Beiträge von Igor07 im Thema „Über das Mitgefühl und die soziale Verantwortung im Buddhismus.“

    Ich würde das mit dem "alle Lebewesen " nicht zu wörtlich nehmen, es geht vielleicht um die grundsätzliche Bereitschaft/Ausrichtung/rechte Gesinnung und ja genau jeder Einzelne, würde ich auch sagen.

    Railex , ich weiß nicht, ob es wörtlich gemeint ist oder allegorisch. Aber so, wie es Masao Abe versteht, haben wir das Nirwana eigentlich niemals verlassen – obwohl wir alle weiterhin im Samsara leben. Das ist die paradoxe Logik des Mahayana: Es vermischt die absolute und die relative Ebene. Aber das ist bestimmt nicht meine Schuld.

    Doch eines sage ich dir, und da bin ich mir absolut sicher: Wenn ich hungernde Kinder sehe oder verwundete Menschen im Krieg – egal wo –, dann blutet mein Herz, weil ich es nicht verhindern kann. Das ist alles.


    Zitat

    Wahre

    Selbstlosigkeit und wahres Erbarmen können nur verwirklicht werden, indem man das

    Nirvana transzendiert und mitten ins Leiden der sich ewig wandelnden Welt zurückkehrt, um

    in ihr zu wirken." "Das Nirvana im mahayanistischen Sinn transzendiert zwar das Samsara, es

    ist aber nichts anderes als die Verwirklichung von Samsara als Samsara - nicht mehr und nicht

    weniger. Und dies ist nur dadurch möglich, daß man vollkommen ins Samsara zurückkehrt.

    Aus diesem Grund heißt es im Mahayana vom wahren Nirvana oft, "Samsara-wie-es-Ist ist

    Nirvana".

    "an die sozialen Strukturen heran" , dies lässt sich nur mit politischem Engagement umsetzen, es scheint mir unrealistisch die 4 brahmaviharas je so politisch zu verwirklichen, dass es mehr sind als "Tropfen auf dem heißen Steine".

    Aber vielleicht ist dieses scheinbare Minimum, trotzdem schon eine große Leistung, angesichts des unermesslichen dukkhas dieser Existenz.

    Das kommt mir in den Sinn: Dukkha ist wirklich unermesslich. Und was lese ich im Gelübde des Bodhisattva?


    Zitat

    Die Zahl der Wesen ist unendlich; ich gelobe, sie alle zu erlösen

    Gier, Hass und Unwissenheit entstehen unaufhörlich; ich gelobe, sie zu überwinden

    Die Tore des Dharmas sind zahllos; ich gelobe, sie alle zu durchschreiten

    Der Weg des Buddha ist unvergleichlich; ich gelobe, ihn zu verwirklichen


    Bodhisattva-Gelübde im chinesisch-japanischen Mahayana




    Hm ... wie soll ein einzelner Mensch alle Lebewesen retten können? Schließlich sind sie zahllos.

    Das klingt tatsächlich paradox.

    Aber – wenn nicht ich, wenn nicht jeder Einzelne von uns – wer dann?

    In diesem Sinne: Steter Tropfen höhlt den Stein.

    Und er wirkt – ganz gewiss – mit der Zeit.

    Früher oder später. Oder? :?

    Es ist wohl kein Fehler, sich gegen Ungerechtigkeiten zu engagieren und Gutes zu tun, aber Buddhisten wegen ihrer Praxis in Zurückgezogenheit zu ermahnen, dürfte unangebracht sein.

    mukti


    Da sehe ich keinen Widerspruch:


    Zitat

    In den Lehrreden wird berichet, dass der Buddha selbst nach seinem

    vollständigen Erwachen sich noch immer allein in die Stille zurückzog.19

    Auch außerhalb der Zeiten intensiven Rückzugs durften selbst besonders

    wichtige Besucher sich ihm manchmal nicht nähern, wenn er sich noch

    seiner täglichen Meditation widmete.20 Im Mahâsuììata-sutta wird Folgendes

    berichtet: Wenn der Buddha über Leerheit meditierte und ihn währenddessen

    Mönche, Nonnen oder Laien besuchten, war sein Geist in solchem

    Ausmaß zu Abgeschiedenheit geneigt, dass er in der Absicht zu ihnen

    sprach, sie fortzuschicken.21




    Im Umkehrschluss kann man sagen: Genau deshalb konnten der Buddha sowie die Arahat-s besser im normalen Leben zurechtkommen. Sie alle waren sehr kreativ und sogar schöpferisch. Man könnte es auch anders ausdrücken: Sie waren menschlich-er/nach dem Erwachen/ – mit Mitgefühl und dem Herzen am rechten Fleck. Es hat sie alle innerlich transformiert.



