Beiträge von mukti im Thema „Beten im Buddhismus“

    Was das Thema betrifft, so gibt es im Buddhismus zwar Formen des Gebets, es richtet sich aber nicht an einen ewigen Schöpfergott wie im Christentum und auch nicht an das Nirvana. Zu einer detaillierten und umfassenden Ausführung über Gebetsformen im Buddhismus ist es in diesem Thread bislang nicht gekommen, stattdessen hat sich eine Diskussion darüber entwickelt ob Nirvana ein Glaube ist der mit dem Glauben an Gott gleichzusetzen wäre.


    Dazu wurde auf die unterschiedlichen Erfahrungen auf diesen beiden Wegen hingewiesen: Während ein Theist seine Erfahrungen Gott zuschreibt und auf ihn bezieht, bestehen die Erfahrungen des Buddhisten in Erkenntnissen und Beseitigung bzw. Erleichterung von Dukkha. Damit ist aber die Frage, ob vollkommene und endgültige Befreiung möglich oder nur ein Glaube ist, nicht gelöst worden. Diese Problemstellung wurde besonders von ARYA DHARMA aufgebracht der Nirvana als bloßen Glauben ansieht.


    Ich selber habe das nicht grundsätzlich verneint, weil ich Nirvana tatsächlich nicht erfahren habe und wahrscheinlich auch niemanden kenne, der es erreicht hat. Obwohl ich also so recht und schlecht einen Weg gehe der mir Erkenntnisse ermöglicht, ein Durchschauen von allerhand Illusionen und Befreiung von damit verbundenen Leiderfahrungen, weiß ich nicht mit absoluter Sicherheit ob er am Ende zu Nirvana führt. Weil sich aber diese Resultate zeigen und zu erwarten ist dass sie sich mehren, je mehr Erkanntes zu tatsächlicher Erfahrung wird, vertraue ich darauf. Den Unterschied zum Glauben sehe ich darin, dass ich das Vertrauen auf Nirvana jederzeit aufzugeben bereit bin falls es sich als falsch erweisen sollte, während ein Glaubensbekenntnis ein unbedingtes Festhalten impliziert. Es geht um die Wahrheit.


    Es wird sich also erweisen ob es ein endgültiges, vollkommenes Erlöschen von Gier, Hass und Verblendung gibt oder nicht. Bis dahin ist jede erfolgreiche Bemühung am achtfachen Pfad wert ihn zu gehen. Es gibt dabei nichts zu verlieren als Irrtümer und Leiden, da ist es nicht weiter schlimm wenn die Zielvorstellung auch verloren ginge falls sie ein Irrtum wäre.

    aber z.B. was Daseinsgruppen (khandha) und Nicht-Selbst (anatta) bedeutet sollte schon einigermaßen bekannt sein um besser zu verstehen was mit Nirvana gemeint ist.


    Ja, hab ich noch nie im Leben gehört davon, dann muss ich erst mal lernen was das ist, vielen Dank für den Tip. Obwohl, ich hab ja schon Beiträge dazu verfasst...ach nee geht ja gar nicht, weil ich mich mit der Lehre Buddhas noch nicht richtig befasst habe.

    Aha, ich lese nicht alles. Dann haben wir anscheinend ein sehr verschiedenes Verständniis, daran würde auch eine seitenlange Diskussion kaum was ändern.

    Ja ich sehe das als Ausrede von dir. Wir müssen hier nicht die gesamte Lehre Buddhas aufrollen ("Grundwissen") sondern es geht doch hier nur um Nirvana als absoluten Zustand. Ohne jegliche Erfahrung davon, sagt jeder hier, wie selbstverständlich, dass es so was gibt. Das respektiere ich, aber es ist eben nichts anderes, als wenn ein Christ sagt, dass das Himmelreich ihm irgendwann Frieden schenkt.

    Hab ich nicht gesagt, sondern dass ich Nirvana viel eher für möglich halte als ein ewiges Leben.


    Die gesamte Lehre müssen wir hier nicht aufrollen, aber z.B. was Daseinsgruppen (khandha) und Nicht-Selbst (anatta) bedeutet sollte schon einigermaßen bekannt sein um besser zu verstehen was mit Nirvana gemeint ist.

