Beiträge von Simo im Thema „Ich, Selbst, Ego ... häää?“
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Nyima:
Hallo Doris,
Du hast natürlich völlig recht - über Christians Thesen zu diskutieren ist ziemlich nutzlos. Der einzige Grund, weshalb ich auf seine Thesen eingegangen bin ist dieser: Da dies ein öffentliches Forum ist und ich davon ausgehe, dass viele Leute hier her kommen um sich über das Buddhadharma zu informieren, wollte ich nur versuchen klarzustellen, wie die von ihm bzw. von Patita Dikshita dargelegten "Beweise" für das, was sie die "Ich-Lehre" des Buddhas nennen, zustande kommen.
Das ist auch gut so
denn Christians Thesen sind für Neuankömmlinge verwirrend.
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Da kann man nur eines sagen: fundiert! Weiter so!
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Hallo Milou,
ich poste hier mal einen Auszug aus dem Buch "Die Buddha Natur". Peter Michel im Gespräch mit dem Dalai Lama. Da behandeln sie genau unser Diskussionsthema:
III. Selbst und Nicht-Selbst
PM(Peter Michel): Das bringt mich nun zur dritten Frage: In Frankreich haben sie 1993 über die Nicht-Selbst und Selbst-Theorien gesprochen. Sie sagten: "Die Existenz eines ewig bestehenden, einzelnen und unabhängigen Selbst wird (von den Buddhisten) verneint, das Vorhandensein eines Selbst als Agens, als handelnde Kraft jedoch nicht." Und sie sagten auch, das ist sehr interessant: "Wenn die Buddhaschaft erlangt ist, besteht das individuelle geistige Kontinuum weiter, weshalb wir von der individuellen Identität eines Buddha sprechen können."
Meine Frage ist nun: Wie steht die individuelle Identität eines Buddha mit der Theorie eines Atman in Verbindung? Gibt es hier nicht eine Parallele?DL(Dalai Lama): Nein. Der Begriff des Atman hat eine ganz bestimmte Bedeutung: Er bezieht auf ein Selbst, das völlig isoliert und unabhängig von den körperlichen und geistigen Aggregaten (Skandhas) der Person besteht. Atman bedeutet ein Selbst, dass getrennt von Körper und Geist bestimmt werden kann. Ein solches Selbst wird im Buddhismus verneint.
Das Klare Licht (die innerste, subtilste Form des Bewusstseins) ist nicht das Lebewesen , nicht die Person, sondern die Grundlage des Lebewesens. Das Klare Licht ist Teil des Bewusstseins; es gehört zur Benennungsgrundlage des Lebewesens, also des Selbst; das Klare Licht ist nicht das Selbst. Im Zustande der Buddhaschaft bestehen keine gröberen Ebenen des Denkens mehr, sie alle haben aufgehört. Was bleibt, ist ausschließlich das Klare Licht (Das die Vereinigung von Leerheit, Klarheit und Unbegrenztheit ist). Auch in dem Zustand wird die Buddha-Identität, das Wesen Buddha, die Kombination von subtilem Geist und subtiler Energie, begrifflich beigelegt. Es gibt keine separate Buddha-Identität neben diesen sehr subtilen fünf körperlichen und geistigen Aggregaten. Die Nicht-Selbst-Theorie ist gültig von der Ebene einer gewöhnlichen Person, wie wir es sind, bis hin zur Ebene eines Buddha.PM: Nicht-Selbst heißt dann nicht, dass es keine Individualität gibt? Wie Sie die Selbst-Theorie interpretieren, geht es da um etwas sehr statisches, wie im Falle des Advaita-Vedanta: Man verschmilzt mit dem Brahman, so daß der Atman Brahman wird und es nur noch Brahman gibt. Sie verneinen dies, nicht wahr?
DL: Wenn wir mit der Theorie des Nicht-Selbst den Atman, das "Selbst", verneinen, so verneinen wir damit ein Selbst mit einer eigenständigen substantiellen Existenz. Es gibt kein unabhängiges, aus sich bestehendes Selbst. Das Selbst, die Person, existiert nur in Abhängigkeit von den körperlichen und geistigen Aggregaten. Dies gilt für alle Lebewesen bis hin zum Buddha. Dieses Selbst, das in Abhängigkeit von den körperlichen und geistigen Aggregaten besteht, ist natürlich immer individuell, denn es besteht ausschließlich in Verbindung mit individuellen körperlichen und geistigen Aggregaten, es gibt keine universelle Person. Ebenso Anatman, Nicht-Selbst, ein Aspekt der Bestehensweise individueller Personen. Es gibt kein von den einzelnen Personen losgelöstes, universelles Nicht-Selbst. Anatman ist die bloße Negation eines von den körperlichen und geistigen Aggregaten unabhängigen, eigenständig existierenden Selbst.