    S. 306," Der direkte Weg - Satipaṭṭhāna".

    Engagierter Buddhismus ist eine sehr gute Sache, aber es gibt dafür keine Verpflichtung und den Kontemplativen ist kein Vorwurf zu machen.

    Wenn man die ganze Angelegenheit betrachtet, dann war der Buddha selbst der erste arrangierte Buddhist, denn er wollte zunächst nicht sprechen/nicht lehren!/. Das steht überall geschrieben.

    Für wen hatte er es getan? :?: Für uns alle:


    Zitat

    19. "Ich erwog: 'Dieses Dhamma, das ich erlangt habe, ist tiefgründig, schwer zu sehen und schwer zu verstehen, friedvoll und erhaben, durch bloßes Nachdenken nicht zu erlangen, subtil, von den Weisen zu erfahren. Aber diese Generation ergötzt sich am Verlangen, begeistert sich für das Verlangen, erfreut sich am Verlangen. Es ist schwer für so eine Generation, diese Wahrheit zu erkennen, nämlich die zugrundeliegende Bedingtheit, die bedingte Entstehung. Und es ist schwer, diese Wahrheit zu erkennen, nämlich die Stillung aller Gestaltungen, das Aufgeben aller Vereinnahmung, die Vernichtung des Begehrens, die Lossagung, das Aufhören, Nibbāna. Wenn ich das Dhamma lehren würde, würden andere mich nicht verstehen, und das wäre ermüdend und beschwerlich für mich.'



    Zitat

    Indem ich dies erwog, neigte mein Geist eher zur Untätigkeit als zum Lehren des Dhamma."


    Zitat

    . "Da schenkte ich der Fürsprache des Brahmā Gehör und aus Mitgefühl für die Wesen begutachtete ich die Welt mit dem Auge eines Buddha. Als ich die Welt mit dem Auge eines Buddha begutachtete, sah ich Wesen mit wenig Staub auf den Augen und mit viel Staub auf den Augen, mit scharfen geistigen Fähigkeiten und mit dumpfen geistigen Fähigkeiten, mit guten Eigenschaften und mit schlechten Eigenschaften, leicht zu lehren und schwer zu lehren, und einige, die weilten, indem sie Furcht und Tadel in der anderen Welt erblickten.


    Ist das nicht das Mitgefühl in Aktion? :?:



    Die Edle Suche - Ariyapariyesanā Sutta

    Zitat

    David lectures nationally and internationally on various topics, focusing primarily on the encounter between Buddhism and modernity: what each can learn from the other. He is especially concerned about social and ecological issues. A popular recent lecture is “Healing Ecology: A Buddhist Perspective on the Eco-crisis”, which argues that there is an important parallel between what Buddhism says about our personal predicament and our collective predicament today in relation to the rest of the biosphere. You can hear David's podcast interview with Wisdom Publications here. Presently he is offering talks and workshops on Ecodharma: Buddhist Teachings for the Ecological Crisis, his latest book published in 2019. He also leads meditation retreats. (To find out about forthcoming lectures, workshops and retreats, please see the Schedule page.)

    David Loy - Zen Teacher, Author, Workshop Leader

    o.k., habe verstanden, auch, wenn ich genau diese "klare Positionierung" immer noch für schwierig halte.....

    Kein einfaches Thema!!

    Nein! Die ist nicht so" besonders "schwierig.

    Das ist Bhikkhu Bodhi, und dies ist mein letzter Beitrag in diesem Faden:


    (Es geht dabei nicht um Politik per se.)



