Fragen betreffend Chan Buddhismus

  • @ Jon:


    Kennst die Geschichte mit der Heuschrecke ?

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  • naaaaaaaaaaacht, bel


    doppelt gemoppelt .. na, Dinge sind DAS :)

    Suche nicht nach der Wahrheit; höre nur auf, an Meinungen festzuhalten.


    Meister Seng Ts'an

    2 Mal editiert, zuletzt von Jon ()

  • und die Redaktion schliesst für heut ..

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    Meister Seng Ts'an

  • ................

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    Meister Seng Ts'an

    Einmal editiert, zuletzt von Jon ()

  • Mit "mind" (kleingeschrieben) ist bei Lok To schon das Denken eingeschlossen, ansonsten schreibt er "Mind" (groß). An anderer Stelle heißt es sogar: "A Ch'an master said: "Break off the way of speech and destroy the place of thinking!" Darin, dass Huang-po hier mehrfach andere Chan-Meister zitiert, soll sich wohl eine gewisse Kontinuität dieser Lehre zeigen. Wenn das Denken auf diese Art ausgeschaltet ist, wie könnte man dann noch einen Gedanken an Rituale und Schriften verschwenden, das ist da die Frage. Schon Hui-neng wird ja gern dargestellt, wie er die Schriften zerriss.

  • micha:

    Mit "mind" (kleingeschrieben) ist bei Lok To schon das Denken eingeschlossen, ansonsten schreibt er "Mind" (groß).


    Darauf hatte ich ja hingewiesen.
    Aber andererseits, es ist ja ein chinesischer Text, da wird allet groß geschrieben :) und das Original ist an dieser Stelle nach chinesischer Sitte hübsch gedichtet, ein Stanza, also von der Form her sehr verdichtet:

    Zitat

    故祖师云:


    佛说一切法,
    为除一切心。
    我无一切心,
    何用一切法。


    Da mutet mir die Umsetzung als Prosa-Text von Lok To schon sehr nach seiner Erklärung an. Ich brauch aber ne Weile um drauf rumzukauen.


    Für Nancy:
    Englisch
    und das Original:
    http://www.caodongzazen.com/masterHuanpoTalk-heart03.htm


    Zitat

    An anderer Stelle heißt es sogar: "A Ch'an master said: "Break off the way of speech and destroy the place of thinking!" Darin, dass Huang-po hier mehrfach andere Chan-Meister zitiert, soll sich wohl eine gewisse Kontinuität dieser Lehre zeigen.


    Nun ja, die Kontinuität müßte ja iwo beim Buddha selbst beginnen, und da ist vom "Denken ausschalten" nirgendwo die Rede, ganz im Gegenteil, letztlich führt "ohne Gedanken" zu überhaupt nix - wovon da aber immer geredet wird, ist das Übersteigen von Konzepten, konzeptuellem, wertend-unterscheidendem Denken, also Ansichten (M121)


    Zitat

    Wenn das Denken auf diese Art ausgeschaltet ist, wie könnte man dann noch einen Gedanken an Rituale und Schriften verschwenden, das ist da die Frage. Schon Hui-neng wird ja gern dargestellt, wie er die Schriften zerriss.


    Das Zerreißen von Schriften ist auch nur ne provisorische Attitüde.
    Was vorher nur als aufgesetztes Ritual verstanden wurde, ist zur echten Lebenspraxis geworden, die Schriften offenbaren ihre letztendliche, nicht mehr provisorische Bedeutung.
    Auf beide "Probleme" geht Dogen episch im Shobogenzo "Gyoji" (Kap.29) und "Bukkyō" (Kap.23) ein

  • Hallo bel,


    bel:
    Zitat

    An anderer Stelle heißt es sogar: "A Ch'an master said: "Break off the way of speech and destroy the place of thinking!" Darin, dass Huang-po hier mehrfach andere Chan-Meister zitiert, soll sich wohl eine gewisse Kontinuität dieser Lehre zeigen.


