Sexualität und Befreiung: Ist die kritische Sicht des Buddha auf Sexualität für heutige Praktizierende relevant?

  • Was Du schreibst, liebe Elke, finde ich sehr sympathisch. Ich bin auch gar nicht der Meinung, dass eine "westlich-aufgeklärte Version des Buddhismus" weniger wert ist.

    Ich möchte allerdings auch herausfinden, was der Buddha gemeint hat und warum. Anschließend kann man ja immer noch entscheiden, welche Relevanz das für die eigene Praxis hat.


    Was die Haltung des Buddha zur Sexualität betrifft, muss man - glaube ich - sagen, dass seine Einstellung dazu sehr negativ war. Klar, bei Laienanhängern hat er Sexualität toleriert. Aber es gibt da meines Wissens keine Stellen, in denen er die erotische Liebe zwischen den Geschlechtern positiv dargestellt hätte, obwohl er ja ansonsten oft von "Liebe" spricht.

  • Ich spreche da von einem Kloster, in dem die Mönche sich sehr bemühen, vorbildlich zu praktizieren und dem von Dir beschriebenen Niedergang der Klosterregeln entgegenzuwirken. Was Du da unterstellst, ist wirklich falsch. Auch führende Vertreter der thailändischen Waldkloster-Tradition, die ja eine Reformbewegung gegen den Niedergang der Sitten darstellte, haben beispielsweise geraucht oder viel gegessen.

    Das wird auch in vorbildlichen Klöstern toleriert, weil es kein Verstoß gegen die Regeln ist, im Gegensatz zu sexuellen Handlungen.

  • Hast natürlich recht, "Kompromiss" war ein doofes Wort. Wollte nur nicht schreiben: "Der Mittlere Weg ist ein Mittelweg...."

  • Aber es gibt da meines Wissens keine Stellen, in denen er die erotische Liebe zwischen den Geschlechtern positiv dargestellt hätte, obwohl er ja ansonsten oft von "Liebe" spricht.

    Das ist glaub ich auch so ein westliches Problem, dass bei "Liebe" immer sofort an die Liebe zwischen Mann und Frau gedacht wird. Natürlich ist "Liebe" in diesem Kontext immer im Sinne von "Mitgefühl" gemeint und hat rein gar nichts der geschlechtlichen Liebe zu tun.


    Warum die geschlechtliche Liebe nicht positiv dargestellt wird ist doch klar: Sie ist die größte Anhaftung die Menschen haben. Man muss sich ja nur ansehen was hier teilweise geschrieben wird um die sexuellen Freuden und Buddhismus doch irgendwie in Einklang zu bringen. Ich bin mir sicher dass sehr viele Menschen eher ein Bein oder einen Arm oder sogar beides hergeben würden als ihr Geschlechtsorgan.

  • Aber auf den entscheidenden Punkt bist du - nach meinem Empfinden - noch nicht eingegangen: ... Was spräche denn dagegen, in schweren Fällen von sexueller Frustration z.B. einmal wöchentliche Selbstbefriedigung zuzulassen?... Gibt es irgendeine Begründung, warum sexuelle Betätigung TOTAL verboten ist, während andere natürliche Bedürfnisse im Sinne eines mittleren Weges nur eingeschränkt werden, ohne allzu strenge Askese?

    Also nach meinem Verständnis lässt der Mittlere Weg lediglich die Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse zu (wozu Sex nicht zählt) und auch bei der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse gilt das Motto: So viel wie nötig, so wenig wie möglich:

    "Sollte ein Bhikkhu wünschen: 'Möge ich einer sein, der Roben, Almosenspeise, Lagerstätte und krankheitsbedingte Medikamente und Requisiten erlangt', dann soll er die Sittlichkeit erfüllen, sich der inneren Herzensruhe widmen, die Meditation nicht vernachlässigen, Einsicht pflegen und in leeren Hütten wohnen."


    "Sollte ein Bhikkhu wünschen: 'Mögen die Dienste derjenigen, deren Roben, Almosenspeise, Lagerstätte und krankheitsbedingte Medikamente und Requisiten ich benutze, ihnen reiche Frucht und Nutzen bringen', dann soll er die Sittlichkeit erfüllen, sich der inneren Herzensruhe widmen, die Meditation nicht vernachlässigen, Einsicht pflegen und in leeren Hütten wohnen."

    Wenn nun findige Mönche eine Lücke in Regeln entdeckt haben, die ihnen unbeschränkten Genuss von Schokolade und Zigaretten ermöglichen ... nun ja, dann sind sie tatsächlich wie Kinder, die nicht begriffen haben, worauf es auf dem von ihnen gewählten Weg in Wirklichkeit ankommt.


    Und dann ist es auch kindisch zu argumentieren: Wenn die Süssigkeiten haben dürfen, dann darf ich doch auch wenigstens einmal die Woche Selbstbefriedigung betreiben. Denn dann kommt der nächste, der fast körperlichen Schmerz verspürt, wenn er nicht wenigstens einmal im Monat eine Kakerlake tottreten darf oder vielleicht auch eine Ratte erschlagen. Und dann einer, dem ein Arzt bestimmt Kleptomanie bescheinigen würde und der nunmal nicht anders kann, als alle mögliche Dinge mitgehen zu lassen. Und der nächste ist so auf Entzug vom Heroin, dass er sich nun mal jeden zweiten Morgen einen Schuss setzen muss und so weiter ... Nein. Da halte ich die gesetzten Grenzen für sinnvoll und wer sich dem nicht fügen kann, der muss halt gehen.