    Zitat

    Als ich sah, wie der Buddhismus in diesem Land assimiliert wurde, fiel mir der Kontrast auf zwischen den riesigen Wellen des Leidens, die über die Weltbevölkerung hereinbrechen, von denen ich über das Internet erfuhr, und der selbstgefälligen, fast selbstverliebten Haltung vieler amerikanischer Buddhisten zu beobachten war. Viele amerikanische Mittelklasse-Buddhistinnen schienen sich des Elends, das 90 Prozent der Weltbevölkerung bedrückte, kaum bewusst zu sein – Elend aufgrund von Armut, sozialer und politischer Unterdrückung, Militarismus und der wirtschaftlichen Globalisierung. Es schien, als würde der Buddhismus selbst eher als ein bequemer Weg zur persönlichen Verwirklichung aufgefasst, denn als ein Werkzeug, um sich mit den tiefsten Wurzeln des Leidens, des eigenen wie des Leidens anderer, zu beschäftigen und sie anzugehen. Mit einiger Bestürzung stellte ich fest, dass der Buddhismus zwar Qualitäten wie Güte und Mitgefühl preist, dass aber zu viele zeitgenössische buddhistisch Praktizierende dazu neigen, diese Tugenden in erster Linie als subjektive innere Zustände und nicht als Ansporn für transformatives Handeln zu betrachten.



    LG.

    Angesichts der schrecklichen Prozesse in den großen Konflikten dieser Welt, fühle ich mich eher klein und wirkungslos.


    Edith: Ich finde es absurd, wie sinnlos Menschen in kriegerischen Konflikten geopfert werden und andererseits in der Medizin soviel für den Menschen geforscht wird, um auch jede Krankheit zu heilen, wo wir schon so viel erreicht haben.

    Als Krankenpfleger empfand ich das besonders widersinnig und hoffe, nie im Krieg eingesetzt werden zu müssen.

    Railex , ich kann sehr gut nachvollziehen, was du meinst. Ich habe im Rettungsdienst gearbeitet, also habe ich mit eigenen Augen gesehen, wie Menschen sterben. Das hat mein ganzes Leben geprägt.

    Die Welt, in der wir leben, erscheint mir sehr grausam. Überall kann man den Anstieg von Gewalt und Zerstörung beobachten. Und warum bekommt die AfD so viele Stimmen? Sie wollen Frieden mit Russland – einem Land, das Menschen einfach so abschlachtet, wie ich es auch heute wieder lese.

    Und das bringt mich zu deiner Frage. Klar, wir können nicht überall auf der Welt den Krieg beenden. Das ist nicht möglich.

    Aber wir können eine klare Haltung einnehmen.

    Ein reales Beispiel: Ein Freund von mir – ein wirklich guter Mensch und dazu noch Buddhist – stimmt für die AfD und sagt mir, alles, was in den Medien steht, sei eine glatte Lüge. Es macht keinen Sinn, weiter mit ihm zu diskutieren. Denn der sogenannte „normale Mensch“ sollte doch erkennen, dass es sich hier um eine eindeutig faschistische Partei handelt.

    Aber das gilt natürlich nicht für alle.

    Wenn wir nicht schweigen, sehe ich das schon als Fortschritt. Oder? :? :taube: _()_

    Dass in deinen Zitaten die tragende Rolle der Hamas nicht einmal erwähnt wird Igor07 ist typisch, dennoch wieder erstaunlich, aber das möchte ich hier bitte nicht diskutieren, erlebe den Konflikt hier fast jedes Wochenende auf den Straßen von Berlin.

    Zuerst einmal: Ich selbst bin jüdischer Abstammung und wurde jahrelang/ und jeden Tag!/ in der Schule – sowohl körperlich als auch seelisch – misshandelt.


    Ich käme niemals auf die Idee, die Hamas zu verteidigen.


    Aber ich zitiere erneut Bhikkhu Bodhi dazu:


    Zitat

    Wenn 1.200 Israelis von militanten Hamas-Kämpfern getötet werden, wird dies als schreckliche Tragödie beklagt, und die Presse stellt uns persönliche Profile der Opfer vor. Wenn 36.000 Palästinenser durch israelische Militäroperationen getötet werden, erhalten wir lediglich Statistiken, und die einzelnen Menschenleben werden als reine Kollateralschäden behandelt. Wenn Universitätsstudierende gegen den israelischen Feldzug protestieren, werden sie von führenden Vertretern des Kongresses als "Antisemiten" bezeichnet. Wenn die Studierenden diesen Vorwurf zurückweisen und behaupten, dass sie in Wirklichkeit gegen das Abschlachten der Menschen in Gaza sind, werden sie suspendiert oder von der Universität verwiesen.

