M. 44. (V,4) Cūlavedalla Sutta, Die Erklärungen II

  • Zitat

    Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung

    M. 44. (V,4) Cūlavedalla Sutta, Die Erklärungen II

    DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen. Da nun begab sich Visākho, ein Anhänger, zur Nonne Dhammadinnā, begrüßte sie höflich und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun der Anhänger Visākho zur Nonne Dhammadinnā also:

    "'Die Persönlichkeit, die Persönlichkeit' heißt es, Ehrwürdige; was hat denn wohl der Erhabene gesagt, Ehrwürdige, daß die Persönlichkeit sei?"

    "Die fünf Daseinsgruppen sind die Persönlichkeit, hat der Erhabene gesagt, Bruder Visākho, als da ist

    • die Körperlichkeitsgruppe (rūpa-kkhandha),
    • die Gefühlsgruppe (vedanā-kkhandha),
    • die Wahrnehmungsgruppe (saññā-kkhandha),
    • die Gruppe der Geistesformationen (sankhāra-kkhandha)
    • die Bewußtseinsgruppe (viññāna-kkhandha)

    Diese fünf Daseinsgruppen, Bruder Visākho, sind die Persönlichkeit, hat der Erhabene gesagt."

    "Wohl, Ehrwürdige!" erwiderte Visākho der Nonne Dhammadinnā erfreut und befriedigt und stellte nun eine fernere Frage: "'Die Entstehung der Persönlichkeit, die Entstehung der Persönlichkeit' heißt es, Ehrwürdige; was hat denn nun, Ehrwürdige, der Erhabene über die Entstehung der Persönlichkeit gesagt?"

    "Dieser Durst da, Bruder Visākho, der Wiederdasein säende, genügensgierverbundene, bald da bald dort sich ergötzende, als da ist

    • der Geschlechtsdurst,
    • der Daseinsdurst,
    • der Wohlseinsdurst,

    das, Bruder Visākho, hat der Erhabene gesagt, ist die Entstehung der Persönlichkeit."


    "'Die Auflösung der Persönlichkeit, die Auflösung der Persönlichkeit' heißt es, Ehrwürdige; was hat nun wohl, Ehrwürdige, der Erhabene über die Auflösung der Persönlichkeit gesagt?"

    "Eben dieses Durstes vollkommen restlose Auflösung, Abstoßung, Austreibung, Aufhebung, Vertilgung, Bruder Visākho, das ist die Auflösung der Persönlichkeit, hat der Erhabene gesagt."


    "'Der zur Auflösung der Persönlichkeit führende Pfad, der zur Auflösung der Persönlichkeit führende Pfad' heißt es, Ehrwürdige; was hat da wohl, Ehrwürdige, der Erhabene über diesen Pfad gesagt?" "Es ist dieser heilige achtfältige Weg, Bruder Visākho, von dem der Erhabene gesagt hat, daß er zur Auflösung der Persönlichkeit führe, nämlich: rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Lebenserwerb, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Vertiefung."


    "Ist nun, Ehrwürdige, Anhangen und die fünf Daseinsgruppen ein und dasselbe, oder gibt es ein Anhangen außer den fünf Daseinsgruppen?"

    "Nicht ist, Bruder Visākho, Anhangen und die fünf Daseinsgruppen ein und dasselbe, doch gibt es kein Anhangen außer den fünf Daseinsgruppen: was da, Bruder Visākho, bei den fünf Daseinsgruppen Willensreiz ist, das ist dabei Anhangen."


    "Da hat einer, Bruder Visākho, nichts erfahren, ist ein gewöhnlicher Mensch, ohne Sinn für das Heilige, der heiligen Lehre unkundig, der heiligen Lehre unzugänglich, ohne Sinn für das Edle, der Lehre der Edlen unkundig, der Lehre der Edlen unzugänglich und betrachtet die Form als sich selbst, oder sich selbst als formähnlich, oder in sich selbst die Form, oder in der Form sich selbst; er betrachtet das Gefühl, die Wahrnehmung, die Geistobjekte, das Bewußtsein als sich selbst, oder sich selbst als diesen ähnlich, oder in sich selbst diese, oder in diesen sich selbst. So kann, Bruder Visākho, der Glaube an Persönlichkeit aufkommen."