    Aber abgesehen davon: Wen sollte es stören und wer sollte es merken, wenn du einmal die Woche Selbstbefriedigung machst? Obwohl es gerügt werden würde, ist mein Verständnis von der Lehrrede mit den Schlafplätzen und der Erlaubnis der großen Sitzdecken, dass es wohl toleriert werden würde.


    Aber warum würde es überhaupt gerügt werden? Da hat Accinca schon den entscheidenden Hinweis gegeben: Sexuelle Betätigung jedweder Art ist eines der gewaltigsten Hindernisse auf dem Weg zur Befreiung.

    Und um wieviel mehr als für Selbstbefriedigung gilt dies dann für den Sex zwischen zwei Menschen:

    So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene (*1) im Jetahaine bei Sāvattī, im Kloster des Anāthapindika. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche. "Mönche!" sprach er. - "Herr!" erwiderten jene Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

    • "Keine andere Gestalt, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Mannes so fesselt, wie die Gestalt des Weibes. Die Gestalt des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
    • "Keine andere Stimme, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Mannes so fesselt, wie die Stimme des Weibes. Die Stimme des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
    • "Keinen anderen Duft, ihr Mönche, kenne ich, der den Geist des Mannes so fesselt, wie der Duft des Weibes. Der Duft des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
    • "Keinen anderen Geschmack, ihr Mönche, kenne ich, der den Geist des Mannes so fesselt, wie der Geschmack des Weibes. Der Geschmack des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
    • "Keine andere Berührung, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Mannes so fesselt, wie die Berührung des Weibes. Die Berührung des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
    • "Keine andere Gestalt, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Weibes so fesselt, wie die Gestalt des Mannes. Die Gestalt des Mannes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Weibes ...

    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

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  • Aber es gibt da meines Wissens keine Stellen, in denen er die erotische Liebe zwischen den Geschlechtern positiv dargestellt hätte, obwohl er ja ansonsten oft von "Liebe" spricht.

    Das ist glaub ich auch so ein westliches Problem, dass bei "Liebe" immer sofort an die Liebe zwischen Mann und Frau gedacht wird. Natürlich ist "Liebe" in diesem Kontext immer im Sinne von "Mitgefühl" gemeint und hat rein gar nichts der geschlechtlichen Liebe zu tun.


    Warum die geschlechtliche Liebe nicht positiv dargestellt wird ist doch klar: Sie ist die größte Anhaftung die Menschen haben. Man muss sich ja nur ansehen was hier teilweise geschrieben wird um die sexuellen Freuden und Buddhismus doch irgendwie in Einklang zu bringen. Ich bin mir sicher dass sehr viele Menschen eher ein Bein oder einen Arm oder sogar beides hergeben würden als ihr Geschlechtsorgan.

    Ja klar ist es ein typisches Problem, dass bei "Liebe" von vielen automatisch an die Liebe zwischen Mann und Frau gedacht wird.


    Umgekehrt ist es aber auch ein Problem, wenn von einigen die Liebe zwischen Mann und Frau ausgeschlossen wird, wenn sie von "Liebe" sprechen.


    Oft wird auch zu wenig differenziert bei der erotischen Liebe, denn hierbei muss es nicht notwendig um sexuelle Betätigung im engeren Sinne gehen.

    Erotik ist weitaus komplexer.


    Schopenhauer übrigens, so sehr ich ihn mag, hatte auch ein sehr eingeschränktes Verständnis von erotischer Liebe. An einer Stelle schreibt er sogar, für einen Mann sei es letztlich gleichgültig, mit welcher Frau er verkehrt, da es ohnehin letztlich nur um die sexuelle Befriedigung ginge. (Alles andere sei sozusagen Einbildung.)


    Dass zur Erotik eben auch eine Begegnung zwischen zwei Menschen gehört und so etwas wie Nähe und Vertrautheit und Liebe (im Sinne von Zuneigung und Freundschaft, also durchaus METTA) eine Rolle spielen, wird von ihm übersehen.


    Ebenso scheint auch der Buddha diesen Metta-Aspekt der erotischen Liebe nicht genügend berücksichtigt zu haben.

  • Ich glaube jedenfalls nicht, dass Buddha Sexualität so rigoros abgelehnt hat, dann hätte er ja seinen eigenen Weg nicht wirklich verstanden

    Sexualität nicht. Aber Begierde.

  • Im übrigen ging es und geht es noch immer beim Verzicht auf sexuelle Liebe vor allem auch darum, keine ungewollten Kinder mehr in die Welt zu setzen. Zum Beispiel s. auch diese Zitate aus diesem Thread:


    Sex ist Bindung. Bindung ist manchmal was Gutes, aber oft auch nicht.

    Sex ohne Bindung einzugehen ist was Mieses - gar wenn das von Nonnen oder Mönchen ausgeht.