    Wie viel Mal noch? _()_


    P.S. Keine 36.000 heute, aber viel mehr, leid-er.


    Zitat

    ich kann nämlich überhaupt keine Motivationen/Absichten von anderen Menschen oder gar Diktatoren überprüfen, ich weiß auch nicht inwieweit es zulässig ist von den Ergebnissen zuverlässig rückwirkend auf Absichten zu schließen.


    Doch! Es ist möglich:


    Zitat

    Putin, so ruchlos und tumb wie sein amerikanisches Gegenüber, nutzt die Charakterzüge gnadenlos zu seinen Gunsten aus. Der Massenmörder im Kreml ist geschickt darin, Trump das Gefühl zu geben, sein Kumpel und mit ihm auf Augenhöhe zu sein. Das ist aber nicht der Fall. Der Russe ist - anders als der US-Präsident - ein ruhiger Stratege, der einen Plan hat und ihn eisern durchzieht, ohne Tag für Tag was anderes zu erzählen. An Verschlagen- und Gerissenheit ist Putin Trump weit überlegen - was etwas heißen will. Der erste Mann im Weißen Haus schaut zu ihm auf, weil Putin genau das tut, was sich der Amerikaner nicht oder noch nicht traut: Seine Macht mit allen erdenklichen Mitteln zu sichern - und sich mit Gewalt zu nehmen, was er will.

    Putin kann nur noch Krieg


    Dahinter steckt die bewusste Absicht, lieber Railex.


    Putin will keinen Frieden, sondern die Ukraine

    ja, wandelbar, aber iwie braucht der Mensch verdammt lange, um zu begreifen, was seine Existenz gefährdet, um dann eine Verhaltensänderung umzusetzen.

    Railex , hast du jemals einen echten Diktator gesehen, der gute Absichten hegt, um sein eigenes Verhalten zu ändern? Dann bin ich wirklich perplex..


    Ich zitiere besser wieder Bhikkhu Boddhi ( und vergleiche es bitte mit den Nachrichten von heute):


    Zitat

    Die Nahrungsmittelblockade hat die gesamte Bevölkerung, einschließlich der Kinder, an den Rand des Verhungerns gebracht. In einem Beitrag für den Guardian Ende Januar schrieb Alex de Waal, der Autor von Mass Starvation: The History and Future of Famine (Geschichte und Zukunft der Hungersnot), dass "Gaza eine Massenverhungerung erlebt, wie es sie in der jüngeren Geschichte noch nie gegeben hat". Er sagte voraus, dass Tausende von palästinensischen Kindern im Gazastreifen sterben werden, selbst wenn die Barrieren für Hilfslieferungen sofort aufgehoben werden. Einige Wochen später warnte der stellvertretende UNICEF-Exekutivdirektor für humanitäre Maßnahmen und Versorgungsoperationen, Ted Chaiban: "Wenn der Konflikt jetzt nicht beendet wird, wird sich die Ernährungslage der Kinder weiter verschlechtern, was zu vermeidbaren Todesfällen oder Gesundheitsproblemen führen wird, die die Kinder in Gaza für den Rest ihres Lebens beeinträchtigen und möglicherweise generationsübergreifende Folgen haben werden.“



    Seit diesen Warnungen hat die Blockade nicht nachgelassen, und die Vorhersagen werden wahr. Es gibt bereits Berichte, wonach mindestens 25 Kinder an Dehydrierung und Unterernährung gestorben sind, und es wird befürchtet, dass dies nur der Anfang einer eskalierenden Zahl von Todesfällen ist. Und um Salz in die Wunden zu streuen, haben israelische Streitkräfte in letzter Zeit, wenn Hilfstransporte zur Verteilung von Nahrungsmitteln eintrafen, auf Menschen geschossen, die an den vorgesehenen Verteilungspunkten auf Hilfe warteten. Berichten zufolge sind auf diese Weise bereits mehrere hundert Menschen getötet worden. Die einzige Möglichkeit, diese Katastrophe abzuwenden oder zumindest abzumildern, besteht darin, den Krieg sofort zu beenden und die Blockade der humanitären Hilfe durch Israel aufzuheben.


