Nashorn:
Ein arahat (...) bleibt weiterhin ein Individuum in dem Sinne, dass „er“ als Abfolge von Zuständen (Theragáthá Vers 716) von anderen arahanto zu unterscheiden ist (und kraft dessen von Individuen, die keine arahanto sind). (...) Was den arahat anbelangt, beinhaltet Individualität immer noch die Perspektive oder Orientierung, die die Dinge notwendigerweise annehmen, wenn sie existieren oder anwesend sind oder erlebt werden; und die Perspektive ist für jedes Individuum anders. Wenn upádána verloren geht, heißt das nicht, dass der Standpunkt verloren geht.
Nanavira Thera - Notizen zu Dhamma (Kapitel SAKKÁYA)
Beiträge von Onda im Thema „S. Hagen: Zwei Sichtweisen des Bedingten Entstehens“
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Danke, Nashorn, für dieses aufschlussreiche & passgenaue Zitat von Nanavira!
Charlie -
Buddhadasa:"Alle materiellen und geistigen Dinge sind nichts als natürliche Elemente, keine wirklichen Dinge, keine individuellen Lebewesen, sie sind leer von jeglichem Selbst..."
Mit materielle und geistige Dinge meint Buddhadasa dhammas (Phänomene). Die Formulierungen sind etwas unglücklich.
"nichts als natürliche Elemente, keine wirklichen Dinge". Insofern dhammas durchaus real sind, sind sie auch wirkliche DInge. Was er sagen will: es gibt nur Phänomene, die leer sind von jeglichem Selbst. Da gibt es kein "Ich", kein "Mein".
"Individuelles Lebewesen" meint hier: autonom, nicht verbunden, dauerhaft.Auf der Ebene der relativen Wirklichkeit gibt es natürlich individuelle Lebenwesen. So wie es individuelle User in diesem Forum gibt. (Oder ist es nur einer, der unter 1000 Nicks schreibt?).
Sätze wie "Es gibt keine Individuen" oder "Es gibt keine Lebewesen" lassen sich meines Erachtens aus dem Buddha-Dharma nicht ableiten.
Charlie
Buddhadasa: "Folglich ist das Hauptprinzip des Buddhismus nichts anderes, als die vollständige Vernichtung des Ergreifens von und des Festhaltens an Dingen als ein Selbst oder zu einem Selbst gehörend". Buddhadasa, Kernholz, 59
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Maybe Buddha:
"...mussten alle Novizen gleich am ersten Tag wo sie aufgenommen wurden, folgenden Vers lernen:
Alle materiellen und geistigen Dinge sind nichts als natürliche Elemente, keine wirklichen Dinge, keine individuellen Lebewesen, sie sind leer von jeglichem Selbst.... Die Neuankömmlinge wurden gleich am ersten Tag im Kloster, wo sie um die Ordination baten, mit dem höchsten Wissen und der pursten Essenz des Buddhismus ausgerüstet."Hättest du die Quelle? Kernholz?
Charlie -
Maybe Buddha:
Wenn ich dich richtig verstehe definierst du "Dasein" mit "ein haufen Aggregate".Einen Menschen bezeichne ich als Menschen, nicht als "Haufen von Aggregaten". Wenn mir Cecilia gegenübersitzt, dann sitzt da der Mensch Cecilia und nicht ein Sack mit Knochen, Gelenkschmiere, Schleim, Blut etc...
Wenn ich vom "Dasein" eines Menschen spreche, dann meine ich schlicht und einfach die Existenz eines Individuums. Der Buddha war auch so ein menschliches Individuum, vor und nach seiner Erleuchtung. Sein Erwachen verhalf ihm zu einer anderen Sicht aufs Dasein. Sein trennendes, dualistisches Denken in Kategorien von ICH und MEIN hatte ein Ende gefunden. Sein Dasein (als menschliches Individuum) nicht.Charlie
P.S. Lieber MB, deine Signatur weist den Weg zu einer angemessenen Interpretation der Kette des Bedingten Entstehens.
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Maybe Buddha:
Irgendwie kann ich deine Hoffnung ja nachvollziehn, ein Wesen zu "sein" und dennoch nicht zu leiden. Allerdings hat der Buddha gelehrt das das nicht möglich ist.Und was war mit dem Buddha nach seinem Erwachen? War er da kein Wesen mehr? Ein Un-Wesen? Und wie war's mit Buddhas Dasein? War er nach der Erleuchtung da oder nicht da? So wie ich es verstanden habe, lebte er als menschliches Wesen bis zu seinem Tode weiter, erfreute sich also in dieser Zeit des Daseins. Es war auch gut, dass er da war (Dasein). So konnte er seinen Schülern den Buddha-Dharma lehren.