    "Und wie, Ehrwürdige, kann der Glaube an Persönlichkeit nicht aufkommen?"

    "Da hat einer, Bruder Visākho, als erfahrener heiliger Jünger das Heilige gemerkt, ist der heiligen Lehre kundig, der heiligen Lehre wohlzugänglich, hat das Edle gemerkt, ist der Lehre der Edlen kundig, der Lehre der Edlen wohlzugänglich und betrachtet die Form nicht als sich selbst, noch sich selbst als formähnlich, noch in sich selbst die Form, noch in der Form sich selbst; er betrachtet das Gefühl, die Wahrnehmung, die Geistobjekte, das Bewußtsein nicht als sich selbst, noch sich selbst als diesen ähnlich, noch in sich selbst diese, noch in diesen sich selbst. So kann, Bruder Visākho, der Glaube an Persönlichkeit nicht aufkommen."


    "Welcher Art ist nun, Ehrwürdige, der heilige achtfältige Weg?"

    "Solcher Art, Bruder Visākho, ist der heilige achtfältige Weg, nämlich: rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Lebenserwerb, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Vertiefung."


    "Ist nun der heilige achtfältige Weg, Ehrwürdige, ein Zusammengefügtes oder ein Einiges?"

    "Der heilige achtfältige Weg, Bruder Visākho, ist ein Zusammengefügtes."


    "Hat sich nun etwa, Ehrwürdige, der heilige achtfältige Weg aus drei Teilen zusammengestellt, oder ist er aus drei Teilen zusammengestellt worden?"

    "Der heilige achtfältige Weg, Bruder Visākho, hat sich nicht aus drei Teilen zusammengestellt, sondern ist aus drei Teilen zusammengestellt worden.

    • Rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Lebenserwerb bilden den Teil der Tugend;
    • rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Vertiefung bilden den Teil der Vertiefung;
    • rechte Erkenntnis und rechte Gesinnung bilden den Teil der Weisheit (*1)."

    "Und wie erklärt man, Ehrwürdige, die Vertiefung, die Vorstellungen in der Vertiefung, das Rüstzeug bei der Vertiefung und die Pflege der Vertiefung?"

    • "Die Einheit des Gemütes, Bruder Visākho, das ist die Vertiefung,
    • die vier Grundlagen der Achtsamkeit (satipatthāna) sind die Vorstellungen in der Vertiefung,
    • die vier gewaltigen Kämpfe (siehe bala) sind das Rüstzeug bei der Vertiefung, und
    • die Übung, Pflege und Ausbildung in ebendiesen Dingen, das ist die Pflege der Vertiefung."

    "Wie viel Unterscheidungen gibt es, Ehrwürdige?"

    "Drei Unterscheidungen gibt es, Bruder Visākho:

    • körperliche Unterscheidung,
    • sprachliche Unterscheidung und
    • geistige Unterscheidung."

    "Und was ist, Ehrwürdige, körperliche Unterscheidung, sprachliche Unterscheidung und geistige Unterscheidung?"

    • "Einatmung und Ausatmung, Bruder Visākho, ist körperliche Unterscheidung,
    • Erwägung und Überlegung sprachliche Unterscheidung,
    • Wahrnehmung und Gefühl geistige Unterscheidung."

    "Und warum, Ehrwürdige, ist Einatmung und Ausatmung körperliche Unterscheidung, Erwägung und Überlegung sprachliche Unterscheidung, und Wahrnehmung und Gefühl geistige Unterscheidung?"

    "Einatmung und Ausatmung, Bruder Visākho, sind körperliche Eigenschaften, sind an den Körper gebunden: darum ist Einatmung und Ausatmung die körperliche Unterscheidung. Was man vorher in Erwägung und Überlegung gezogen hat, Bruder Visākho, spricht man nachher aus: darum ist Erwägung und Überlegung die sprachliche Unterscheidung. Wahrnehmung und Gefühl sind geistige Eigenschaften, sind an den Geist gebunden: darum ist Wahrnehmung und Gefühl die geistige Unterscheidung."

    "Und wie kann man, Ehrwürdige, die Auflösung der Wahrnehmbarkeit erlangen?"

