Beiträge von Schroedinger im Thema „Graduelles Training (aus: "Buddhas Lehre von der Wiedergeburt")“


    Doch. Sie folgen genau den Anweisungen des Buddha. Und dennoch gibt es unter denjenigen, die genau den Anweisungen des Buddha folgen, welche, die Nibbana nicht erreichen.
    Wie diese Anweisungen sind steht ja im ersten Teil, den du hier zitiert hast.


    Hier aber geht es um den Geist, in dem sie die Anweisungen befolgen.


    Zitat


    Abgesehen davon habe ich niemals behauptet, dass das graduelle Training eine hinreichende Bedingung für Nirwana sei.
    Es wäre ja auch ganz absurd, so etwas zu behaupten, denn auch von denen, die eifrig gemäß den Lehrreden üben, wird nicht jeder ein Arahant.
    Deiner Auffassung, dass es sich bei dem graduellen Training um notwendige Bedingungen für das Erwachen handelt und nicht um hinreichende Bedingungen, stimme ich zu.


    Es freut mich, dass du da eine Übereinstimmung siehst. Mehr wollte ich auch nicht, dass da eben zweierlei betrachtet werden muss.


    Zitat


    Allerdings werden diejenigen, die so üben wie es der Buddha beschreibt, auf dem achtfachen Pfad fortschreiten, auch wenn sie nicht die letzte Befreiung erlangen.


    Ich begnügen mich nicht mit vorletzten Dingen - im übrigen auch nicht der Buddha. Dem ging es auch um die letzte, endgültige Befreiung.


    Ich fand bei erbreich auf seiner Seite einen Betrag von Georg Schmid, der dich vielleicht interessieren könnte:


    http://www.relinfo.ch/satipatthana/info.html

    Frieden-und-Freude:
    Tychiades:

    Fortschritt ist eine Kategorie des unterscheidenden Denkens.


    Na klar, der Buddha macht ständig Unterscheidungen:
    zwischen heilsam und unheilsam, richtig und falsch etc. etc.


    Klaro - aber das sollte dann auch einer erkennen wollen und sich nicht nur das heraus picken, was ihm in seinen Kram passt.


    Z.B. das hier:

    Zitat


    Die da nun, Priester, kämpfende Mönche sind, mit streitendem Busen die unvergleichliche Sicherheit zu erringen trachten, denen gilt bei mir diese also gegebene Weisung; die aber da als Mönche heilig geworden sind, Wahnversieger, Endiger, die das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntnis erlöst haben, denen taugen diese Dinge um seliger Gegenwart zu genießen, bei klarem Bewußtsein."


    Das ist jetzt das zweite Mal, dass du diese Lehrrede hier reinkopierst. Wie beim ersten Mal frage ich mich, weshalb du den zweiten und wichtigeren Teil der Lehrrede weglässt? Wahrscheinlich weils nicht in deine Argumentation passt.


    Im zweiten Teil unterscheidet der Buddha nämlich, die einen, die doch alles peinlich genau erfüllen doch nicht nibaana erreichen und die anderen, die auch den Anweisungen genau folgen und die erreichen nibbana.


    Und das ist der Kern des Sutta. Passt aber nicht zu deinem Thema vom graduellen Training. Das reicht nämlich nicht hin. Das ist höchstens eine notwendige Bedingung, dass man beständig und letztlich sein ganzes Leben dem Pfad folgt.


    Entscheidend ist hier was am Schluss der Rede steht: (ich nehme die Zumwinkel-Fassung)


    Zitat

    "Ebenso, Brahmane, existiert Nibbāna, und der Pfad, der zu Nibbāna führt, existiert, und ich bin als Führer anwesend. Und doch, wenn meine Schüler auf solche Weise von mir angewiesen und unterrichtet worden sind, erlangen einige von ihnen Nibbāna, das höchste Ziel, und einige erlangen es nicht. Was kann ich da machen, Brahmane? Der Tathāgata ist einer, der den Weg zeigt."

