»Ein junger Zen - Mönch hatte den Auftrag, einen wichtigen Brief eigenhändig zu überbringen.
Auf seinem Weg hatte er eine Brücke zu überqueren, doch dort stand ein erfahrener Samurai, der den Schwur geleistet hatte, die ersten hundert Männer, die die Brücke überqueren wollten, im Zweikampf herauszufordern.
Er hatte schon neunundneunzig getötet.
Der Mönch bat den Samurai, er möge ihn passieren lassen, weil er einen sehr wichtigen Brief zu überbringen habe:
"Ich verspreche zurückzukommen, um mit euch zu kämpfen, sobald ich den Brief übergeben habe."
Der Samurai zögerte zunächst, willigte dann aber ein, und der Mönch konnte seine Reise fortsetzen.
Nachdem er den Brief übergeben hatte, suchte der Mönch, in der Gewissheit, bald sterben zu müssen, seinen Meister auf, um sich von ihm zu verabschieden.
"Ich muss mit einem großen Samurai kämpfen und ich habe noch nie ein Schwert in den Händen gehalten.
Er wird mich gewiss töten."
"In der Tat", antwortete der Meister, "du wirst sterben, denn du hast keine Chance zu siegen.
Also werde ich dich die beste Art zu sterben lehren:
Du hebst dein Schwert über deinen Kopf, hältst die Augen geschlossen und wartest.
Wenn du auf deinem Scheitel etwas Kaltes spürst, so ist das der Tod.
In diesem Moment lässt du die Arme und alles, was du glaubst zu besitzen fallen.
Das ist alles."
Der Mönch verneigte sich vor seinem Meister und begab sich zu der Brücke, wo der Samurai ihn erwartete.
Die zwei machten sich zum Kampf bereit.
Der Mönch tat genau das, was ihm sein Meister geraten hatte.
Er nahm sein Schwert in beide Hände, hob es über den Kopf, schloss die Augen und wartete völlig regungslos.
Dies überraschte und verwirrte den Samurai zutiefst, da die Haltung seines Gegners keinerlei Angst widerspiegelte. Misstrauisch geworden, näherte er sich vorsichtig dem Mönch, der völlig ruhig stand, allein auf seinen Scheitel konzentriert.
Der Samurai dachte:
Dieser Mann ist offensichtlich außergewöhnlich stark.
Er hatte den Mut zurückzukehren und mit mir zu kämpfen.
Der Mönch stand immer noch regungslos da.
Der Samurai wurde immer ratloser, und plötzlich war er sicher:
Dieser Mann ist ohne Zweifel ein ganz außergewöhnlicher Krieger.
Er nimmt von Anfang an eine Angriffsstellung ein und schließt dann auch noch seine Augen!
Der Mönch hatte inzwischen den Samurai völlig vergessen, vollkommen darauf konzentriert, den Rat seines Meisters zu befolgen und würdig zu sterben, stand er von allen weltlichen Dingen losgelöst und befreit da.
Der Samurai war inzwischen zu der Gewissheit gelangt, dass er bei der geringsten Bewegung seinerseits zweigeteilt werden würde und begann schließlich mit weinerlicher Stimme zu sprechen:
"Bitte habt Mitleid mit mir und tötet mich nicht. Ich dachte Meister der Schwertkunst zu sein, aber jetzt weiß ich, dass ich heute einen wahren Meister getroffen habe.
Bitte nehmt mich als euren Schüler an und lehrt mich den Weg der Schwertkunst." «
añjalī अञ्जलि
Dorje Sema