Die "totale" Achtsamkeit

  • Ich hoffe ihr hattet eine gute Zeit.


    Meine Konzentration lag in den letzten Wochen auf Fremdbeobachtung, Eigenbeobachtung, einigen interessanten Begegnungen.


    Fazit: Nicht neu, die Empathielosigkeit nimmt überall zu in der normalen Welt. Da benötige ich keine Nachrichten sondern eben Eigenerfahrung plus Zuhören, was mir Menschen erzählen, die mit vielen anderen Menschen zu tun haben.


    Kann man es verändern? Nein.


    Sehr berührend fand ich eine sehr alte Dame, die ich traf und sich bei mir bedankt hat, dass ich sie nicht beschimpfe, weil sie eine Gartentüre offen ließ zu einem Friedhof. Sie hat mir erklärt, da wäre eine andere Frau, die sie kenne und die tue sich sehr schwer mit dem Öffnen, daher ließe sie die Türe offen, sie sei aber schon mehrfach dafür beschimpft worden.


    Und sie hat mir gesagt, dass man ihr schon von jungen Menschen gesagt hat, sie solle sterben, quasi sie sei alt und unnütz.


    Sie hat sich bei mir bedankt am Ende des Gesprächs, dass ich sagte "schauen Sie auf sich" oder so ähnlich. Warum? Weil sie meinte, sie sei sehr krank seit Jahren und alle Menschen sagen zu ihr bleiben sie gesund! Das könne sie nicht mehr hören, weil sie ist nicht gesund. Wie deute ich das? Die Menschen, die das sagen, nehmen den anderen gar nicht wahr. Meine Erstreaktion war, die denken sich nichts Schlechtes, wenn sie das sagen, dann kam ich zur Erkenntnis sie hat Recht, weil man sie nicht wahrnimmt, sonst würde man das nicht sagen.


    In diesem Forum sind denke ich mehr ältere Menschen wie ich, einige sind ein Stück weniger unterwegs andere mehr. Ich gehöre zur Gruppe zwei und da ist es wohl so, dass man mehr wahrnimmt. Auch gute Dinge, selbst wenn mir jetzt nicht unmittelbar etwas einfällt, aber es gibt auch positive Erlebnisse.


    Es ist übrigens jeden Tag schön, wenn man wieder aufwacht und halbwegs zufrieden ist, auch das habe ich schätzen gelernt.

  • Nun wie fühlt ihr euch? Ich finde es hat sich viel verändert, wobei der Buddhismus mit all diesen Änderungen, die ich so wahrnehme genau Nichts zu tun hat. Das spiegelt sich auch in "mir", was ich gute finde.


    Je mehr ich verstanden habe, wie viel Unwissenheit ich tagtäglich in die Welt raustrage, sehe ich die anderen Menschen deutlich anders. So wie es richtig ist alle auf Augenhöhe, egal wer es ist, wie sie sich verhalten, egal.


    Was schön ist, dass "unser" Glaube eine sehr konstante ist und somit Fragen sich ein Stück weniger stellen.


    Es ist irgendwie ruhig geworden im Anfängerbereich, ich habe mir öfter gedacht, schreib mal was, andererseits dachte ich mir, schön und was? Gesellschaftliche Themen sind irgendwie fehl am Platz sondern es geht ja um unseren Glauben.


    Ich hoffe irgendwie, dass die Mitglieder hier trotz einer veränderten Situation sich nicht ganz so beeindrucken lassen, wie ich die Masse der Menschen so erlebe und ja sicher, es ist auch an mir nicht spurlos vorüber gegangen.


    Aber ich habe deutlicher denn je erkannt, wie ich leben soll, das Beste von mir raushole und wie mein Umfeld automatisch dann auch was davon hat. Das ist für mich Fortschritt.


    Ich bin auf viele Menschen sehr offensiv zugegangen, habe viel zugehört, wenig gesprochen und habe gespürt, wie sehr sie das schätzen, wenn da mal wer kommt, der anders ist und über andere Themen spricht.


    Es "muss" auch niemand antworten, weil ich ja keine Frage gestellt habe sondern nur geschrieben habe, wie ich es hier und jetzt sehe.