    Ein hinduistischer Mönch, den ich früher kannte, und der eigentlich immer den richtigen Sprech für Hippie-Ohren draufhatte, wurde einmal öffentlich von jemandem recht provokant gefragt, warum er denn ein Keuschheitsgelübde abgelegt hätte, das sei doch eine Unterdrückung der Gefühle!

    Der Mönch antwortete diplomatisch: "Ach, stell Dir das doch mal vor. Ich jetzt mit einer Frau. Ich reise doch ständig herum und könnte mich nicht um sie kümmern. Sowas passt überhaupt nicht in mein Leben."


    Ich fand das großartig, dass er ganz selbstverständlich diese Trennung zwischen Sex und Beziehung nicht gemacht hat. Sex mit einem Partner als bloße unabhängige Handlung zu betrachten, wo nichts dranhängt, ist einfach blind. Entweder man geht eine Bindung ein oder man beutet jemandes Sexualität aus...

    Wenn man das so (mal nicht religiös spirituell betrachtend ) sieht, dann muss er Sex für Mönche verbieten. Das sind Sachzwänge, mal ganz davon abgesehen ob Sex ein Hinderniss für das Erwachen ist oder nicht. Denn wenn der eine oder andere Bettelmönch neben dem Bettelgang auch die eine oder andere Hausfrau/tochter dabei schwängert dann wird die Dorfbevölkerung ganz einfach sagen:" Ihr wollt dass wir euch durchfüttern damit ihr euer Leben ganz dem spirituellen Leben und dem Dharma widmen könnt, aber ihr pimpert hier rum. So funktioniert das nicht. "

    Wenn dann ein Tal sagen wir mal ein Kloster von 500 Mönchen durchfüttern kann und es gebe kein Zölibat, na was passiert dann? 50 % der Mönche hat nach einer Zeit eine Partnerin. Und nach 5 Jahren sind dann 3 Kinder da. (500 +250 Frauen+ 3 mal 250 Kinder) auf einmal darf dann das Tal 1500 Seelen ernähren. Das ist auf einmal 3 mal so viel. Mal abgesehen davon wenn man eine Familie hat ist es sehr schweer 99% seiner Zeit dem spirituellen Leben , dem Dharma zu widmen , was ja der Deal ist. Denn Ehe, Kinder, Ehestreit, Erziehung, Eifersucht wer mit wem etc... Also das ist halt das Gegenteil von "sich voll und ganz dem Dharma widmen".

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ich glaube jedenfalls nicht, dass Buddha Sexualität so rigoros abgelehnt hat, dann hätte er ja seinen eigenen Weg nicht wirklich verstanden

    Sexualität nicht. Aber Begierde.

    Interessante Unterscheidung.


    Dann gibt es bestimmt auch findige Mönche, die Sex miteinander haben, aber natürlich völlig ohne Begierde aufeinander? Kann ich mir nicht recht vorstellen, wie das funktionieren sollte.


    Metta wiederum, also "liebende Güte" hat mit Erotik nichts zu tun. So wenig, wie eine Mutter oder ein Vater, die ihr Kind wiegen oder ihr Geschwister in den Arm nehmen dabei an Sex denken. Metta ist eine willkommene Grundlage des Umgangs miteinander:

    Dann huldigten jene drei Ehrwürdigen dem Erhabenen und setzten sich seitlich nieder, und der Erhabene sagte zum ehrwürdigen Anuruddha: "Ich hoffe, es ist alles in Ordnung, Anuruddha, ich hoffe, eure Ernährung ist gesichert, ich hoffe, ihr habt keine Probleme, Almosenspeise zu bekommen." "Es ist alles in Ordnung, Erhabener, unsere Ernährung ist gesichert, wir haben keine Probleme Almosenspeise zu bekommen." "Ich hoffe, Anuruddha, daß ihr alle in Eintracht lebt, mit gegenseitigem Verständnis, ohne Streit, wobei ihr euch wie Milch und Wasser mischt, euch gegenseitig mit gütigen Augen betrachtet." "Gewiß, ehrwürdiger Herr, wir alle leben in Eintracht, mit gegenseitigem Verständnis, ohne Streit, wobei wir uns wie Milch und Wasser mischen, uns gegenseitig mit gütigen Augen betrachten." "Aber, Anuruddha, auf welche Weise lebt ihr so?"


    "Ehrwürdiger Herr, was das betrifft, denke ich so: 'Es ist ein Gewinn für mich, es ist ein großer Gewinn für mich, daß ich mit solchen Gefährten im heiligen Leben zusammenlebe.' Ich halte körperliche Handlungen der Liebenden Güte gegenüber diesen Ehrwürdigen ein, sowohl öffentlich, wie auch im Privaten; ich halte sprachliche Handlungen der Liebenden Güte ihnen gegenüber ein, sowohl öffentlich, wie auch im Privaten; ich halte geistige Handlungen der Liebenden Güte ihnen gegenüber ein, sowohl öffentlich, wie auch im Privaten. Ich erwäge: ' Warum stelle ich nicht zurück, was ich zu tun wünsche, und tue, was diese Ehrwürdigen zu tun wünschen?' Dann stelle ich zurück, was ich zu tun wünsche, und tue, was diese Ehrwürdigen zu tun wünschen. Wir sind im Körper unterschiedlich, ehrwürdiger Herr, aber im Geiste eins."