Charlie
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Maybe Buddha:
Das Dasein ist für mich an den glauben an ein "Ich" und an den Dünkel gebunden.
Buddha war ein dukkha-Vernichter, kein Daseinsvernichter.
Es gibt auch ein Dasein ohne Glaube an ein autonomes, dauerhaftes Ich.Cahrloie
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accinca:Charlie:
Du verstehst nicht, das die Deutung 2 die Deutung 1 nicht ausschließt sondern
notwendig daraus resultiert. Also Deutung 2 führt zu Deutung 1 - so jedenfalls auch der Vers oben.Deutung eins und Deutung 2 schließen sich aus. Deutung 1 ist falsch (weil nihilistisch = lebensverneinend), Deutung 2 dhammagemäß.
Charlie
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TMingyur:
Ich wiederhole: "ich" und "mein" zu verneinen, gilt nicht als Nihilismus im buddha dhamma, sondern ist angemesssener sprachlicher Ausdruck von "wie die Dinge sind".
Das ist eine dhammagemäße Aussage.
Das nicht:
"Da ist nichts, worüber sich etwas erheben könnte."Charlie
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Bambus:
Das ist das zentrale Versprechen des Buddha-Dharma: einen Weg aufzuzeigen zu einem Leben ohne dukkha.
Ich glaube, dass es möglich ist, dukkha schrittweise zu reduzieren und schließlich auch gänzlich aufzuheben.
(Wobei ich hier von dukkha rede und nicht von Leiden).Charlie
dukkha:
Die Phänomene der Welt können dem Menschen (aufgrund ihrer Vergänglichkeit) keine dauerhafte Befriedigung verschaffen. Leiden in diesem Sinne (dukkha) ist eine existentielle Grunderfahrung.A - Die Wurzelursache des menschlichen Leidens (dukkha) ist die illusionäre Wahrnehmung eines getrennten (unabhängigen), dauerhaften Ichs.
B - Aus dieser Primärursache folgen die beiden Sekundärursachen des Leidens: Haben-Wollen (Gier) und Nicht-Haben-Wollen (Aversion). Das wollende Ich leidet an der Diskrepanz zwischen Soll- und Istzustand der Welt.
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TMingyur:
Da ist nichts, worüber sich etwas erheben könnte.Hast du jetzt mit accinca endlich die Nihilisten-Bar gegründet?
Dort wird mit Nicht-Gläsern nicht geprostet.
Dort kann man auch die Wonnen der Nicht-Rede entdecken.
Charlie -
TMingyur:
Wenn sich Denken über dhamma erhebt, dann ändert sich nix dran, ja.Möge sich dhamma über dich erheben. Dann würdest du vielleicht weniger denken.
Charlie -
Erdmaus:
Geburt, Alter, Tod und Leid wird es solange geben, wie es Planeten in habitablen Zonen gibt. Da wird keine Meditation und keine Erleuchtung was drann ändern.
So ist es. Und daher schildert das Bedingte Entstehen das Entstehen von dukkha.
Dies zu beenden, war Buddhas Ziel.So ist es. Und daher ist das Bedingte Entstehen keine Anleitung zur Verunmöglichung von Leben.
Charlie
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accinca:
'Für ewig bin erlöst ich,
das ist das letzte Leben,
und nicht mehr gibt es Wiedersein"'.S 35,14Deutung 1: Beendigung des Lebens, des Daseins (nihilistische Variante)
Deutung 2: Beendigung der dualistischen Sicht, bei der die Welt ins ICH ("innen") und Nicht-Ich ("draußen") aufgeteilt wird.
Beendigung von dukkha - nicht Beendigung von LebenCharlie
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accinca:
Ja, genau so habe ich mir die mahayanistischen Illusionslosen so vorgestellt.
Von der Bedingten Entstehung keine Ahnung.Schade, dass von dir so überhaupt keine Argumente kommen. Leider immer nur Ausfälle gegen die bösen "Mahayanisten".
Wie interpretierst du denn das Bedingte Entstehen? (Wahrscheinlich kommt jetzt nichts... Schade!).Charlie
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accinca:
Wenn aber nicht festgehalten wird an: "meine" Geburt, "ich" altere,
"meine" Krankheit, "ich" sterbe und so weiter, dann gibt es aber
ja auch keine Geburt, kein Alter und kein Leben und Sterben mehr.