    "Das ist nicht so, Bruder Visākho, als ob ein Mönch, dem die Auflösung der Wahrnehmbarkeit zuteil wird, sagen könnte:

    • 'Ich werde die Auflösung der Wahrnehmbarkeit erlangen', oder:
    • 'Ich erlange die Auflösung der Wahrnehmbarkeit', oder:
    • 'Ich habe die Auflösung der Wahrnehmbarkeit erlangt';

    sondern er hat sein Gemüt vorher soweit ausgebildet, daß es dafür empfänglich wird."

    "Und wenn einem Mönche, Ehrwürdige, die Auflösung der Wahrnehmbarkeit zuteil wird, was löst sich da zuerst auf,

    • die körperliche Unterscheidung, oder
    • die sprachliche Unterscheidung, oder
    • die geistige Unterscheidung?"

    "Wenn einem Mönche, Bruder Visākho, die Auflösung der Wahrnehmbarkeit zuteil wird, löst sich zuerst die sprachliche Unterscheidung auf, dann die körperliche und dann die geistige." (*2)

    "Und wie kann man, Ehrwürdige, die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufheben?"

    "Das ist nicht so, Bruder Visākho, als ob ein Mönch, der die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufhebt, sagen könnte:

    • 'Ich werde die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufheben', oder:
    • 'Ich hebe die Auflösung der Wahrnehmbarkeit auf', oder:
    • 'Ich habe die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufgehoben';

    sondern er hat sein Gemüt vorher soweit ausgebildet, daß es dafür empfänglich wird."

    "Und wenn ein Mönch die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufhebt, Ehrwürdige, was erscheint da zuerst wieder, die körperliche Unterscheidung, oder die sprachliche Unterscheidung, oder die geistige Unterscheidung?"

    "Wenn ein Mönch, Bruder Visākho, die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufhebt, erscheint zuerst die geistige Unterscheidung wieder, dann die körperliche und dann die sprachliche."

    "Und was für Empfindungen, Ehrwürdige, kommen den Mönch an, wenn er die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufgehoben hat?"

    "Drei Empfindungen, Bruder Visākho, kommen den Mönch an, der die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufgehoben hat:

    • die Empfindung der Leerheit,
    • die Empfindung der Vorstellungslosigkeit,
    • die Empfindung der Reglosigkeit."

    "Und wohin neigt sich, wohin beugt sich, wohin senkt sich, Ehrwürdige, das Gemüt eines Mönchs, der die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufgehoben hat?"

    "Das Gemüt eines Mönchs, der die Auflösung der Wahrnehmbarkeit aufgehoben hat, Bruder Visākho, neigt sich zur Einsamkeit, beugt sich zur Einsamkeit, senkt sich zur Einsamkeit."

    "Was für Gefühle gibt es, Ehrwürdige?"

    "Es gibt drei Arten von Gefühlen, Bruder Visākho:

    • das freudige Gefühl,
    • das leidige Gefühl und
    • das weder freudig noch leidige Gefühl."

    "Und wie erklärt man, Ehrwürdige, das freudige Gefühl, wie das leidige Gefühl und wie das wederfreudig noch leidige Gefühl?"

    "Körperliche oder geistige Freude, Bruder Visākho, die sich angenehm fühlbar macht, ist das freudige Gefühl; körperliches oder geistiges Leid, Bruder Visākho, das sich unangenehm fühlbar macht, ist das leidige Gefühl; und körperliche oder geistige Empfindung, Bruder Visākho, die sich weder angenehm noch unangenehm fühlbar macht, ist das weder freudig noch leidige Gefühl."


    "Und was ist beim freudigen Gefühl, Ehrwürdige, Freude und was ist Leid, was ist beim leidigen Gefühl Leid und was ist Freude, und was ist beim weder freudig noch leidigen Gefühl Freude und was ist Leid?"

    "Beim freudigen Gefühl, Bruder Visākho, ist die Dauer Freude und der Wechsel Leid, beim leidigen Gefühl ist die Dauer Leid und der Wechsel Freude, und beim weder freudig noch leidigen Gefühl ist das Verstehen Freude und das Nichtverstehen Leid."


