Beiträge von nibbuti im Thema „Ein säkularer Buddhismus – von Stephen Batchelor“

    mukti:


    nach Batchelor hat Buddha nicht gelehrt das Leid zu beenden, überlieferte Stellen wie: "Ich lehre nichts anderes als das Leid zu beenden" seien falsch. Denn Leid bedeutet Geburt, Alter Krankheit und Tod. Die Aufhebung des Leids würde also die Aufhebung der Geburt miteinschließen.


    Naja, klingt etwas schwarz-weiß, wenn das so ist.


    Geburt gibt es zwei Arten bei einem Mensch: 1. aus dem Schoß der Mutter & 2. 'geistige Geburt' oder Identifikation.


    Auch Dukkha gibt es im Grunde genommen zwei Arten: 1. Unzulänglichkeit aller bedingt entstandenen Dinge (aniccha-dukkha-anatta) & 2. subjektives Leiden.


    Zitat

    Ich sehe nach der Überlieferung die Aufhebung des Geburtenkreislaufs als einen zentralen Teil des Buddhismus, ob das nun damals gängiges Weltbild war oder nicht. Andere mögen das anders sehen.


    Kommt ganz drauf an was man darunter versteht, mukti.


    Buddha hat jedenfalls genau definiert, was er unter zentralen Teil oder 'Kernholz' der Lehre versteht.


    Zitat

    "Also, ihr Bhikkhus, liegt der Nutzen dieses heiligen Lebens nicht in Zugewinn, Ehre und Ruhm, oder im Erlangen von Sittlichkeit, oder im Erlangen von Konzentration, oder in Wissen und Schauung. Sondern es ist diese unerschütterliche Herzensbefreiung (akuppā cetovimutti), die das Ziel dieses heiligen Lebens ist, sein Kernholz und sein Ende." (M 29)


    Liebe Grüße

    mukti:

    Batchelor argumentiert wie folgt:


    Zitat

    Denn der Verzicht auf solche Schlüsseldoktrinen wie Wiedergeburt, das Gesetz des Karma und Befreiung vom Kreislauf von Geburt und Tod, würde gewiss das ganze Gebäude des Buddhismus selbst unterminieren. Jedoch für die, die außerhalb der indischen Kultur aufgewachsen sind, und die sich in einer durch die Naturwissenschaften geprägten Moderne zu Hause fühlen, also denen zu predigen, dass man das Dharma nicht «wirklich» praktizieren kann, außer man hält an den Grundsätzen der antiken indischen Soteriologie fest, macht wenig Sinn.


    Ein verständlicher Ansatz, aber widersprüchlich ausgeführt. Das Gesetz des Karma und die Befreiung von Geburt und Tod ist eben das Dharma. Wenn man es weglässt, praktiziert man nicht mehr Dharma. Und es ist nicht mehr Buddhimus, weil dieses Dharma eben das gemeinsame Kennzeichen aller buddhistischen Richtungen ist, das was den Begriff "Buddhismus" ausmacht.


    Hi mukti


    Hier muss ich Batchelorismus ausnahmsweise zustimmen.


    'Karma' und 'Kreislauf von Geburt und Tod' erscheint uns jetzt ach so buddhistisch und zur Lehre gehörend, aber zu Buddhas Zeiten waren die Vorstellungen vor allem bei den Samanas gang und gäbe, weswegen er sich dieser Sprache bediente.


    Es sind aber relativ wenig Lehrreden, in denen der Buddha tatsächlich von Karma und Kreislauf von Geburt und Tod spricht, da das eher verkomplizierte Konzepte sind. Viel häufiger erklärt der Buddha dieselben Zusammenhänge auf eine natürliche Art wie mit der Goldenen Regel.


    Desweiteren war er eher damit beschäftigt eben solche Konzepte von vergangenem Karma und zukünftiger 'Geburt' auseinander zu fädeln, statt auf ihnen zu bestehen, & den Geist des Zuhörers wieder in die Gegenwart zu bringen.


    Zentral ist bis heute Buddhas Lehre vom bedingten Entstehen (paticcasamuppada) & Vergehen, das in den vier edlen Wahrheiten vom Dukkha zusammengefasst ist. Auch in den angesehendsten Traditionen wird das heute oft noch fälschlicherweise mit der abergläubischen Drei-Leben-Theorie durcheinander geworfen.


    Selbst das bedingte Entstehen bedient sich einer bestimmten Sprache, ist aber schon eher am 'Kernholz' der Lehre als die 'Äste & Zweige' und 'äußere Rinde' der Lehre.


    Geht Batchelorismus auf paticcasamuppada ein?


    ***

    Matthias65:


    Es wäre schön, wenn Du mit Deinen Worten mal beschreiben könntest wie das denn der Buddha gesehen hat und nicht nur darauf verweist wie er es angeblich nicht gesehen hat.