    Nun ja, die Kontinuität müßte ja iwo beim Buddha selbst beginnen, und da ist vom "Denken ausschalten" nirgendwo die Rede, ganz im Gegenteil, letztlich führt "ohne Gedanken" zu überhaupt nix - wovon da aber immer geredet wird, ist das Übersteigen von Konzepten, konzeptuellem, wertend-unterscheidendem Denken, also Ansichten (M121)


    im 2. jhana sind ja vitakka-vicara aufgehoben, was u.a. übersetzt wird mit 'Gedankenfassung und Diskursives Denken' und auch verstanden wird als 'inneres Sprechen' (,parole interieure'). Ist dieses vitakka-vicara deiner Ansicht nach etwas anderes als das Denken im Zen?


    Gruß
    Florian

  • Buddhaghosa:

    im 2. jhana sind ja vitakka-vicara aufgehoben, was u.a. übersetzt wird mit 'Gedankenfassung und Diskursives Denken' und auch verstanden wird als 'inneres Sprechen' (,parole interieure'). Ist dieses vitakka-vicara deiner Ansicht nach etwas anderes als das Denken im Zen?


    Ja aber das 2.Jhana noch iein anderes ist Befreiung/Erwachen.

  • bel:

    Zitat

    Nun ja, die Kontinuität müßte ja iwo beim Buddha selbst beginnen,


    Das ist vielleicht ein Dogma deiner Schule, ich halte das für unsinnig und für ein Zen-Forum eher befremdlich, da begibt man sich doch gleich auf den Pfad der Schriftgläubigen. Der "Buddha" (als zitierfähig) selbst ist ja im Grunde gar nicht anders fassbar als wie du es machst, indem man aus dem Palikanon zitiert. Das hat Huang-po anders gehandhabt, der zitiert lieber andere Chan-Meister, wie im Chan recht üblich.


    So wie ich es sehe, bedeutet dein Verständnis von Dogen demnach einen Rückschritt hinter die Erkenntnisse früherer Chan-Meister. Bei Lok To heißt es dann noch deutlicher: "Because one lacks the capacity for sudden Awakening, one must study the Tao of Dhyana for 3, 5, or 10 years." Da wird das übliche "Studium" nicht ausgeschlossen, aber als eher bedauerliche Unfähigkeit zum unmittelbaren Erwachen benannt. ""Buddha is one's own Mind! Why do you search in words and letters?" Das ist doch eine deutliche Sprache, die im Grunde auch vor möglichen Abwegen der Schüler warnt und sie zu einer anderen Art des Zugangs ermutigt. Mir ist schleierhaft, wieso man hinter diese Erkenntnisse zurücktreten soll, um Schriften eine "nicht mehr provisorische Bedeutung" beizumessen. Selbst dann bleibt das Problem, dass jeder, der so etwas behauptet, ja selbst nur einen Teil der Schriften kennen wird, also von seiner lückenhaften Kenntnis abstrahiert.


    Bei Blofeld ist es genauso deutlich übersetzt (The Zen Teaching of Huang-po, Seite 63): "It is because you are not that sort of man that you feel obliged to employ your mind 'studying dhyana' and 'studying the way'. What has that all got to do with Buddhism?" (Diese Übersetzung gibt's auch auf Deutsch beim O.W. Barth Verlag.)


    Huang-po beschäftigt sich ebenfalls oft mit "Ansichten" (views), aber er geht eben weiter (oder zumindest: anders) und könnte sich dabei ebenfalls auf den Palikanon berufen, wenn er wollte. Denn wie ist Denken ohne Bewusstsein möglich? Bewusstsein aber ist im Nirwana verloschen. Also ist das Nicht-Entstehen von Gedanken adäquat zum Nirwana zu sehen.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Das Zerreisen der Schriften, wenn auch provisorischer Natur, bedeutet, dass die Schriftzeichen nicht mehr benötigt werden, da der Inhalt verwirklicht wurde.


    "Break off the way of speech and destroy the place of thinking!"

    Suche nicht nach der Wahrheit; höre nur auf, an Meinungen festzuhalten.


    Meister Seng Ts'an

  • micha:

    bel:

    Zitat

    Nun ja, die Kontinuität müßte ja iwo beim Buddha selbst beginnen,


    Das ist vielleicht ein Dogma deiner Schule, ich halte das für unsinnig und für ein Zen-Forum eher befremdlich, da begibt man sich doch gleich auf den Pfad der Schriftgläubigen. Der "Buddha" (als zitierfähig) selbst ist ja im Grunde gar nicht anders fassbar als wie du es machst, indem man aus dem Palikanon zitiert. Das hat Huang-po anders gehandhabt, der zitiert lieber andere Chan-Meister, wie im Chan recht üblich.


    Die Agamas gehören zum Chinesischen Kanon, und Huang-Po nimmt alle Nase lang darauf Bezug. Fällt Dir vllt nicht auf, mir schon. Und die "Chan-Meister", die er zitiert, hat er auch nicht persönlich gekannt, sondern hats aus iwelchen Schriften. Ist das jetzt auch "der Pfad der Schriftgläubigen"?. Dogen machts ebenso.


    micha:

    So wie ich es sehe, bedeutet dein Verständnis von Dogen demnach einen Rückschritt hinter die Erkenntnisse früherer Chan-Meister.


    Was? Wieso?
    Fukanzazengi:

    Zitat

    .... denke auf dem Grund des Nicht-Denkens (不思量). Wie denkt man auf dem Grund des Nicht-Denkens? Es ist die Loslösung vom Denken (Undenken, 非思量).


    Nun ja, es gibt wohl nur alle tausend Jahre jemanden, der das sprachlich so präzise auf den Punkt bringen kann :)
    Wir hatten schon öfter diese Diskussion, zuletzt hier:
    http://www.buddhaland.de/viewt…&t=12444&start=30#p239804


    Zitat

    Bei Lok To heißt es dann noch deutlicher: "Because one lacks the capacity for sudden Awakening, one must study the Tao of Dhyana for 3, 5, or 10 years." Da wird das übliche "Studium" nicht ausgeschlossen, aber als eher bedauerliche Unfähigkeit zum unmittelbaren Erwachen benannt. ""Buddha is one's own Mind! Why do you search in words and letters?"


    Das ist doch sonnenklar, man kann Befreiung nicht erdenken. Den Leuten ermangelt es aber nicht an "Kapazität" sondern an rechter Praxis-Orientierung. Das ist der Anlaß für Huang-po's Ansprache.


    Zitat

    Mir ist schleierhaft, wieso man hinter diese Erkenntnisse zurücktreten soll, um Schriften eine "nicht mehr provisorische Bedeutung" beizumessen.


    Du mißverstehst mich hier. Behelfsweise mal der Argumentation in "Bukkyō" (Shobogenzo Kap.23, nicht 50) folgen.


    Zitat

    Bei Blofeld


    Kenn ich.


    Zitat

    Denn wie ist Denken ohne Bewusstsein möglich? Bewusstsein aber ist im Nirwana verloschen. Also ist das Nicht-Entstehen von Gedanken adäquat zum Nirwana zu sehen.


    Kanonisch (und ja auch sachlich leicht nachvollziehbar) erst beim Verlöschen der Daseinsreste, also Parinibbana. Das steht hier aber nicht zur Debatte, sondern sa-upadisesa nibbana, dem Befreitsein zu Lebzeiten. Solange Bewußtsein, solange auch Bewußtseinsobjekte und Denken, nur kein Klammern daran.

  • Buddhaghosa:


    im 2. jhana sind ja vitakka-vicara aufgehoben, was u.a. übersetzt wird mit 'Gedankenfassung und Diskursives Denken' und auch verstanden wird als 'inneres Sprechen' (,parole interieure'). Ist dieses vitakka-vicara deiner Ansicht nach etwas anderes als das Denken im Zen?


    Gruß
    Florian


    Hallo. >Aufgehoben, erschöpft, zur Ruhe gekommen und "frei von "< hat aber nix mit >auslöschen, zerstören und auschalten< zu tun- das ist nämlich ne nihilistische Auffassung und Motivation, die aber häufiger vorkommt. Höchstens könnte man noch von einem Abschneiden der Vorstellungen/Ansichten sprechen, an der Wurzel. "Sinnen und Erwägen" ( sprachliche und körperliche Gestaltung ) hebt auch wieder an, nun aber geklärt . Kennst ja das Sutta. Besser wäre, diese Erfahrung zu kennen.