    Doch eine Beobachtung möchte ich noch festhalten, was ich oft höre, dass sich die Kontakte zwischen den Menschen verändert haben, also gar nicht mal wie man es sich wünschen würde, dass sie mehr aufeinander zugehen sondern eher sich zurückziehen. Ich spreche hier nicht von Buddhisten sondern Menschen, die ich so kenne und die mir ihre Erfahrungen dann und wann mitteilen.

  • Nun wie fühlt ihr euch? Ich finde es hat sich viel verändert, wobei der Buddhismus mit all diesen Änderungen, die ich so wahrnehme genau Nichts zu tun hat. Das spiegelt sich auch in "mir", was ich gute finde.

    Guten Morgen Marcel,

    ja, wie fühle ich mich? Wie immer, die meiste Zeit gut und mal eben nicht so.

    Es hat sich viel verändert, aber das beeinträchtigt mich nicht. Durch die Pandemie wird ja gerade deutlich, dass sich immer alles verändert. Sonst wird das nur nicht so schnell wahrgenommen.


    Und Kriegsgeschrei gibt es auch immer mal mehr, mal weniger. Israel und arabische Staaten finden wirtschaftlich zusammen. Armenien und Ascherbaijan, Griechenland und Türkei ... lassen wieder die Säbel rasseln.

    Ich hoffe irgendwie, dass die Mitglieder hier trotz einer veränderten Situation sich nicht ganz so beeindrucken lassen, wie ich die Masse der Menschen so erlebe und ja sicher, es ist auch an mir nicht spurlos vorüber gegangen.

    Es verändert schon. Aber mein Blick ist sowieso meistens nach innen gerichtet.

    Aber ich habe deutlicher denn je erkannt, wie ich leben soll, das Beste von mir raushole und wie mein Umfeld automatisch dann auch was davon hat. Das ist für mich Fortschritt.


    Ich bin auf viele Menschen sehr offensiv zugegangen, habe viel zugehört, wenig gesprochen und habe gespürt, wie sehr sie das schätzen, wenn da mal wer kommt, der anders ist und über andere Themen spricht.

    Das freut mich für Dich :D:like:

    Doch eine Beobachtung möchte ich noch festhalten, was ich oft höre, dass sich die Kontakte zwischen den Menschen verändert haben, also gar nicht mal wie man es sich wünschen würde, dass sie mehr aufeinander zugehen sondern eher sich zurückziehen. Ich spreche hier nicht von Buddhisten sondern Menschen, die ich so kenne und die mir ihre Erfahrungen dann und wann mitteilen.

    Was ist daran verkehrt. Wer weiß, wie froh so mancher ist, dass gewisse Pflichtbesuche oder gesellschaftliche Verpflichtungen und dergleichen wegfallen. Mich betrübt das nicht. Und in meinem Umfeld kenne ich auch niemanden, den das betrübt. Es zeigt sich jetzt, wer wirklich gute Freunde hat.


    Ich wünsche Dir noch ein schönes Wochenende.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Monika

    Guter Zugang in den Punkten, wo du mich zitiert hast und deine Sicht geschrieben hast, gefällt mir sehr gut und ich denke zumindest Einige hier denken ähnlich. Ich muss da noch dazu lernen, weil ich finde du bist mir da in deiner Einstellung deutlich voraus. Der Austausch mit dir / Euch das ist was mir oft fehlt um die Dinge richtig zu verstehen.


    Ich habe erkannt, dass die, die tief in der Lehre verwurzelt sind deutlich leichter leben. DANKESCHÖN!

    Einmal editiert, zuletzt von Marcel05 ()

  • Ich habe erkannt, dass die, die tief in der Lehre verwurzelt sind deutlich leichter leben.

    Das freut mich sehr, Marcel.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Monika

    Die Zeit der Pflichtbesuche und gesellschaftlichen Verpflichtungen liegt hinter mir aufgrund meines Alters.


    Ich denke ein paar gute soziale Kontakte würden mir gut tun, aber da gibt es kein wirkliches Interesse. Warum das so ist, darüber habe ich aufgehört mir den Kopf zu zerbrechen. Ich möchte mich nicht verbiegen um attraktiver für andere zu sein. Selbstreflexion mache ich.


    Es tut manchmal weh, wenn ich merke, wie wenig Aufmerksamkeit man mir schenkt. Wenn ich zum Beispiel etwas sehr gut oder hilfreich finde würde ich mich gerne drüber unterhalten, aber wenn es kein Interesse gibt, dann ist das nicht motivierend.