    Wobei mit "körperlichen Handlungen der Liebenden Güte" sicher keine sexuellen Handlungen gemeint sind.


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • All das, was ich bisher im Palikanon gelesen habe und aus Buddhas Mund stammen soll, ist voller Mitgefühl und Wohlwollen. Seine Lehre gab er nur deshalb an Interessierte, an Mönche und Nonnen weiter, weil er ihnen einen Weg zeigen wollte, wie sie aus dem Kreislauf von Samsara aussteigen können. Wer das nicht hören wollte, wird sich wohl auch nicht zu ihm gesetzt haben. Wem das zuviel war, wird sich sicher davon distanziert haben.

    Und das ist das gute Recht eines jeden.

    _()_

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  • Metta wiederum, also "liebende Güte" hat mit Erotik nichts zu tun. So wenig, wie eine Mutter oder ein Vater, die ihr Kind wiegen oder ihr Geschwister in den Arm nehmen dabei an Sex denken. Metta ist eine willkommene Grundlage des Umgangs miteinander:

    Wobei mit "körperlichen Handlungen der Liebenden Güte" sicher keine sexuellen Handlungen gemeint sind.

    Dass mit "körperlichen Handlungen der liebenden Güte" keine sexuellen Handlungen gemeint sind, ist schon klar.

    Dennoch kann man Erotik nicht auf sexuelle Handlungen reduzieren.

    Das erotische Verhältnis zwischen Mann und Frau (oder auch zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern) ist nicht ausschließlich sexuell bestimmt, sofern es denn ein echtes "Liebes"-Verhältnis ist.

    Die sinnliche Anziehung ist in solchen echten Liebesbeziehungen (wenn es sich um eine reife Partnerschaft handelt) doch verschmolzen mit Metta.


    Möchtest Du denn wirklich behaupten, eine erotische Liebesbeziehung könne gar nichts mit Metta zu tun haben?


    Mir scheint, das ist wirklich ein Punkt, der in den Lehrreden des Pali-Kanon seltsamerweise überhaupt nicht vorkommt.

    Soweit ich sehe, ist da alles entweder "sexuell" oder "metta", aber dass es in reifen Partnerschaften eben auch beides zugleich gibt, wird nicht behandelt.



    Zitat


    Also nach meinem Verständnis lässt der Mittlere Weg lediglich die Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse zu (wozu Sex nicht zählt) und auch bei der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse gilt das Motto: So viel wie nötig, so wenig wie möglich

    Wenn nun findige Mönche eine Lücke in Regeln entdeckt haben, die ihnen unbeschränkten Genuss von Schokolade und Zigaretten ermöglichen ... nun ja, dann sind sie tatsächlich wie Kinder, die nicht begriffen haben, worauf es auf dem von ihnen gewählten Weg in Wirklichkeit ankommt.

    Wieviel "nötig" ist und wie die Vinaya-Regeln für die heutige Zeit ausgelegt werden können/dürfen/müssen, ist eine Interpretationsfrage.

    Vor diesem Problem steht jedes Theravada-Kloster.

    Von einem "unbeschränkten Genuss von Schokolade und Zigaretten" habe ich übrigens nicht gesprochen. Selbstverständlich stopfen die Mönche nicht ununterbrochen Schokolade in sich hinein und rauchen dabei. Diese Genüsse erfolgen eher "diskret".

    In der thailändischen Waldtradition haben einige große Meister geraucht. Würdest Du sie deshalb als Kinder sehen, die "nicht begriffen haben, worauf es bei dem von ihnen gewählten Weg in Wirklichkeit ankommt"?


    Zitat

    Und dann ist es auch kindisch zu argumentieren: Wenn die Süssigkeiten haben dürfen, dann darf ich doch auch wenigstens einmal die Woche Selbstbefriedigung betreiben. Denn dann kommt der nächste, der fast körperlichen Schmerz verspürt, wenn er nicht wenigstens einmal im Monat eine Kakerlake tottreten darf oder vielleicht auch eine Ratte erschlagen. Und dann einer, dem ein Arzt bestimmt Kleptomanie bescheinigen würde und der nunmal nicht anders kann, als alle mögliche Dinge mitgehen zu lassen. Und der nächste ist so auf Entzug vom Heroin, dass er sich nun mal jeden zweiten Morgen einen Schuss setzen muss und so weiter ... Nein. Da halte ich die gesetzten Grenzen für sinnvoll und wer sich dem nicht fügen kann, der muss halt gehen.


    Dein Argument ist ein typisches "Dammbruch"-Argument: Wenn wir nur eine Ausnahme zulassen, dann ist der Damm gebrochen und die Mönche fangen an, Tiere zu töten und Heroin zu nehmen.

    Tatsache ist aber, dass in den Ordensregeln Ausnahmetatbestände völlig üblich und vorgesehen sind, ohne dass dies dazu geführt hat, dass Mönche heroinsüchtig werden. Es spricht nichts dagegen, die Regeln im Hinblick auf Ausnahmetatbestände (etwa aus medizinischen Gründen) zu konkretisieren und im Einzelfall ernsthaft zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand vorliegt. Das bedeutet keineswegs, dass dann jeder machen kann, was ihm in den Kram passt.