Kein Wunder also, daß dann kein Leiden mehr ist. Das ist genau das
was die bedingte Entstehung sagt. Kein Anhaften und Nichtwissen mehr,
dann auch kein Alter, Krankheit und Tod mehr.Das ist der zentrale Punkt: natürlich gibt es dann immer noch Geburt, Alter und Sterben.
Es ist bloß nicht mehr "meine Geburt", "mein Altern", "mein Sterben". Das Bedingte Entstehen bezieht sich auf das Entstehen von dukkha, nicht auf das Entstehen und Schwinden von Leben. Alter, Krankheit und Tod haben auch nach dem Erwachen Fortbestand - der Buddha hat's vorgelebt.LG
Charlie -
Buddhadasa (ein Autor):
"Das bedeutet, dass alles, was anhaftet oder woran als "Ich" oder "Mein" angehaftet wird, dukkha ist. Alles, wobei es kein Anhaften an "Ich" oder "Mein" gibt, ist nicht dukkha. Folglich können auch Geburt, Alter, Krankheit, Tod und so weiter nicht dukkha sein, wenn an ihnen nicht als "Ich" oder "Mein" angehaftet wird. Nur wenn Geburt, Alter, Krankheit und Tod als "meine" Geburt, "ich" altere, "meine" Krankheit, "ich" sterbe und so weiter festgehalten werden, sind sie dukkha. Mit dem Körper und dem Geist ist es das gleiche. Kommt nicht auf den Gedanken, dass dukkha dem Körper und dem Geist innewohnt."
"Kernholz des Bodhibaums" (ein Buch), Seite 35
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accinca:
Hauptsache man hängt nicht dran, dann sich nicht mal Alter, Krankheit und Tod leiden.Denkst du auch so wie du schreibst?
Charlie -
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"Das bedeutet, dass alles, was anhaftet oder woran als "Ich" oder "Mein" angehaftet wird, dukkha ist. Alles, wobei es kein Anhaften an "Ich" oder "Mein" gibt, ist nicht dukkha. Folglich können auch Geburt, Alter, Krankheit, Tod und so weiter nicht dukkha sein, wenn an ihnen nicht als "Ich" oder "Mein" angehaftet wird. Nur wenn Geburt, Alter, Krankheit und Tod als "meine" Geburt, "ich" altere, "meine" Krankheit, "ich" sterbe und so weiter festgehalten werden, sind sie dukkha. Mit dem Körper und dem Geist ist es das gleiche. Kommt nicht auf den Gedanken, dass dukkha dem Körper und dem Geist innewohnt."
Kernholz des Bodhibaums, S. 35
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Hallo Onyx,
ich sehe keinen Zusammenhang zwischen deinen letzten beiden Beiträgen und dem Threadthema...
Charlie -
Onyx9:
Da ist ja schon ein Fehler drin, denn Variante B) dürfte kein bedingtes Entstehen sein.
Ein interessanter Einwand. Diese zwei Ketten-Theorie ist sicherlich nicht frei von Ungereimtheit. Aber das lässt sich auch in vielerlei Hinsicht von der "Originalkette" sagen. Immerhin wurde da eine umstrittene Drei-Leben-Theorie erfunden, um dem ganzen logische Plausibilität zu verleihen. Und wenn man nur die erste Kette stehen lässt, könnte man auf die Idee kommen, der einzige Weg zur Eliminierung von dukkha sei die Verunmöglichung von Leben (wogegen sich Buddhadasa (s.o.) auspricht).
LG
Charlie -
Ergänzend ein paar Gedanken von Buddhadasa:
"paticca-samuppada muss auf zwei Ebenen verstanden werden: Erstens, es ist das universelle Gesetz der Natur. Alle Dinge entstehen, bestehen und vergehen durch die Bedingte Zusammenentstehung. Zweitens, und in diesem Sinne wurde der Begriff von Buddha gewöhnlich gebraucht, ist es die Bedingte Entstehung von dukkha im Verbund mit dem Bedingten Erlöschen von dukkha. (...) Die Unterscheidung dieser zwei Ebenen ist von entscheidender Bedeutung. (...) Wir könnten die Frage aufwerfen: Bedeutet das Anhalten der Bedingten Zusammenentstehung das Ende des Lebens? Die Antwort darauf ist natürlich: Nein. Wir versuchen einfach, das Konditioniertwerden durch Nichtwissen, das zu dukkha führt, zu beenden. Der natürliche Fluss der Bedingtheit des psychophysischen Universums ist kein Problem, das ausgeschaltet werden muss." (Kernholz des Bodhibaums. 103)
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In seinem Buch "Buddhismus kurz und bündig" stellt Steve Hagen zwei Ketten des Bedingten Entstehens einander gegenüber.