    Du schreibst ja, dass man in dieser Zeit die richtigen Freunde erkennt, dann habe ich wohl keine, da alle so mit sich beschäftigt sind, dass niemand mehr Zeit hat, wobei ich bin der Ansicht jeder Mensch hat Zeit, alles eine Frage des Willens.


    Die meisten Menschen, die ich kenne sind tief verwurzelt in ihren familiären Strukturen. Die anderen, denen es nicht so gut geht, die ziehen sich zurück und wollen auch keine Kontakte, also nicht ganz einfach.


    Wobei du ja die Antwort schon gegeben hast, es führt der Weg wohl nur über das Innere selbst. Das Leben im Hier und Jetzt, schon ein sehr häufig benutzter Begriff mittlerweile beinhaltet für mich im Idealfall eine Form der Dauerachtsamkeit und Meditation. Es muss möglich sein, sich nicht von Äußerlichkeiten abhängig zu machen und/um ein zufriedenes Leben zu führen.

  • Hallo Lucy,


    da habe ich großes Verständnis. Aufgrund meines fortgeschrittenen Alters kenne ich kaum Familien mit kleinen Kindern. Meist sind diese schon längst ausgezogen. Was trotzdem bestehen bleibt ist die Zeitlosigkeit.


    Ich sehe Menschen, die in Beziehungen leben als frei. Sie können zumindest aus meiner Sicht selbst entscheiden, ob und wie viel Zeit sie abseits ihrer Lebensgemeinschaften anderen widmen.


    Du hast das richtige Wort benutzt ALLEIN-STEHEND. Das scheint für manche eine Herausforderung zu sein damit dauerhaft zu recht zu kommen. Was mir positiv auffiel war, das es hier im Forum Einige gibt, die das gut hinbekommen und wo ich nicht das Gefühl habe, sie würden darunter leiden.


    Die Frage, die sich für mich dann stellt, wenn das andere schaffen, dann muss es einen Weg für mich geben.


    Möglicherweise sind Beziehungen, Kontakte, Tätigkeiten eine Form nicht bei sich sein zu "müssen". Damit möchte ich nicht sagen, dass dies generell so wäre, weil Viele auch soziale Kontakte, Tätigkeiten und ein achtsames Leben schaffen.


    Wenn ich das zusammenfasse komme ich zum Fazit, es gibt für Menschen, die diese Lebensform (alleine) gewählt haben, nur den Weg, den Monika beschrieben hat, nämlich den Fokus hochgradig nach Innen zu richten. Gerade der Buddhismus bietet hier ein vielfältiges Angebot.


    Früher als ich nicht Alleinlebend war, hatte ich oft das Problem, dass die Menschen, die mir nahe standen glaubten, dass ich sie nicht glücklich mache und ich habe immer gesagt, das sei nicht meine Aufgabe, an dieser Einstellung hat sich nichts geändert. Zufriedenheit und Glück muss jede/r für sich finden.

  • Guten Morgen Marcel,

    ich war lange Jahre alleinstehend. Das habe ich wiederum lange Jahre vermisst, nachdem ich mich wieder für einen Partner entschieden hatte. Im Grunde ist "man" immer allein. Es gibt nur wenige Partnerschaften, die nicht in unterschiedliche Richtungen schauen.

    Die Zeit der Pflichtbesuche und gesellschaftlichen Verpflichtungen liegt hinter mir aufgrund meines Alters.

    Das kann ich gar nicht glauben. Bist Du älter als ich? Ich werde im November 72.

    Also ich habe noch Pflichtbesuche. Das liegt aber nicht daran, dass es wirklich eine Pflicht wäre, sondern ich bin lieber allein. Die Besuche sind jedoch notwendig, also wirklich wichtig, denn sie halten die Familie zusammen und pflegen die Freundschaften.

    Aufgrund meines fortgeschrittenen Alters kenne ich kaum Familien mit kleinen Kindern. Meist sind diese schon längst ausgezogen. Was trotzdem bestehen bleibt ist die Zeitlosigkeit.

    :? ?

    Wobei du ja die Antwort schon gegeben hast, es führt der Weg wohl nur über das Innere selbst. Das Leben im Hier und Jetzt, schon ein sehr häufig benutzter Begriff mittlerweile beinhaltet für mich im Idealfall eine Form der Dauerachtsamkeit und Meditation. Es muss möglich sein, sich nicht von Äußerlichkeiten abhängig zu machen und/um ein zufriedenes Leben zu führen.

