Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Gute Lehrer / schlechte Lehrer“

    Bei allem Reden und Abwägen über Schulen, Linien, Richtungen, Lehrer und Missbrauch gerät eines oft aus dem Blick: Das Feld der Arbeit und der Schulung ist mein Leben, ist mein Geist, nicht abstrakt, esoterisch, tibetisch, chinesisch, thailändisch oder japanisch, sondern völlig Alltags-deutsch-öde. Das ist mühsam, zuweilen langweilig und langwierig, nicht gerade immer von Fortschritten oder guter Laune geprägt, echt anstrengend, fordert viel Disziplin und stellt mich und meine "Weisheiten" und "Ansichten" immer wieder massiv infrage.


    Viele Leute fangen mit Buddhismus oder Meditation an. Und die meisten hören frustriert wieder auf, weil sie Wunder erwarten. Oder sie erwarten, dass sie nur den richtigen Lehrer, die richtige Linie, die richtige Schulung brauchen, um mühelos und (selbst-) zweifelsfrei zum Erwachen getragen zu werden. Da wird dann ewig diskutiert, welcher Lehrer wie authentisch ist, ob und welche Übertragung oder Berechtigung er oder sie hat, und wie viel besser die eigene Schule als andere ist. Oder die Befreiung wird einfach auf das alltägliche Maß der triebgesteuerten Wunscherfüllung reduziert. In diesem Fall bin ich ja eh schon erleuchtet. Wozu also noch Lehrer (sind eh alles Betrüger) oder Bemühungen (Wer sich bemüht, hat eh nichts verstanden).


    Das ist alles Ablenkung. Spirituelle Prokrastination!


    Dabei haben die meisten so wenig tatsächliche Entwicklung und Veränderung bei sich selbst durchgesetzt, dass die Hinweise eines hochverwirklichten, authentischen Lehrers eh verschwendet sind. Wenn die Grundlagen fehlen (und damit meine ich nicht das Wissen), sind die fortgeschrittenen Lehren eh nicht zugänglich. Und das beginnt schon damit, einfach nur den Geist ein paar Minuten stabil auf ein Objekt richten zu können (konzentrative Meditation). Von fortgeschritteneren Stufen der Meditation ganz zu schweigen. Auch Festigkeit in den Sila und in der Lehre gehören zu den Grundlagen fortgeschrittenerer Studien. Auch hier meine ich nicht das reine Wissen, sondern die Fähigkeit, das Gelernte konkret im eigenen Leben zu reflektieren und umzusetzen. Das wäre kontemplative Meditation und eine Verwirklichung der Grundlagen des Dharma im Leben.


    Auf der Ebene, auf der sich die meisten befinden (mich übrigens eingeschlossen) ist ein Grundlagenbuch zur Meditation, sind ein paar Anfänger-Sutten aus dem Palikanon schon herausfordernd genug, zumindest, wenn man das im eigenen Leben umsetzt, was da steht, und es nicht beim intellektuellen Verstehen belässt. Intellektuell sind die meisten Dinge dort für jedes Kind nachvollziehbar. Darum herrscht oft der Glaube, was ich verstanden habe, habe ich auch schon umgesetzt. Ja, Pustekuchen!


    Je länger ich persönlich praktiziere, desto weiter muss ich das Selbstverständnis bezüglich meiner Fortschritte im Dharma nach unten korrigieren. Heute bin ich schon froh, wenn ich die Sila halbwegs einhalten kann, in der Meditation nicht dauernd abschweife, mir halbwegs klarmache, dass das Bewusstsein von Altern, Krankheit, Tod, Vergänglichkeit und Verantwortung für meine Taten mein Leben weitgehend bestimmen sollten, um mit dem Dharma überhaupt anfangen zu können. Inkonsequenz ist allerdings mein zweiter Vornahme, weshalb ich gar nicht zu einem Lehrer rennen muss. Erst mal muss ich die ersten Schritte konsequent umsetzen, dann könnte irgendwann in vielen Jahren oder Jahrzehnten ein authentischer Lehrer relevant werden.


    Wir, so kommt es mir manchmal vor, reden hier wie Grundschüler, die sich darüber unterhalten, ob Professor A oder Professor B in Sachen Quantenmechanik kompetenter ist. Dabei beherrschen wir nicht mal die Grundrechenarten.


