Guten Morgen Marcel,
ich war lange Jahre alleinstehend. Das habe ich wiederum lange Jahre vermisst, nachdem ich mich wieder für einen Partner entschieden hatte. Im Grunde ist "man" immer allein. Es gibt nur wenige Partnerschaften, die nicht in unterschiedliche Richtungen schauen.
Die Zeit der Pflichtbesuche und gesellschaftlichen Verpflichtungen liegt hinter mir aufgrund meines Alters.
Das kann ich gar nicht glauben. Bist Du älter als ich? Ich werde im November 72.
Also ich habe noch Pflichtbesuche. Das liegt aber nicht daran, dass es wirklich eine Pflicht wäre, sondern ich bin lieber allein. Die Besuche sind jedoch notwendig, also wirklich wichtig, denn sie halten die Familie zusammen und pflegen die Freundschaften.
Aufgrund meines fortgeschrittenen Alters kenne ich kaum Familien mit kleinen Kindern. Meist sind diese schon längst ausgezogen. Was trotzdem bestehen bleibt ist die Zeitlosigkeit.
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Wobei du ja die Antwort schon gegeben hast, es führt der Weg wohl nur über das Innere selbst. Das Leben im Hier und Jetzt, schon ein sehr häufig benutzter Begriff mittlerweile beinhaltet für mich im Idealfall eine Form der Dauerachtsamkeit und Meditation. Es muss möglich sein, sich nicht von Äußerlichkeiten abhängig zu machen und/um ein zufriedenes Leben zu führen.
Es ist möglich.
Ich habe Meditationsgruppen besucht, die Volkshochschule, bin allein in die Berge gereist, allein mit Studienreisen nach Spanien gereist, allein nach Indien ...
Aber grundsätzlich ging ich nur zur Arbeit und war abends und am Wochenende allein. Manchmal fühlte ich mich auch einsam, das war immer so gegen 17 Uhr am Sonntagnachmittag. Ich habe dann darüber reflektiert.
Ich war in einer besonderen - merkwürdigen - Phase, als in mir immer wieder der Gedanke aufkam, dass es doof ist, im Alter alleine in einer 3 Zimmer-Wohnung zu leben. Es gefiel mir nicht, dass plötzlich Gefühle und Sehnsüchte aufkamen, die ich schon als vergangen betrachtet hatte. Da betete ich zu Gott und sagte: "wenn es denn schon sein muss, dann bitte jemand, den ich kenne."
Und kurz danach rief ein Mann an, den ich seit 34 Jahren nicht gesehen hatte. Wir verabredeten uns. Ich war so verblüfft. Damals geschahen mir immer wieder sehr "merkwürdige Dinge". Und so sah ich das als Wink des Himmels an.
Obwohl ich schon Vorbehalte hatte, habe ich mich auf diese Beziehung eingelassen. Wir sind jetzt seit 17 Jahren verheiratet. Und inzwischen bereue ich es nicht mehr. Ich habe mehr dazu gelernt, vor allem über mich. Und ich bin trotz Beziehung freier geworden. Aber ich bin auch allein, denn mein Mann teilt nicht meine geistigen Interessen.
Das ist jetzt zwar nicht das, was ich über das Alleinsein schreiben wollte. Aber es ist das, was der Wahrheit entspricht. Es gibt keine Alternativen und Garantien. In jedem Fall muss "man" an sich arbeiten, will "man" denn frei sein und der Lehre folgen.
Im übrigen: Auch als Mönch oder Nonne kann es sehr einsam sein oder stressig, weil es auch im Kloster noch Hass und Gier gibt - und vor allem Unwissenheit, wie ich Biografien entnehmen konnte. Was ja auch menschlich ist. Die Schüler kommen ja nicht "fertig ins Kloster" und das Leben da ist sicher sehr gewöhnungsbedürftig und hart.
Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag.
Monika