    Es ist möglich.


    Ich habe Meditationsgruppen besucht, die Volkshochschule, bin allein in die Berge gereist, allein mit Studienreisen nach Spanien gereist, allein nach Indien ...


    Aber grundsätzlich ging ich nur zur Arbeit und war abends und am Wochenende allein. Manchmal fühlte ich mich auch einsam, das war immer so gegen 17 Uhr am Sonntagnachmittag. Ich habe dann darüber reflektiert.


    Ich war in einer besonderen - merkwürdigen - Phase, als in mir immer wieder der Gedanke aufkam, dass es doof ist, im Alter alleine in einer 3 Zimmer-Wohnung zu leben. Es gefiel mir nicht, dass plötzlich Gefühle und Sehnsüchte aufkamen, die ich schon als vergangen betrachtet hatte. Da betete ich zu Gott und sagte: "wenn es denn schon sein muss, dann bitte jemand, den ich kenne."


    Und kurz danach rief ein Mann an, den ich seit 34 Jahren nicht gesehen hatte. Wir verabredeten uns. Ich war so verblüfft. Damals geschahen mir immer wieder sehr "merkwürdige Dinge". Und so sah ich das als Wink des Himmels an.

    Obwohl ich schon Vorbehalte hatte, habe ich mich auf diese Beziehung eingelassen. Wir sind jetzt seit 17 Jahren verheiratet. Und inzwischen bereue ich es nicht mehr. Ich habe mehr dazu gelernt, vor allem über mich. Und ich bin trotz Beziehung freier geworden. Aber ich bin auch allein, denn mein Mann teilt nicht meine geistigen Interessen.


    Das ist jetzt zwar nicht das, was ich über das Alleinsein schreiben wollte. Aber es ist das, was der Wahrheit entspricht. Es gibt keine Alternativen und Garantien. In jedem Fall muss "man" an sich arbeiten, will "man" denn frei sein und der Lehre folgen.


    Im übrigen: Auch als Mönch oder Nonne kann es sehr einsam sein oder stressig, weil es auch im Kloster noch Hass und Gier gibt - und vor allem Unwissenheit, wie ich Biografien entnehmen konnte. Was ja auch menschlich ist. Die Schüler kommen ja nicht "fertig ins Kloster" und das Leben da ist sicher sehr gewöhnungsbedürftig und hart.


    Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag.

    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Guten Morgen Monika,


    das glaube ich dir, dass man oft etwas vermisst und wenn man es hat, dann vermisst man wieder das, was man hatte vorher.


    Ich kenne wenig Partnerschaften, wo ich denke, sie sind gut geblieben vor allem je älter die Menschen sind. Die Verliebtheit und die Liebe der Jugend ist eine andere Sache. Da kann das zumindest für einen Zeit Horizont gut laufen, was ich beobachte.


    Ja, ich bin ein wenig jünger als du, ich bin ja noch knapp berufstätig. Meine Familie lebt weit entfernt, ich sehe sie nie und gibt daher gegenseitig keine Verpflichtungen.


    Freunde habe ich nicht, eine jüngere Frau mit der habe ich regelmäßig Kontakt.


    Sie ist meine Bezugsperson.


    Mit Zeitlosigkeit meinte ich, dass Menschen, wo es keine Kinder gibt häufig keine Zeit haben.


    Glaube ich, dass Vieles möglich ist, wenn man den Fokus nach Innen richtet.


    Als ich jünger war, unternahm ich viele Reisen und Ausflüge, jetzt spüre ich das Alter und es fehlt die Kraft. Entspannung ist angesagt.

    Meine Hauptablenkung ist die Arbeit. Ich fühle mich oft alleine, wobei das habe ich akzeptiert.


    Freut mich, dass du unerwarteter Weise wieder eine Partnerschaft gefunden hast ohne Suche.


    Meine Wohnung ist für 3 Personen ausgelegt. Wenn jemand in Not ist, dann kann ich immer ein Zimmer anbieten.


    Merkwürdige Dinge passieren mir sehr oft, wobei ich nicht nach Erklärungen mehr suche.


    Der Weg ist, wie du sagst an sich hart zu arbeiten und die Lehre.


    In ein Kloster würde ich nicht gehen, genau aus den Gründen, die du genannt hast.