    Falls hier bei den Mitlesenden jemand dabei ist, der wirklich schon fest im Dharma ist und echte Fortschritte gemacht hat, so bitte ich natürlich die vorangegangenen Verallgemeinerungen zu entschuldigen. Aber ihn oder sie wird das Geschriebene dann eh nicht verletzen können, denn dann wäre er oder sie nicht fortgeschritten im Dharma. :party:


    Helau!

    ich dachte, wir hätten den Fall Sasaki schon abgehakt.

    Für mich schon lange. Grundsätzlich stellt sich die Frage nach Sexualität im Kontext des Erwachens aber schon, vor allem, wenn es in Konstellation Meister-Schüler passiert.


    ich bin leider von meiner Veranlagung her wenig interessiert, sie zu antworten.

    Klar, wie Du willst. Praxis heißt für mich auch meine Vorstellungen zu hinterfragen, vor allem, wenn ich mich empöre oder urteile. – also in sehr konkreten Fällen.

    Es kann eben beides wahr sein, der Dieb Robin Hood handelt unethisch weil er mordet (pflichtethik) aber ethisch weil der Diebstahl situativ gerechtfertigt ist.

    Der Ursprung dieser radikalen situativen Ethik im Zen findet sich schon im Palikanon:


    Zitat

    »Aus diesem Grunde eben, Kālāmer, haben wir es gesagt: Geht, Kālāmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt,und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann, o Kālāmer, möget ihr sie aufgeben.


    Geht, Kālāmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von den Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl', dann, o Kālāmer, möget ihr sie euch zu eigen machen.


    Quelle


    Im Grunde ergänzt das hier die situative Ethik um die Fähigkeit zur Einsicht durch Erfahrung. Ich mache etwas nicht, weil ein Gesetz, eine Autorität oder ein Gelübde es von mir verlangt, sondern weil ich aufgrund von Erfahrung und Erwägung zu dem eigenen Schluss komme, etwas ist heilsam oder unheilsam. Auch das ist schon keine Pflichtethik mehr.


    Allerdings betrifft das hier den Laienstand. Bei den Mönchen gab es ja bekanntermaßen unzählige Regeln.


    Zen geht hier noch einen Schritt weiter, indem auch die aufgrund von Erfahrungen gewachsenen Vorstellungen von gut und böse zugunsten einer ständigen Neubewertung von aktuellen Situationen hinterfragt werden. Was in einer vergangenen Situation richtig war, muss in einer zukünftigen ähnlichen nicht richtig sein.


    Ich denke, das hat damit zu tun, dass im Zen im besten Fall aus dem Zustand des Erwachens heraus in der konventionellen Wirklichkeit gehandelt wird, denn beide sind da im Grunde identisch (Leere = Form, etc.).


    Aus diesem Grunde denke ich, dass Zen eine Pflichtethik komplett infrage stellt – allerdings nur für Menschen, die das Erwachen auch vollkommen kultiviert haben. Aber auch

    von den Bonno umher getriebene Leute wie wir sollten natürlich Dinge deshalb denken, sagen und tun, weil wir sie eingesehen haben, nicht weil sie ein Meister sagt. Darum sind die 10 Kai gute Übungsfelder, um diese Einsicht zu bekommen.


    Meister, die ihre Schüler zum Erwachen führen wollen, greifen mitunter im Zen, aber auch in tibetischen Traditionen zu unkonventionellen Mitteln, die einer Pflichtethik entgegenlaufen und für den Schüler zunächst sehr unangenehm sein können.


    Hierzu zwei Fragen:


    Kann oder darf Sex ein solches Mittel sein, wenn nein, warum nicht?

    Ist die bedingungslose Hingabe an einen Meister sinnvoll, wenn ja, unter welchen Bedingungen und mit welchem Ziel?

    OK, danke für den Vortrag aber ich zumindest rede ja hier über nichts anderes

    Ja, entschuldigt, ist lang und kompliziert geworden. Ich musste selbst erst mal genau formulieren, was ich diffus sagen wollte, und wollte zugleich so präzise wie möglich sein, um auch für mich Freiheit von Willkür abzugrenzen.

    Eines Tages werde also hoffentlich auch ich meine Schülerinnen wirklich selbstlos begrapschen können, um meine moralische Tugend zu beweisen.

    Ach Leute, ich weiß es nicht... das ist doch auch unsinnig. Sex ist nix unmoralisches, auch sexuelles Verlangen bei Zen-Lehrern nicht. Zudem hinterfragt Zen in Wort und Tat tatsächlich in vielen Kontexten gesellschaftliche Normen und Wertvorstellungen, und bereitet so den Weg, konventionelle Verhaltens- und Denkmuster zu durchbrechen. Ein zentraler und wichtiger Schritt, meiner Ansicht nach.