    "Und was für ein Trieb, Ehrwürdige, haftet dem freudigen Gefühle an, was für ein Trieb haftet dem ledigen Gefühle an, was für ein Trieb haftet dem weder freudig noch leidigen Gefühle an?"

    "Dem freudigen Gefühle, Bruder Visākho, haftet der Trieb der Gier an, dem leidigen Gefühle haftet der Trieb des Hassens an, dem weder freudig noch leidigen Gefühle haltet der Trieb des Nichtwissens an."


    "Und haftet der Trieb der Gier, Ehrwürdige, jedem freudigen Gefühle an, haftet der Trieb des Hassens jedem leidigen Gefühle an, haftet der Trieb des Nichtwissens jedem weder freudig noch leidigen Gefühle an?"

    "Nicht jedem freudigen Gefühle, Bruder Visākho, haftet der Trieb der Gier an, nicht jedem leidigen Gefühle haftet der Trieb des Hassens an, nicht jedem weder freudig noch leidigem Gefühle haftet der Trieb des Nichtwissens an."


    "Was ist nun, Ehrwürdige, beim freudigen Gefühle verwerflich, was ist beim leidigen Gefühle verwerflich, was ist beim weder freudig noch leidigen Gefühle verwerflich?"

    "Beim freudigen Gefühl, Bruder Visākho, ist der Trieb der Gier verwerflich, beim leidigen Gefühl ist der Trieb des Hassens verwerflich, beim weder freudig noch leidigen Gefühl ist der Trieb des Nichtwissens verwerflich."


    "Ist nun, Ehrwürdige, der Trieb der Gier bei jedem freudigen Gefühl zu verwerfen, ist der Trieb des Hassens bei jedem leidigen Gefühl zu verwerfen, ist der Trieb des Nichtwissens bei jedem weder freudig noch leidigen Gefühl zu verwerfen?"

    "Nicht bei jedem freudigen Gefühle, Bruder Visākho, ist der Trieb der Gier zu verwerfen, nicht bei jedem leidigen Gefühle ist der Trieb des Hassens zu verwerfen, nicht bei jedem weder freudig noch leidigen Gefühle ist der Trieb des Nichtwissens zu verwerfen. Da weilt, Bruder Visākho, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung; und so verwirft er die Gier, und kein Giertrieb haftet ihm an. Und ein Mönch, Bruder Visākho, sagt zu sich selbst: 'Wann doch nur werde ich das Gebiet erobert haben, das die Heiligen schon besitzen?' Und indem er also voll Sehnsucht der höchsten Erlösungen gedenkt, fühlt er sich schmerzlich bewegt; und so verwirft er das Hassen, und kein Hassenstrieb haftet ihm an. Und ein Mönch, Bruder Visākho, erwirkt nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmütig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung; und so verwirft er das Nichtwissen, und kein Nichtwissenstrieb haftet ihm an."


    "Was erfolgt, Ehrwürdige, aus dem freudigen Gefühle?"

    "Aus dem freudigen Gefühle, Bruder Visākho, erfolgt das leidige Gefühl."


    "Und was erfolgt, Ehrwürdige, aus dem leidigen Gefühle?"

    "Aus dem leidigen Gefühle, Bruder Visākho, erfolgt das freudige Gefühl."


    "Und was erfolgt, Ehrwürdige, aus dem weder freudig noch leidigen Gefühle?"

    "Aus dem weder freudig noch leidigen Gefühle, Bruder Visākho, erfolgt das Nichtwissen."


    "Und was erfolgt, Ehrwürdige, aus dem Nichtwissen?"

    "Aus dem Nichtwissen, Bruder Visākho, erfolgt das Wissen."


    "Und was erfolgt, Ehrwürdige, aus dem Wissen?"

    "Aus dem Wissen, Bruder Visākho, erfolgt die Erlösung."


    "Und was erfolgt, Ehrwürdige, aus der Erlösung?"

    "Aus der Erlösung, Bruder Visākho, erfolgt die Erlöschung."


    "Und was erfolgt, Ehrwürdige, aus der Erlöschung?"

    "Überschritten hast du, Bruder Visākho, das Fragen, man kann den Begriff der Frage nicht fassen. Denn um in die Erlöschung zu münden, Bruder Visākho, wird das Asketenleben geführt, in die Erlöschung geht es ein, in der Erlöschung geht es auf. Wenn es dir recht ist, Bruder Visākho, so gehe nun und bitte den Erhabenen um Aufklärung: wie es dir der Erhabene darstellen wird bewahre es."


