Die Aussage "das lieben, was gerade ist", umzudeuten zu "die Dinge lieben" und schließlich zu "das Leiden lieben" ...
Was ist denn gerade? Nach SN 22.90 gilt "dass alles, was entsteht, nur entstehendes Leiden ist und alles, was aufhört, nur aufhörendes Leiden ist" und SN 12.17 konkretisiert: "Leiden ist wirklich". Ich vernachlässige hier jetzt die theravadische Klassifizierung über die Existenzweise der Dinge in paramattha, sammuti usw. Aber "auf Leiden ist die Welt gegründet" (SN 1.67), da kommen wir nicht drumherum. Und daher heißt es in SN 2.26: " ich sage auch, dass es nicht möglich ist, dem Leiden ein Ende zu machen, ohne ans Ende der Welt zu gelangen". Im Wunsch nach Nibbana habe ich die edle (= Ende der Welt) und unedle Suche (= Welt) angesprochen. Zum Dukkha und Vergnügen finden heißt es in SN 14.35: "wenn ihr am Erdelement [und allen anderen bedingten Dingen ebenfalls] Vergnügen findet, findet ihr am Leiden Vergnügen. Wenn ihr am Leiden Vergnügen findet, seid ihr nicht befreit vom Leiden".
Also ja, die obige Ableitung ist korrekt.
Metta und die anderen Brahmavihara, ganz egal wie sie jetzt verstanden werden, adressieren nur eine Teilmenge der Aussage "das lieben, was gerade ist" (und können daher nicht ausreichend widerlegen). Dies wurde hier auch schon mehrmals eingebracht. Das Metta-sutta und der Paramatthajotika im Kommentar zum Metta-sutta machen klar, dass "die ganze Welt" hier die Bedeutung von "die ganze Welt der Wesen" hat. Wie aber durch die obigen Zitate klargeworden sein sollte, gibt es nicht nur Wesen, sondern "Leiden ist wirklich". Wenn wir jetzt ein leidendes Wesen haben, dann haben wir u.a. Leiden und Wesen. Die Übung in den Brahmavihara lehrt, dass wir Mitgefühl mit dem Wesen haben sollten und wünschen sein Leiden würden sich lindern. Die eingangs kritisierte Aussagen, "das zu lieben, was gerade ist" führt zu der irrigen Aussagen wir sollten das Leiden lieben und das Wesen lieben. Da mache ich nicht mit, und du?
MN 9 versteht die rechte Ansicht u.a. durch das Unterscheidungsvermögen was Heilsam und was Unheilsam ist. Geht man den Achtpfad weiter kommt man zum rechten Einsatz, Anstrengung o.ä. wo man sich "bemüht schlechte, untaugliche Eigenschaften nicht aufkommen zu lassen" usw. Im Kontext der Geistesschulung heißt es in MN20: "Falls dann immer noch üble unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, in ihm entstehen—während er die Aufmerksamkeit auf die Stillung der Gestaltung jener Gedanken richtet—dann sollte er mit zusammengebissenen Zähnen und an den Gaumen gepreßter Zunge das Herz mit dem Gemüt niederwerfen, es zu Boden zwingen und überwältigen" und in AN 4.114 heißt es weiter: "Und wie vernichtet eine Nonne? Es ist, wenn eine Nonne einen sinnlichen, boshaften oder grausamen Gedanken, der aufgekommen ist, nicht duldet. Sie duldet keine schlechten, untauglichen Eigenschaften, die aufgekommen sind. Sie gibt sie auf, macht sich von ihnen los, beseitigt sie und merzt sie aus".
Macht es Sinn, diese Vorgehensweisen als "lieben" zu bezeichnen?