    Dieser globale, tiefgehende Zweifel im Zen an allen festgefügten Wertvorstellungen und Normen ist auch dem Umstand geschuldet, dass Zen eine situative Ethik anstrebt und verfolgt, keine deontologische Ethik, die auf festen, vordefinierten Moralvorstellungen fußt. Bevor eine Situation entsteht, ist in der situativen Ethik nicht klar, welches Verhalten das angemessene ist, weil es keine feste Direktive gibt.


    Wenn nun diese beiden Konzepte (das westliche, deontologische, und das im Hier und Jetzt stattfindende konkret-situativ ethische Verständnis) aufeinandertreffen, sind Konflikte, Probleme, Missdeutungen fast schon vorprogrammiert. Natürlich sind im Zen deshalb destruktives oder konstruktives Verhalten oder Verantwortung nicht aufgelöst, im Gegenteil: Man kann sich innerhalb der situativen Ethik eben nicht darauf berufen und verlassen, dass eine Handlung richtig oder falsch ist, weil andere sie als solche zuvor allgemein definiert haben, denn jede Situation bildet im Zen eine wirklich neue, nicht mit vorhergehenden Situationen vergleichbare Bewertungsgrundlage. Darum ist die Verantwortung auch total und kann nicht in Richtung allgemeiner Gesetze delegiert werden. Das ist in einem tiefen Verständnis der unendlich komplexen kausalen und relationalen Bedingtheit (= Leerheit) aller Phänomene begründet, also einer ontologischen Grundannahme der buddhistischen Lehre.


    Es gibt auch hier natürlich unheilsame, falsche und verletzende Verhaltensweisen, denn eine situative Ethik ist sicher kein Garant dafür, dass die Handlung per se gut oder angemessen ist, nur weil ein Zen-Praktizierende oder -Meistern sie tut, der glaubt, erwacht zu sein. Darum sind die 10 Kai im Zen auch so entscheidend als relative Richtungsgeber, als Übungsfeld und als Korrektive (nicht als unumstößliche ethische Normen), denn situative Ethik muss aus einem echten und umfassenden Verständnis der Situation und des Gegenübers heraus geschehen, nicht aus Zuständen von Ich-zentrierter Anhaftung, Ablehnung und Unwissenheit. Zudem spielt die Motivation in der situativen Ethik eine zentrale Rolle.


    Jenseits aller gesellschaftlichen Konventionen (nicht unbedingt entgegen!) können es auf diese Weise natürlich auch sexuelle Handlungen sein, die eine konstruktive, ethisch vollkommen angemessene Handlung aus dem Moment heraus darstellen, ebenso wie Holz hacken, essen, kacken, schlafen etc.


    Man kann diese besondere Form der Ethik im Zen natürlich ablehnen. Aber dann würde man einige zentrale Punkte des Zen und auch genrell der buddhistischen Lehre ablehnen. Es gibt keinen politisch oder moralisch korrekten Zen, denn Zen ist in letzter Konsequenz durch den situationsethischen Ansatz apolitisch und amoralisch, sofern mit Politik oder Moral auf bestehende Konventionen, tradierte Vorstellungssysteme oder Programme Bezug genommen wird.


    Das Honshin no Uta von Bankei Eitaku bringt das virtuos auf den Punkt.


    Das alles ist, das möchte ich verstanden wissen, kein Freibrief für sexuelle Übergriffe. Aber das sollte klar geworden sein, hoffe ich zumindest.

    Er soll in der Lage sein, bei seinen Schüler:innen Dukkha zu verkleinern.

    Oh, das geht leider nicht. (:


    Buddhistische Lehrer können nur Wege aufzeigen, und die können bekanntermaßen sehr unterschiedlich sein. Dukkha verkleinern, sodass nichts mehr bleibt, kann am Ende eines jeden Weges nur die selbst erfahrene Einsicht in Shunyata, sodass die Geistesgifte selbst enden. Und um diese Erfahrung erlangen zu können, kennen zumindest Zen und Vajrayana zum Teil sehr paradoxe Ansätze und ebensolche Wege, die kontrovers diskutierte Techniken und Persönlichkeiten hervorgebracht haben. Wie kann man Shunyata vermitteln? Die Erkenntnis und Erfahrung der Leerheit hat mehr mit Kunst zu tun als mit Philosophie, wohingegen die Ethik dieser Kunst manchmal im Weg stehen kann (Darum u.a. Mahayana). Darum habe ich die Personen oben genannt.