    Zu sagen "Wer sich dem nicht fügen kann, der muss halt gehen", erscheint mir als ethische Maxime doch ein wenig unbarmherzig. Da kann es im Einzelfall bessere Lösungen geben.


    Zitat

    Aber abgesehen davon: Wen sollte es stören und wer sollte es merken, wenn du einmal die Woche Selbstbefriedigung machst? Obwohl es gerügt werden würde, ist mein Verständnis von der Lehrrede mit den Schlafplätzen und der Erlaubnis der großen Sitzdecken, dass es wohl toleriert werden würde.


    Wenn es (a) verheimlicht wird, führt es zu einer Lüge, also einem weiteren Verstoß, wenn im Rahmen der Rezitation der Patimokkha-Regeln ein Vergehen zugegeben werden muss.

    Wenn es (b) stillschweigend geduldet wird, ohne dass die Klostergemeinschaft übereingekommen ist, dass ein Ausnahmetatbestand erfüllt ist, handelt es sich um einen kollektiven Verstoß gegen die Regeln.


    Jetzt verstehe ich übrigens erst, wie Du die "Erlaubnis der großen Sitzdecken" interpretiert hast. Offenbar meinst Du, dass damit indirekt eine Selbstbefriedigungs-Erlaubnis erteilt wurde, zumindest eine Art Duldung.

    (Ich glaube eher, dass es tatsächlich ausschließlich um unwillentlichen Samenerguss geht, der ja nur verpönt ist und dessen Folgen man verdecken darf, weil er keinen echten Regelverstoß darstellt.)



    Zitat

    Aber warum würde es überhaupt gerügt werden? Da hat Accinca schon den entscheidenden Hinweis gegeben: Sexuelle Betätigung jedweder Art ist eines der gewaltigsten Hindernisse auf dem Weg zur Befreiung.


    Sexuelles Begehren ist eines der gewaltigsten Hindernisse auf dem Weg zur Befreiung.

    Das sexuelle Begehren verschwindet nicht dadurch, dass man die Handlungen unterlässt oder Reizsituationen vermeidet. Umgekehrt kann sich das sexuelle Begehren gerade dadurch erheblich steigern und zu größeren Problemen führen als zuvor.

    Obwohl ich prinzipiell Dir und Accinca zustimme, dass zur Überwindung des sexuellen Begehrens letztlich auch der Verzicht auf jede sexuelle Handlung gehört, kann es zeitweise sinnvoller sein, sexuelle Handlungen in Maßen zu praktizieren, gerade dann, wenn es langfristig um die vollständige Überwindung des sexuellen Begehrens geht.


    Das sind doch bekannte psychologische Zusammenhänge: Wenn sich Menschen etwas untersagen, was sie innerlich heiß begehren, dann facht dies das Feuer erst richtig an.

    Aus diesem Grunde sind ja auch die Geschlechterverhältnisse in Kulturen mit rigider Sexualmoral so "aufgeladen".

    Man kann das auch auf Retreats und in Klöstern feststellen.


    Damit möchte ich nicht sagen, dass Regeln der Enthaltsamkeit generell kontraproduktiv sind. Sie können es aber sein, wenn man keine Ausnahmen zulässt und zu stark einschränkenden Regeln anhaftet.

    • Offizieller Beitrag

    Im Prinzip ist doch der Unterschied zwischen Laien und Ordinierte graduell. Es ist eine Frage dessen, auf wie viel man verzichtet und welche Gelübte man einhält. Und da gibt es bestimmt auch einen Platz für Leute, die auf vieles verzichten, aber nicht auf Sexualität. In Japan gibt es ja z.B Zen-Priester und auch verheiratete Äbte. Aber wenn ich von einem "Theravada-Mönch" höre dann ist der ja nach der "Schule der Alten" und von daher würde ich da erwarten, dass der gemäß der Tradition an die Vinaya Regeln des Thervada lebt. Wobei ich denke dass es auch in Theravada Ländern Leute gibt, die weite Jahre ihres Lebens in Klöstern leben, aber wenn sie nicht dort leben eine Beziehung haben. Die würden halt eben nicht als Ordinierte im Sinne des Vinaya des Theravada gelten.

  • Hast natürlich recht, "Kompromiss" war ein doofes Wort. Wollte nur nicht schreiben: "Der Mittlere Weg ist ein Mittelweg...."

    War mir eigentlich auch klar.

    Ich wollte es aber doch auch klar gesagt haben das es

    beim achtfachen rechten und mittleren Pfad der die

    Extreme vermeidet, darum geht das Anhangen zu überwinden.

    Das ist der Dreh- und "Angelpunkt" bei der ganzen Geschichte überhaupt.

  • In der thailändischen Waldtradition haben einige große Meister geraucht. Würdest Du sie deshalb als Kinder sehen, die "nicht begriffen haben, worauf es bei dem von ihnen gewählten Weg in Wirklichkeit ankommt"?

    Das kommt darauf an, unter welchen Umständen das Rauchen stattfindet.


