Buddhismus und Abtreibung

  • Ich glaube aus tibetisch-buddhistischer Sicht macht es keinen grossen karmischen Unterschied, ob man tötet oder töten lässt. Die Eindrücke bei dem, der die Handlung ausführt, sind stärker, der, der töten lässt, hat die stärkere Verantwortung.


    Für mich ist der entscheidende Punkt, ab welchem Punkt man überhaupt von "töten" reden kann. Und da macht es schon einen Unterschied, welches medizinische Wissen zum Zeitpunkt der Einschätzung vorhanden ist. Wie meine Wikipedia-Zitate belegen, ist auch genau das der Knackpunkt, warum man innerhalb des Buddhismus durchaus keine ganz klare Aussage treffen kann.


    Karmisch spielen immer so viele Faktoren mit rein, die in jedem Einzelfall etwas anders sind, dass auch da eine differenzierte Sichtweise angeraten ist.

  • ich habe an keiner Stelle etwas gesagt über wer was darf. Nur kann man nicht das eherne Gesetz des Karma aushebeln durch irgendwelche Argumente.

  • Gampopa war ein Gelehrter, aber kein Buddha. Er hat sich seine Lehren nur ausgedacht und hat daher keine Autorität. Es ist also egal, was er schreibt.

    Moderation

    Dafür wurdest Du verwarnt. Grund: Herabsetzung anderer Traditionen, ihrer Lehrer, ihrer Lehren

  • Inhaltlich: Aus Sicht des tibetischen Buddhismus ist Gampopa Teil einer Übertragungslinie und gilt nicht nur als überragender Gelehrter, sondern auch als Buddha. Wen man sagt, "Gampopa hat sich das nur ausgedacht" könnte man genauso behaupten, der Buddha hätte sich seine Lehren "nur ausgedacht". In beiden Fällen ist das sicherlich nicht der Fall. Eine sinnvolle und respektvolle Betrachtungsweise wäre, zu erkennen, dass die Lehren bei Gampopa auf den Aussagen des Buddha aufbauen und diese im Sinne des Mahayana differenzieren und ausarbeiten.

  • Erst mal wär die Frage ob nicht der Buddha auch schon diese Einteilung macht in die karmischen Folgen des Tötens je nach Motivation. Vielleicht hat es Gampopa ja vom Buddha;)

  • Erst mal wär die Frage ob nicht der Buddha auch schon diese Einteilung macht in die karmischen Folgen des Tötens je nach Motivation. Vielleicht hat es Gampopa ja vom Buddha;)

    Nein, diese Frage stellt sich deswegen nicht, weil Buddha sie ja im PaliKanon bereits klar beantwortet hat.


    Er lehrte in A IV 261, daß Tötung in die Hölle führt und Mv I, 65 zeigt, daß Abtreibung unter Tötung subsumiert wird. Jātakam 530, 119 sagt darüber hinaus aus, daß "Leibesfruchtabtreiber" allgemein in die Khuradhāra-Hölle kommen, ohne daß hier im Einzelnen differenziert würde.

  • Nach diesem Buddha-Zitat, bringt der abtreibende Arzt eben sich und die Frau in eine noch schlimmere Lage.


    Man glaubt es nicht, aber Samsara geht immer noch schlimmer. Nämlich dann wenn man auf das negative Karma, was einen grade trifft noch mehr negatives Karma drauf häuft. Wenn man dieses Buddha-Zitat ernst nimmt ( man nenne mir Gründe wieso man das nicht ernst nehmen sollte) dann ist Abtreibung eben die Illusion, das negative Karma verbessern zu können. Es stimmt nicht, man macht es schlimmer.

  • Gründe wurden hier reichlich genannt, warum man das im Licht einer anderen Kultur und neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse anders sehen kann - und dass es auch von vielen anders gesehen wird.

  • Buddhistische Sexualethik: Die wesentlichen Themen — Study Buddhism


    Weit runterscrollen zum Abschnitt "Abtreibung"

    Zitat

    Abtreibung (von Alexander Berzin)


    ... Die Abtreibung fällt aus einer buddhistischen Perspektive in die Kategorie der destruktiven Handlung des Tötens. Man kann dies nicht abstreiten: man setzt hiermit dem Leben eines anderen Wesens ein Ende. Dennoch kann es unterschiedliche Motivationen geben, aufgrund derer man diesem Leben ein Ende setzt. ... Wir müssen hier also wirklich die Kausalmotivation in Betracht ziehen. ... Wir können von Unwissenheit motiviert werden, etwa wenn wir denken, dass wir dem Baby kein gutes Zuhause bieten können, oder dass wir uns kein weiteres Kind erlauben können. Doch unsere Eltern oder andere Verwandte könnten dem Baby möglicherweise ein gutes Zuhause bieten, oder wir könnten das Baby zur Adoption freigeben.


    Andererseits können wir in einer positiven Weise vom Mitgefühl motiviert sein. Wenn absehbar ist, dass das Baby ernsthaft missgebildet oder stark geistig behindert sein wird, dann denken wir möglicherweise an eine Abtreibung, um den Kind all die sich ergebenden Probleme und Leiden zu ersparen. Schließlich gibt es das Bodhisattva-Nebengelübde, das besagt, man solle es vermeiden, eine destruktive Handlung nicht zu begehen, wenn sie von Liebe und Mitgefühl motiviert ist. In solchen Fällen muss man allerdings vollkommen bereit dazu sein, jede Form von Leiden zu akzeptieren, die man selbst als Konsequenz dieser Handlung in zukünftigen Leben erfahren kann, um dem ungeborenen Kind das Leiden zu ersparen. ...