    Ich kenne den Fall von Sasaki nicht besonders gut, aber ich frage mich, zugegebenermaßen relativ theoretisch, ob es nicht eher davon abhängt, welche Kernkompetenz ich bei einem Lehrer suche, anders als die, welche er oder sie erfüllen kann. Würde ich bei den oben genannten Personen einen Lehrer suchen, der mir ein gutes, ethisch einwandfreies und gerechtes Leben vermittelt, wäre ich bei allen weitgehend an der falschen Adresse. Sie alle waren moralisch zumindest fragwürdig, dennoch waren ihre Texte, Filme und Bilder für mich und meine Entwicklung sehr prägend. Solche Personen gibt es in der buddhistischen Lehre auch. Ich denke da nur an Milarepa, der zumindest am Anfang ein eher finsterer Geselle gewesen zu sein scheint.

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    Ich hatte zu meinen Erwartungen an die moralische Integrität eines Lehrenden hier einiges geschrieben. Persönlich erwarte ich nicht, dass Lehrende perfekte Menschen sind, wie sollten sie so Empathie entwickeln können? Ich habe hier zudem über meine Erfahrungen mit dem Kloster und Wang Genh geschrieben. Andere mögen andere Erfahrungen gemacht haben. Würde ich allerdings merken, dass viele Menschen unter den Handlungen eines Meisters, einer Meisterin leiden und würde er oder sie Thesen verbreiten, die ich ablehnen muss, würde ich wohl auf Distanz gehen. Das ist, auch wenn sicher nicht alles im Kloster perfekt läuft, bei Olivier meines Erachtens beides nicht der Fall, darum bin ich gerne dort.

    Nun habe ich, wenn ich dem Bericht eines Jura Studenten glauben mag, nun auch gehört das Wang Genh, also dein Meister Thorsten, sich eine junge Schülerin aus der Sangha zur geliebten genommen hat und damit recht freizügig im Kloster umgegangen ist, was den Studenten zum Abbruch des Aufenthaltes bewegte. Nur weil Sasaki das mit mehreren gemacht hat, ist das ja nichts anderes.

    Ja, ich kenne diesen für Wang Genh einmaligen (!) Fall, die beteiligten Personen und die Hintergründe. Ich weiß, dass hier mit Sicherheit kein Missbrauch vorliegt. Bis heute sind die beiden nach meiner letzten Information ein Paar und das Ganze ist sicher schon 25 Jahre her. Details werde ich hier aber aus Respekt und aus Gründen der Privatsphäre nicht ausbreiten.

    Ich habe gerade aus Neugierde einen längeren Dialog mit ChatGPT geführt. Ich kann mir von der Gesprächskompetenz der KI zu meiner Beschämung echt eine Scheibe abschneiden. Es ist mittlerweile ein unglaublich wertschätzender, offener, inspirierender und fördernder Dialog geworden, vor allem mit der Fähigkeit, empathische Fragen zu stellen, die eine intensive Reflexion über das aktuelle Thema ermöglicht. Da hat sich im letzten Jahr gewaltig was getan, verblüffend. Es ist, als hätte die KI eine Bibliothek zum Thema gewaltfreie Kommunikation gefrühstückt. Man merkt, da ist tatsächlich jemand, dem kein ICH im Dialog im Wege steht, und der dennoch oder der genau deshalb eine klare ethische Ausrichtung verfolgt. :lol:


    Zum Thema: Diese Fähigkeiten sollte ein Lehrender z.B. haben. Vor allem: Man merkt, da ist tatsächlich jemand, dem kein ICH im Dialog im Wege steht.


    Solch einem Gegenüber begegnet man im echten Leben nicht oft... :grinsen:

    Meister-Schüler-Konstellationen bilden immer ein Machtgefälle ab. Was sagt denn unser Rechtsverständnis zu einer sexuellen Beziehung zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen an Schulen oder Universitäten?