    Dir und allen anderen eine gute Zeit, war angenehm sich mit anderen Menschen auszutauschen, als die, mit denen ich normal zu tun habe.

  • Noreply

    Ich antworte kurz, weil es nichts hinzuzufügen gibt, schöne Gedanken in Wörtern.

    Ich ticke ähnlich. Ich trenne Arbeit und Privatleben strikt und das ist gut so.


    Es gibt und gab Möglichkeiten vor dem Alleinsein zu flüchten, ich wollte es nicht mehr. Das Bedürfnis nach Ruhe und keinen Verpflichtungen ist stärker als die Tatsache alleine zu sein. Dein Satz "Das eine will man, das andere muss man" gefiel mir Besonders.

  • Hallo Marcel - meinst Du

    Mit Zeitlosigkeit meinte ich, dass Menschen, wo es keine Kinder gibt häufig keine Zeit haben.

    (Hervorhebung von mir)


    kleine Kinder?


    Oder hast Du tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass Menschen ohne Kinder keine Zeit haben, um […]?

    Zu meinen Beiträgen: So sehe ich es.


    Viele Wege führen ins Nirvana.

    Deepa

  • Hallo Deepa,


    ich bin allein praktizierender Buddhist und kann dir nur von allgemeinen Erfahrungen erzählen. Im Gegensatz zu mir denke ich haben zumindest einige hier einen Lehrer oder einen Lehrer mal gehabt, eine Gemeinschaft möglicherweise, wenn man in größeren Städten lebt. Das ist schon hilfreich denke ich.


    Meine persönliche Erfahrung ist so, dass ich niemand kenne der Zeit hat, also nicht in der Form wie ich Zeit habe und es mir vorstelle. Die Menschen, die ich kenne sind alle gestresst, wenn ich höre von Leuten, sie haben keine Zeit, bekomme ich innerlich immer eine leichte Krise. Weil das kann ja wohl nicht sein, dass niemand Zeit hat.


    Auf der Arbeit sogar ist es so und da weiß ich dezidiert von Einigen, dass sie kaum zu tun haben, andere wieder viel, da verstehe ich es, wobei es müssen wohl auch die Stress vortäuschen, die wenig Arbeit haben sonst würden sie vielleicht eine bekommen und wer will das schon? Nein, im Ernst, es ist bei uns wie überall, wir haben sehr fleißige Mitarbeiter und weniger fleißige, es gibt Ungerechtigkeiten so wie im realen Leben auch, damit muss man als Buddhist klar kommen.


    Aber um auf deine Frage zu antworten, Menschen die kleine Kinder haben, da verstehe ich, dass sie kaum Zeit haben. Wenn Menschen erwachsene Kinder haben, dann eher nicht.


    Wir leben in einer komplett anderen Welt mittlerweile und ich meine nicht das worüber alle sprechen sondern ich vergleiche es mit der Zeit als ich ein jüngerer Mann war. Auch da waren die Menschen fleißig, aber es war ganz anders. Ich behaupte in einem Zeit Fenster einiger Jahre sogar schön.


    Ich kenne kaum alleinstehende Menschen, mag sein, dass sie mehr Zeit haben.


    Es ist natürlich schade, weil wenn man nie bei sich ist vergeht das Leben sehr schnell.


    Ich war heute länger in der Natur spazieren und ich habe ein sehr schönes Feld mit blühenden Sonnenblumen gesehen, ich wusste gar nicht, dass die im Oktober noch aktiv sind. Es war ein riesiges Feld und wunderschön, das habe ich sehr bewusst wahrgenommen, weil sonst ist alles grau in grau gewesen, daneben war noch ein vertrockneter Maisacker.

  • Hallo @Marcel05


    Der Tag hat 24 Stunden. Die Frage ist, wie wir diese Zeit nutzen - mit wem wir sie verbringen. „Keine Zeit“, kann auch heißen: „Keine Lust, mich mit dir (meine nicht Dich persönlich) zu treffen.“


    Es gibt Menschen, die sich scheuen, das auch so (oder ähnlich) zu äußern.

    Zu meinen Beiträgen: So sehe ich es.


    Viele Wege führen ins Nirvana.

    Deepa

  • Hallo Deepa,


    da triffst du meine Gedanken auf den Punkt. Jeder von uns hat seine volle Lebenszeit 24 Stunden pro Tag. Die Leute, die sagen, sie haben keine Zeit, sagen nicht die Wahrheit.