    Gegenwärtig werden rechtliche Schritte eingeleitet, um ein Ende der Blockade zu erzwingen. Oxfam und Human Rights Watch haben Israel vorgeworfen, den Hunger als "Kriegswaffe" einzusetzen, und Südafrika hat in seiner Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) das Aushungern der Bevölkerung des Gazastreifens als völkermörderischen Akt bezeichnet (siehe Abschnitt 50 in seiner Klageschrift, S. 35). Vor kurzem hat Südafrika den IGH ersucht, zusätzliche Sofortmaßnahmen gegen Israel anzuordnen und dabei auf die von Israel im Gazastreifen betriebene Aushungerungspolitik hingewiesen.


    Was lese ich heute? Rate mal:


    Zitat

    Der Nothilfeexperte der deutschen Welthungerhilfe, Marvin Fürderer, kritisiert: "Viele Menschen sind auf der Flucht oder leben unter schlimmsten Bedingungen in Notunterkünften, ohne zu wissen, ob sie den nächsten Tag noch erleben und 500.000 von ihnen sind akut vom Hungertod bedroht. Da reicht es nicht jetzt, vier Tage lang 100 Lkw reinzulassen."


    Hier


    Was sagt der Buddhismus dazu?:

    Zitat

    Eine grundlegende Wahrheit, die der Buddha gelehrt hat, besagt, dass "alle Wesen durch Nahrung erhalten werden". So einfach und offensichtlich diese Maxime auf den ersten Blick erscheinen mag, ihre Bedeutung sollte nicht unterschätzt werden, denn sie ist der Schlüssel sowohl zu tiefer Einsicht als auch zu tiefem Mitgefühl. Zu erkennen, dass wir alle in gleicher Weise auf Nahrung angewiesen sind, bedeutet zu verstehen, dass unser Leben in einem komplexen Netz der Gegenseitigkeit verwoben ist, das niemandem Raum lässt, andere zu unterdrücken oder zu schädigen. Wir sind alle zerbrechliche Geschöpfe, alle verletzliche Wesen, deren Leben Tag für Tag von der Nahrung als Rohstoff für unser Überleben abhängt.


    Bhikkhu Bodhi.

    Wir wohl leider akzeptieren müssen, dass Krieg zur Natur des Menschen gehört und wir

    den glücklichen Umstand des momentanen Friedens hier nutzen könnten, um vernünftig zu helfen und zu vermitteln, anstatt zu befeuern und zu zerstören.

    Wenn es um den momentanen Frieden geht – was kann man tun, um ihn zu bewahren?

    Zugespitzt formuliert: Was wäre passiert, wenn die NS-Diktatur nicht mit Gewalt beendet worden wäre?

    Diese Analogie lässt sich auf Russland übertragen. Russland will die Grenzen von 1997 wiederherstellen – das bedeutet, es würde immer weitermachen. Die baltischen Staaten haben das früh erkannt und sich deshalb sehr schnell um Aufrüstung bemüht.

    Egal welcher Diktator – ein solcher Mensch kennt weder Gewissen noch Moral. Er versteht nur die Sprache der Abschreckung. Alles andere würde nicht funktionieren.

    Das ist meine persönliche Argumentation. Weiter würde ich das nicht öffentlich posten.

    Wer das Ganze anders betrachtet – dafür kann ich nichts.

    Das Recht auf Verteidigung ist in der Verfassung verankert. _()_

    Krieg gehört nicht zur Natur des Menschen, sondern zu seinen sozialen, politischen und religiösen Systemen.

    Wenn das nicht so wäre, dann gäbe es für Menschen keine Befreiung vom Leiden. @ Qualia

    Das kann man sehr gut kontern. Wer erschafft all diese politischen oder religiösen Systeme? Bestimmt kein Gott – oder?



    Zitat

    dass wir darüber selber nicht in Hass und Groll verfallen sollten.


