Hallo einfachundgerne (neuer Name, neues Glück? ),
vielen Dank für Ihre sehr ausführlichen Antwortbeiträge, die Fülle an inspirierenden Gedanken, Interpretationen und Anregungen! (Bin etwas "geplättet" davon... )
Auf einiges möchte ich nochmal kurz eingehen, wobei zu befürchten ist, dass das Thema des Threads etwas aus dem Fokus gerät...
Anschliessend an die letzten Zeilen ihres Beitrages möchte ich dazu schreiben, dass man 'ich' einerseits aussprechen kann, andererseits auch wollen kann. Also: man will ein bestimmtes Gefühl, man will bestimmte Erfahrungen, man will auf der Grundlage dieses Körpers erleben -> man will sich selber -> man vereinnahmt Gefühle, Empfindungen Wahrnehmungen, Bewussteinseindrücke, Wünsche etc. Diesen grundsätzlichen Vorgang hat (unter anderem) Buddha selbsterklärtermassen vollkommen durchschaut und die Gier und damit auch den Willen als eine erste Ursache des Entstehens der vereinnahmenden (mentalen, oder geistigen) Prozesse benannt. Zu diesen Prozessen gehören auch die im Laufe des Lebens gebildeten und aufrechterhaltenden willens- und gefühlsverbundenen Vorstellungen über die eigene Person, die in Form einer kognitiven Veranlagung (also als gefestigte Ansicht über das Wesen, den Wert oder Unwert aber auch das Zustandekommen der eigenen Person ) als stärkere Bedingung für weiteres Fühlen, Wahrnehmen und Bewusstwerden (etc) fungiert.
Man kommt ja auf der "relativen Ebene", im Alltag, nicht darum herum, das Wort "ich" zu benutzen, es geschieht quasi automatisch. Das "Ich" zu w o l l e n, hieße, es wichtig zu nehmen, sich daran anzuklammern und auf dieses "Konstrukt" zu stützen, was natürlich leicht zu Egoismus, Egozentrik und Egomanie führen kann - alles unheilsam!
Einen Bezug zu buddhistischen Lehrtexten herstellen wollend schreibe ich ihnen, dass ich hinter der Behauptung 'das Gehirn ist der Erzeuger von Ich Illusion' in der Tendenz Vernichtungsansicht erkenne. Vernichtungsansicht (ein Begriff, den man inbesondere wohl in den Quellen des Theravadabuddhismus verdeutlich bekommen kann) zeigt sich im relativieren wollen der eigenen Situation, im relativieren wollen der eigenen Verantwortung gewissermassen, in dem man die eigene Existenz (und damit das Gefühl und das Wahrnehmen und weitere mentale Vorgänge) beispielsweise als Folge von Vorgängen beschreibt, die man bedingt (...) ausserhalb der Daseinsgruppen denken will.
Dazu die Anmerkungen aus der "Puggala Pannatti 118-143):
"Auf welche fünf Weisen hängt man an dem "Vernichtungsglauben" mit Bezug auf die Persönlichkeit?
"Da betrachtet der unkundige Weltling … den Körper oder das Gefühl oder die Wahrnehmung oder den Willen oder das Bewußtsein als ein Selbst."—
Wer also daran glaubt, daß es ein von Körper, Gefühl, Wahrnehmung, Wille und Bewußtsein unabhängig-bestehendes Ich gebe, der glaubt auch, daß dieses Ich selbst nach Aufhebung dieser fünf Aspekte des Daseins noch weiter fortbestehe und "ewig" sei (Spiritualismus, Animismus).
Wer dagegen einen der fünf Daseinsaspekte für ein Ich ansieht, kann, da es ja offenbar ist, daß sich diese fünf Daseinsaspekte beim Tode auflösen, nicht umhin, auch notwendigerweise an die "Vernichtung" dieses sog. Ichs zu glauben (Materialismus).
Der Buddha lehrt, daß es weder ein Ich gibt, was beim Tode vernichtet wird, noch ein Ich, was nach dem Tode fort lebt, sondern daß das "Ich", genau genommen, eine Täuschung ist, ein bloßer konventioneller Name (vohāra- oder sammutipaññati) für den Prozeß der von Augenblick zu Augenblick sich ändernden, unaufhörlich wechselnden körperlichen und geistigen Daseinsformen. Cf. Vorwort, sowie Anguttara Nikayo, Einer-Buch, Anm. 11, und "Wort des Buddha., Anm. 9.