    Ich könnte deutlich besser damit leben, wenn mir jemand sagt, ich habe Zeit, aber ich will sie mit jemand anderen verbringen.


    Also die Lektion habe ich bereits vor Jahren verstanden, so naiv bin ich nicht. Dein Ansatz ist sehr richtig, genau so sehe ich es.


    Was mich mehr beschäftigt ist, dass ich all die Sachen, die ich ja weiß nicht so umsetzen kann um einen Gleichmut zu entwickeln. Es gelingt zu vielen Menschen mich wütend zu machen. Da stemme ich mich jeden Tag aufs Neue entgegen und bis dato habe ich jämmerlich versagt.


    Wobei es gibt viele Parallelen zu Schlüsselmitgliedern meiner Familie. Das bedeutet, dass es gilt diesen sogenannten Genfaktor mal zu durchbrechen. Ich könnte manchmal heulen, dass ich so viel verstehe und so wenig draus mache.

  • Hallo Marcel,

    Hallo Deepa,


    da triffst du meine Gedanken auf den Punkt. Jeder von uns hat seine volle Lebenszeit 24 Stunden pro Tag. Die Leute, die sagen, sie haben keine Zeit, sagen nicht die Wahrheit.


    Ich könnte deutlich besser damit leben, wenn mir jemand sagt, ich habe Zeit, aber ich will sie mit jemand anderen verbringen.

    bist Du Dir bewusst, weshalb Du nicht ebenso gut damit leben kannst, wenn sie sagen: „Ich habe keine Zeit.“


    Was löst das bei Dir für Gedanken und Gefühle aus?


    Ärger?


    Denkst Du vllt. so etwas, wie: „Jaja...keine Zeit. Sag doch, dass du nicht willst. Hältst du mich für blöd? So eine Respektlosigkeit... .“ ?


    Was mich mehr beschäftigt ist, dass ich all die Sachen, die ich ja weiß nicht so umsetzen kann um einen Gleichmut zu entwickeln. Es gelingt zu vielen Menschen mich wütend zu machen. Da stemme ich mich jeden Tag aufs Neue entgegen und bis dato habe ich jämmerlich versagt.

    Wobei es gibt viele Parallelen zu Schlüsselmitgliedern meiner Familie. Das bedeutet, dass es gilt diesen sogenannten Genfaktor mal zu durchbrechen. Ich könnte manchmal heulen, dass ich so viel verstehe und so wenig draus mache.

    Dass da, je nach Situation, einiges an Gefühlen hochkommt, kann ich verstehen - Ärger, Frust, Trauer, Resignation, Hilflosigkeit vmtl.


    Wissen, wie etwas geht und es umsetzen, sind zwei Paar Schuhe. Das kann schon ein steiniger Weg sein.

    Was machst Du, um mehr Gleichmut/Gelassenheit zu erfahren - allgemein und in konkreten Situationen?

    Zu meinen Beiträgen: So sehe ich es.


    Viele Wege führen ins Nirvana.

    Deepa

  • Hallo Deepa,


    auf deine Fragen, ja es löst leider Ärger, Wut bzw. negative Emotionen aus und mir fehlt die Gegenstrategie, weil sich vorzunehmen sich nicht zu ärgern funktioniert definitiv nicht.


    Was mache ich mehr Gleichmut zu erfahren, wenn ich innere Ruhe habe Meditation, wenn nicht versuche ich bewusst dagegen mich zu wehren, was wie vorher beschrieben natürlich nicht funktioniert.


    Am meisten enttäuscht bin ich von mir selbst natürlich. Dass ich dachte, da ist seit Jahrzehnten Entwicklung da und sie ist es aber nicht, sonst ginge es mir besser.


    Was ich mir vorgenommen habe ist auch, dass ich nur noch Kontakte pflegen werde, die Interesse an mir haben. Das wird das Alleinstehend zwar verstärken, andererseits wozu Kontakte pflegen, die nur einseitig sind? Ausgenommen Menschen, die Hilfe brauchen, das ist die Ausnahme der Regel.


    Entweder es gelingt mir meine eigenen eingefahrenen Muster zu durchbrechen oder das wird nie was. Für mich ist der Weg zu einem leidloserem Leben ganz einfach, nämlich der Gang ins Innere wie es Monika beschrieben hat, das heißt die Lehre nicht zu denken sondern zu leben.


