Beim Stöbern in diversen Threads hier ist mir ein Muster aufgefallen. Möglicherweise geht es anderen auch so:
Oft arten Diskussionen in Auseinandersetzungen aus, bei denen man sehr kompromisslos auftritt, weil man sich durch den Palikanon und andere Schriften im Recht sieht. Im Sinne von "ich brauche gar nicht auf dich einzugehen, denn ich reiche dir hier ein Zitat. Das sollte genügen, damit du erkennst: ich habe Recht."
Es geht mir nicht darum, ob derjenige wirklich im Recht ist. Meine Sicht des Buddhismus ist: die Überlieferungen weisen den Weg, aber ich muss ihren Wahrheitsgehalt letztlich erfahren um sie mir zu eigen machen zu können.
Es geht mir daher nur um die Art und Weise. Es erscheint mir nicht klug, andere harsch anzugehen. Auch nicht im Sinne einer "gerechten Wut". "Wenn der andere die Sicht der Überlieferungen nicht anerkennen will, muss ich ihm auch mal eins auf den Deckel geben."
Ich halte das nicht für klug, weil es zunächst zu unangenehmen Emotionen und Zänkereien führt. Wenn ich überheblich, herablassend, provozierend, ausfallend werde, dann wird sich der andere verletzt fühlen und den starken Impuls spüren, sich zu verteidigen. In diesem Zustand ist es ihm kaum möglich, mir Recht zu geben.
Meine Argumente, seien sie auch noch so gut durch Schriften untermauert, gehen ins Leere.
Wäre es nicht aus Sicht eines klugen Buddhisten besser, dem anderen mit Werten wie Sanftheit und Mitgefühl zu begegnen? Auch wenn ich meine, dass er gerade falsche Ansichten hat? Thich Nath Hanh (den mancher hier vielleicht nicht ernst nimmt), hat in dieser Hinsicht sinngemäß etwas kluges gesagt:
Wenn ich mit jemandem verhandele, versuche ich ihm zuerst ernsthaft zuzuhören. Wenn ich mir erlaube zu verstehen, wo und wie er leidet, dann entwickle ich echtes Mitgefühl. Dann erst ist die Offenheit da, um auf die Argumente des anderen einzugehen. Ich lasse mich nicht mehr durch die Sucht des Egos nach Abgrenzung und Streit leiten. Der andere muss nicht mehr verlorenen Stolz fürchten, wenn er ein Argument von mir als richtig anerkennt.