    Da war nun Visākho, der Anhänger, durch die Rede der Nonne Dhammadinnā erfreut und befriedigt, erhob sich von seinem Sitze, begrüßte die Nonne Dhammadinnā ehrerbietig, ging rechts herum und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Zur Seite sitzend erzählte nun der Anhänger Visākho dem Erhabenen Wort für Wort das Gespräch mit der Nonne Dhammadinnā. Nach diesem Berichte wandte sich der Erhabene an Visākho den Anhänger also:

    "Weise, Visākho, ist die Nonne Dhammadinnā, wissensmächtig, Visākho, ist die Nonne Dhammadinnā. Wolltest du mich um Aufklärung bitten, Visākho, ich würde dir genau dieselbe Antwort geben, wie sie dir die Nonne Dhammadinnā gegeben hat: denn das ist der Sinn, und also bewahre ihn."

    So sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der Anhänger Visākho über das Wort des Erhabenen.

    Majjhima Nikaya 44

  • Zitat

    Dieser Durst da, Bruder Visākho, der Wiederdasein säende, genügensgierverbundene, bald da bald dort sich ergötzende, als da ist der Geschlechtsdurst, der Daseinsdurst, der Wohlseinsdurst, das, Bruder Visākho, hat der Erhabene gesagt, ist die Entstehung der Persönlichkeit."


    Der genügensgierverbundene Durst.


    Der sich aus der Unzulänglichkeit/Nichtvollkommenheit der SinnesErfahrungen speist.

  • der Geschlechtsdurst,
    der Daseinsdurst,
    der Wohlseinsdurst,

    Das würde ich so nicht übersetzen.

    Es heißt:

    kāmataṇhā = Sinnliches-Verlangen.

    bhavataṇhā = Daseins-Verlangen.

    vibhavataṇhā = Daseins-auflösungs-Verlangen.

  • Danke. Ich kannte auch nur den Begriff "Geschlechterwahn".


    Kann man wohl unter Verlangen nach Sinnlichkeit einzuordnen, und auch unter einem Verlangen nach bestimmter Form.

  • Danke. Ich kannte auch nur den Begriff "Geschlechterwahn".

    Ich nehme an, diese Übersetzung kommt durch den Einfluß von Herrn Freud.

    (Aber manchmal ist eine Zigarre eben nur eine Zigarre.)

    Kann man wohl unter Verlangen nach Sinnlichkeit einzuordnen, und auch unter einem Verlangen nach bestimmter Form.

    Auf alle Fälle bedeutet kāmataṇhā das Verlangen nach Sinnlichem Genügen durch die Sinne.

    In der Lehre bedeutet die Überwindung dieses Durstes nach Sinnlichkeit durch einen belehrten

    schon Nichtwiederkehrer.

  • kāmataṇhā = Sinnliches-Verlangen.

    bhavataṇhā = Daseins-Verlangen.

    vibhavataṇhā = Daseins-auflösungs-Verlangen


    Warum wird da eigentlich 3-fach unterschieden (und nicht nur 2 fach)?


    Sinnliches Verlangen ist doch auch unter Daseins-Verlangen zu verstehen?


    Zumwinkel übersetzt die Stelle so:


    Zitat

    "Freund Visākha, es ist das Begehren, das zum Wiederwerden führt, das von Ergötzen und Begierde begleitet ist, das sich an diesem und jenem ergötzt; das heißt,

    • das Begehren nach Sinnesintensität,
    • das Begehren nach Dasein und
    • das Begehren nach Daseinsmöglichkeit.

    Dies wird vom Erhabenen Ursprung der Persönlichkeit genannt."

    Majjhima Nikāya 44


    Was sagst du dazu? Begehren nach Dasein und Begehren nach Daseinsmöglichkeit - ist das nicht dasselbe? Warum gibts hier solche Übersetzungsschwierigkeiten/Varianten?


    Es sind ja, was den letzten Begriff angeht 3 verschiedene und gar 2 gegensätzliche Übersetzungen. Neumann: Wohlseinsdurst. Du: Daseins-Auflösungsverlangen, Zumwinkel: Begehren nach Daseinsmöglichkeit.