    Wenn sie sich damit brüsten, als Waldmönche gegenüber Klostermönchen das Privileg des Rauchens in Anspruch nehmen zu können, dann würde ich sie tatsächlich als Kinder sehen, die "nicht begriffen haben, worauf es bei dem von ihnen gewählten Weg in Wirklichkeit ankommt".


    Wenn sie Nikotinsüchtige sind und das auch eingestehen, dann würde ich sie als das sehen, was sie sind: Süchtige, die vielleicht versuchen, in der frischen Waldluft ihre Sucht zu überwinden.


    Aber es ist auch nicht jede Art von (scheinbarem) Genuss unangemessen:

    "Angenommen, Udāyin, meine Schüler ehren, respektieren, würdigen und verehren mich, und leben in Abhängigkeit von mir, während sie mich ehren und respektieren, mit dem Gedanken: 'Der Mönch Gotama ist mit jeglicher Art von Almosenspeise zufrieden und heißt es gut, mit jeglicher Art von Almosenspeise zufrieden zu sein.' Nun gibt es Schüler von mir, die ausschließlich Almosenspeise essen, die auf Almosenrunde von Haus zu Haus gehen, ohne eines auszulassen, die sich daran erfreuen, ihr Essen zu sammeln; wenn sie bebautes Gebiet betreten haben, werden sie nicht einmal der Einladung, sich niederzusetzen, zustimmen. Aber ich esse manchmal bei Einladungen Gerichte mit ausgesuchtem Reis und vielen Soßen und Curries. Wenn mich also meine Schüler mit dem Gedanken: 'Der Mönch Gotama ist mit jeglicher Art von Almosenspeise zufrieden und heißt es gut, mit jeglicher Art von Almosenspeise zufrieden zu sein', ehren, respektieren, würdigen und verehren, und in Abhängigkeit von mir leben, während sie mich ehren und respektieren, dann sollten mich jene meiner Schüler, die ausschließlich Almosenspeise essen, die auf Almosenrunde von Haus zu Haus gehen, ohne eines auszulassen, die sich daran erfreuen, ihr Essen zu sammeln, nicht wegen dieser Tugend ehren, respektieren, würdigen und verehren, und in Abhängigkeit von mir leben, während sie mich ehren und respektieren.

    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Jetzt verstehe ich übrigens erst, wie Du die "Erlaubnis der großen Sitzdecken" interpretiert hast. Offenbar meinst Du, dass damit indirekt eine Selbstbefriedigungs-Erlaubnis erteilt wurde, zumindest eine Art Duldung.

    (Ich glaube eher, dass es tatsächlich ausschließlich um unwillentlichen Samenerguss geht, der ja nur verpönt ist und dessen Folgen man verdecken darf, weil er keinen echten Regelverstoß darstellt.)

    Nun, ich mag falsch liegen mit meiner Interpretation.


    Das Thema ist übrigens ein Klassiker: Beim zweiten Konzil trennte sich die Mahasanghika von den Stahviravadin, unter anderem weil man sich bezüglich der Verantwortung für mehr oder weniger unwillkürliche Samenergüsse nicht einig werden konnte.


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Interessante Unterscheidung.

    Eine nette Umschreibung für: "Sexualität ohne Begierde gibt es nicht"? :?:lol:


    Gesetz den Fall, dieser Unterschied wäre doch möglich, käme man wieder ein Stückchen näher in Richtung des tantrischen Ansatzes, wonach Sexualität ohne Ego, ohne Anhaftung = Sexualität ohne Begierde.


    Das schließt im Übrigen jede Sexualität aus, die zum Zwecke der Erfüllung eines Kinderwunsches praktiziert wird, da dieser Wunsch an sich natürlich auch Begierde ist.

  • Nein, das möchte ich nicht behaupten, sondern es ist so, wie Du sagst: Für gewöhnlich hat eine erotische Liebesbeziehung Anteile sowohl von Metta, als auch sexuellem Begehren. Beides kann aber auch unabhängig voneinander existieren: Metta völlig ohne sexuellem Begehren und sexuelles Begehren völlig ohne Metta.


    In den Lehrreden des Pali-Kanon treten beide Aspekte an manchen Stellen auch gemeinsam auf:

    Da richtete sich der Erhabene an einen bestimmten Bhikkhu: "Komm, Bhikkhu, sage dem Bhikkhu Moliya Phagguna in meinem Namen, daß der Lehrer nach ihm ruft." - "Ja, ehrwürdiger Herr", erwiderte er, und er ging zum ehrwürdigen Moliya Phagguna und sagte zu ihm: "Der Lehrer ruft nach dir, Freund Phagguna." - "Ja, Freund", erwiderte er, und er ging zum Erhabenen, und nachdem er ihm gehuldigt hatte, setzte er sich seitlich nieder. Der Erhabene fragte ihn:


    "Phagguna, ist es wahr, daß du übermäßig viel Umgang mit Bhikkhunīs hast, daß du so viel Umgang mit Bhikkhunīs hast, daß du, wenn irgendein Bhikkhu in deiner Gegenwart geringschätzig von jenen Bhikkhunīs spricht, zornig und ungehalten wirst und ihn tadelst, und daß jene Bhikkhunīs, wenn irgendein Bhikkhu in ihrer Gegenwart geringschätzig von dir spricht, zornig und ungehalten werden und ihn tadeln? Hast du so viel Umgang mit Bhikkhunīs, wie es den Anschein hat?" - "Ja, ehrwürdiger Herr." - "Phagguna, bist du nicht ein Mann aus guter Familie, der aus Vertrauen vom Leben zu Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen ist?" - "Ja, ehrwürdiger Herr."


