Posts from pano in thread „Meditieren, zur Ruhe kommen, frei sein, Frieden mit sich und der Welt?“

    Ich vermute ich habe mich nicht präzise ausgedrückt, ich lehne Vipassana nicht ab, es geht darum, dass Vipassana richtig eingebettet werden muss.


    Letztlich interessiert mich nicht so sehr was im 20. Jahrhundert im Theravada-Buddhismus in Mode war, sondern was sich im 21. Jahrhundert als bewährt (und in gewisser Weise auch als robust) etabliert hat. Und ich sehe da eine klare Tendenz Vipassana als teil eines Großen Ganzen zu betrachten.

    Es geht nicht um die Mode; ich sollte mich also präzise ausdrücken. Der Buddha betrachtet Satipatthāna als den direkten Weg zur Befreiung. Bei Anālayo habe ich jedoch keinen direkten Hinweis gefunden, dass man zuerst eine sehr tiefe Konzentration erlangen sollte.

    Bhikkhu Anālayo empfiehlt aber nicht "Dry insight" meines Wissens. Bitte lass mich wissen, ich da falsch liege.

    Obligatorischer Hinweis das Goenka retreats „speziell“ sind. „Dry insight“ ist als Ansatz auch in traditionellen theravāda umstritten.

    Was meinst du damit, Pano?

    Ich verstehe die Rückfrage nicht ganz, es könnte eine Rückfrage sein bzgl. der Akzeptanz von "Dry Insight" im Theravada, oder eine Rückfrage bzgl. der Frage warum Dry insight an sich ein problematisches Konzept ist.


    Zur letzteren Frage: Je nach interpretation kommt man auf verschiedene "Schemata" wie man Bodhi erreichen kann, hier z.B. eine Darstellung die Culadasa folgt (The mind illuminated). Man übt sich in stabiler Aufmerksamkeit (samādhi) und Achsamkeit (sati, wir erinnern uns, samma samadhi und samma sati sind Elemente des Achtfachen Pfads). Mit dieser Vorbereitung kann man samatha und vipassanā (in die Daseinsmerkmale und das entstehen in Abhängigkeit) üben, was wiederum vorbedingung ist um bodhi zu erreichen.


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    Man kann noch wesentlich kompliziertere Diagramme zeichnen, die etwa die Erleuchtungsglieder darstellen, etc. Und dann gibts noch die Frage ob die jhāna für bodhi notwendig/hilfreich sind.


    Vertreter des "Dry Insight" Ansatzes wie Ledi Sayadaw in Burma haben die Quellen aufmerksam gelesen und gemerkt, dass die buddhistische Übung äußerst zeitraubend ist. Selbst wenn man nicht direkt erwartet bodhi in diesem Leben zu erreichen und das Ziel etwas kürzer steckt (etwa stromeintritt), so hat man Jahrelange Übung vor sich um Sati und Samadhi zu kultivieren, etc. Dann ggf. noch höhere Konzentrationszuständie wie Jhānas um dann Einsichts-Meditation zu betreiben. Wenn man nicht ins Kloster eintritt eher unrealistisch. Also haben sie versucht das ganze abzukürzen. Dafür gab es auch ein paar Hinweise im Visudhimagga. Statt Vipassanā-Praxis mit einem durch Samādhi/Sati/Samatha-Praxis vorbereiteten Geist durchzuführen (quasi "geschmiert"), so ist "Dry insight" ein Ansatz direkt Vipassāna-Praxis zu betreiben und die notwendige Konzentration einfach während der Vipassāna-Praxis zu entwickeln. Ledi Sayadaw versprach sich daraus, dass auch Laien mit Dry-Insight gute Fortschritte erzielen könnten. Es war auch der Versuch den Buddhismus zu demokratisieren, zugänglich zu machen. Goenka (wie auch Mahasi Sayadaw) sind Vertreter der neuen burmesischen Methode. Als Vipassana-Bewegung kam die Burmesische Methode dann auch in den Westen.


    So, was ist nun die Rezeption im Theravāda? Der "Dry Insight" Ansatz wird kritisiert, weil es keine Indizien dafür gibt, dass er vom Buddha gelehrt wurde. Viele zeitgenössische Theravada-Lehrer lehren nicht Dry-Insight sondern auch das "drumrum". Allgemein ist auffällig (und wird auch in Theravada-Foren diskutiert), dass psychische Probleme vermehrt auftreten wenn z.B. Personen ohne Meditationserfahrung in mehrtägige Goenk- Retreats gehen. Es ist naheliegend zu vermuten, dass bei Dry-Insight eben da Schmiermittel fehlt, was die Vipassana-Praxis sicherer macht, dass es sinnvoll ist Konzentrationsfähigkeit und Mettā zu entwickeln, bevor man in die Tiefe geht (Vergleich: Man sollte schwimmen lernen, bevor man Tauchen geht). Ggf. hatte es eben schon seinen Sinn, dass Samma Samadhi und Samma Sati Elemente des Achtfachen Pfades sind. Auch die Vertreter der Vipassanā-Bewegung lehren schon seit Jahren wesentlich mehr als Dry-Insight. Achtsamkeit, Metta, etc.


    Lehrerinnen wie die verehrte Ayya Khema haben schon vor Jahrzehnten auf die Bedeutung der Jhānas verwiesen, diese geübt und gelehrt.