    Railex


    Das sollten wir nicht tun. Aber zum Beispiel die eigene Familie zu schützen, wenn keine andere Option als Gewalt bleibt, kann man nicht ausschließen. Das Böse sollte gestoppt, aber nicht toleriert werden, denn sonst würde es sich noch weiter verbreiten. Es ist ein sehr schwieriges Thema – das ist mir klar – und es gibt keine Patentlösung für alle Fälle. _()_


    Siehe hier:


    Zitat

    Im alten Königreich Sri Lanka war es den Mönchen strikt verboten, Gewalt auszuüben und zu töten. Den Königen jedoch, die als Bodhisattvas galten und deren Aufgabe es war, Dhamma und Sangha zu schützen, war die Ausübung von Gewalt und Kriegführung nicht nur erlaubt, sondern geradezu geboten. Dem folgten später auch die theravāda-buddhistischen Königreiche Südostasiens. Einige Herrscher hatten keine Skrupel, sich gegenseitig verheerende Kriege zu liefern und dabei auch wertvolle Buddhastatuen und Texte zu erbeuten. Das schlechte Karma, das sie sich damit schufen, versuchten sie durch den Bau von Stupas, die Stiftung von Klöstern und den Unterhalt von Mönchen wiedergutzumachen. Auf den Pāli-Kanon konnten sie sich dabei allerdings an keiner Stelle berufen. Noch fataler war darum die Rechtfertigung von Töten und Gewalt in späteren Mahāyāna-Texten. Dort sind Bodhisat tvas „bereit“, das schlechte Karma des Tötens auf sich zu nehmen, um den Täter vor schlimmen Höllenstrafen zu bewahren; solches Töten wird gar als „Befreien“ bezeichnet. Da das Motiv lauter sei, würden im Gegenteil große Verdienste erworben.(9) Sogar das Töten von Irrlehrern wird gerechtfertigt, weil jene großen geistigen Schaden verursachten. Im Mahāparinirvana-Sūtra, einem zentralen indischen Mahāyāna-Text, der viele Jahrhunderte nach Buddhas Tod dessen Lebensende beschreibt, wird von dem Erwachten behauptet, er habe in einem früheren Leben als König einen Brahmanen getötet, um ihn vor dem schlechten Karma zu retten, das der Brahmane auf sich lud, indem er den Mahāyāna schmähte. Das für die Yogācāra-Schule bedeutende Bodhisattva-Bhūmi vertritt dieselbe Auffassung. Ein Bodhisattva, der sehe, wie sich jemand durch sein Handeln selber schwere karmische Folgen schaffe, habe das Recht, den Übeltäter zu töten, um ihn vor den Folgen zu bewahren.(10) Asanga, der Begründer der für Tibet zentral gewordenen Yogācāra-Schule, erklärt in seinem Kommentartext Bodhisattvabhūmi-Shāstra, dass ein Bodhisattva töten dürfe und sogar müsse, wenn ein Mensch im Begriff sei, ein fühlendes Wesen zu verletzen. Dies sei ein mitleidiger Akt und schaffe kein schlechtes Karma. Das waren keine rein abstrakten und folgenlosen Überlegungen. Überliefert ist das Beispiel jenes tibetischen Mönchs, der 842 König Langdarma tötete, um ihn von weiteren Gewalt maßnahmen gegen Dharma und Sangha abzuhalten.(11) Als Gewalt legitimierende Begründung wird auch auf die Lehre von der Leerheit (sūn yatā) Bezug genommen: Niemand sterbe letztlich wirklich, da die sinnlich wahrnehmbare Welt ohnehin nur eine Fiktion sei. Eine weitere Begründungsrhetorik wird mit dem Verweis auf „geschickte Mittel“(upāya) geliefert, die den hehren Zweck zusätzlich rechtfertigen sollen. Das erinnert an den im Abendland beliebten Satz: „Der Zweck heiligt die Mittel“, der auch dort aller Art unheiliger Verbrechen Tür und Tor geöffnet hat. Tatsächlich zeigten sich fatale praktische Konsequenzen in der Geschichte des chinesischen, japanischen und tibe-tischen Buddhismus. Chinesische Shaolin-Mönche zum Beispiel kämpften gegen Gegner und Herrscher mit härtester Gewalt und erstritten sogar Grundbesitz für ihren Orden. Auch in Tibet gab es jahrhundertelang blutige Kämpfe zwischen der Gelugpa-und der Kagyü-Schule, ebenso solche zwischen Tibet und Bhutan. In Japan unterhielten viele Klöster schlagkräftige Mönchstruppen, die sich untereinander regelrechte Kleinkriege lieferten. Während die Ethik des Buddha die Produktion und den Vertrieb von Waffen sogar den Laien untersagte und Mönche nicht einmal Knüppel und Äxte aufbewahren durften, war im Japan des 16. Jahrhunderts das Kloster Negoro-ji der Hauptproduzent von Feuerwaffen europäischer Bauart.(12) Im Samurai-Zen (Bushidō, „Weg desKriegers“) entgleiste das Bodhisattva-Ideal gar zu einer nihilistischen Todesmystik. Bekannte japanische Zenmeister feuerten im 2. Weltkrieg ihre Schüler an, „im Bodhisattva-Geist“ mit dem Schwert „Leben zu schenken“, was bedeutete, fremdes Leben zu töten.(13) Dies alles markiert einen radikalen Bruch mit der frühen Lehre. So fragt zum Beispiel im Salāyatana-Sūtta 42 (Samyutta Nikāya IV) des Pali-Kanon ein Hauptmann den historischen Buddha, ob ein Krieger, der in der Schlacht sterbe, in den Himmel komme. Buddha erklärt daraufhin, dass er keineswegs in die höheren Sphären, sondern in eine der Höllen gelange. Dabei wird keine Grenzlinie zwischen Angriffs- und Verteidigungskrieg gezogen. Im Abhidharmakosha wird sogar das Töten in Notwehr oder um eine befreundete Person zu schützen abgelehnt. Angehörige der Familie des Buddha hatten sich bei der Eroberung ihres Landes Sakyadurch den König von Kosala lieber niedermetzeln lassen, als durch gewaltsamen Widerstand ihre ethische Selbstverpflichtung zur Gewaltfreiheit (ahimsā) zu brechen.(14)