    "Phagguna, es ziemt sich nicht für dich, einen Mann aus guter Familie, der aus Vertrauen vom Leben zu Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen ist, übermäßig viel Umgang mit Bhikkhunīs zu haben. Daher, wenn irgend jemand in deiner Gegenwart geringschätzig von jenen Bhikkhunīs spricht, solltest du jegliche Absichten und jegliche Gedanken, die auf dem Haushälterleben beruhen, aufgeben. Und darin solltest du dich so üben: 'Mein Geist wird unbeeinträchtigt sein, und ich werde keine bösen Worte äußern; ich werde in Mitgefühl für sein Wohlergehen verweilen, mit einem Geist voll Liebender Güte, ohne inneren Haß.' Auf solche Weise solltest du dich üben, Phagguna."

    An diesem Beispiel wird auch deutlich, dass sexuelles Begehren stets zurückzuweisen ist, während dagegen Metta und die anderen drei Brahmaviharas entfaltet werden sollen:

    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Aber es ist auch nicht jede Art von (scheinbarem) Genuss unangemessen

    Und was als angemessen oder unangemessen gilt, hängt sehr stark ab von kulturellen Prägungen: Betelnuss kauen oder Tabak rauchen gilt in manchen Kulturen (oder in manchen Jahrhunderten) als harmlose Gewohnheit, so wie andere Leute Kaffee oder Schwarztee trinken, obwohl auch darin ein psychoaktiver Stoff (Koffein) enthalten ist, den man problematisch finden kann.


    Wir tendieren dazu, Menschen mit kulturbedingt abweichenden Gewohnheiten zu verurteilen oder uns ihnen moralisch überlegen zu fühlen oder ihnen irgendwelche unlauteren Motive zu unterstellen. Dabei sind es meistens ganz einfach andere Gewohnheiten.


    Damit möchte ich nicht sagen, dass es gut ist, wenn Mönche rauchen.

    Ich möchte allerdings für etwas mehr Toleranz plädieren und dafür, sich auch mal in unterschiedliche Perspektiven hineinzudenken.

    Andererseits sollte natürlich immer klar sein, dass Genussmittel, gerade auch solche mit psychoaktiven Inhaltsstoffen, ein Suchtpotential haben und ein Hindernis darstellen können auf dem Weg der Befreiung.

    Das wiederum bedeutet nicht, dass sie in jedem Fall "verboten" werden müssen oder einen Regelverstoß darstellen. Man muss da differenziert abwägen.


    Und dieses differenzierte Abwägen sollte auch möglich sein im Umgang mit Sexualität in Klöstern. Zwischen einer "laxen Sexualmoral", die zum Verfall der Sitten führt und einem Totalverbot, bei dem sogar der unwillkürliche nächtliche Samenerguss problematisiert wird, gibt es eben auch andere Formen des Umgangs damit.

  • Nein, das möchte ich nicht behaupten, sondern es ist so, wie Du sagst: Für gewöhnlich hat eine erotische Liebesbeziehung Anteile sowohl von Metta, als auch sexuellem Begehren. Beides kann aber auch unabhängig voneinander existieren: Metta völlig ohne sexuellem Begehren und sexuelles Begehren völlig ohne Metta.


    In den Lehrreden des Pali-Kanon treten beide Aspekte an manchen Stellen auch gemeinsam auf (...)


    An diesem Beispiel wird auch deutlich, dass sexuelles Begehren stets zurückzuweisen ist, während dagegen Metta und die anderen drei Brahmaviharas entfaltet werden sollen


    Mir ging es um etwas anderes:


    Meines Wissens finden sich in den Lehrreden keine Stellen, in denen der Buddha erotische Liebesbeziehungen (bei Laien) gewürdigt und gewertschätzt und auf ihren Metta-Aspekt hingewiesen hat.

  • Mir ging es um etwas anderes:


    Meines Wissens finden sich in den Lehrreden keine Stellen, in denen der Buddha erotische Liebesbeziehungen (bei Laien) gewürdigt und gewertschätzt und auf ihren Metta-Aspekt hingewiesen hat.

    Wozu auch? Ist mir schleierhaft.

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Mir ging es um etwas anderes:


    Meines Wissens finden sich in den Lehrreden keine Stellen, in denen der Buddha erotische Liebesbeziehungen (bei Laien) gewürdigt und gewertschätzt und auf ihren Metta-Aspekt hingewiesen hat.

    Wozu auch? Ist mir schleierhaft.

    Nun ja, das ist doch das Thema der Diskussion: Es gibt unzählige Äußerungen des Buddha über Sexualität. Und da überrascht es doch schon, dass nicht wenigstens gelegentlich darauf hingewiesen wird, dass es Formen von erotischen Beziehungen gibt, die einen Metta-Aspekt enthalten und deshalb sozusagen auf einer höheren Stufe stehen.