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  • @ micha:

    Zitat

    Denn wie ist Denken ohne Bewusstsein möglich? Bewusstsein aber ist im Nirwana verloschen. Also ist das Nicht-Entstehen von Gedanken adäquat zum Nirwana.


    Quatsch. Das von Selbst(an)sicht(en) oder Gier , Hass und Unwissenheit verblendete Bewusstsein ist erloschen. Oder eigentlich eher "bereinigt". Nja, was jibt et Unreines ?
    Ich war auch mal so drauf, ich meinte, die total leere Birne wäre das Nonplusultra. Das weist dem Denken aber ne beständige, inhärente und vorallem Ich-Mein-Form zu. Und klar, wenn man meint das Ego auslöschen wäre der Weg, dann kommt man auf sowas. Aber "das Ego" ist shunyata, anatta und anicca. So wie allet.


    Die zitierten ominösen Chan Meister, aus angeblich Huan Po s Munde, und dann noch übersettzt, übersetzt, ist das ne gute Quelle ? Mag sein, wenn sie stimmig ist mit der sonstigen Lehre. Da jibet nämlich keine großen Unterschiede im Sprach,- und Metapherngebrauch. Ist sehr erfreulich, wenn es einem aufgeht.

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  • Zitat

    Und die "Chan-Meister", die er zitiert, hat er auch nicht persönlich gekannt, sondern hats aus iwelchen Schriften.


    Aus welchen denn?


    In der Chan-Tradition selbst lässt sich immer wieder feststellen, dass Überliefertes "frisiert" wird, und so kann man sich auch den Umgang mit den Schriften vorstellen. Es ist immer wieder erstaunlich, wenn man neue Funde macht, was selbst an den Mahayana-Sutren hier und da verändert wurde, je nachdem, wer daran rumbastelte. Und so "nimmt Huang-po auch Bezug". Das geschieht nicht auf die Weise "wörtliches Zitat, Quellenbeleg". Das ist freier.


    Gut, dass du herausgefunden hast, dass Dogen gar nicht so dumm war, leider setzt man bei seinem Verständnis m.E. die falschen Schwerpunkte. Das Zitierte wäre der richtige.


    Dann aber deutet sich wieder an, dass es Dogen (oder du) doch verbiegen:


    Zitat

    Solange Bewußtsein, solange auch Bewußtseinsobjekte und Denken, nur kein Klammern daran.


    Huang-po dagegen lehnt sich an seine Vorgänger an, die Bodhidharma folgten, und die - laut etwa Jeffrey Broughton's Studien aufgrund von neueren Schriftfunden - ganz eindeutig davon sprachen, dass es "keinen Gedankenimpuls" mehr geben solle. Das führt dann auch dazu, dass unter "Praxis-Orientierung" (wie du es nennst) bei Huang-po sicher nicht das Gleiche gemeint ist wie bei Dogen. Denn so wie ich es sehe, macht es bei Dogen keinen Unterschied, wie lange man sich an "Praxis" orientiert, wohingegen bei Huang-po das plötzliche Erwachen entscheidend oder vorrangig ist, eine andere vorrangige Praxis definiert er im Grunde gar nicht.


    Wenn Dogen (und nicht du) tatsächlich meinte, es gäbe stets Gedanken, solange man lebe, dann würde er etwas anderes lehren als die alten Chan-Meister (was sein gutes Recht war) - oder er würde den Moment des spontanen Erwachens (des Verlöschens von Denken) eben nicht für so wichtig halten oder gar nicht kennen. Damit will ich nicht sagen, wer hier recht hat, ich will hier auf eine Differenz hinweisen. Ich persönlich vertraue aus meiner Erfahrung Huang-po aber mehr. Wer sollte sich denn klammern? Wer sollte denn auf dem "Grunde von Nicht-Denken" oder "losgelöst vom Undenken" noch denken? Darum geht es schließlich, denn das Denken ist skandha, und die Nicht-Identifikation mit den skandha ist wesentlich für die buddhistische Befreiung.


    Im Übrigen kann man dafür durchaus Hinweise im alten Buddhismus finden, wo Nirwana im Leben möglich ist, und hier sehe ich eher Huang-pos Einflüsse als in den Agamas, z.B. wenn von animitta gesprochen wird, der "Bildlosigkeit", denn ein "Nicht-Denken" müsste ja frei von dem sein, was üblicherweise einen Gedanken ausmacht, frei von jeder Vorstellung. Was im Mahayana überlebt, sind m.E. eher Einflüsse der Nikaya. Im Mahayana, aus dem sich Zen speist, ist Nirvana mit seinen Kennzeichen ganz sicher nicht mehr auf ein Parinibbana beschränkt, worauf dann eben auch ein Ende der Gedanken bei Huang-po verweist. Das Nirvana geschieht im gegenwärtigen Leben, und eines seiner Kennzeichen ist das Verlöschen von Gedanken, so momentär es auch sei.

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  • Das sg. "Nicht-Denken" bezieht sich immer nur ( philosophisch )gegensätzlich zum konventionellen, verblendeten, dualistischen Denken. Das "weise" ( selbstlose )" Denken " wird mit "Sinnen und Erwägen" oder " Nicht-Denken" bezeichnet.


    Zitat

    Das Nirvana geschieht im gegenwärtigen Leben, und eines seiner Kennzeichen ist das Verlöschen von Gedanken, so momentär es auch sei.


    Das stimmt, aber klingt schon anders als Auslöschen, das ist nämlich ne Tat und Tat produziert karmische Gestaltung. Die ist aber im s.g. "Nicht- Denken " aufgehoben, nur deswegen ist auch Verwirklichen von Nirvana überhaupt möglich.


    Aber es stimmt schon, daß wir hier auch beeinflusst sind von anderen Richtungen. Dieser Einfluss steht aber in Harmonie mit der Zen Lehre, soweit wir abwägen können, was wir zulassen und wovon wir uns abgrenzen - und das ist dann gut so.

  • blue_apricot: Zunächst eine Frage: Ist es gerade Mode, Berlinerisch ins Geschriebene einfließen zu lassen? Mir fällt da eine Paralle zu bel auf, deshalb frage ich.


    Zitat

    Quatsch. Das von Selbst(an)sicht(en) oder Gier , Hass und Unwissenheit verblendete Bewusstsein ist erloschen. Oder eigentlich eher "bereinigt".


    Das magst du so sehen, aber nicht Huang-po. Ihm genügt das nicht. Er spricht von "dem Geist, der nirgendwo verweilt". Also nicht nur bei den negativ besetzten Eigenschaften wie Gier usf. Das geht weiter, wie ich oben schon schrieb, weil es das, was Parinibbana ausmacht, ins gegenwärtige Leben bringt. Was ich aber, wie gesagt, in den Nikaya schon angelegt sehe. Mir persönlich sagt eben zu, was Chan-Meister aus all dem Material machten, das sie hatten, wie sie es weiter entwickelten, aber selbst unter Theravadin soll es welche geben, die ans Nirvana vor dem Hinscheiden glauben.


    Zitat

    Das sg. "Nicht-Denken" bezieht sich immer nur ( philosophisch )gegensätzlich zum konventionellen, verblendeten, dualistischen Denken.


    Im Chan sah man das anders. Laut Broughton (Bodhidharma Anthology) sagten die frühen Meister sogar: "Wer den weglosen Weg geht, lehnt weder Eifersucht noch Verlangen ab." Man sollte schon verstehen, dass diese Ansicht tiefer ist als ein bloßes Ablehnen von Dualismus (den Huang-po auch thematisiert). Hier geht es darum, dass man eben dadurch, dass man sogar gegen Eifersucht und Verlangen "nichts mehr hat" (dein "Gier, Hass, Verblendung" aus deinem vorletzten Beitrag), weil eben nur das - und nicht die verbale Ausgrenzung - tatsächlich bedeutet, nicht zu denken. Der noch von Gier, Hass, Verblendung sprechen kann, der ist noch nicht im Nicht-Denken, und der bindet an Gedanken noch Ideen (was nun mal das Wesen von Gedanken ausmacht, weswegen die Lehre, sie gänzlich tilgen zu können, so faszinierend und konsequent ist).