Die eine Kette ist überschrieben mit "Gefangenschaft", die andere mit "Befreiung".
Zu jedem der bekannten Glieder des "paticca-samuppada" führt er also zwei Varianten auf:
Variante a) verblendete Sicht, dukkha-verursachende Faktoren
Variante b) befreite, erwachte Sicht, Ende von dukkha.Die Idee mit den zwei alternativen "Ketten" eröffnet in meinen Augen den Weg zu einer einleuchtenden Lesart dieser schwierigen Lehre:
1) Nicht-Wissen
a) Das Nichterkennen des gegenwärtigen Augenblicks. Blundheit gegenüber der direkten Wahrnehmung, dass dieser Augenblick weder entsteht, bleibt noch vergeht.
b) Das Sehen des gegenwärtigen Augenblicks. Sie direkte Wahrnehmung, dass der gegenwärtige Augenblick weder ensteht, beharrt noch vergeht.2) Tatabsichten
a) Labilität des geistes, verursacht durch Nicht-Wissen, so dass Verlangen des Geistes entsteht. Alle Handlungen, die durch einen solchen Geist entstehen, sind gewollt.b) In keinem Objekt des Geistes wird Substanz gesehen. Daher neigt der Geist sich weder den Dingen zu, noch wendet er sich von ihnen ab. Alle Handlungen, die durch einen solchen Geist entstehen, sind ungewollt.
3) Bewusstsein
a) Der Geist nimmt die Objekte als getrennt wahr und sieht sie als von Augenblick zu Augenblick weiterbestehendb) Alle Gegenstände des geistes werden als vorübergehend und bedingt erkannt.
4) Geist und Körper
a) Als Träger des Bewusstseins werden ein getrennter, beständiger Geist und Körper gesehen. Dadurch wird zwischen Subjekt und Objekt unterschieden.b) Es wird kein beständiger Geist oder Körper - kein Subjekt - gesehen, da es in der Wahrnehmung keine getrennten und dauerhaften Objekte des Geistes gibt.
5) Die sechs Sinne
a) Die Welt der Objekt des Geistes wird als außerhalb von Körper und Geist gesehen, aufgenommen durch die Fenster der Sinne
b) Die Sinneswahrnehmungen werden allein als Funktion des Geistes erkannt. Die Gegenstände des Geistes sind niemals außerhalb des Geistes, sondern sind immer der Geist selbst.6) Berührung
a) Es herrscht die Vorstellung, dass das Subjekt durch Sinneswahrnehmungen Kontakt mit einer objektiven, äußeren Welt aufnimmmt.
b) es wird erkannt, dass es weder eine Verbindung noch eine Trennung zwischen den Sinnen und einer Welt außerhalb des Geistes gibt.7) Empfindung
a) Man reagiert emotional auf die Objekte des Geistes und bleibt isoliert von ihnen.
b) Man wird von den Emotionanen nicht überwältigt. Da nichts als außerhalb des Geistes wahrgenommen wird, kommt das Empfinden immer vom Innersten her8 ) Gier
a) Es wird Verlangen und Ergreifen erlebt, da die Gegenstände des Geites als getrennt vom "Ich", dem Subjekt, erfahren werden
b) Man will nichts. Da nichts als außerhalb wahrgenommen wird, gibt es nicht das Gefühl, dass etwas fehlt.9) Ergreifen
a) Man ergreift, was "dort draußen" erscheint. Es ist der hoffnungslose Wunsch, dass der gegenwärtige Augenblick entweder verschwindet oder andauert.
b) Man erkennt, dass alle Erfahrungen äußerst unbeständig sind. Sie können daher nicht ergriffen oder besessen werden und flößen keine Angst ein.10) Sein
a) Man hat die Vorstellung, dass das Selbst und das andere beständig sind und glaubt an ihre Existenz.
b) Man 'sieht' alles als Strom11) Geburt
a) Man hat die Vorstellung und den Glauben, dass alle Wesen geboren werden
b) Man 'erkennt', dass nichts geboren wird12) Tod und dukkha
a) Man hat die Vorstellung und den Glauben, dass alle Wesen sterben werden
b) Man 'sieht', dass nichts stirbt