Zitat Aber man wird ja nicht wirklich moralisch und auch nicht tugendhaft sondern bildet sich das nur ein, oder?
Ich denke, von außen wie innen ist das manchmal nicht zu unterscheiden. Der Geist ist da schon sehr einfallsreich.
Ich habe hier in diesem thread nicht alles gelesen, will aber doch was ergänzen, weil mir die buddhistischen Konzepte hier fehlen.
In AN X. 61-62 geht es um das Bedingte Entstehen und da heißt es - die Bedingungen für die Unwissenheit (Verblendung) sind die fünf Hemmnisse - die nivaranas.
Und weiter heißt es, dass die fünf Hemmnisse durch den dreifachen üblen Wandel (Gedanken, Worte, Werke) ernährt werden.
Anguttara Nikaya X.61-70
Daraus ergibt sich der Zusammenhang von Tugend und z.B. Depression, wie Krishnamurti das leider etwas überheblich formuliert hat. Es ist ein ganz normaler Verlauf des "spirituellen" Lebens, dass jemand, der sich von der Welt zurückzieht und sich in dieser Welt nicht mehr auslebt oder austobt, es zu geistigen Problemen kommt. So wie jemand sich in den Bergen verirren kann, in schlechtes Wetter gerät und dann abstürzt oder gerettet werden muss.
Die fünf Hemmnisse sind -
1. Sensual desire (kamacchanda), Gier
2. Ill-will (byapada), Hass
3. Sloth and torpor (thina-middha), Verblendung 1
4. Restlessness and worry (uddhacca-kukkucca), Verblendung 2
5. Skeptical doubt (vicikiccha). Verblendung 3
https://www.insightmeditationcenter.org/wp-content/uploads/articles/FiveHindrancesQuotes-1.pdf
Kamacchanda und byapada sind durch Subjekt-Objekt-Beziehung bestimmt. Subjekt (Ich) und Objekt (die Dinge) stehen sich gegenüber - wie bei einem Spiegel. Wenn die Objekt-Subjekt-Beziehung als illusionär erkannt wird und verschwindet - dann treten die anderen Hemmnisse stärker hervor oder werden überhaupt erst wahrgenommen.
Hier sind nun Subjekt und Objekt identisch und das "Drama" spielt sich im Innen ab - d.h. die vorherigen Projektionen sind nun zurück gespiegelt in den Anfang und das verbleibende Ich-Bewusstsein kann hier nichts mehr machen - es muss die Prozesse geschehen lassen und falls das nicht ausgehalten werden kann, dann nimmt man eben entsprechende Mittel oder Therapien. Das sind recht gefährliche Lebensphasen und da kann auch keiner eine Vorhersage geben, wie es denn ausgeht.
Die Übung des Zen ist auch eine Übung des Sich-Aushaltens. Das Aushalten von Hoffnungslosigkeit, von Perspektivlosigkeit, von Verlust oder das Aushalten von Angst und Panik, Aufregung bzw. Erregung begleiten diese Praxis.
Und wie ich mit dem Hinweis auf Bernd Golz, Der Innenspiegel,
https://www.dhamma-dana.de/files/Dhamma%20Dana/Buchcover/Autoren_A-Z/golz-bernd/Golz,%20Bernd%20-%20Der%20Innenspiegel.pdf
versuchte zu erklären, ist auch diese Spiegelung als leer zu erkennen und zu dem Punkt zu kommen, wo Erwachen als Verlust , als das Abfallen von Körper-Geist, erkannt wird, wo der Geist sich selbst erkennt.
Dann verschwindet auch der letzte Rest - der skeptische Zweifel.
Diese Erfahrung gibt es in allen spirituellen Wegen und im christlichen ist das als Akedia bekannt. Es ist keine Depression, sondern Überdruss, wobei es recht viele Übereinstimmungen gibt.