@277
Danke für diese Erinnerung.
Ja, wenn man schon erleuchtet ist, dann ist's einfach keine Ansichten mehr zu haben.
Aber genau deswegen gibt es ja immer wieder Geburt, solange wir noch nicht erleuchtet sind.
Du hast es am Ende ja selbst zitiert:
Durch die Fessel der Ansichten gebunden, ist der nicht unterrichtete Weltling nicht befreit von Geburt, Alter und Tod, von Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung; er ist nicht befreit von Dukkha, sage ich."Majjhima Nikāya 2
Alles anzeigen
Von mir gerne diese Erinnerung 
Der Grund, weswegen rationalisiert wird, also weswegen Ansichten und Meinungen gedacht, also gebildet werden (und damit automatisch 'Anhaftung ist') ist das Dürsten nach Sinneserfahrung.
So eine SinneseErfahrung ist auch das Gefühl in Verbindung mit einer Vorstellung/in Verbindung mit dem Vorgang der Vorstellungsbildung.
Die gedachten und/oder geäusserten Ansichten und Meinungen sind Ausdruck des Dürstens, und in der bewussteren Form Ausdruck des Willens.
Da gibt es heilsamerers, also weiseres Anhaften und Bilden von Vorstellungen und auch weniger heilsames, weniger weises Anhaften und Bilden von Vorstellungen.
Weniger weise ist es, Vorstellungen über ein Selbst zu bilden (und währenddessen automatisch daran anzuhängen).
"Warum nur ist ausgerechnet mir so ein Unglück passiert" - und entsprechendes, verzweifeltes/selbstmitleidiges Gefühl an dem angehangen wird
"Wie kann ein anderer mich nur so sehen" - und ein entsprechendes verzweifeltes/selbstmitleidiges Gefühl, an dem angehangen wird
"Ich habe es mir doch verdient, dass ich einmal in so eine Situation gelange" - und ein entsprechendes erhoffendes Gefühl an dem angehangen wird
"Ich bin doch gar nicht so, wie mich diese Person sieht" - und ein entsprechendes entrüstetes Gefühl, an dem angehangen wird
"Einmal werde ich dies und das erlangt haben, und dann wird man mich richtig sehen" - ein ein entsprechendes stolzgerechtes Gefühl an dem angehangen wird
"Wenn ich einmal tot bin, werden andere bemerken, wie ich eigentlich war" - und ein entsprechendes ...
"In meinem früheren Leben muss ich wohl sehr Gutes getan haben, deswegen bin ich in diesem Leben so schön" - und ein entsprechendes eingebildetes/SELBSTergötzendes Gefühl an dem ...
"In meinem nächsten Leben werde ich ein besonders schöner Mensch sein, und alle Frauen der Welt werden da auf mich fliegen" - und ein enstprechendes SELBSTergötzendes Gefühl an dem ...
...
(Anmerkung: so eine Liste von SELBSTkonstruierenden Vorstellungen könnte man in einem Thread mal ausbauen. Ist bestimmt nicht schlecht und jeder kann sich selbstoffen und unabhängig von der Kenntnis diverser Lehren daran beteiligen)
Daneben gibt es Vorstellungsbildungen, die sind weiser und heilsamer. Die dienen dem Verstehen, und damit der zukünftigen Vermeidung
"So war der Wille/die Neigung des Geistes, als ich verzweifelt an der bitteren Vorstellung hing, warum ausgerechnet mir so ein Unglück passiert ist, und deswegen will ich es in Zukunft bemerken, wenn so eine Neigung wieder aufkommt und demzufolge das daran Hängen unterbrechen"
"So war das Dürsten und Begehren, als ich mich an der Vorstellung ergötzt habe, dass andere mich einmal richtiger sehen werden, und deswegen will ich es in Zukunft bemerken, wenn wieder so ein Durst aufkommt, und demzufolge das daran Anhängen unterbrechen"
"So war der Durst, als ich selbstergötzend an der Vorstellung hing, wie andere mich einmal sehen werden, und deswegen ...
...
(Anmerkung: so eine Liste ...
)
Der Durst/das Dürsten verändert sich. Es ist möglich, hier (bedingt) Kontrolle auszuüben. Die grundsätzliche Praxis, um den Geist zu beruhigen und zu klären ist die Einhaltung der fünf silas. Die Person die sich danach richtet, wird nach und nach unegozentrierter. Das heisst: die Häufigkeit des Dürstens nach solchen Vorstellungen wird geringer. Und das heisst nur wieder: der Geist wird klarer, ruhiger. Er erfasst solche SELBSTkonstruierenden Vorstellungen (nach und nach) nicht mehr so leicht/solche Vorstellungen kommen nicht mehr so leicht auf.
Daneben gibt es noch weitere Möglichkeiten, den Geist zu festigen/zu stabisieren. Da wären Formen der Meditation zu nennen.
Inmitten einer unruhigen Welt mit ständig aufkommenden Erscheinungen (die einen potentiell in solche Gefühls- und wieder solche Willensgegenden und andere Gefühls- und Willensgegenden werfen) garantiert so ein stabilisierterer Geist die Möglichkeit einer einheitlicheren, also klareren Sicht auf das ganze Phänomen des Entstehens solcher Bewusstseinszustände. Also: sechs Sinnesapparat/Gruppen des Ergreifens.
Wie der Durst ist, so ist auch das neuerliche Ergreifen nach dem Absterben eines Körpers. Also: Durst und entsprechender Körperkeim (entsprechende körperliche Anlagen, die zwingend zur Ausbildung kommen werden) entsprechen sich. Deswegen sagt Buddha 'die Wesen sind die Erben ihrer Taten'. Daran muss man nicht zweifeln.
Es ist kein ICH/keine Seele was so einen neuen Lebenskeim ergreift. Es ist auch kein ICH/keine Seele, was mit dem Tod zugrundegeht, es ist auch kein ICH/keine Seele, die die zum Beispiel auch die Erfahrung macht: Apfelgeschmack.
Aber man kann anders darüber schwer sprechen, und ich finde, man braucht sich durch andere Aussagen auch nicht 'verrückt machen' (zum Beispiel 'Wieder- oder erneute Geburt ist Aberglaube'). Jeder steht mit seinem Denken dort, wo er eben steht, und Attaglaube ist natürlicherweise in Bewusstsein 'integriert'. Zu dem kann man schon stehen, auch wenn man eigene Ansichten und Erklärungen formuliert. Wichtig ist es halt, dass man das richtige tut. In der Gewissheit, dass sich nach und nach mehr Klarheit (über bedingtes Entstehen - worüber nur sonst
) einstellen wird. Das heisst: in dem Streben, nach und nach Attaglaube überwinden zu wollen.