    Der BODHISATTVA in den buddhistischen Traditionen

    Leider wird das Morden nicht aufhören – egal wo auf der Welt. Die Natur des Menschen ist im Wesentlichen dieselbe geblieben wie vor 2500 Jahren, zur Zeit des Buddha, und ebenso auch heute.

    Leid-er trage ich keine rosarote Brille.


    Nebenbei bemerkt: Sowohl Arthur Schopenhauer als auch die Psychoanalyse sehen dies ähnlich.


    Sigmund Freud spricht vom „Thanatos“, dem Todestrieb, den Erich Fromm als „bösartige Destruktivität“ beschreibt.


    Ich wollte dieses Thema eigentlich nicht weiter vertiefen, aber auch Konrad Lorenz spricht vom schleichenden Verfall des Menschlichen (vgl. Konrad Lorenz: Der Abbau des Menschlichen, München 1983, Piper Verlag, 294 Seiten, ISBN 3-492-02833-0).


    Im Theravada-Buddhismus heißt es in diesem Zusammenhang, dass der Praktizierende „gegen den Strom“ schwimmen müsse – oder, wie Mettiko Bhikkhu vom Muttodaya-Kloster es treffend formuliert, „gegen den Strich“.


    Diesen Gedanken findet man auch bei Volker Zotz in seiner Darstellung der Geschichte der buddhistischen Philosophie. _()_

    Wenn die Hamas die palästinensische Bevölkerung opfert und sich nicht namentlich um sie kümmert, zeigt es, wie egal Ihnen jedes Menschenleben ist, dies kann man Israel nicht vorwerfen.

    Railex , ich würde das bestimmt nicht in der Nacht weiter diskutieren.


    Deine Position empfinde ich als eine Relativierung menschlichen Leiden-s unter dem Deckmantel des Buddhismus.


    Ich sehe das anders – und die aktuellen Nachrichten kann man überall lesen.


    Alles Gute!


    Zitat

    nur in Abhängigkeit unseres Bewusstseins existieren,


    Das bedeutet: "Nicht real"? Wie du wolltest. :taube:

    Genozid in Gaza?

    Ja, so der Autor:


    Zitat

    Die buddhistische Ethik lehrt uns, dass jedes Menschenleben wichtig ist, dass kein Leben von Natur aus kostbarer oder wertvoller ist als ein anderes. Doch die Art und Weise, wie der Konflikt in den westlichen Medien dargestellt wird, zeigt eine starke Voreingenommenheit zugunsten des israelischen gegenüber dem palästinensischen Leben. Wenn 1.200 Israelis von militanten Hamas-Kämpfern getötet werden, wird dies als schreckliche Tragödie beklagt, und die Presse stellt uns persönliche Profile der Opfer vor. Wenn 36.000 Palästinenser durch israelische Militäroperationen getötet werden, erhalten wir lediglich Statistiken, und die einzelnen Menschenleben werden als reine Kollateralschäden behandelt. Wenn Universitätsstudierende gegen den israelischen Feldzug protestieren, werden sie von führenden Vertretern des Kongresses als "Antisemiten" bezeichnet. Wenn die Studierenden diesen Vorwurf zurückweisen und behaupten, dass sie in Wirklichkeit gegen das Abschlachten der Menschen in Gaza sind, werden sie suspendiert oder von der Universität verwiesen.