    Nicht 'angeblich', Matthias, sondern vorher in eigenen Worten dargelegt, und anschließend untermauert mit mehreren Quellenbelegen.


    Es wurde alles nötige bereits gesagt, und ich habe dir via privater Nachricht vorgeschlagen, spezifische Fragen zu stellen, wenn etwas bestimmtes unklar ist.


    Die Arbeit kann dir keiner abnehmen.


    Doris Rasevic-Benz:
    Zitat

    Tue ich das nun, weil ich Angst vor einer 'schlechten' Geburt habe, weil ich eine 'gute' Geburt & 'gutes' Karma haben will?


    Oder weil ich die Vorteile auf gewisse Dinge zu verzichten direkt im Hier & Jetzt erfahren habe?


    Das ist doch egal. Ist nur ein Problem der Zeit. Wie die Rente mit 57 oder mit 67 Jahren.
    Einen Unterschied macht nur, wenn es einfach aufgeben wird, nicht um eines Vorteils willen, sondern weil da keinem Impuls mehr nachgegeben wird oder noch besser, der gar nicht mehr entsteht.
    Das ist dann, wenn die silas nicht mehr geübt werden, sondern das Ergebnis von Übung sind. So beschreibt es Herr Batchelor und die werte Jiksija hat das vor kurzem auch getan.


    Ganz richtig, liebe Doris, aber so könnte man das in Gedanken ewig fortsetzen, höher schneller weiter, oder auf Buddhismus-Sprech 'alles eins, alles eins, alles eins'.


    Für mich deuten die oben unterstrichenen Passagen zumindest in dieselbe Richtung.


    Matthias65:

    Das war ausschließlich Deine Interpretation, dass Karma und "Wiedergeburt" "nur" Sittlichkeit betreffen würde.
    Karma und Wiedergeburt können aber auch als essentiell gesehen werden, als unverzichtbar für die buddhistische Lehre, als Bestandteil der
    buddhistischen Weisheit (Leerheit).


    Buddha stimmt dir nicht zu, Matthias:



    Hingegen gilt für 'Leerheit' (sunnata) betreffende Dinge:




    Matthias65:

    Na prima nibutti, etwas ähnliches hatte ich weiter oben auch geschrieben.
    Da war Deine Antwort merkwürdigerweise eine völlig andere.
    Und nun findest Du das was LL hier geschrieben hat gut,
    irgendwie verstehen wir uns gerade nicht :lol:


    Nicht irgendwie, lieber Matthias, sondern ganz spezifisch.


    LL sprach von "alles abändern", du hingegen sprachst zuvor von Dingen, die Sittlichkeit betreffen, nämlich Karma & (gute) Geburt oder 'Wiedergeburt'.


    Alles abändern, z.B. die vier edlen Wahrheiten von Dukkha, hieße, dass auch die vorherige Bezeichnung nicht mehr zutrifft, wie LL richtig feststellte.


    Der Wunsch einer 'guten' Geburt & Nichthabenwollen einer 'schlechten' Geburt, kommt nicht von direkter Erfahrung (wie die vier edlen Wahrheiten), sondern betrifft indirekt die Sittlichkeit.


    Entfaltung von Tugend & Sittlichkeit ist aber auch ohne den Wunsch einer 'guten' Geburt & Nichthabenwollen einer 'schlechten' Geburt möglich.


    z.B. verzichte ich auf Töten von Lebendigem, auf Lügen, Klauen, Drogen & Sex.


    Tue ich das nun, weil ich Angst vor einer 'schlechten' Geburt habe, weil ich eine 'gute' Geburt & 'gutes' Karma haben will?


    Oder weil ich die Vorteile auf gewisse Dinge zu verzichten direkt im Hier & Jetzt erfahren habe?


    Das muss sich jeder selber beantworten. Ich persönlich finde die Goldene Regel ist vollkommen ausreichend für Tugend & Sittlichkeit. Siehe hier.


    mukti:


    Sein Schlusssatz:

    Zitat

    So ist es mit dem Buddhismus 2.0. In Anbetracht dieses Gleichnisses (das Floß-Gleichnis) macht es wenig Sinn zu fragen: «Ist das wirklich Buddhismus?» Die einzig relevante Frage ist: «Schwimmt es?


    Ich glaube es schwimmt und solange das Verlangen nach einem glücklichen Menschsein besteht, wird es wohl lange weiterschwimmen - falls da nicht einige Klippen der Selsbtherrlichkeit, Geltungsdrang und Bereicherung im Weg sind, dann könnte es zwischendurch mal untergehen. Ob es jemals irgendwo ankommt, kümmert die "säkularen Buddhisten" nicht. Sie schwimmen halt gerne so lange es geht.



    mukti trifft hier ins Schwarze, wenn er das 'Ankommen' anspricht.


    Batchelorismus sagt "Die einzig relevante Frage ist: «Schwimmt es?»". Konsequent zu Ende gedacht müsste das heißen «Führt es sicher zum anderen Ufer?»