PM: Löst sich das unabhängige Selbst auf? Im Advaita-Vedanta existiert das Selbst am Ende nicht mehr. Der Atan wird zu Brahman, und am Ende gibt es nur noch Brahman.
DL: Nein, so ist das nicht zu verstehen. Wir reden nicht über einen Prozeß, in dem sich das Selbst allmählich auflösen würde. Nicht Selbst ist einfach ein Natürlicher Aspekt der Existenzweise jeder Person.
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Milou:Nomad:
...
Da frag mich bitte noch mal einer wieso, weshalb, warum der Buddha zu einigen ›Dingen‹ bzw. um genau zu sein,•1 Ist das Universum ewig?
•2 Ist das Universum nicht ewig?
•3 Ist das Universum endlich?
•4 Ist das Universum unendlich?
•5 Ist die Seele dasselbe wie der Körper?
•6 Sind Seele und Körper zwei voneinander getrennte Dinge?
•7 Existiert der Buddha nach dem Tod weiter?
•8 Existiert der Buddha nach dem Tod nicht weiter?
•9 Ist der Buddha sowohl existent als auch nicht-existent nach dem Tod ?
•10 Ist der Buddha weder existent noch nicht-existent nach dem Tod?schwieg
...weil das für die Lehre ohne Bedeutung ist?
LGMilou
Weil es für das Beenden des Leidens ohne Bedeutung ist.
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Milou:
Wo liegt der Unterschied der Ansichten denn nun genau?
Ich tippe mal (ins Blaue):
Position 1. wenn ALLES Anhaften weg ist, bleibt das wahre SELBST = NICHT-ICH = NICHT-EGO = die Buddha-Natur (=Grundprinzip von allem?)
vs.
Position 2. wenn alles Anhaften an das NICHT-ICH weg ist, bleibt das wahre ICH = das unbedingte absolute ICH = das göttliche ICHLiegt hier des Dissenz?
LG
Milou
P.S.: Vielen Dank für eure Disziplin im Thread
Ja das ist die Dissenz... Und sie ist nicht ohne. Aber die Buddhistische Lehre schweigt dazu ganz und gar nicht.
P.S. Ich bewundere dich und danke dir für deine Offenheit und deinen Willen zu lernen
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Milou:
Ist es dann nicht völlig egal, ob das SELBST absolut oder bedingt ist?
Wenn alles Anhaften weg ist, hat die Weiterexistenz eines absoluten selbst doch keinen Sinn mehr, oder? Wozu sollte dann eine Wiedergeburt nützlich sein?
Ich glaub ich verstehe langsam - der Unterschied ist nicht groß, aber wichtig. In den YouTube-Videos fand ich auch etwas komisch, dass er nicht im Nirvana verlöschen möchte sondern lieber wiedergeboren wird, da das ja viel besser wäre - wenn das keine Anhaftung (an das SELBST) ist!
LG
Milou
P.S.: "Lanoo sieht nicht ..." ist sehr wertend. Besser wäre z.B. "Lanoo glaubt ..." - jeder darf glauben was er will!!
Es ist wichtig zu verstehen, dass es hier nicht um irgend eine weitere philosophische Theorie geht, sondern darum, wie es um das "Selbst" tatsächlich bestellt ist. Und das zu wissen hat weitreichende Konsequenzen, denn es geht hier darum, ob man weiter leidet oder eben nicht. Weiß man nicht um die wahre Natur des Selbst leidet man. Es geht hier nicht nur darum es zu verstehen, sondern eine direkte Erfahrung davon zu bekommen. Wiedergeburt im normalen Sinne (wenn ein Wesen stirbt und wiedergeboren wird) ist weder nützlich noch nutzlos sondern "ist" eben einfach. Von nützlich kann man nur sprechen, wenn sich ein befreites Wesen aus Mitgefühl heraus zum Nutzen der anderen wiedergebären lässt um ihnen den Weg zur Befreiung zu zeigen. Aber darum geht es jetzt gerade nicht.
