Fragen betreffend Chan Buddhismus

  • micha:
    Zitat

    wie wird einem "sofort klar", daß man ohne Gedanken ist?


    Diese Antwort zeigt mir, dass die Deutungsversuche aus deiner eigenen Praxis offensichtlich nicht hinreichen. Wie ich formulierte: "Es dürfte jedem sofort klar sein, ob er ohne jeden Gedanken ist oder nicht" weist genau auf dies - solange man eben nicht ohne Gedanken ist, kann man nur feststellen, dass es einem offensichtlich nicht möglich ist


    micha bitte, das stimmt einfach nicht.
    das behauptest du (wahrscheinlich weil du es wo gelesen hast). SELBST ERFAHREN HAST DU ES NICHT.
    weil es unmöglich ist.



    Es gibt keinen Gedankenleeren Zustand. Und der anderes behauptet, konnte (aus sicher verständlichen gründen) nicht charakterstark genug bleiben dagegen zu halten.

  • micha:
    Zitat

    wie wird einem "sofort klar", daß man ohne Gedanken ist?


    Diese Antwort zeigt mir, dass die Deutungsversuche aus deiner eigenen Praxis offensichtlich nicht hinreichen.


    Natürlich nicht :lol:
    Gib doch einfach ne konkrete Antwort, wie das gehen soll.


    micha:

    Man unterliegt auch einem Zirkelschluss, wenn man glaubt, bei der Meditation (Zazen) würde man genau das erleben, was buddhistische Lehrer irgendwann in Worte oder theoretische Papiere verfasst hätten.


    Bei uns gilt striktes "Nicht-Vorsagen". Es ist auch nicht nötig, weil wir Zazen (und all die anderen da notwendigen Dinge) gemeinsam machen - und deshalb erleben wir auch gemeinsam, man kann sich da weder verstecken, noch dem anderen was vormachen.


    Zitat

    Es äußert sich darin, dass für Huang-po und frühere Chan-Meister "der GEIST" gleich Buddha ist (wobei auch damals schon Chan-Kritiker an dieser Auffassung auftauchten), während Dogen ihn, wie man an deiner Argumentation gut erkennt, im Zazen manifestiert sieht und damit in einem notwendig körperlichen Akt.


    Und zwar einfach deshalb, weil "der Geist" nicht vom Körper zu trennen ist, vice versa. Es ist auch ein komischer Mythos, das Dogen Zazen (wörtlich gesehen) als allein hinreichende oder gar isolierte Praxis angesehen hätte, wozu dann das Eihei Kōroku, oder das Shobogenzo Zuimonki, wo es um ganz alltägliche Dinge geht.
    Was aber nicht bedeutet, nie bedeutet hat, daß man es nicht auf völlig andere Weise versuchen kann. Nur zu.


    Zitat

    Wenn man offen bleibt für Huang-pos (und Hui-nengs etc.) Art des Praktizierens, stellt sich eben nicht zwangsläufig die Logik ein, dass sich "ohne Denken" über Zazen erschließt, sondern dass dies über plötzliches Erwachen - in welcher Form auch immer - passiert (ohne eine notwendige Bindung an Zazen). Das ist auch in der buddhistischen Geschichte ein Unterschied, und möglicherweise (das glaube ich) auch für einen selbst.


    Ich kenne diese "Argumentation" nur zu gut, sie wurde hier von "Dorn", "Rosie" und wie all die anderen Avatare ein und der selben Person sonst noch hießen, hinlänglich ausgebreitet.
    Bleiben wir mal bei HuiNeng im Plattformsutra, von dem Du hier auch ständig behauptest, er würde iwas mit "ohne Gedanken" propagieren - was sagt der denn wirklich dazu?


    1.
    in der Tsung-pao-Fassung, Kapitel "On Prajna" erklärt er "Nicht-Denken" haargenau genau wie Dogen:

    Zitat

    What is nonthought? If in seeing all the dharmas, the mind is not defiled or attached, this is nonthought. [The mind’s] functioning pervades all locations, yet it is not attached to all the locations."