    Im Endeffekt weiß ich ja was du sagen willst: Der christliche Himmel ist vollkommen erdacht und kann nicht erfahren werden, während wir Zustände des Nicht-Begehrens sehr wohl erfahren können. Hier stimme ich ja vollkommen zu. Aber da macht der Buddhist ja nicht Halt, er will ja die komplette Auslöschung. Und dies als Absolutum ist eben auch erdacht, das wäre ja quasi "der Himmel auf Erden". Du sagst ja in etwa, weil wir die Ekstase von Sex oder einer wilden Party kennen, gäbe es auch eine andauernde Ekstase. Das glauben auch viele. Aber gesehen hab ich noch keinen.

    Wenn ich dich recht verstehe stimmst du zu dass ein Zustand des Nicht-Begehrens erfahren werden kann, bist aber überzeugt dass Begehren wieder entstehen muss. Sicher, wenn es sich um den Zustand eines erfüllten Wunsches handelt, der dauert wie gesagt nicht an.


    Aber wenn erst gar kein Wunsch entsteht? Dazu bedarf es ja eines Mangelgefühls, andernfalls würde kein Wunsch entstehen.

    Nun ja, du hältst Nirvana (Verlöschen von Gier, Hass und Verblendung) für unmöglich, reines Wunschdenken. Mein Eindruck ist dass du dich mit diesen Fragen, besonders mit der Lehre des Buddha, nicht gründlich auseinandergestzt hast und vorschnell urteilst. So kann man das Problem nicht näher beleuchten, wenn Grundwissen fehlt. Aber das wirst du vielleicht als Ausrede von mir sehen. Da kann man halt nichts machen.

    Mit "überhaupt nichts zu begehren" war natürlich gemeint dass es auch ein andauernder Zustand ist, das Verlöschen des Begehrens. Deshalb habe ich das als buddhistisches Ziel ja auch mit dem christlichen Ziel des ewigen Lebens verglichen und die Frage gestellt welches realistischer erscheint.


    Vom ewigen Leben kann man kein Stückchen erfahren, es ist eine Erfahrung die man sich zur Gänze nach dem Tod erhofft. Nicht-Begehren ist dagegen ein bekannter Zustand. Z.B.wenn jemand völlig frei ist von einer Leidenschaft, die einem anderen schwer zu schaffen macht.

    Aber Glück als ein wunschloser Zustand ist auch bekannt, wenn ein Wunsch in Erfüllung geht. Freilich dauert der Zustand nicht lange an:


    Zitat

    Wonach du sehnlich ausgeschaut,

    Es wurde dir beschieden.

    Du triumphierst und jubelst laut:

    „Jetzt hab ich endlich Frieden!“

    Ach, Freundchen, rede nicht so wild,

    Bezähme deine Zunge!

    Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt,

    Kriegt augenblicklich Junge.


    Wilhelm Busch


    Wenn also kein Wunsch mehr vorhanden ist, tritt dieser Frieden ein. Da ist es doch naheliegend dass der wunschlose Zustand an sich erstrebenswert ist, um aus diesem Kreislauf Wunsch/Erfüllung - Wunsch/Erfüllung usw. herauszukommen. Dazu ist der achtfache Pfad da, sich schrittweise von den begehrten Objekten loszulösen.


    Wie gesagt ist das für mich weit mehr nachvollziehbar als ein ewiges Leben bei Gott oder in einem Himmel, nicht nur theoretisch sondern mit jeder Loslösung erfährt man eine Erleichterung und Befreiung, Grund genug so weiterzumachen. Es ist auch nicht ungewöhnlich dass man dann und wann einen Zustand restlosen Glücks hat, wo alle Wünsche schweigen.