  • http://nyoho.com/2013/06/06/th…nking-about-non-thinking/


    (Wegen des Hinweises auf eina ältere hishiryo-Diskussion ...) Diesen Artikel eines Soto-Lehrers zum hishiryo möchte ich aus zwei Gründen empfehlen. Zum einen geht er auf die wahrscheinlich ethymologisch korrekte Bedeutung des hishiryo ein (shiryo - wg. der Silbe ryo mit der Bedeutung des Abmessens, ein also wertendes Denken, wonach hishiryo ein nicht-wertendes Denken oder ein nicht zielgerichtetes Denken [non-directed] sei). Zum anderen weil es später die verschiedenen Arten des Denkens oder Nicht-Denkens (vor allem als Abwesenheit einer Wertung oder Anhaftung) aufgreift. Die vielen Deutungsmöglichkeiten erklären auch das Smilie hinter bels Bemerkung, nur alle paar tausend Jahre würde jemand das präzise ausdrücken - was Dogen in seiner oft mysteriös-schwammigen Sprache ja gerade nicht gelang. Es dürfte dagegen jedem sofort klar sein, ob er ohne jeden Gedanken ist oder nicht. Hier, also bei Huang-po, wird noch nicht so stark mystifiziert oder um den heißen Brei herumgeredet. Hier würde ein Unbedarfter nicht "häh?" sagen (wie beim Dogen-Zitat zum Denken aus dem Nicht-Denken), sondern wahrscheinlich antworten: Keine Gedanken haben - das geht doch gar nicht!

  • @ micha:

    Zitat

    Zunächst eine Frage: Ist es gerade Mode, Berlinerisch ins Geschriebene einfließen zu lassen? Mir fällt da eine Paralle zu bel auf, deshalb frage ich.


    Ick globe, wie verfallen ins berlinerische wenn uns was spanisch vorkommt, meine Liebe. Is sozusagen ne Übersprungshandlung beim Amkopfkratzen, meinetwegen.

  • micha:

    http://nyoho.com/2013/06/06/th…nking-about-non-thinking/
    (Wegen des Hinweises auf eina ältere hishiryo-Diskussion ...) Diesen Artikel eines Soto-Lehrers zum hishiryo möchte ich aus zwei Gründen empfehlen. Zum einen geht er auf die wahrscheinlich ethymologisch korrekte Bedeutung des hishiryo ein (shiryo - wg. der Silbe ryo mit der Bedeutung des Abmessens, ein also wertendes Denken, wonach hishiryo ein nicht-wertendes Denken oder ein nicht zielgerichtetes Denken [non-directed] sei). Zum anderen weil es später die verschiedenen Arten des Denkens oder Nicht-Denkens (vor allem als Abwesenheit einer Wertung oder Anhaftung) aufgreift. Die vielen Deutungsmöglichkeiten erklären auch das Smilie hinter bels Bemerkung, nur alle paar tausend Jahre würde jemand das präzise ausdrücken - was Dogen in seiner oft mysteriös-schwammigen Sprache ja gerade nicht gelang.


    Ta, also Koun dort sagt- zwar in schöner Ausführlichkeit - im Grunde auch nicht mehr als Aiko und ich hier auch schon.
    Es gibt eben überhaupt nicht so viele Deutungsmöglichkeiten dessen, was Dogen in einem Satz unterbringt, wenn man tatsächlich Zazen macht, dann erlebt man das ja. Und da mißverstehst du eben auch meinen Smilie, nein, ich meine tatsächlich, daß es kaum präziser/konziser als bei Dogen gesagt werden kann.
    Man kann es nur nicht so bequem wie lauwarme Suppe mit nem großem Löffel in sich hineinschaufeln. Mit "mysteriös-schwammig" hat das für mich überhaupt nIx zu tun.


    micha:

    Es dürfte dagegen jedem sofort klar sein, ob er ohne jeden Gedanken ist oder nicht.


    LOL, wie wird einem "sofort klar", daß man ohne Gedanken ist?


    micha:

    Hier, also bei Huang-po, wird noch nicht so stark mystifiziert oder um den heißen Brei herumgeredet. Hier würde ein Unbedarfter nicht "häh?" sagen (wie beim Dogen-Zitat zum Denken aus dem Nicht-Denken), sondern wahrscheinlich antworten: Keine Gedanken haben - das geht doch gar nicht!


    Der Unbedarfte denkt wohl eher "Oh Mann, ohne Gedanken, das ist ja mal tolles Neues, was Besonderes - Nibbana"
    Wenn man ne Weile sitzt, kommen all die Gespenster, die man anderswo "Jhana" nennt. Ich kenn das auch zur Genüge, auch das Dingens mit scheinbar "ohne Gedanken", das ist aber einfach nur ne nachträgliche Konstruktion, denn wie ja auch schon Huang-Po feststellte und du oben so schön zitierst, der Geist der irgendwo verweilt und sei es bei "ohne Denken", ist nicht "der GEIST".

  • Zitat

    wie wird einem "sofort klar", daß man ohne Gedanken ist?


    Diese Antwort zeigt mir, dass die Deutungsversuche aus deiner eigenen Praxis offensichtlich nicht hinreichen. Wie ich formulierte: "Es dürfte jedem sofort klar sein, ob er ohne jeden Gedanken ist oder nicht" weist genau auf dies - solange man eben nicht ohne Gedanken ist, kann man nur feststellen, dass es einem offensichtlich nicht möglich ist: "Aber ich habe doch stets Gedanken, das Denken hört doch nie auf!" Möglicherweise bezieht man sich hier auch auf rein neurologische Befunde, um nicht in Widerspruch mit der Wissenschaft zu geraten. Daraus wird von einigen Übenden geschlossen, dass ein Aufhören von Gedanken (das Äquivalent zum Nirwana) nicht möglich sei.


    Man unterliegt auch einem Zirkelschluss, wenn man glaubt, bei der Meditation (Zazen) würde man genau das erleben, was buddhistische Lehrer irgendwann in Worte oder theoretische Papiere verfasst hätten. Ich habe beispielsweise geistig noch nicht ein einziges Mal Himmelsreiche, Bodhisattvas oder andere ethnisch bedingte Vorstellungswelten betreten, auch nicht im Traum. Allerdings kann der Wunsch zum Vater des Gedankens werden.


    Dass "ohne Gedanken" also eine nachträgliche Konstruktion sei - wie hishiryo -, kann man schon sagen, aber es ist ein entscheidend anderes Versprechen. Es äußert sich darin, dass für Huang-po und frühere Chan-Meister "der GEIST" gleich Buddha ist (wobei auch damals schon Chan-Kritiker an dieser Auffassung auftauchten), während Dogen ihn, wie man an deiner Argumentation gut erkennt, im Zazen manifestiert sieht und damit in einem notwendig körperlichen Akt. Wenn man offen bleibt für Huang-pos (und Hui-nengs etc.) Art des Praktizierens, stellt sich eben nicht zwangsläufig die Logik ein, dass sich "ohne Denken" über Zazen erschließt, sondern dass dies über plötzliches Erwachen - in welcher Form auch immer - passiert (ohne eine notwendige Bindung an Zazen). Das ist auch in der buddhistischen Geschichte ein Unterschied, und möglicherweise (das glaube ich) auch für einen selbst.


    Allerdings denke ich wiederum nicht, dass man Dogen so lesen sollte oder müsste wie du, weil man dann vor allem auf seine an Mönche gerichteten Lehren rekurriert, ohne selbst in der Regel in vergleichbarer Weise zu leben. Das ist genau der gleiche Fehler wie wenn buddhistische Lehrer das Moralkorsett oder die Regeln für Mönche auf Laien ausdehnen. Die von Dogen für den Nicht-Klösterlichen wichtigen Aussagen sind ja gerade die, die an die frühe Chan-Tradition anschließen. Dogen ist aufgrund seiner oft mysteriösen Ausdrücke tatsächlich mehrdeutig, wie man schon an den unterschiedlichen Analysen etwa von Masao Abe und Nishijima sieht. Daran ändert auch die Zazen-Praxis etwa von Nishijima nichts, wenn er "seinen" Dogen extrahiert - sie führt nicht zur gleich(geschaltet)en Meinung, sondern zu einer eigenen, weil der analytische Geist ein subjektiver bleibt und man die Übenden bestenfalls in der rituellen Haltung gleichmachen kann.