    15. Nach diesen Worten sagte der Brahmane Ganaka Moggallāna zum Erhabenen: "Es gibt Personen, die ohne Vertrauen sind und die vom Leben zu Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, nicht aus Vertrauen, sondern um einen Lebensunterhalt zu suchen, die betrügerisch, hinterlistig, verschlagen, hochmütig, hohl, eitel, mit derber Zunge, mit losem Mundwerk sind, die ihre Sinnestore nicht beschützen, die maßlos im Essen sind, der Wachsamkeit nicht gewidmet, dem Mönchsstand gegenüber gleichgültig, nicht besonders respektvoll gegenüber der Schulung, die aufwendig leben, die achtlos sind, die im Rückfälligwerden führend sind, die die Abgeschiedenheit vernachlässigen, die faul sind, es an Energie mangeln lassen, die unachtsam sind, nicht wissensklar, unkonzentriert, mit zerstreutem Geist, ohne Weisheit, Schwätzer. Meister Gotama lebt mit diesen nicht zusammen."


    "Aber es gibt Männer aus guter Familie, die aus Vertrauen vom Leben zu Hause in die Hauslosigkeit gezogen sind, die nicht betrügerisch, hinterlistig, verschlagen, hochmütig, hohl, eitel, mit derber Zunge, mit losem Mundwerk sind; die ihre Sinnestore beschützen, die gemäßigt im Essen sind, der Wachsamkeit gewidmet, die sich um den Mönchsstand kümmern, die besonders respektvoll gegenüber der Schulung sind, nicht aufwendig oder achtlos leben, die darauf aus sind, Rückfälle zu vermeiden, die in Abgeschiedenheit führend sind, die voll Energie, Entschlossenheit sind, in Achtsamkeit verankert, wissensklar, konzentriert, mit gesammeltem Geist, Weisheit besitzend, keine Schwätzer. Meister Gotama lebt mit diesen zusammen."


    Hier macht der Brahmane eine Unterscheidung, die sich nicht auf das Training bezieht, sondern auf das Zusammenleben mit dem, der den Weg zeigt.


    Hier werden keine Fähigkeiten aufgezählt, die einer trainieren kann. Hier geht es um die grundlegende Einstellung. Die hat einer oder er hat sie nicht. Entweder man lebt damit oder nicht.

    Frieden-und-Freude:
    Tychiades:

    Es ist doch ziemlich wurscht, ob stufenweise oder nicht - Hauptsache du befolgst die Lehre - und da fängt man immer da an, wo man eben ist. Das kann man dann etikettieren wie man will.


    Im Zen ist ja oft von "Anfängergeist" die Rede. Mir scheint, Du möchtest darauf hinaus:


    Nein.


    Zitat


    Falsch wird es nur, wenn man diesen Grundsatz verabsolutiert und meint, es gebe in der Praxis gar nicht so etwas wie Fortschritt.


    Nein.
    Es ist lediglich eine weitere Ansicht und deshalb - weil es lediglich eine Ansicht ist, ist es eine weitere Täuschung. Fortschritt ist eine Kategorie des unterscheidenden Denkens. Da wird verglichen mit - was war und was ist - darüber spricht die Lehrrede DN 1 http://www.palikanon.com/digha/d01.htm


    Schön. Zum Schluß erwähnt der Autor folgendes Sutta:
    A.V.73 Der Befolger der Lehre I



    ...


    Zitat

    Erklärt habe ich so, o Mönch, den Lerneifrigen, erklärt den eifrigen Lehrredner, erklärt den eifrigen Hersager, erklärt den eifrigen Denker und erklärt den Befolger der Lehre. Was, o Mönch, ein Meister für seine Jünger tun mag, ihr Wohl wünschend, aus Mitleid für sie, von Mitleid bewogen, das habe ich für euch getan. Hier sind Plätze unter den Bäumen, hier sind leere Behausungen! Übe Vertiefung, o Mönch, und sei nicht lässig, auf daß du nicht später Reue empfindest! Das ist meine Weisung für euch.«