    Entgegen dem was ich öfter lese auch hier, ist für mich die Lehre selbst und die Meditation der Schlüssel schlechthin für ein zufriedeneres Leben.

  • Am meisten enttäuscht bin ich von mir selbst natürlich.

    Du könntest anfangen, Dich mit Dir auszusöhnen. Klingt für mich so, als wäre es höchste Zeit.


    Enttäuschung über sich selbst führt meiner Erfahrung nach zu gar nichts. Außer dazu, dass man dann andere Menschen in (höchstens) zwei Kategorien einteilt: Die, die stören. Deinen Frieden, Gleichmut, die Ärger hervorrufen, was auch immer. Und die, die man unerreichbar auf ein Podest stellt, weil sie "es besser hinkriegen".


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Wenn man selbstkritisch reflektiert dann kommen manchmal Erkenntnisse, die einem nicht gefallen. Enttäuschung über sich selbst führt im Idealfall zu einer Veränderung, aber deine Sicht wird richtig sein.


    Mit Einteilung von Menschen habe ich bereits aufgehört, das ist nicht sehr lange zurück. Ich stehe auf einer Stufe mit allen anderen, das sah ich zwischendurch anders aufgrund von Wertung. Wer hat gewertet, ich natürlich. Mit welchem Recht? Kein Recht!


    Wenn man glaubt gut zu sein, wertet man automatisch andere ab und es ist sehr egoistisch, zu denken, man selbst kann irgendetwas bewerten.


    Mir fällt aktuell keine Person ein, die ich auf einem Podest sehen würde übrigens, wobei Buddhas Lehre zieht und zog mich immer an, deshalb bin ich hier.


    Liebe Grüße Marcel

  • "Sich mit jemandem zu versöhnen, mit dem sie Schwierigkeiten haben."


    Kann mir jemand helfen, wie das geht? Wenn ich Streit mit einem Menschen habe, kann ich mich versöhnen, aber mein Problem ist, dass die meisten Menschen, mit denen ich mich versöhnen wollen würde, so sind, wie sie eben sind, aus buddhistischer Sicht würde ich es als unwissend bezeichnen.


    Subjektiv würde ich sagen bösartig und da frage ich mich, wie kann ich mich mit so einem Menschen versöhnen, weil der ändert sich ja nicht, was ich auch verstehe, heißt das Konfliktpotential ist permanent da. Das bedeutet für mich, dass ich keine Lösung habe. Ein Streit ist sehr einfach, tut mir leid usw.


    Mit etwas Achtsamkeit betrachtet ist das Thema jedoch sehr komplex.

  • Hallo Marcel,

    meine Brüder und ich haben 20 Jahre keinen Kontakt gehabt. Aus meiner Sicht waren sie böse. Als ich jedoch tiefer in die buddhistische Lehre einstieg, bröckelte allmählich meine Sicht.


    Ich wollte mich mit meinem ältesten Bruder versöhnen, aber der lehnte ab. Ich wusste nicht, dass er zu dieser Zeit bereits an Parkinson litt. Mich quälte jedoch immer wieder das Bedürfnis, mich mit ihm zu versöhnen. In der Zwischenzeit habe ich mich innerlich mit meinen Brüdern versöhnt. Dann fuhr ich einfach zu ihm. Er war bereits im Pflegeheim. Dort hab ich ihn dann besucht. Ich bin förmlich zusammengebrochen, als ihn sah. Es tat mir unheimlich leid, was geschehen war. Aber die versäumte Zeit ist nicht wieder zurückzuholen.


    Ich rief dann meinen jüngeren Bruder an, der auch keinen Kontakt mehr zu ihm hatte, und informierte ihn.

    Wir haben uns dann alle versöhnt. Aber der Schmerz bleibt bis heute, wenn ich an die Vergangenheit denke. Denn heute sehe ich Vieles anders.

    wie kann ich mich mit so einem Menschen versöhnen, weil der ändert sich ja nicht, was ich auch verstehe, heißt das Konfliktpotential ist permanent da. Das bedeutet für mich, dass ich keine Lösung habe. Ein Streit ist sehr einfach, tut mir leid usw.