    Also auch nicht an "ohne Denken"


    2.
    in der Dunhuang-Version (die älteste), Abschnitt 14 (nach Yampolski) wirds noch deutlichen:

    Zitat

    Only practicing straightforward mind, and in all things having no attachments whatsover, is called the sarnadhi of oneness.
    The deluded man clings to the characteristics of things, adheres to the samddhi of oneness, [thinks] that straightforward mind is sitting without moving and casting aside delusions without letting things arise in the mind. This he considers to be the sarnddhi of oneness.
    This kind of practice is the same as insentiency (like rocks) the cause of an obstruction to the Dharma.
    Dharma must be something that circulates freely; why should he impede it?
    If the mind does not abide in things the Dharma circulates freely; if the mind abides in things, it becomes entangled.


    Eben auch im Verweilen in "ohne Gedanken/Denken"


    Zitat

    Allerdings denke ich wiederum nicht, dass man Dogen so lesen sollte oder müsste wie du, weil man dann vor allem auf seine an Mönche gerichteten Lehren rekurriert, ohne selbst in der Regel in vergleichbarer Weise zu leben. Das ist genau der gleiche Fehler wie wenn buddhistische Lehrer das Moralkorsett oder die Regeln für Mönche auf Laien ausdehnen. ......


    Jaja, gleichlautend bei Rosi, Dorn usw. ... Für so'n Quatsch steh ich nicht mehr zur Verfügung.
    Gute Verrichtung weiterhin, aber ohne mich.

  • bel:

    Zitat

    Gib doch einfach ne konkrete Antwort, wie das gehen soll.


    Die Antwort kann ich dir genauso konkret geben wie du, mit den Worten Dogens: Denken aus dem Nicht-Denken als Un-Denken. An dieser Stelle, wenn du sie anders verstündest, würdest du erkennen, wie das "Anhalten von Gedanken" aussehen kann und dass es sich einem als Erfahrung erschließt. Das kann man nicht für einen anderen tun, das ist von einem selbst zu tun.


    Zitat

    Bei uns gilt striktes "Nicht-Vorsagen" (...) deshalb erleben wir auch gemeinsam, man kann sich da weder verstecken, noch dem anderen was vormachen.


    Natürlich kann man das, da niemand einem ins Hirn schaut. Was man nicht vormachen kann, ist, ob man gerade oder krumm sitzt, sich räuspert oder schläft, faul ist oder seine Arbeit macht und die Verantwortung für die Gemeinschaft übernimmt. Die Gedanken dabei sind genauso wenig ersichtlich wie die von Terroristen, die man observiert. Das "Vorsagen" beginnt ja bereits bei der Vorgabe ("Buddha ist Geist", Huang-po) oder "Setz dich so und so hin" (Dogen), die einen hierhin oder dahin zieht, gemäß der eigenen Neigung.


    Zitat

    Ich kenne diese "Argumentation" nur zu gut


    Schön, dass du bereits über eine andere Zentradition aufgeklärt wurdest, aber offenbar hast du nicht verstanden, dass es keiner "rosies" bedarf, sondern dass Hui-neng selbst gar nicht an Dogens METHODE festhält. Ich sprach von Hui-nengs Methode des Praktizierens, nicht von seiner Definiton des Nicht-Denkens, die - wie oben - glücklicherweise zu den Teilen des chinesischen Chan gehört, die Dogen übernahm. Hier noch einmal, was ich sagte:


    Zitat

    Wenn man offen bleibt für Huang-pos (und Hui-nengs etc.) Art des Praktizierens, stellt sich eben nicht zwangsläufig die Logik ein, dass sich "ohne Denken" über Zazen erschließt, sondern dass dies über plötzliches Erwachen ...


    Diese Methode ist mit der Huang-pos identisch, das Ziel ist also Erwachen (dun wu, siehe etwa: http://www.iep.utm.edu/huineng/#SSH4aiii für eine akademische Sicht), und es ist nicht durch Zazen erledigt, denn Hui-neng hat sich beim gelebten Zen nicht auf diese Methode festgelegt. Was das "plötzliche" im Erwachen angeht, so zieht er ähnliche Parallelen wie Huang-po, wenn er von "allmählich" in Bezug auf mindere Fähigkeiten spricht. Ich würde es so sagen: So wichtig wie Dogen Zazen ist, so wichtig ist Huang-po und Hui-neng das Erwachen.