    Es ist doch ziemlich wurscht, ob stufenweise oder nicht - Hauptsache du befolgst die Lehre - und da fängt man immer da an, wo man eben ist. Das kann man dann etikettieren wie man will.
    Auch nach 20 Jahren fängt man immer nur da an, wo man ist - mit dem Geist, der da grade da ist - und dem Zustand in dem man eben grade so ist.
    Da nimmt man Abstand von einer Bewertung. Man muss, ganz gleich wie hoch einer gestiegen ist - wieder runter auf Level O. Und da gibt es keine Bonuspunkte und du kannst das Erreichte auch nicht speichern fürs nächste mal und kannst nicht da weiterpraktizieren, wo du letztes Mal warst. Nee - du fängst ganz neu und von vorn wieder an. Von mir aus graduell - aber doch auch ein wenig plötzlich. Nicht rum dösen - rechte Anstrengung. Und nach der Übung wartet der Staubsauger - und dem ist es egal, wo du grade gewesen bist. Es muss sauber sein, wenn du bei mir Put-zen tust.

    Frieden-und-Freude:


    Wenn ich den Zen-Weg betrachte, so wie ich ihn inzwischen (möglicherweise besser) verstanden habe, bleibt es für mich weiterhin eine offene Frage, ob es wirklich ausreicht, alles einfach anzunehmen, wie es ist, ohne das eigene Leben und Handeln zu beurteilen?


    Da ist nun mal ein wesentlicher Unterschied zwischen Leben und Handeln. Das eigene Leben, wie es geworden ist oder wie es jetzt ist, resultiert ja auch aus meinen Handlungen und da bin ich beim Karma. Das ist anzunehmen und es sind auch die Folgerungen daraus zu ziehen. Gerade die Handlungen bieten ja ein sehr weites Feld der Praxis.


    Zitat


    Wenn ein Zen-Praktizierender beispielsweise dazu neigt, feindselig auf andere zu reagieren, nimmt er dieses Verhalten auch einfach bloß an?


    Er nimmt es wahr. Er nimmt die Gefühle wahr und er weiß, dass Gefühl durch Kontakt entsteht. Und dann gibt es verschiedene Möglichkeiten damit klar zu kommen. Das ist ja in dem oben von mir verlinkten Vortrag über die khandas auch erläutert, was da so passiert. auch hier ist ein weites Feld der Praxis.


    Zitat


    Besteht nicht die Gefahr, dass das Annehmen des eigenen Lebens, so wie es nun einmal ist, bei manchen Zen-Praktizierenden bloße Rechtfertigungen sind, um eben nicht an sich arbeiten zu müssen?


    Dafür hat man dann den "edlen Freund" - der auch Lehrer sein kann. Dem vertraut man soweit, dass er einem auf die Füße treten darf und genau das fragt. Da gibt es auch immer solche quietistischen Versuche von einfach nur so rumsitzen. Das ist aber nicht Zen. Im Zen ist man ganz wach und stellt sich alle diese Fragen.
    Z.B. warum. Warum mache ich sowas? Hat das einen Sinn? Was nützt das? Komme ich da mal groß raus?


    Durch dieses Feuer der blöden Fragen muss man sich durchsitzen.
    Und da ist dann nichts. NICHTS. Da steht keiner, der sagt: WOW. Klasse. Du bist toll. Da steht einer, der sagt, dass die Spülmaschine eingeräumt werden muss.

    Frieden-und-Freude:


    Ob man diesen allmählichen Prozess als "graduelle Erleuchtung" oder "graduelles Erwachen" bezeichnet und ob es spontane Erleuchtung gibt oder nicht, ist für mich übrigens völlig nebensächlich. Wichtig allein ist, diesen Weg des Übens zu gehen, denn er lässt sich durch spontane Erleuchtungs-Erlebnisse eben nicht ersetzen.


    Wer jedoch glaubt, dieses Training überhaupt nicht nötig zu haben, weil es eine Form von Anhaftung sei und man doch auf direktem Weg durch spontane Erleuchtung die Sichtweise eines Buddha einnehmen könne, der unterliegt einem verhängnisvollen Irrtum und wird auch immer derselbe bleiben mit all seinen kilesas.
    (Ich möchte damit keineswegs behaupten, dass alle Zen-Praktizierenden diesem Irrtum unterliegen.)


    Danke für deinen ausführlichen Beitrag.
    Überhaupt danke ich für die Diskussion, sie hat mir wieder die Möglichkeit gegeben, mich eingehender mit der Problematik zu befassen, als man das sonst tut.
    Ich fand einen interessantne Beiträg, den ich mit euch teilen möchte:
    http://www.dhamma-dana.de/buec…rnd/Wie_Khandhas_sein.pdf


    Noch in Ergänzung:
    Es geht beim Erwachen nicht um spontanen Erlebnisse - sondern um eine radikal andere Sicht auf die Welt. Sie erscheint als plötzlich, weil sie im letzten
    Teil einen plötzlichen Zusammenfall des Begrenzenden bedeutet, hat aber einen jahrelangen Vorlauf. Auch bei Huineng gab es diesen Vorlauf, wenngleich er sich einfach darin übte, sein Leben, so wie es ist, vollständig anzunehmen und Holz zu sammeln und zu verkaufen.


    Ansonsten sollte man sich auch der Urteile enthalten, was andere für nötig halten oder nicht. Man sollte immer nur bei sich bleiben.


    Nochmals schönen Dank für die Diskussion hier.

    mukti:

    Ist jetzt üben generell Unsinn, oder nur falsches üben und es gibt auch richtiges üben, oder was meinst du? Dieser grundsätzliche Sachverhalt müsste sich doch klar und verständlich ausdrücken lassen, auch wenn Internet nicht genügt zum Erwachen.


    Hast du vor geübt, bevor du gelebt hast?


    Leiden ist dann gegeben, wenn ich mein Leben vor einem Maßstab bewerte und mir gesagt wird, das geht so und nicht so. Du musst so leben und nicht so, sonst wirst du nicht glücklich (oder erwachst nicht).
    Voraussetzung dafür ist, dass ich mich vom Leben getrennt sehe und zwischen einem Ich und einem Leben unterscheide. Wenn ich aber erkenne, dass alles bedingt entsteht und vergeht, dann gibt es zwischen mir und dem Leben keinen Unterschied. Das meint man, wenn man von Einssein spricht. Und auch falsch und richtig sind bedingt. Ebenso Täuschung und Erwachen.
    Wovon ist aber Erwachen bedingt? Vom Unbedingten - gäbe es nämlich kein Unbedingtes, dann gäbe es auch kein Bedingtes - und das Unbedingte ist der Ursprung von allem, das auch manchmal namenlos genannt wird, weil es im Usprung kein Ding gibt, keinen Gedanke und auch nicht einen von richtig oder falsch.
    Diesen Ursprung kann man durch Übung nicht erreichen, weil er bereits in allem ist und keinen Ort hat, sondern lediglich als "Hier" oder "Jetzt" oder "Buddhanatur" bezeichnet wird. Das ist auch gemeint, wenn davon gesprochen wird, dass alle Wesen Buddhanatur sind. Die Bedingung fürs Erwachen ist eben nur das Erwachen selbst. Im Erlösten ist Erlösung, heißt das im Palikanon.


    Hilfe findet sich dann durch edle Freunde, also solche, mit denen zusammen man die Übung vollzieht - damit ist gemeint, Satipatthana, oder Zazen und auch den "Bettelgang", als rechter Lebensunterhalt. Also Freunde, mit denen man zusammen lebt. Wie z.B. rechter Lebenserwerb aussieht, dass gestaltet sich dann auch je nach Tradition.

    mukti:
    Tychiades:


    Für einen Blinden ist es fruchtlos, wenn an der Fähigkeit des Sehens zu arbeiten.


    Deshalb hat der 5.Patriarch einen Nachfolger gesucht, damit den Blinden auch weiterhin gesagt werden kann dass die Blindheit unheilbar ist? Kapier ich nicht.


    Ich denke nicht.


    Ein Mensch der keine Beine mehr hat, der kann auch nicht die Fähigkeit des Gehens durch allmähliches Training erlangen. Auch wenn er sich noch so bemüht, führt das doch zu nichts.


    In gewisser Weise ist es daher zynisch, wenn einem Normalbürger erzählt wird, er könne zum Erwachen kommen, wenn er sich nur genügend trainiert.
    Aber es gibt ja auch ausreichend Dumme, die auf diesen Zug aufspringen. Man muss es nur oft genug sagen und da finden sich jede Menge "Lehrer", die solche Geschichten erzählen.
    Besonders lustig ist es, wenn dann noch Tabellen aus dem Palikanon gemacht werden, wo überall was über graduelles Training steht.


    Macht' mal und nicht aufgeben. Irgendwann kommt man an den toten Punkt und erkennt, dass es doch so nicht geht.


    Buddha spricht immer vom Vertrauen in einen guten Freund, der einem die Lehre verständlich macht - wenn man keine guten Freunde hat, dann fasst man auch kein Vertrauen in die Lehre. Einfach so im Internet rum fischen, reicht nicht. Man muss schon mit den Freunden zusammen sein, um zu erkennen, dass sie auch selbst anwenden, was sie so daher reden.

    Der "Weltling" macht sich Vorstellungen über den Spiegel. Er stellt sich vor, der Spiegel sei nicht sauber.


    Und auch das stellt er sich vor und ergeht sich darin und bleibt da hängen.


    Zitat

    Und man sollte sich auch nicht vormachen das dies überflüssig
    sei und man es nicht nötig hätte die Schleier der Maya zu durchdringen.
    Zu glauben es sei ja nur Illusion und daher nicht der Mühe
    des Wegräumens wert, wäre der größte Fehler.

    Im Zen unterscheidet man durchaus auch zwischen plötzlichem und allmählichem Erwachen. Das ist am besten in den beiden berühmten gatha (Versen) ausgedrückt, von denen Eno, der 6. Patriarch in seiner Biographie berichtet.
    Der 5. Patriarch suchte einen Nachfolger und bat seine Mönche um Verse, die ihr Verständnis zeigen sollten. Der Mönchsälteste Shenxiu schrieb daraufhin an eine Wand des Klosters:


    Der Leib ist der Bodhi-Baum
    Der Geist ist wie ein klarer stehender Spiegel
    Poliere ihn allzeit mit Eifer
    Lass keinen Staub daran haften.


    Das ist die Sicht des „Bewachen der Sinnestore“, z.B. da Staub eine Metapher für die Kleshas ist.


    Daraufhin lies Eno sein gatha hin schreiben:


    Im Grund gibt es keinen Bodhi-Baum
    Da ist kein klarer Spiegel auf einem Gestell
    Im Ursprung ist da kein Ding
    Worauf soll sich Staub legen.


    Ich hatte nicht ohne Grund das MN 1 hier erwähnt, denn darin wird auch diese unterschiedliche Sichtweise thematisiert. Shenxiu kann als die Sicht des Mönchs gesehen werden, der stets bemüht ist, sich der kleshas zu entledigen, d.h. den Spiegel sauber zu halten.
    Enos Sicht zeigt hingegen die des Thatagatha – des Ursprungs aller Sichtweisen, in dem es keine Sicht, keine Ansicht und damit auch kein Ding gibt. Auch kein Staub.


    Das Mulapariyaya Sutta unterscheidet vier Arten von Menschen, anhand deren wird nun die unterschiedliche Sicht gezeigt und ich nehme da mal den letzten Punkt – Nibbana.


    Der Weltling, der höher geschulte Bikkhu, der Arhat (I, II, III, IV) und der Tathagatha I und II. Ich nehme mal den letzten Punkt dann von den Aufzählungen, um die feinen Unterschiede sichtbar zu machen.


    Weltling
    26."Er nimmt Nibbāna als Nibbāna wahr. Nachdem er Nibbāna als Nibbāna wahrgenommen hat, stellt er sich Nibbāna vor, er macht sich Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er es nicht vollständig durchschaut hat, sage ich."


    Bikkhu
    50. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, sollte er sich nicht Nibbāna vorstellen, er sollte sich nicht Vorstellungen in Nibbāna machen, er sollte sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend machen, er sollte sich nicht vorstellen 'Nibbāna ist mein', er sollte sich nicht an Nibbāna ergötzen. Warum ist das so? Damit er es vollständig durchschauen möge, sage ich."


    Arhat I
    74. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er es vollständig durchschaut hat, sage ich."


    Arhat II
    98. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er frei von Begierde ist, durch die Vernichtung der Begierde."


    Arhat III
    122. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er frei von Haß ist, durch die Vernichtung des Hasses."



