden muss.