    Man sollte doch eigentlich erwarten, dass dies gewürdigt und gewertschätzt wird.

  • Nun ja, das ist doch das Thema der Diskussion: Es gibt unzählige Äußerungen des Buddha über Sexualität. Und da überrascht es doch schon, dass nicht wenigstens gelegentlich darauf hingewiesen wird, dass es Formen von erotischen Beziehungen gibt, die einen Metta-Aspekt enthalten und deshalb sozusagen auf einer höheren Stufe stehen.

    Man sollte doch eigentlich erwarten, dass dies gewürdigt und gewertschätzt wird.

    Aber vielleicht war das zu Buddhas Zeiten nie ein Thema. Wer weiß schon, wie sich die Menschen vor 2500 Jahren sexuell verhalten haben, ob es da überhaupt - vor allen vonseiten der Männer - den Metta-Aspekt gab.


    Warum sollte der Buddha das würdigen und wertschätzen? Er selbst hat seine Familie verlassen, wozu sollte er sich da noch in Widersprüche verstricken. In die Hauslosigkeit zu ziehen, war doch zunächst das Wichtigste.

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Eine nette Umschreibung für: "Sexualität ohne Begierde gibt es nicht"? :?:lol:


    Gesetz den Fall, dieser Unterschied wäre doch möglich, käme man wieder ein Stückchen näher in Richtung des tantrischen Ansatzes, wonach Sexualität ohne Ego, ohne Anhaftung = Sexualität ohne Begierde.


    Das schließt im Übrigen jede Sexualität aus, die zum Zwecke der Erfüllung eines Kinderwunsches praktiziert wird, da dieser Wunsch an sich natürlich auch Begierde ist.

    Vielleicht reden wir auch aneinander vorbei?


    Wenn man Begierde mit raga übersetzt, dann wäre das vielleicht zu viel für Sex, das stimmt.


    Aber ohne dass Begehren, Verlangen also tanha dabei ist, könnte ich mir gar keinen Sex vorstellen.


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Nun ja, das ist doch das Thema der Diskussion: Es gibt unzählige Äußerungen des Buddha über Sexualität. Und da überrascht es doch schon, dass nicht wenigstens gelegentlich darauf hingewiesen wird, dass es Formen von erotischen Beziehungen gibt, die einen Metta-Aspekt enthalten und deshalb sozusagen auf einer höheren Stufe stehen.

    Man sollte doch eigentlich erwarten, dass dies gewürdigt und gewertschätzt wird.

    Aber vielleicht war das zu Buddhas Zeiten nie ein Thema. Wer weiß schon, wie sich die Menschen vor 2500 Jahren sexuell verhalten haben, ob es da überhaupt - vor allen vonseiten der Männer - den Metta-Aspekt gab.


    Warum sollte der Buddha das würdigen und wertschätzen? Er selbst hat seine Familie verlassen, wozu sollte er sich da noch in Widersprüche verstricken. In die Hauslosigkeit zu ziehen, war doch zunächst das Wichtigste.

    So ähnlich hatte BARA argumentiert: Zu Zeiten des Buddha habe es nur "Hasenrammeln" gegeben, - und deshalb sei die Haltung des Buddha zur Sexualität berechtigterweise so negativ.


    Das ist aber sehr unwahrscheinlich. Selbstverständlich hat es in der Antike bereits Liebesbeziehungen gegeben, die über rein sexuelle Triebbefriedigung hinausgegangen sind. Für die griechische und römische Antike ist das gut dokumentiert, was das antike Indien betrifft, müsste man mal recherchieren. Da wird es vermutlich ebenfalls Quellen geben, die das belegen.


    Es ist meiner Meinung nach sehr unplausibel, einer Hochkultur (und insbesondere der indischen Hochkultur, die diesen Gedanken von Metta hervorbringen konnte) unterstellen zu wollen, die Menschen haben damals ausschließlich Triebbefriedigung gekannt und reife Liebesbeziehungen seien eine Erfindung der Neuzeit.


    Deinen zweiten Gedanken finde ich plausibler: Der Fokus des Buddha liegt auf der Überwindung der Sexualität im Rahmen einer monastischen Lebensweise.

    Vor allem wurden seine Äußerungen ja mündlich über Generationen von Mönchen überliefert, die ebenfalls hauptsächlich an der monastischen Lebensweise und damit an der Überwindung der Sexualität interessiert waren.

    Falls es also positive Aussagen des Buddha über "liebevolle Erotik" gegeben haben sollte, wäre gut zu erklären, dass sie im Verlauf der Überlieferung "vergessen" worden sind.


    Wie dem auch sei: Es ist doch auf jeden Fall bemerkenswert und für buddhistische Laien eine relevante Erkenntnis, dass der Pali-Kanon ein ziemlich undifferenziertes und einseitig-negatives Bild von Sexualität und Erotik zeichnet.

  • das ganze Geschreibsel ...


    Dabei gibt es nur die eine Frage und die kann man nur selbst beantworten :


    Ist es für DICH relevant?

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend