Beiträge von Leonie im Thema „Ich empfinde den Buddhismus als trost- und hoffnungslos“

    Rolf82


    Danke, dass du den Hintergrund deiner Frage hier mitteilst.


    Als Begleiter hat man die Aufgabe zu begleiten - da muss man nicht den anderen mit passenden Worten unterhalten. Zuhören ist da sehr bedeutsam.

    Einfach da sein - mit sein. Das genügt und tröstet ganz von selbst.


    Ich würde auch nicht mit buddhistischen Erklärungen daher kommen - sondern genau darauf achten, was der andere (zum Leben) braucht - und das könnte auch Milch sein.


    Ich hatte mal eine Geschichte gelesen, von einer Autorin, die über den Tod ihres Vaters schrieb und erzählte, wie sie davon ihrer Mutter das mitteilte. Als die Tochter wieder gehen wollte, sagte ihre Mutter zu ihr: "Denk daran mir Bananen mit zu bringen".

    Das Leben erscheint im Angesicht des Todes offenbar als banal - aber es ist es gerade nicht.

    In welchem Zusammenhang hat denn Dante gesagt: "Lasst, die ihr eintrete, alle Hoffnung fahren." Aus diesem Satz allein ergibt sich ja nicht was Dante mit dem Begriff Hoffnung gemeint hat.

    Das steht am Eingang der Hölle. Und Dante versteht Hoffnung als christlich, als Hoffnung auf Erlösung.


    Dante und die "Göttliche Komödie" - Vom Inferno zum Paradies
    Dante Alighieri schrieb seine "Divina commedia“ Anfang des 14. Jahrhunderts in der damaligen, "volgare" genannten Volkssprache und machte diese damit…
    www.deutschlandfunkkultur.de

    So nun aber, Ānando, ein Mönch, der allein, von Gemeinsamkeit abgeschieden verweilt, ein solcher Mönch es erhoffen mag, er werde eine zeitlich ersehnte Geisteserlösung erringen oder ewige Stille: das ist möglich."

    Noch etwas zu MN 122 - in der Fassung von Zumwinkel

    https://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m122z.html ist von Geselligkeit die Rede und nicht von Gemeinsamkeit. Aber es findet sich auch nichts darin von "erhoffen" - es kommt also auf die Übersetzung an, die man wählt. Bei Zumwinkel ist dafür der Ausdruck "erwarten" gewählt.

    Nun will ich keine Wortklauberei machen, aber für mich hat der Ausdruck Hoffnung einen religiösen Touch und ist ja auch eine der drei christlichen Tugenden.


    Deshalb finde ich den Spruch von Dante so richtig Zen-like:

    Lasst, die Ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!

    Mablis konkreter Frage nach - in diesem Falle - deiner Motivation, dich mit dem Buddhadharma zu beschäftigen und ihm zu folgen, bist du m.E. ausgewichen...

    Die Frage war an "euch" gerichtet - da fühle ich mich nicht gemeint. Insofern war das dann auch eine Antwort.


    Aber ich will deine Frage nach meiner Motivation dann doch beantworten. Und auch die nach der Erwartung, die ich hatte, als ich zum Zen kam.


    Ich hatte damals alles erreicht, was ich mir so vorgestellt hatte - beruflich und privat. Dann kam die Frage auf: und jetzt? Soll ich alles verdoppeln und wenn das dann erfolgt, was dann?

    In dieser Situation suchte ich einfach nur einen Platz auf dem ich klären konnte, wie es nun weiter geht.

    Ich kam dann auf Meditation und dann gab es im TV mal eine Sendung über Zen und dann fand ich ein kleines Buch und ich wusste unmittelbar, Das ist es. Es hatte einen Namen: Zen. Das ganze drumherum hat mit auch gefallen, so ohne irgendwas dazu und man kann Zen ja überall ausüben ohne dass das einer merkt.

    Nachdem das klar war - ging es um das Wie. Wie geht das? Und da gibt es ja auch ein paar Anleitungen, aber mir war dann doch auch klar, dass ich mir das zeigen lassen muss, von jemand der weiß wie das genau geht.

    Dann suchte ich also nach Möglichkeiten und hatte eine Bedingung, es musste in meiner Nähe sein. Und dann bekam ich eine Adresse - mit dem Auto so 40km, ein Katzensprung - und dann hatte ich mein erstes Wochenende mit Zen.

    Das war eine beeindruckende Erfahrung. So etwas kann niemand "erwarten". Da muss man sich naiv drauf einlassen und sich überraschen lassen, von dem was da dann geschieht.

    Ein Jahr später dann habe ich das wiederholt und da hörte ich hinter mir eine Tür ins Schloss fallen und ich wusste, das ist jetzt kein "mal so gucken", sondern das ist für immer.

    Buddhismus, Erleuchtung und das ganze Brimborium spielte da überhaupt keine Rolle. ich hatte da auch Null Interesse und Null Ahnung. Auch der Lehrer oder Kursleiter interessierte mich nicht. Ich brauche keinen extra Lehrer - ich bin Schülerin von allem was mir so begegnet.

    Da ich keine Erwartungen hatte, bin ich auch nicht enttäuscht worden, was das Rahmenprogramm zum Zazen anbetrifft. Auch irgendwelche Hoffnung auf Erlösung, Erleuchtung etc. ist mir fremd. Wenn ich auf einem Weg bin, gehe ich davon aus, dass der irgendwohin führt - und falls es ein Holzweg ist, dann gehe ich eben wieder zurück.

    Bin ich in irgendeiner Situation gefangen, dann werde ich tätig und suche den Ausweg. Den gibt es immer - so meine Erfahrung.

    Hoffnung und Trost sind Einstellungen, die man hat, wenn man keine Erfahrung selbst machen will, sondern auf andere sich stützen will. Bei mir gab es diese Stützen nicht. Ich musste immer selbst gehen.

    Der Buddhismus ist eine Lehre des Realismus, er sieht die Dinge wie sie sind.

    Der Buddhismus ist in erster Linie eine Praxis. Dafür sind die ganzen Lehrreden, die helfen sollen, diese Praxis auszuüben und zu verstehen.


    Dabei beginnt man mit der Satipatthana-Praxis.

    https://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m010z.htm


    Das ist aber kein Selbstzweck, sondern Sati - Achtsamkeit - steht in einem Zusammenhang. Achtsamkeit ist Grundlage und muss zur Einsicht oder Wirklichkeitsergründung führen, dann zur Willenskraft, Verzückung, Gestilltheit, Sammlung und Gleichmut.

    bojjhanga

    der Buddhismus bietet Befreiung vom Leiden an und das ist weder Trost noch Hoffnung - weil wenn einer vom Leiden befreit ist, dann ist da nichts mehr was eines Trostes oder einer Hoffnung bedarf - das ist dann auch einfach weg, dieses Bedürfnis.

    Könnte man dann nicht auch einfach tot sein? Dann ist auch kein Leid mehr. Ja, ich weiß, einmal Anatta und einmal Wiedergeburt ... Es klingt halt so, als wäre es dem Buddha darum gegangen, wie man tot sein kann.


    Ist das nicht trostlos?

    Es geht bei der Ursache von Leiden- tanha - Durst - um drei Formen:

    1. dem sinnlichen Begehren

    2. dem Daseinsbegehren

    3. dem Selbstvernichtungsbegehren


    Dem Buddha ging es darum tanha näher zu betrachten - wodurch bedingt ist tanha? Und da ist es letztlich die Identifikation mit einem Ich bzw. Selbst. Dieses Ich oder Selbst ist aber bloß eine Vorstellung. Wenn diese Vorstellung als Vorstellung gesehen wird, dann löst sich tanha auf und es verschwindet das Begehren nach Sinnlichkeit, nach Dasein und nach Nicht-Dasein.

    Wenn erkannt wird, dass auch diese Vorstellung lediglich ein geistiges Objekt ist und bedingt entstanden und damit auch wieder durch Bedingungen vergeht, dann gibt es keinen Grund mehr, um an den Dingen zu hängen, die Dinge zu ergreifen.


    https://akincano.net/wp-content/uploads/Wo_das_Herz.pdf

    Weil er uns aus Mitgefühl diesen Weg gelehrt hat, ist der Dharma nicht trost- und hoffnungslos, sondern der Dharma zeigt uns eine große Perspektive auf.

    Da stimme ich dir zu. Nur reicht die Perspektive nicht.

    Buddha hat vor allem darauf hingewiesen: dies ist der Weg - dieser Weg ist zu gehen.

    Und wenn dann einer den Weg geht, dann gibt es Hindernisse, die so gar nicht nach dem Geschmack eines Ich sind. Z.B. wieso ein angenehmes Gefühl Leiden sei. Und sind Trost und Hoffnung nicht auch angenehme Gefühle und also Leiden? Daher kann es eben zu dem Gefühl der Hoffnungs-und Trostlosigkeit kommen, wenn einer an den angenehmen Gefühlen hängt.

    Da würde doch der Buddha sagen: Prima. Gut erkannt. Genau das ist es - der Weg führt zum Verlöschen von Verlangen nach Trost und Hoffnung. Darin liegt eben auch die Befreiung: dessen nicht mehr zu bedürfen.

    Mal eine Frage an diejenigen, die hier so vehement Trost und Hoffnung als Beschwichtigung abtun, und über das Bedürfnis nach einer solchen Beschwichtigung anscheinend erhaben sind. Und die den Standpunkt vertreten, dass der Buddhadharma in dieser Hinsicht auch nichts zu bieten habe. Was ist es dann was euch motiviert euch mit dem Buddhadharma zu beschäftigen und ihm zu folgen, wenn es nicht Trost und Hoffnung sind?

    Hoffnung ist ja nichts andres als eine Form der Erwartung - und Trost verlangt einer, wenn er tief enttäuscht ist und über einen Verlust trauert.

    Das passt doch überhaupt nicht zum Buddhismus.


    Wo soll denn im Daseinskreislauf Trost und Hoffnung liegen? Die Daseinsmerkmale sind Leiden, Vergänglichkeit und Nicht-Ich - und Mitgefühl erstreckt sich doch auf diejenigen, die im Daseinskreislauf irgendwie mehr oder weniger verstrickt sind - das ist aber ein tätiges Mitsein, weil es ersichtlich ist, wo da einer verstrickt ist - da will ein Ich Trost und Hoffnung haben. Das ist aber eine Illusion.

    In der Abgeschiedenheit von Gesellschaft und Kultur, als hausloser Mönch (oder Nonne) mit der Absicht, weitere Geburten zu verhindern ist der Umgang mit dem Gefühl natürlich strenger. Denn es ist (wie du zugespitzt sagst: ‚es erzeugt’ …) eine Bedingung für den Werdeprozess.

    Ein hausloser Mönch ist niemals von Gesellschaft und Kultur getrennt - und falls er noch eine Absicht hat, dann wird er mit Sicherheit scheitern, ganz gleich wo er ist. Abgeschieden bezieht sich auf den Geist, der eben auch absichtslos ist.

    Anguttara Nikaya X.61-70


    Hotte

    Tut mir Leid, wenn du meinen Beitrag als pampig empfindest. Ich hatte dich aber nicht angesprochen und daher auch nicht gemeint.


    Die o.a. Lehrrede macht den bedingten Zusammenhang von Edle Freunde = Sangha und Unwissenheit deutlich.

    Auch wenn ich so dir erscheine, als sei ich am Ende des Weges angekommen, so solltest du einfach schon mal wissen, dass der Weg weder Anfang noch Ende hat. Wenn ich mal mit der Metapher Weg antworte, so denke einfach nur, dass ich ein paar Schritte zurück gegangen bin, um dir ein wenig Zuversicht zu schenken.

    Ein positives Gefühl - also ein angenehmes Gefühl erzeugt Gier nach angenehmen Erfahrungen. Daher sollte man nicht dem Gefühl folgen, sondern es beobachten, wodurch bedingt es entsteht, vergeht oder auch andauert.


    Die Ursache des Leidens ist immer tanha - und wurzelt in Gier, Hass oder Verblendung. Sind diese Triebe erloschen, erlischt auch Leiden.

    Zuversicht muss ja auch einen Inhalt haben - und worauf bezieht dieser sich?


    Bei Buddha ist es die Praxis, d.h. wer sich auf den achtfachen Pfad ernsthaft einlässt, der wird auch ans Ende von Leiden kommen. Da ist dann aber kein Gefühl, sondern die Befreiung von Gier, Hass und Verblendung. Und das ist auch kein Zustand, sondern eine beständige Aktivität.


    Wer also einen warmen Platz in der Welt sucht und meint, er habe den in einer Sangha gefunden, weil da Liebe und Mitgefühl zu Hause sei, der ist nicht ganz bei Trost - insofern hat der Thread-Eröffner mit seiner Empfindung der Trost-und Hoffnungslosigkeit einen wahren Punkt getroffen - der Buddhismus bietet Befreiung vom Leiden an und das ist weder Trost noch Hoffnung - weil wenn einer vom Leiden befreit ist, dann ist da nichts mehr was eines Trostes oder einer Hoffnung bedarf - das ist dann auch einfach weg, dieses Bedürfnis.

    Aber das Gefühl der Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit ist auch verpufft, weil man ja weiß, dass das unbeständig ist und also eine Täuschung.