    Ist "Geschlechterwahn" ein Begriff von Neumann? Ich hatte unter dem Begriff bisher etwas verstanden, was weniger auf sexuelles Verlangen hindeutet.


    ---


    So wie ich die Lehrreden bisher gelesen habe, erschien mir ein Unterschied zwischen den Begriffen "Durst" und "Begehren"/ "Verlangen" (für mich synonyme Begriffe) schon notwendig. Offensichtlich hat hier Neumann anders übersetzt als Zumwinkel zB? Das kommt mir schon mehr sinnentstellend vor.

  • Sinnliches Verlangen ist doch auch unter Daseins-Verlangen zu verstehen?

    Ja aber nicht umgekehrt.

    Was sagst du dazu? Begehren nach Dasein und Begehren nach Daseinsmöglichkeit - ist das nicht dasselbe?

    Ja, deswegen halte ich diese Übersetzung auch für falsch.

    Nach meinem dafürhalten beziehen sich diese drei Arten

    von taṇhā auf die drei Welten der Wesen. Danach ist vibhavataṇhā

    so das Verlangen nach Stille und Ruhe und "Nichts ist da" usw. also die arupa-Welt.

  • Deine so vorgeschlagene 3 fache Unterscheidung finde ich deutlich nachvollziehbarer, als die beiden anderen Übersetzungen einer (sinnvollen) 3 fachen Unterscheidung (das denke ich mir nämlich, dass diese Nonne da qualifiziert genug dafür war). Auch im Angesicht des Kontextes der Textpassage.


    Ich hatte mir übrigens vor der Antwort auf deinen Übersetzungsvorschlag überlegt, fragen zu wollen, ob sich dein Vorschlag "Sinnliches Verlangen" nur auf die 5 dem Körper zugeordneten Sinne bezieht oder dazu noch auf den Geistsinn (ZumwinkelBegriff). Danke dass du mich auf diese TextStelle und einen mir einleuchtenden Zusammenhang aufmerksam gemacht hast.

  • Ich hatte mir übrigens vor der Antwort auf deinen Übersetzungsvorschlag überlegt, fragen zu wollen, ob sich dein Vorschlag "Sinnliches Verlangen" nur auf die 5 dem Körper zugeordneten Sinne bezieht oder dazu noch auf den Geistsinn (ZumwinkelBegriff).

    Genau, kāmataṇhā bezieht sich nur auf die 5 Sinne. Ganz unabhängig

    davon, das diese im Geist ihren jeweiligen Bereich einnehmen.

  • Diese Einteilung passt dann so auch sinnvoller zu dieser Stelle:


    Zitat

    "Wie viel Unterscheidungen gibt es, Ehrwürdige?"

    "Drei Unterscheidungen gibt es, Bruder Visākho:

    • körperliche Unterscheidung,
    • sprachliche Unterscheidung und
    • geistige Unterscheidung."

    "Und was ist, Ehrwürdige, körperliche Unterscheidung, sprachliche Unterscheidung und geistige Unterscheidung?"

    • "Einatmung und Ausatmung, Bruder Visākho, ist körperliche Unterscheidung,
    • Erwägung und Überlegung sprachliche Unterscheidung,
    • Wahrnehmung und Gefühl geistige Unterscheidung."
  • "Unterscheidung" finde ich hier keine glückliche Übersetzung.

    Ich finde Gestaltung oder Aktivität besser:

  • Meine Interpretation dazu:

    Die Handlungen werden in Taten, Sprache und Gedanken „differenziert“.

    Taten, Sprache und Gedanken werden dann qualitativ „unterschieden“ in heilsam und unheilsam.

  • "Unterscheidung" finde ich hier keine glückliche Übersetzung.

    Ich finde Gestaltung oder Aktivität besser:


    Ich werde mir das genauer anschauen. Danke auch für den Hinweis. Eben gerade diese Formulierung "3 Unterscheidungen" halte ich für wichtig.

  • Aber die drei Arten der Gestaltung machen doch erst die Unterscheidungen die das IchSein treffen kann möglich. Ohne Gestaltung kein Unterscheiden möglich.