Du sagst es, der Unterschied ist klein, aber essentiell, denn er bedeutet leiden oder nicht leiden. Buddha hat nicht seine Meinung bezüglich des Selbst aufgezeigt, sondern mittels seiner Erkenntnis logisch dargelegt, dass es kein absolutes Selbst geben kann. Keine Theorie, sondern Wahrheit. Dharma wird im Tibetischen mit Tschö übersetzt und das heißt "wie die Dinge sind", nicht "Buddhas Meinung wie die Dinge sind".
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Milou:Simo:
... genau ! eben nicht im Sinne eines Atman (das nämlich als absolut und unabhängig existent postuliert wird). Das und NUR das hat Buddha mit Anatta verneint. ...
Hmmm ... sollte es soo einfach sein?
Kann mir dann bitte nochmal einer den Widerspruch zwischen dem was uns Lanoo geradezu "prophetisch" aufzudrängen versucht und dem was Buddhismus nach heutigem Verständnis "wirklich" ist erklären. Der scheint mir nicht so groß zu sein, oder bin ich nun vollkommen auf dem Holzweg?
LG
Milou
Lanoo sieht nicht, dass dieses SELBST (wie er es immer nennt) eben auch bedingt ist !! Für ihn das das einzig wahre, und alles andere ist Beiwerk, so wie der Kern einer Avokado vom Fruchtfleisch umgeben ist.
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Die Buddhisten sehen sich weder als Schnur noch als Perle, sondern eher als aufgefädelte Perlen. Im Moment zusammengehalten, von weiter weg betrachtet als Ganzes, bei näherem Hinsehen als aus Bedingungen entstanden. Man kann sagen Schnur, man kann sagen Perlen, aber nur zusammen geben sie eine Kette.
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Milou:Simo:
... und ist das bedingt oder unbedingt, aus Ursachen hervorgegangen oder nicht ?
Wir nähern uns dem Kern. Bedingt entstanden heißt doch nur, dass es unter Abwesenheit der Bedingungen nicht entstanden wäre.
Da die Bedinungen aber anwesend waren, ist das ICH eben entstanden und damit existent.Die nicht Existenz wäre demnach nur im übertragenen Sinne zu interpretieren als nicht absolut oder nicht unabhängig existent.
Oder?LG
Milou
genau ! eben nicht im Sinne eines Atman (das nämlich als absolut und unabhängig existent postuliert wird). Das und NUR das hat Buddha mit Anatta verneint.
Da ist aber nochwas: Und zwar haben wir die Illusion, dass unser abhängig entstandenes Ich dauerhaft ist, und deswegen leiden wich ziemlich.
Mit dem Wegfallen der Ich-Illusion wird man aber nicht zu einem Gemüse, sondern eben zu einem Befreiten Wesen, das zwar alle Formen einer Persönlichkeit hat, sich aber nicht über sie definiert und sich schon gar nicht von ihnen gefangen nehmen lässt - eben keine Anhaftung mehr daran hat. So seh ich das in etwa (soweit man das hier in wenigen Worten beschreiben kann)
Ich würde allerings das abhängig entstandene Ich nicht als Selbst bezeichnen, weil damit einfach zu oft etwas Dauerhaftes und Eigenständiges impliziert wird. Die Illusion eines (dauerhaften sich, sich ewig gleichbleibendem Ichs) fällt weg, aber der Erleber bleibt, er ist aber auch kein Selbst, sondern ebenfalls ein abhängiges sich veränderndes Phänomen.
Puhh
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gbg:
Noch etwas Milou als Ergänzung:
Das wahre Selbst:
Das wahre Selbst ist das was seine Sinne in sich zurückgezogen hat.
Und das seinen Tod im Sterben wie eine Jacke die man lockern kann gar abgelegt hat.
Da ist dann kein Selbst im Sinne eines EGOs mehr.
Nur etwas vielleicht vergleichbar wie das was übrigbleibt wenn man seinen Geist zur Ruhe kommen lässt.
(Gedanken abfallen lässt)L.G. gbg
und ist das bedingt oder unbedingt, aus Ursachen hervorgegangen oder nicht ?