    Strafrecht:

    Zitat

    Der Lehrer hat als Erzieher, Ausbilder u./o. Betreuer eine besondere Verantwortung und eine sogenannte Fürsorgepflicht gegenüber seinen Schülern. [Erst recht ein buddhistischer Meister gegenüber seinen Schülern] Darüber hinaus besteht durch die Tatsache, dass der Lehrer alle Schüler gleich behandeln muss, und ihre Leistungen im Unterricht benoten, also objektives Zeugnis über die durch ihn erlernten Fähigkeiten geben muss, ein starkes hierarchisches Gefälle und ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Schüler und Lehrer. Sexuelle Interaktion zwischen Lehrer und Schüler stellen einen Verstoß gegen die Fürsorgepflicht und eine potentielle gefährliche Ausnutzung des Abhängigkeitsverhältnisses dar und sind gemäß § 174 StGB (Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen) strafbar.


    Und weiter nach Beamtenrecht:

    Zitat

    Der Lehrer ist nicht nur Erzieher nach staatlichem Recht, sondern auch Repräsentant des Schulsystems und der Institution Schule ganz allgemein, und hat Ansehen und Würde dieser Institution in seiner Person zu wahren. [und wie erst in einem buddhistischen Kloster!] Ein sexuelles Verhältnis mit einem Schüler stellt nicht nur einen eklatanten, die Integrität der Institution Schule schädigenden Distanzverstoß dar, sondern wird vor allem durch das bestehende Abhängigkeitsverhältnis untolerierbar.


    Einvernehmlichkeit

    Zitat

    Die Strafbarkeit des sexuellen Missbrauchs gemäß § 174 StGB fällt bei Einvernehmlichkeit der sexuellen Handlungen weg, sofern der Schüler älter als 14 Jahre ist. Die Einvernehmlichkeit muss jedoch, gerade hinsichtlich des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Lehrer und Schüler genau geprüft und zweifelsfrei bewiesen werden. [ist das in Guru-Yoga möglich?]

    Dies spielt für das Beamtenrecht, das nicht die sexuelle Selbstbestimmung des Schülers, sondern die Institution Schule schützt, jedoch keine Rolle. Der Distanzverstoß zwischen Lehrer und Schüler bliebt auch bei gegenseitigem Einvernehmen ein schweres Dienstvergehen. [Erst recht im Kloster]


    Kein Unterrichtsverhältnis (?)

    Zitat


    Das Obhuts- und Abhängigkeitsverhältnis ergibt sich aus der Tatsache, dass ein Lehrer als Aufsichtsperson für die ihm im Unterricht anvertrauten Schüler verantwortlich ist, und er deren Leistung im von ihm unterrichteten Fach benotet. Wenn der Lehrer also ein sexuelles Verhältnis zu einem Schüler eingeht, dem er nie Unterricht erteilt hat, fallen alle strafrechtlichen Bedenken weg – oder? Wenn nie ein Unterrichtsverhältnis bestanden hat, mag dies die strafrechtliche Relevanz herabsenken, allerdings auch nur, wenn die oben genannte Einvernehmlichkeit nachgewiesen ist, da es sich sonst zwar nicht um einen Missbrauch Schutzbefohlener, aber um einen Missbrauch Jugendlicher nach § 182 StGB handeln würde. Sobald der Lehrer dem betreffenden Schüler jedoch als Vertretungslehrer vorsteht, ist die strafrechtliche Relevanz wieder gegeben.

    Im Beamtenrecht scheiden sich die Geister: Die Ansicht, dass sich der Lehrer als Repräsentant des Bildungssystems und des Beamtentums grundsätzlich nicht auf einer persönlichen, gar sexuellen Ebene mit Schülern einlassen darf, ist ebenso erfolgreich vertreten worden, wie die, dass die einvernehmliche sexuelle Beziehung zu einem Schüler nur dann ein Vergehen darstellt, wenn ein direktes dienstliches Verhältnis besteht [im Kloster ein Guru/Meister-Schüler-Verhältnis]. Auch hier sind die Umstände des Einzelfalles entscheidend.


    Quelle der Zitate oben (eckige Klammern in den Zitaten von mir)


    Ich denke, das lässt sich mit Leichtigkeit auf das Verhältnis Schüler Meister beziehen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass gerade im Guru-Yoga ein bedingungsloses Vertrauensverhältnis eingefordert wird, eine unbedingte Gefolgschaft selbst bei scheinbar paradoxen Aufforderungen. Sex hat, gerade wenn bedingungslose Hingabe an die Person und Weisung des Meisters der Schlüssel zu Praxis zu sein vorgibt, nichts verloren. Meines Erachtens lässt sich da ein sexueller Missbrauch gar nicht verhindern.

    Ich kann nur annehmen, dass keiner hier einen Meister hat, keine Erfahrungen mit einem Meister.