    Arhat IV
    146. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er frei von Verblendung ist, durch die Vernichtung der Verblendung."



    Tatagatha I


    170. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil der Tathāgata es vollständig bis zum Ende durchschaut hat, sage ich."



    Tathagatha II


    194. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er verstanden hat, daß Ergötzen die Wurzel von Dukkha ist, und daß es mit Werden (als Bedingung) Geburt, und für alles, was geworden ist, Alter und Tod gibt. Daher, ihr Bhikkhus, ist der Tathāgata durch die völlige Vernichtung, die Lossagung, das Aufhören, das Aufgeben und Loslassen der Begehren zur höchsten vollkommenen Erleuchtung erwacht, sage ich."


    http://palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m001z.html


    Wenn man nun für „Nibbana“ den Begriff „Fähigkeiten“ einsetzt, sowie in den Abschnitten der Lehrrede zuvor, anstatt Nibbana, Begriffe, wie „Empfindung“, „Erdelement“ usw. verwendet sind, dann versteht man, dass „Fähigkeiten“, wie auch „Training“ nichts substantielles sind, sondern eben Konzepte, die man als solche unmittelbar erkennen soll und sich nicht Vorstellungen machen soll, sich nicht darin ergehen soll und sie sich auch nicht als „mein“ vorstellen soll. Dann kann man diese ganze Debatte über graduelles Training als das ansehen, was es ist – substanzlos bzw. leer.

    Grad' deshalb. weil es sonnenklar,
    wird Zeit gebraucht, es zu begreifen.
    Erkennst du gleich, dass Kerzenlicht ein Feuer ist,
    erfasst du auch, wie gargekocht der Reis schon ist.


    Das ist ein Vers von Mumonkan aus dem Koan Fall 7 - Joshûs "Wasch die Essschalen"


    Ich meine, das gibt das Problem wieder, von Einsicht und Realisierung.


    Aufgrund der links über "graduelles Training" habe ich dann mal so im Netz gesucht und fand das hier:
    http://www.dharmasalon.net/Writings/Majjhima/majjhima.html


    Insbesondere der Kommentar zum Mulapariyaya Sutta ist hier angebracht.


    Schöne Weihnachten allen.

    Frieden-und-Freude:


    Natürlich ist es eine für die Praxis zweitrangige Frage, ob das Erwachen spontan oder graduell abläuft.



    Das hatten wir doch schon geklärt: es ist immer nur Jetzt.
    Gerade an der Lehrrede, die du hier als Beispiel anführst, kommt doch der König am Ende der Rede Buddhas zur Einsicht und das wird ihm dann auch noch mit höchster Anerkennung bestätigt.
    Aufgrund seines Karma - er hatte ja seinen Vater ermorden lassen - konnte er nicht in den Orden aufgenommen werden, sondern wurde Laienanhänger.


    Zitat


    Deutlich wichtiger ist die ursprünglich gemeinte Frage, ob die Praxis selbst graduell (oder auch: "stufen"förmig schrittweise) abläuft - und zwar mit Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit als unverzichtbare Grundlage für alles weitere.


    Nein. Es geht beides ineins und es gibt da keine Priorität zwischen Sila, Samadhi und Panna. Es wird zwischen zwei Arten von z.B. Erkenntnis unterschieden MN 117- der weltlichen und der überweltlichen und es führt kein Weg von der weltlichen zur überweltlichen Seite. Deshalb kann da auch einer nicht fortschreiten oder vorwärts kommen - er bleibt immer dem weltlichen verhaftet und vergleicht früher und jetzt. Er hängt also im Netz der Ansichten fest DN 1, wenn er einen solchen Fortschrittsglauben pflegt.


    Lies also nochmal, unabhängig vom Kommentator, diese Lehrrede selbst durch und prüfe, wo da was von graduell steht. Ich finde da nichts.


    Davon unbenommen ist natürlich, dass der Lohn der Asketenschaft ein tugendhaftes Leben ist - sofern man sich in der Ausübung darin übt.

    Frieden-und-Freude:

    Das erscheint mir jetzt doch als wohlfeile Polemik. ;)


    Die Metapher vom spirituellen Krieger ist Dir doch vertraut, nehme ich an.