    Für mich sind die Suttas perfekt, kein Grund die Sache noch zu verkomplizieren.


    Merkur-Uranus:

    Die traditionellen Buddhisten verzerren sich immer so schön nach dem Bild des Mönches. Dabei sind sie zumeist zu faul, um selbst ins Kloster zu gehen und versuchen deshalb eine monastische Praxis in ein weltliches Alltagsleben zu pressen


    Dies ist natürlich ein 'Strohmann'-Argument, MU, und hat reichlich wenig mit der Realität zu tun. Klosterleben mag nicht für jeden geeignet sein, aber wenn man kein Problem hat auf Sex zu verzichten, ist es bekanntlich einfacher als der samsarische Arbeitsalltag.


    Ich musste mal aufgrund von Bafög-Schulden ein Jahr lang um 3 Uhr morgens aufstehen, 10-12 Stunden harte körperliche Arbeit, davon 2 Stunden Autobahnfahrt und eine halbe Stunde Pause. Der Lohn reichte gerade einmal für anfallende Reparaturen am schrottreifen Auto und einmal am Tag essen. Die Zeit reichte manchmal kaum für eine Meditation wegen der Müdigkeit, sodass mein Geist bei der Arbeit spontan in Jhana fiel, was den Kollegen nicht so gefiel.


    Wenn der Leidensdruck groß genug ist, wird man so oder so früher oder später in ein Kloster finden. Die meisten hier haben aber noch Dinge zu erledigen. Jedenfalls sehe ich keinen Grund, Batchelorismus der Buddhalehre entgegenzustellen. Bestenfalls ist es eine ganz persönliche Sache & ein Angelpunkt für Leute, die eher zum Zweifeln neigen, bevor sie die ursprünglichen Quellen für sich entdecken.


    Merkur-Uranus:

    Die traditionellen Buddhisten verzerren sich immer so schön nach dem Bild des Mönches. Dabei sind sie zumeist zu faul, um selbst ins Kloster zu gehen und versuchen deshalb eine monastische Praxis in ein weltliches Alltagsleben zu pressen - sehr unschön.


    Der säkulare Buddhismus zeigt diesen Zwiespalt offen auf und bietet angemessene Möglichkeiten, die Lehre des Buddha im 21. Jahrhundert zu praktizieren.


    Hi MU


    Klingt eher nach einem Zwiespalt bei den Batcheloristen. :lol:


    Wo genau soll deiner Ansicht nach der Unterschied sein zwischen den zwei Positionen?


    Laien-Bewegungen sind nichts Neues.


    Selbst zu Buddhas Zeiten gab es 'weiße Robenträger', die ihre weltlichen Belange erledigt hatten & nach 8 oder 10 Silas ein weitgehend zölibatäres Leben lebten, das nicht auf Sinneszerstreuung, sondern auf Meditation ausgerichtet war.


    Was will denn hier wieder & wieder das Rad neu erfinden?


    Was kann hier nicht einfach sein eigenes Ding durchziehen und dazu stehen, ohne die Lehre des Buddha zu verbiegen oder sich gegen Strohmann-Feindbilder hervorheben zu müssen?


    Matthias65:

    Ohne den Gedanken der "Wiedergeburt" und "Karma", die Batchelor ablehnt, hat sein "Buddhismus 2.0" nicht wirklich etwas mit Buddhismus zu tun.


    Mit aber auch nicht unbedingt.


    Buddha bezeichnete Kamma & (gute) Geburt als zur Sittlichkeit gehörend.


    Sittlichkeit ist aber nicht gleichzusetzen mit dem 'Kernholz' der Lehre.


    Sittlichkeit ist in der Lehre des Buddha eher wie die 'äußere Rinde' eines Baumes.


    Ruhm & Ansehen ist in der Lehre des Buddha wie die 'Äste & Zweige' eines Baumes.


    Konzentration (samadhi) wie die 'innere Rinde', usw.


    Siehe hier.


    Hi Merkur-Uranus.


    Hier gibt es bereits ein Forum für sowas.


    Ich habe den Eindruck, dass Mr Batchelor zwar dannundwann auf die ursprünglichen Suttas als Inspiration für seine Bemühungen deutet, aber selbst zuvor als Mönch keinen Erfolg hatte, ins Eheleben gegangen ist & somit nun seinen Lebensunterhalt bestreiten muss.


    Es steht jedem frei, eine eigene zeitgemäße Interpretation unters Volk zu bringen.


    Ich neige eher dem zeitlosen Dhamma des Buddha zuzustimmen.


    Buddha sagt:


    Zitat

    Das Dhamma, das auf solche Weise von mir wohl verkündet wurde, ist klar, offen, ersichtlich und frei von Flickwerk.


    http://www.phathue.de/buddhismus/mittlere-sammlung/mn22/