    Was Nicht-Denken ist, wird auch hiermit gesagt (Quelle wie oben): " If you stop thinking of the myriad things, and cast aside all thoughts, as soon as one instant of thought is cut off, you will be reborn in another realm.” Es ist in meinen Augen bedeutsam, dass dieses "cut off" noch über ein nicht-anhaftendes, wertendes Denken hinausgeht, wie bei Huang-po später und in den Broughton-Quellen früher.


    boehnchen meint:

    Zitat

    Es gibt keinen Gedankenleeren Zustand.


    Das mag für dich so sein, ich sage aber und zitiere, dass es in der Entwicklung des Chan anders gesehen wurde, das ist ein religionshistorischer Fakt. Vielleicht ist deine Aussage als wissenschaftliche Erkenntnis der Neurologie zu verstehen, nicht als spirituelle?


    Was meine eigene Erfahrung angeht, steht es dir gewiss nicht zu, diese angemessener zu bewerten als ich selbst, zumal du mich gar nicht gut genug kennst.

  • @ micha:

    Zitat

    In der Chan-Tradition selbst lässt sich immer wieder feststellen, dass Überliefertes "frisiert" wird


    Möglicherweise auch durch politisch-völkische Indoktrination, die ein Stillehalten, Passivität fördert und Gedankenfreiheit unterbinden mag ? Sieht man doch jetzt in Hongkong, die meisten entscheiden sich für handfest materielle Interessen wie " der Wirtschaftsverkehr muss doch aba rollen !" statt für Meinungs,-und Wahlfreiheit.
    Es gibt immer wieder eine Neigung Mondo und Lehrsprüche auszuwählen und andere zu ignorieren, obwohl erst mit einer gewissen Gesamtheit im Überblick - und natürlich einer längeren experimentierenden Praxis die "Art und Weise " einer/der Schule/n dieses Dharma, dieser Zugang, sich langsam erhellt.


    Natürlich gibt es den gedanken/vorstellungs/gefühlsleeren "Zustand "und die Erweckung kann bei Fuß folgen. Aber Form ist Leere und Leere ist Form. Es ist also kein leerer und schon gar kein dunkler Zustand. Sondern ein abgeschieden- transzendierender.
    Das Problem an der Geschichte ist a) die Verwechslung mit irgendeiner Erfahrung und b) wenn man sich eher oder zu sehr theoretisch mit den entsprechenden Passagen befasst, dann ist man geneigt zu negieren, eben auszulöschen. Und das bedeutet nichts weiter als Niederhalten und Ignorieren der Phänomene. Es kann ein Irrtum sein, aber irgendwie meine ich das auch im Film von Mettiko Bikkhu s Thudong ( siehe Linkliste ) auszumachen? Wo ist da die "Fluktuation", die "Transparenz", die "Geschmeidigkeit" ?
    Leider fallen einem dann eben auch nur solche Passagen ins Auge, die anderen nicht. Und leider verdreht man sie dann auch noch. Was nicht passt wird passend gemacht.
    Und schon sind wir beim Yoga (und eventuell der Absorbation). Ein erstarrter, ausharrender, wartender Zustand, ein im Selbst und seinen Absichten eingesperrter, was sich in der Folge oft als Gereiztheit und Übersensibilität äußert, meiner Erfahrung nach. Aber sitzen wir nicht alle in der Höhle des schwarzen Dämon ? Vor der Mauer ?
    Da haben wir die Geschichte des Einsiedlers, der von seiner Versorgerin weggejagt wird, nämlich weil er über "Hinayana" nicht hinauskommt.
    Solche Fallen sind aber unvermeidlich und auch nicht nur einmalig. Der sprichwörtlichen Lösung kommt man nicht theoretisch bei, nur intuitiv. Wenn man der Aversion und Gier dahinter gewahr wird, ist das schon ne glückliche karmische Fügung. Ohne Meister oder zumindest dem nicht maßanlegenden, offenen Erwägen der maha-buddhistischen "Weltanschauung" und Praxis(Lebens!)-Haltung ist es dann schwierig bis unmöglich zu justieren, m.M.nach. Der Pfad ist ultraschmal. Und oft beginnt er erst an der Spitze von Messers Schneide.


    Die Bodhisattvas helfen nach :lol: Und das tun die auch bei Ungläubigen, logisch, sind ja nicht diskriminierend ;)


    Angenehmes Wochenende :)

  • Korrigiere:

    Zitat

    nämlich weil er über "Hinayana" nicht hinauskommt.


    Über Igoranz nicht hinauskommt. Mit "Hinayana" hat das nüscht zu tun. Sorry.