    Der Geist ist nicht zu fassen - also auch nicht zu erobern - wie auch immer. In solcher Metapher oder solchem Begriff zeigt sich das grundfalsche Verständnis eines Mönchs. Aber kriegerische Mönche hat es ja immer gegeben. Nicht nur im Zen.


    Es sind Irrwege und Irrtümer und spricht eben nicht für den Bikkhu Bodhi.


    Also dann - viel Spass noch mit der Diskussion hier.

    Zitat

    Die Früchte sind ganz einfach Konsequenzen der Praxis.
    Ist die Praxis sinnvoll, gibt es heilsame Früchte.


    Nein.
    Es muss heißen - ist die Praxis heilsam, sind die Früchte auch heilsam.
    Aber für alle.


    Zitat


    Insofern: An den Früchten kann man die eigene Praxis prüfen.


    Nein. Die eigene Praxis wird nicht von einem selbst geprüft. Die Früchte sind allenfalls Merkmale für andere. Die können sie aber nur erkennen, wenn sie dafür ein "Auge" haben.
    Die Früchte sind Verweilungszustände - brahmavihāra.



    Zitat


    Nehmen heilsame Geisteszustände zu und unheilsame ab - oder nicht?


    Das lässt sich nur erkennen, wenn ein heilsamer Geist mit einem unheilsamen Geist zusammen kommt. Aber da ist man nicht im Ungeborenen, sondern in der Dualität.



    Ich beende das jetzt hier zunächst - im Neuen Jahr geht es dann weiter.
    :)

    Frieden-und-Freude:

    Zuletzt ein Zitat aus obigem Buch von Bhikkhu Bodhi:


    "The Samannaphala Sutta is the first of the Buddha's discourses in the textual order of the Sutta Pitaka to make known the methodical step-by-step training that constitutes the Heart of the practical Dhamma. ... It presents the path, not as a mere list of factors ans formulas, but as an ascending series of steps that rise up one upon the other, transforming the practitioner from a fickle wordling into a peerless spiritual conqueror victorious over all the defilements of mind." (p. 2)


    Um mal die Haltung des verehrten Bikkhu aufzuzeigen, mit welchen Worten er hier die Lehrrede anpreist, habe ich das mal übersetzt:


    Zitat

    "Das Samannaphala Sutta ist die erste der Lehrreden Buddhas in der Textordnung des Sutta Pitaka, die das methodische schrittweise Training bekannt macht, welches das Herz des praktischen Dhamma darstellt. Es stellt den Weg dar, nicht als eine bloße Liste von Faktoren und Formeln, sondern als eine aufsteigende Serie von Schritten, die aufeinander aufsteigen und den Praktizierenden von einem unbeständigen Weltling in einen unvergleichlichen spirituellen Eroberer verwandeln, der siegreich über alle Befleckungen des Geistes ist. "


    Tja - sagt eigentlich alles.
    So sind sie die Amerikaner - selbst als Buddhisten, sehen sie sich als Eroberer.

    Frieden-und-Freude:


    Da bin ich jetzt aber baff erstaunt, dass Ihr offenbar nicht den geringsten Schimmer davon habt, was ich mit "graduellem Traning" meine.
    Denn das ist die übliche Weise, wie im Theravada der achtfache Pfad aufgefasst und praktiziert wird: Es werden bestimmte Tugenden eingeübt, die Silas, die zunächst mal immer bessere geistige Voraussetzungen schaffen, während man sie vervollkommnet. Unter dieser Voraussetzung eines Gemüts, das aufgrund der Einhaltung der Silas frei ist von Reue, kann man sich auch weiteren Voraussetzungen widmen: etwa dem "Schutz der Sinne", der Einüben einer bescheidenen und zufriedenen Grundeinstellung, von Konzentration und Weisheit. Die Früchte dieses graduellen Trainings sind heilsame Geisteszustände, die Befreiung von Gier, Hass und Verblendung.


    Da das sich nun klärt, was du bzw. "der" Theravada unter gradueller Praxis versteht, können wir gern über den "Lohn des Asketenschaft" uns austauschen.