Da ich mich, bevor ich zur Buddha-Lehre kam, hauptsächlich naturwissenschaftlich orientierte, bin ich noch stark davon geprägt, wobei ja zu berücksichtigen ist, dass es sich in der Hirnforschung auch noch größtenteils um THEORIEN handelt.
Wie ich Buddha verstehe, definiert er die Vernichtungsansicht so, dass der "unkundige Weltling" "einen der fünf Daseinsaspekte für ein "Ich" ansieht", was ja bedeuten würde, das "Ich" sei etwas Materielles.
Genau diese Ansicht bestreitet ja auch die moderne Hirnforschung, sondern betont, dass das "Ich" keine dingliche Entität sei, also nichts Materielles...etc.
Zitat
Ihren Hinweis darauf, dass manche Menschen und auch angesehene oder vielgehörte Menschen (zB Wissenschaftler) die Fähigkeit und die Einsicht in Eigenverantwortung (die Einsicht in die Wirksamkeit eigener Handlungen und auch Rückwirksamkeit auf die eigene Person) bestreiten, verstehe ich angesichts des Ausgesetztseins gegenüber und des sich selber Aussetzens mit kulturellen Diskursen schon, in Hinblick auf den grossen Kontexts dieses Forums aber nicht so ganz. Hier treffen sich ja Menschen, die etwas ändern wollen, die eine Praxis ausüben wollen. Da klingt eine solches Abstreiten nicht sehr motivationsfördernd.
Natürlich will man niemanden demotivieren, aber hier im Forum treffen sich ja nicht nur praktizierende Buddhisten, sondern auch viele "an Buddhismus Interessierte", Angehörige anderer Religonen, uvm. . Ein Forum lebt vom Erfahrungs- und Wissensaustausch, kritischen Hinterfragen und Diskutieren, sicherlich kann man auch motiviert oder demotiviert werden (wenn man es zulässt).
Mich interessiert (ganz schlicht) die Wahrheit und wenn Naturwissenschaftler Elemente einer 2500 Jahre alte Lehre widerlegen, muss man halt u.U. umdenken....Noch ist aber alles -relativ - offen...
Vielleicht will man damit ja auch lediglich sagen, dass sich weite Teile der Bedingungsbildung für Fühlen und Wahrnehmen und dann auch Handeln unterbewusst also unerkannt und deswegen ohne bewusste Eingriffsmöglichkeit abspielen - so gesprochen passte es eins A zur buddhistischen Lehre.
Genau so würde ich das auch verstanden wissen wollen, zudem rudert die Hirnforschung auch schon wieder teilweise zurück, was den fehlenden freien Willen angeht.
Z.B. bei komplexeren Planungen in die Zukunft, aber auch, wenn im gegenwärtigen Augenblick Achtsamkeit/Bewusstheit vorhanden sind, gibt es Möglichkeiten, nicht oder anders zu (re) agieren, als es akute Emotionen "wollen" ...
Zum Abschluss möchte ich noch mukti zitieren, der die Sache mit dem beobachtenden Bewusstsein so erklärt:
Das was beobachtet bzw. erfährt ist immer das Bewusstsein, das was beobachtet/erfahren wird sind die übrigen khandha. Das Ich ist ein Konstrukt der khandha, demnach ebenso ein Objekt das vom Bewusstsein erfahren wird. Aufgrund der Identifikation mit Bewusstsein (Ich bin derjenige der bewusst ist) scheint es so als würde ich mich selber beobachten
Leuchtet mir ein...
Ja 'ich bin die khandha' ist eine Vorstellung die nicht der Wirklichkeit entspricht, insofern ist es eine Illusion. Ein Erwachter hat auch ein Ich aber mit dem Bewusstsein dass es eine Vorstellung ist. So erkläre ich mir das jedenfalls und mein Lehrer hat es mir bestätigt.
Da Anna Panna noch nicht erwacht ist, empfindet sie das "Ich" noch nicht als bloße Vorstellung (sie ist noch damit identifiziert), auch wenn es ihr der Verstand zu vermitteln versucht...
Einzelne Erlebnisse (Meditation,...), bei denen ein Gefühl der Ich-Auflösung auftrat, reichen auch offenbar nicht, um diese Vorstellung auf Dauer zu eliminieren.