    Railex ,


    Hast du den ganzen Artikel gelesen? :?:

    Na ja, der springende Punkt hier ist, dass der Buddha mit dem "himmlischen" Auge sieht – ich aber sehe mit dem "gewöhnlichen", sozusagen. Für mich ist Genozid das, was er ist: der absichtliche und bewusste Völkermord.


    Was der Buddha laut dem Pali-Kanon dazu sagt, ist für mich nicht entscheidend. Was mein eigenes "Ge-wissen "dazu sagt, das ist für mich ausschlaggebend.


    Man kann das Mitgefühl als Begleiterscheinung sehen – ich aber sehe es als das, was uns als Menschen ausmacht.


    Wenn wir bloß reflektierende und denkende Maschinen wären, dann stellt sich doch die Frage: Was unterscheidet uns dann überhaupt noch von KI? :?

    Ich weiß es nicht. :sick: :roll:

    Es war ein Scherz, oder? ;)



    P.s. Igor, deine Signatur und was Sokrates da behauptet haben soll, halte ich für unangemessen. Der Wert des Lebens steht für sich in Abhängigkeit seiner natürlichen Vollkommenheit, unabhängig von Aktivitäten, wie "Selbsterforschung".

    Ich bin auch keine Katze, Railex .

    Oder?


    Zitat

    Die Hass und Gierdynamiken werden zum Selbstläufer, wir Menschen können sie nur noch gering willentlich beeinflussen.


    Können wir, und sogar bestimmt! :!:


    Siehe hier:


    AfD laut Umfrage auf Rekordhoch

    Vielen Dank fuer diesen Link. Mitgefuehl in Aktion. Das spricht mir echt aus dem Herzen.

    Danke

    Na ja, das war eigentlich mein Anliegen – und genau deswegen habe ich meine Bedenken, oder sogar meine Angst, überwunden. Es hat mich sehr viel Kraft gekostet.

    Wenn ich in den Nachrichten lese, was Israel tut – und das ist echter Völkermord –, dann spricht auch der Autor davon, der selbst jüdischer Abstammung ist.


    Wenn ich lese, was Russland Tag für Tag tut – auch darüber spricht der Autor.


    Wenn ich lese, was in den Schulen der USA passiert – über die Schießereien, Amokläufe und all diese Fälle –, dann wird auch das vom Autor thematisiert.


    Sollen wir all das um uns herum ausblenden und einfach verdrängen? Ist das der echte Buddhismus?

    Ich sage ganz klar: Nein!

    Ich möchte hier ein sehr interessantes und aktuelles Interview mit Bhikkhu Bodhi mit euch allen teilen.


    Denn der Buddhismus – wie in diesem Gespräch deutlich wird – bedeutet keineswegs, die Augen vor dem Weltgeschehen zu verschließen.


    Im Gegenteil: Er ruft zu aktivem Engagement auf, um allen lebenden und leidenden Wesen in diesem Leben ein glückliches Dasein zu ermöglichen – frei von sozialer, wirtschaftlicher oder politischer Ungerechtigkeit und der Willkür unserer Zeit.


    Buddhistische Ethik für eine krisengeschüttelte Welt

    Zitat

    Dieses Interview wurde online von William Edelglass, Studiendirektor am Barre Center for Buddhist Studies, geführt. Es erschien gleichzeitig bei Buddhist Global Relief und in der Juni-Ausgabe des Insight Journals. Verwendung und Übersetzung ins Deutsche mit freundlicher Genehmigung des Interviewers und des Interviewten. Veröffentlicht am: 15. Juni 2024. Ven. Bhikkhu Bodhi ist der Gründer und Vorsitzende von Buddhist Global Relief und der Schirmherr von Mitgefühl in Aktion e.V.



    Beiträge von Bhikkhu Bodhi
    Foto: BGR
    www.mia.eu.com