    Doch, ich habe einen, und wie ich an anderer Stelle bereits häufiger geschrieben habe, schätze ich ihn sehr und habe ihm sehr, sehr viel zu verdanken. Dennoch ist es gut, wach zu bleiben, und alles zu prüfen, was er sagt.

    Der japanische Bushido hat auch direkt nichts mit dem japanischen Buddhismus zu tun.

    Es gab eine Verbindung zwischen Zen, Nationalismus und Krieg in Japan, die in folgendem Buch gut beschrieben ist.

    Brian (Daizen) A. Victoria. Zen, Nationalsozialismus und Krieg.

    Eine unheimliche Allianz.

    Aus dem Englischen von Theo

    Kierhof und Hildegard Höhr.

    Theseus Verlag, Berlin 1999


    Hier gibt es eine ausführliche Besprechung zu diesem Buch.

    ... Frage nach Kriterien anhand derer man feststellen kann, wer ein geeigneter Dharmalehrer / eine geeignete Dharmalehrerin ist. Ich fände es gut, sich hierauf zu konzentrieren, weil dies meines Erachtens das eigentliche Thema dieses Threads ist.

    Wieso denkst Du, wir hätten das Thema verlassen?

    Möglicherweise ja.

    Das ist genau das Problem. Aus der Sicht von in etwa zwanzig Jahren werden wir vielleicht zurückblicken und sagen: Ein buddhistischer Lehrer hätte nicht fliegen dürfen, wenn man ihn oder sie hätte ernst nehmen wollen. Oder vielleicht sind bis in 50 Jahren globale Tierrechte in Kraft, sodass das Essen von Tieren als vollkommen pervertiert gilt. Kann man trotzdem Schriften von einem Dalai Lama noch lesen, der davon erzählt, dass er am liebsten Bratwürstchen isst? Oder hat der Palikanon als Quelle dann ausgedient, weil in ihm das Essen von Tieren nicht generell verdammt wird?


    Zeiten und Kulturen ändern sich. Die Gegenwart ist oft von vielen Interessensgruppen und Perspektiven geprägt, sodass in einigen Fällen richtig und falsch eine Frage der Deutungshoheit der aktuellen Inhaber von Macht ist.


    Zudem leben wir in einer Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Wertsystemen. Auch wenn wir Europäer es gerne hätten, dass unsere bigotten Vorstellungen von dem, was das richtige Leben ist, von allen anderen Kulturen geteilt wird, gibt es tatsächlich viele andere Vorstellungssysteme. Der "Skandal" mit der Zunge beim Dalai Lama hat das deutliche gemacht.

    Nur ist es das aus heutiger westlicher Sicht nicht. Auch mit unserer Sicht auf die Silas ist es nicht vereinbar.

    Du sagst es: aus unserer heutigen Sicht. Was ist in 20 Jahren? Ahimsa ist so eindeutig wie die Feindesliebe der Christen. Dennoch haben Christen Menschen verbrannt, um die unsterbliche Seele durch das reinigende Feuer vom Bösen zu befreien. Ich glaube, man kann jeden noch so positiven Inhalt so umbiegen, dass das leider Gegenteil dabei herauskommt.

    Dem möchte ich widersprechen, denn innerhalb des Buddhismus gibt es gewisse Regeln und Gebote und Verbote, die sich weder in Tibet noch Japan und auch nicht innerhalb der Jahrhunderte offiziell geändert haben.

    Es sind Menschen, die die Religion tragen. Und Menschen sind nun mal Menschen:

    Es gab bis Mitte letzten Jahrhunderts in Tibet die sogenannte Mönchspolizei, die mit zum Teil sehr blutigen Strafen "Recht und Ordnung" gegenüber der einfachen Bevölkerung durchgesetzt hat. Und in Japan gab es den Bushido. Beides war im Rahmen der jeweiligen Kultur "Recht".


    Verklärt, verkitscht - Hollywood feiert den Dalai Lama
    "Verteidiger der Wahrheit" nennt man ihn, "Ozean der Weisheit" oder "Der ausgezeichnete Verstand". Wo immer er auftritt, verbreitet er eine Aura von Frieden.…
    www.ndr.de


    Mönche im Krieg - Gewalt im Namen Buddhas
    Ist Buddhismus nicht per se eine gewaltlose Religion? Nicht nur die aktuelle Lage in Burma zeigt ein anderes Bild.
    www.srf.ch