Sekten-Strukturen im tib. Buddhismus?

  • Meine Lieblingsrichtung ist der tibetische Buddhismus. Allerdings dämmert es mir gerade, dass speziell im tibetischen Buddhismus durch die hohe Verehrung der Lamas Sekten-Potential vorhanden ist.


    Wie kann ich helfen, dass solche Strukturen nicht aufgebaut werden?


    Und wie gehe ich mit Grenzfällen um, in denen schon ein Riesen-"Bohei" um den Lama gemacht wird, aber auch noch keine Gehirnwäsche o.Ä. statfindet?

  • Wenn eine Organisation so groß ist, bleibt nur nicht hingehen. Zen ist der kälteste Buddhismus und der Tibetische der emotionalste.

  • Wie würde ich an eine solche Frage herangehen?


    Ok, die nicht ganz optimale Frage wäre zuerst ein Versuch einer Definition, nehmen wir Wikipedia


    Zitat

    Sekte (von lateinisch secta ‚Partei‘, ‚Lehre‘, ‚Schulrichtung‘) ist eine Bezeichnung für eine religiöse, philosophische oder politische Richtung und ihre Anhängerschaft. Die Bezeichnung bezieht sich auf soziale Gruppierungen, die sich durch ihre Lehre, ihr Dogma oder ihren Ritus von vorherrschenden Überzeugungen unterscheiden und oft im Konflikt mit deren Vertretern und Anhängern stehen.

    In erster Linie steht Sekte für eine von einer Mutterreligion abgespaltene religiöse Gemeinschaft. Der ursprünglich wertneutrale Ausdruck hat aufgrund seiner Geschichte und Prägung durch den kirchlichen Sprachgebrauch einen meist abwertenden Charakter erhalten und wird seit den 1960er Jahren verstärkt in negativem Sinn verwendet.

    In der modernen Religionswissenschaft und Soziologie werden statt des Begriffs Sekte neutrale, nicht wertende Bezeichnungen wie religiöse Sondergemeinschaft, neureligiöse Gemeinschaft oder neue religiöse Bewegung verwendet.

    Mir gefällt daran der Versuch im letzten Teil neue Bezeichnungen zu finden, die von eher wertenden Ursprüngen (Sektenbeauftragte etc.) abweichen. Was mir absolut nicht gefällt, ist die beinahe alleinige Einordnung in einen religiösen Kontext.


    Es ist mir vollkommen egal, ob eine Sekte irgendwie in Widerspruch zur (Beispiel) katholischen Kirche steht, für mich sind da antisoziale Strukturen wie etwa Ausbeutung bei Scientology viel wichtiger. (Nebenbei - wer mal Scientology Texte gelesen hat, Hubbard bezieht sich durchaus häufiger auf den Buddha als Inspiration). Das gilt auch für starke soziale Einschränkungen (kein Kontakt zu Andersgläubigen bei den Zeugen Jehova, besonders nicht zu Abtrünnigen, selbst wenn diese Mitglieder der engsten Familie sind, keine Teilnahme an Wahlen) etc.


    Das nächste, was mir in den Sinn kommt (ich lebe im ordentlichen Deutschland) - ich würde mal ganz einfach nach Begriffen wie 'Sekten Buddhismus', 'Gefahren Buddhismus' etc. googeln und dann bei mehr oder weniger offiziellen Quellen bleiben.


    Dabei kommt viel Mist raus, aber durchaus auch Material um weiterzudenken.


    Du benutzt den Begriff 'Sekten-Potential', also gehe ich von einer durchaus kritischen Grundhaltung aus. Ich möchte mich anschließen. Überall, wo besonders große Ankündigungen gemacht werden (Ende des existentiellen Leidens) ist die Gefahr der Ausnutzung der Hoffenden gegeben.

  • Meine Lieblingsrichtung ist der tibetische Buddhismus. Allerdings dämmert es mir gerade, dass speziell im tibetischen Buddhismus durch die hohe Verehrung der Lamas Sekten-Potential vorhanden ist.


    Wie kann ich helfen, dass solche Strukturen nicht aufgebaut werden?


    Und wie gehe ich mit Grenzfällen um, in denen schon ein Riesen-"Bohei" um den Lama gemacht wird, aber auch noch keine Gehirnwäsche o.Ä. statfindet?

    Es gibt die Prüfkriterien auf buddhistische Sekten. Ein wichtiger Punkt ist die Abschottung - also z.B wenn nur der eigene Lama geschätzt wird und andere nicht.


    Hier hilft Austausch zwischen den Gruppen also z.B andere Lehrer einzuladen oder deren Bücher zu lesen.

  • Gerade durch die große Wichtigkeit von Übertragslinien kann ja ein Tunnelblick entstehen. Um den entgegenzuwirken, entstand die Rime-Bewegung:

    Rime (tib.: ris med; deutsch: ohne Unterschied; englisch: without distinction) bezeichnet eine gruppenübergreifende Bewegung innerhalb des tibetischen Buddhismus, die im 19. Jahrhundert durch buddhistische Meister wie Jamyang Khyentse Wangpo, Jamgön Kongtrül Lodrö Thaye, Peltrül Rinpoche, Orgyen Choggyur Lingpa und Khakyab Dorje entstand. Dieser Bewegung schlossen sich Meister aller großen Schulrichtungen Tibets an.

    ...


    Im 20. Jahrhundert führten Meister wie Jamyang Khyentse Chökyi Lodrö und Dilgo Khyentse diese Bewegung fort. Der Begriff wurde zum Synonym für eine unvoreingenommene Einstellung gegenüber allen Lehren aller Schulen des Buddhismus. Diese von Offenheit geprägte „Rime-Einstellung“ hat Eingang in viele tibetische Schulen gefunden. Durch politische Verwicklungen in den 1960er Jahren mit dem Versuch des Dalai Lama, die Leitung der vier tibetischen Traditionen seiner Exilregierung zu unterstellen, wird der Begriff Rime von exiltibetischen Oppositionellen auch als Instrument der Gleichschaltung verstanden.

    Als Gegenbewegungen gegen Rime entstanden Bewegungen wie die neue Kadampa Tradition von Geshe Kelsang - wo man sich "rein" halten will und nur auf die Gelug-Trafition und den eigenen Lehrer fokusiert. Und eben von Studium anderer Lehrer und die Vermischung mit anderen Gruppen abrät.