    Etwas davon hat Schopenhauer so ausgedrückt:


    Zitat

    Alles Wollen entspringt aus Bedürfniß, also aus Mangel, also aus Leiden. Diesem macht die Erfüllung ein Ende; jedoch gegen einen Wunsch, der erfüllt wird, bleiben wenigstens zehn versagt: ferner, das Begehren dauert lange, die Forderungen gehen ins Unendliche; die Erfüllung ist kurz und kärglich gemessen. Sogar aber ist die endliche Befriedigung selbst nur scheinbar: der erfüllte Wunsch macht gleich einem neuen Platz: jener ist ein erkannter, dieser noch ein unerkannter Irrthum. Dauernde, nicht mehr weichende Befriedigung kann kein erlangtes Objekt des Wollens geben: sondern es gleicht immer nur dem Almosen, das dem Bettler zugeworfen, sein Leben heute fristet, um seine Quaal auf Morgen zu verlängern. - Darum nun, solange unser Bewußtseyn von unserm Willen erfüllt ist, solange wir dem Drange der Wünsche, mit seinem steten Hoffen und Fürchten, hingegeben sind, solange wir Subjekt des Wollens sind, wird uns nimmermehr dauerndes Glück, noch Ruhe. Ob wir jagen, oder fliehen, Unheil fürchten, oder nach Genuß streben, ist im Wesentlichen einerlei: die Sorge für den stets fordernden Willen, gleichviel in welcher Gestalt, erfüllt und bewegt fortdauernd das Bewußtseyn; ohne Ruhe aber ist durchaus kein wahres Wohlseyn möglich. So liegt das Subjekt des Wollens beständig auf dem drehenden Rade des Ixion, schöpft immer im Siebe der Danaiden, ist der ewig schmachtende Tantalus.

    Wann aber äußerer Anlaß, oder innere Stimmung, uns plötzlich aus dem endlosen Strome des Wollens heraushebt, die Erkenntniß dem Sklavendienste des Willens entreißt, die Aufmerksamkeit nun nicht mehr auf die Motive des Wollens gerichtet wird, sondern die Dinge frei von ihrer Beziehung auf den Willen auffaßt, also ohne Interesse, ohne Subjektivität, rein objektiv sie betrachtet, ihnen ganz hingegeben, sofern sie bloß Vorstellungen, nicht sofern sie Motive sind: dann ist die auf jenem ersten Wege des Wollens immer gesuchte, aber immer entfliehende Ruhe mit einem Male von selbst eingetreten, und uns ist völlig wohl. Es ist der schmerzenslose Zustand, den Epikuros als das höchste Gut und als den Zustand der Götter pries: denn wir sind, für jenen Augenblick, des schnöden Willensdranges entledigt, wir feiern den Sabbath der Zuchthausarbeit des Wollens, das Rad des Ixion steht still.

    WWWV.1, 3.38


    Also erscheint mir das buddhistische Ziel des Erlöschens von Begehren realistischer als bei einem Gott- und Seelenglauben von Zweifeln geplagt zu werden, ob es etwas so gänzlich unbekanntes überhaupt gibt. Da sehe ich auch einen Unterschied zwischen Religion (Glaube) und Philosophie (Weisheit).


    So jetzt hab ich nochmal versucht es zu erklären, besser kann ich es wahrscheinlich nicht.

    Buddhismus und Christentum unterscheiden sich in dieser Hinsicht überhaupt nicht, da beide Richtungen eine mögliche heile Zukunft bereitstellen, für die tapferen und fleißigen Anhänger, die sich darum mit Praxis und Tugend bemühen. Natürlich lebt der hiesige Buddhist in dem Dünkel, dass er aufgeklärt ist und der Christ nur ein Träumer sei - beide sind Träumer! Beide wollen diese heilige Zukunft ergreifen, denn dies ist der Motor der Motivation, überhaupt etwas zu machen in dieser Richtung. Somit ist der achtfache Pfad auch weit entfernt von einer rationalen Betrachtung und Vorgehensweise und gehört zur religiösen Praktik des Wunschdenkens.

    Da ist die Frage ob es beim Denken bleibt oder ob sich der Wunsch auch erfüllen kann. Das Wunschziel im Christentum ist ein ewiges Leben bei Gott, im Buddhismus das Ende des Wünschens oder Begehrens, Verlamgens. Die Erfahrung des ewigen Lebens macht kein Sterblicher, die Erfahrung etwas nicht zu begehren macht jeder. Ist es nicht viel eher möglich überhaupt nichts zu begehren als ewig zu leben? Ich finde schon.