    Auch meine Brüder haben sich nicht grundlegend verändert. Das Leben hat sie verändert. Der Kontakt zu meinem jüngeren Bruder ist da, aber nicht so, wie mein Herz sich das wünscht. Der ältere ist bereits seit 20 Jahren verstorben.


    Es geht nicht darum, ob sich jemand ändert, denn wozu solltest Du Dich versöhnen. Du versöhnst Dich um Deinetwillen - für Deinen inneren Frieden, reichst ihm aber um seinetwillen die Hand. Und streiten? Dazu gehören mindestens 2.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Nö, das Thema ist IMHO ganz einfach (aber nicht leicht :) ) . Du beschreibst es ja schon komplett.


    Da sind andere Menschen, die sind so, wie sie sind. Aus Deiner Sicht beispielsweise unwissend.

    Und da bist Du, so wie Du bist, vielleicht aus Deiner Sicht etwas mehr wissend.


    Und die Krux ist: Ihr seid beide perfekt, wie ihr seit. Das ist der Weg der Befreiung im Sinne der Vier Edlen Wahrheiten. Keine Gier, kein Hass in Bezug auf Dich und andere. Heißt auch: Keine Bewertung.


    Es reicht erst mal völlig, damit anzufangen, Dich mit Deinen inneren Bildern von Dir und anderen zu versöhnen. Das heißt auch, Dich mit Deinem Groll auf andere zu versöhnen. Das ist meist ein langer Weg (*). Die "echten" Menschen sind sowieso ganz anders, als Du denkst.


    Und so lange Du andere bewertest, wirst Du auch immer Dich bewerten. Das verhindert inneren Frieden.


    Liebe Grüße,

    Aravind.


    (*) Ich bin jetzt seit über 10 Jahren dabei, mich mit dem inneren Bild meines Vaters zu versöhnen. Das ist schon weit gediehen, aber immer noch nicht ganz abgeschlossen. Aber meine Praxis sorgt dafür, dass dieses Thema immer wieder auftaucht, und ich immer mehr loslasse.

  • Hallo Monika,


    Danke für deine persönliche Geschichte, dass du sie mir erzählt hast. Es tut mir leid, was du da an Leid erlebt hast, auch wenn du es heute mit anderen Augen siehst. Wobei ein Stück Wehmut so wie ich das heraus lese ist geblieben.


    Ich kann das gut vergleichen, da ich ebenso einen Bruder habe. Wir sind in Kontakt doch Beziehung verbindet uns leider keine. Ich habe es Jahrzehnte versucht, aber ich bin nicht durchgekommen. Er ist immer sehr aggressiv und böse, das hängt vermutlich mit vielen Faktoren zusammen (stressiger Job, Familie), schade halt.


    Einmal hat er mir gesagt, es sei so, weil er könne mir nicht vergeben, was in unserer Kindheit geschehen wäre und ich dachte mir, echt er ist noch in unserer Kindheit unterwegs, da war ich innerlich sprachlos.


    Was ich sagen wollte ist, dass ich einige Menschen um mich herum habe, deren Verhalten ein Zugehen nicht ermöglicht, warum kann ich dir nicht sagen. Sie mögen mich nicht nehme ich an, ich habe es oft versucht mit Höflichkeit und Gesprächen. In diesen Fällen frage ich mich einfach, wie ich mich da versöhnen kann?


    Ich werde immer wieder gekränkt, beleidigt und da denke ich mir, soll ich zu denen hingehen und mich entschuldigen? Für was? Wenn es einen Grund gäbe würde ich es sofort tun, aber es wäre skurril wenn ich das tun würde.


    Ich verstehe deine Intention schon, dass ich das Problem lösen muss und nicht die anderen, aber da fehlt mir der Gleichmut. Vieles habe ich verändert, aber in allem bin ich nicht zu recht gekommen, das ist ein langer Lernprozess.


    Wenn ich meinen Text lese, dann erkenne ich wie oft das Wort ICH verwendet wird. Das hat man mir öfter gesagt, Menschen, denen es besser geht, dass alles ein Problem des Egos ist. Nun es ist schwer das Ego aufzulösen. Freu mich, für jeden der das schafft und auch leben kann.


    Da fehlt mir wohl noch viel Praxis und Kontakte mit ähnlich gesinnten Menschen, mehr Beschäftigung mit der Lehre wie du es geschrieben hast, es hat dein Leben positiv verändert.


    _()_