    Meine Bitte an dich möchte ich daher nochmal wiederholen:
    Deine Zusammenfassung der Lehrrede auf den entsprechenden Punkt würde hier sehr hilfreich sein - denn Voraussetzung der Früchte ist ja die Asketenschaft selbst - also das, was man Hauslosigkeit nennt.
    Jemand, der in Geschäfte verwickelt ist, hat da schon mal ziemliche Probleme.


    Zitat


    Besonders wichtig ist hier die Samannaphala Sutta. Es gibt dazu aus Theravada Sicht eine lange Kommentar-Tradition.
    Als wissenschaftliche Quelle und Zusammenfassung der Kommentar-Tradition empfehle ich von Bhikkhu Bodhi: "The Discourse in The Fruits of Recluseship. The Samannaphala Sutta and its Commentaries".
    Wer es weniger gelehrt mag, kann das Buch von Ayya Khema über die "Früchte des spirituellen Lebens" lesen.


    Kommentare sind da nun nicht hilfreicher, als die Erfahrung mit der Praxis der Asketenschaft selbst. Und wie sieht es da aus?
    Wie erkennt man denn Verblendung?


    Zitat


    Nochmals: Ich bin wirklich erstaunt, dass ihr offenbar keinen blassen Schimmer habt, wovon ich rede. Das ist jetzt kein Vorwurf. Ich verstehe ja auch oft nicht, wovon ihr redet. Aber ich war davon ausgegangen, dass ihr zumindest wisst, was mit graduellem Training gemeint ist.


    Training ist ja schön und sicherlich auch in gewissen Grenzen sinnvoll - aber es ist eben auch eine Praxis des sich Verhaftens und man glaubt, man könne das, was kommt, meistern. Das ist eine sehr große Verblendung und führt zu Stolz und Dünkel.


    Im Zen hat man auch sowas wie Stufen - aber man weiß auch, dass es nur Krücken und Konstrukte sind. Stufen gibt es eben nicht - der Weg ist stufenlos, oder wie schon gesagt ist - stützenlos.
    Weil du nicht wissen kannst, was kommt, bist du immer im Beginn bzw. im Anfang.
    Du bildest dir ein, du hättest dann Früchte angehäuft, die dir in dem Moment helfen könnten - Gelassenheit, Herzensgüte, oder so - tja. Im freien Fall flattert so manches eitle Gemüt.

    Frieden-und-Freude:


    Mir scheint allerdings, dass in vielen wichtigen Lehrreden eine ganz andere Ausübung der Praxis beschrieben wird.
    Beispielsweise hier:
    http://www.palikanon.com/digha/d02.htm


    Ich könnte darüber jetzt lachen, aber ich nehme das als ernsthaftes Anliegen zur Klärung zweier weit auseinander liegender Positionen - ich werde mir die Lehrrede über die Feiertage mal gründlich vornehmen. Soweit ich das erkenne, findet sich da aber nichts drin, was da deiner Vorstellung von Praxis entspricht.
    Es ist hilfreich, wenn du die Lehrrede mal auf den dir wesentlichen Punkt zusammen fasst. Ich sehe da keinen Bezug zu unserer Thematik hier.


    Ich bezweifele auch inzwischen, dass deine Auffassungen überhaupt was mit buddhistischer Praxis zu tun haben. Ich weiß ja icht wo und bei wem du praktizierst - ist mir auch egal - aber es kommt ziemlich komisch rüber, was du da erzählst.


    Vielleicht erklären sich die verschiedenen Ansichten dadurch, dass wir hier von verschiedenen Dingen reden. Da war einmal die Frage nach dem Erwachen - und dass das "Jetzt" geschieht. Deine Ansicht von gradueller Praxis bezieht sich offenbar auf das, was im Zen Realisierung genannt wird. Die Änderung des Verhaltens und der Haltung braucht dann vielleicht Zeit, weil sie ja auf der phänomenalen Ebene sich bewusst ereignet. Sie braucht aber auch Gelegenheit, um sich zu erweisen und da ist es dann auch wieder so, dass ein Rückzug ins klösterliche Leben aus der Welt sich als Täuschung zeigen kann und man sich seine Früchte nur einbildet.