    Obwohl es zahlreiche verschiedene kausale Motivationen gibt, die ins Spiel kommen können, besagen die buddhistischen Lehren, dass es unsere gleichzeitige Motivation ist, die wirklich die Schwere der karmischen Konsequenzen beeinflusst. ... Mindestens denke ich, dass es fast unmöglich für eine Frau ist, eine Abtreibung zu haben und später in ihrem Leben nicht an der Frage zu leiden „Wie wäre dieses Baby gewesen? Wenn das Kind hätte leben dürfen, wäre es jetzt so und so alt“.... Wir können also sogar innerhalb dieses Lebens feststellen, dass eine Abtreibung eine destruktive Handlung ist, da sie zu Leiden führt. Schließlich ist die Definition einer destruktiven Handlung eine Handlung, die beim Ausführenden als Leiden reift.

  • oh, nein, da komm ich grad nach ewigen zeiten wieder mal ins buddhaforum, och, dieses thema, ich bedanke mich bei allen nicht vorhandenen göttern, dass mir sowas erspart geblieben ist, - wo ich doch weiß, wie "gestraft" einige frauen aus meiner umgebung waren, weil sie diesem schicksal nicht ausweichen konnten, - (ich mag alexander berzin, kenne ihn nur durch seine texte, aber wie immer, ich stimme mit ihn überein..

  • Berzins Standpunkt ist jedenfalls nicht der hier ausgiebig gezeigte Standpunkt das Pali-Kanons.


    Es gibt keine Rechtfertigung fürs Töten und kein Entkommen vor seinen karmischen Folgen. So angestrengt das auch der ein oder andere versuchen mag, das wird nicht funktionieren.

  • Dass diese Entscheidung sehr schwerwiegend ist, ist uns allen wohl klar.

    Trotzdem würde ich mir nie anmassen, einer Frau, die in dieser Situation ist, zu sagen, was sie zu tun hat.

    Man kann ihr beistehen, wie auch immer sie sich entscheidet; und da ist Mitgefühl angebracht und nichts anderes.

    Natürlich muss sie dann mit den (psychischen und karmischen) Folgen leben, aber auch da ist nichts anderes als Mitgefühl angebracht, keine Be- oder Ver- Urteilung.

  • Zitat

    Dass diese Entscheidung sehr schwerwiegend ist, ist uns allen wohl klar.


    Nein. Abtreibung ist für jemanden, der den Dhamma ernstnimmt, niemals eine Option. Es gibt also gar keine Entscheidung.

  • @kilaya : ich verstehe vollständig den Standpunkt Berzins, dass, einem schwer missgebildeten Kind das Leben zu ersparen, von Mitgefühl motiviert sein kann. Da hat sich eben die Situation im historischen Kontext geändert.

    Auch was Schwangerschaft nach Vergewaltigung betrifft, dass frau es da auch nicht ertägt die Schwangerschaft überhaupt durchzustehen, verstehe ich.


    Aber erklär mir bitte was du meinst mit der Änderung des historischen Kontext wenn keine solche Diagnose gestellt wurde und die Frau auch nicht das Opfer eines Vergewaltigers ist..


    Die Lage einer ungewollt Schwangeren ist doch im heutigen Deutschland unendlich viel besser als im Indien der damaligen Zeit. Es gibt:


    Hartz 4. Die ersten drei Jahre eines Kindes ist das für die Frau praktisch ein bedingungsloses Grundeinkommen. Sie muss sich nicht bewerben. Nach drei Jahren muss sie sich dann bewerben, kann aber auch sagen, sie kann nur halbtags arbeiten, weil ihr alles zuviel ist, gesundheit, psyche...sie hat dann die Ganztagskita.

    Wenn es ihr zuviel ist 24/7 mit dem Kind zusammen zu sein, weil ihr kein Kindsvater, Familie, Freunde helfen dann kann sie von anfang an einen Familienhelfer in der Wohnung haben. Zusätzlich kann man über ein Portal auch versuchen eine Kindsoma zu kriegen. Das ist dann eine Privatperson die das Kind als Bezugsperson auch behält im Unterschied zum Familienhelfer.

    Wenn sie nur ein Zimmer hat kann sie eine zwei Zimmer Wohung haben, das steht ihr zu mit Hartz 4. Falls sie keine Wohnung findet auf dem freien Wohnungsmarkt haben Schwangere oberste Priorität im "geschützten Marktsegment".


    Oder eben die andere Wahl: Pflegefamilie. Da behält die Frau die Rechte und die Pflegeeltern, was alles Bessergestellte sind weil sie nachweisen müssen, auf das Pflegegeld nicht angewiesen zu sein, kutschieren Wochenends das Kind zur leiblichen Mutter. Sie müssen, diese Menschen sind in ganz blöder Lage, meist adoptionswillige Menschen wegen Unfruchtbarkeit die kein Adoptivkind bekommen. Pflegekinder haben aus ihrer Perspektive gefühlt zwei Mütter.

    Oder eben die Variante Adoption,


    Nichts von dem allen gab es zur Zeit des Buddha. Ganz selten mal traf eine Frau eine andere Frau die sagte, sie nimmt es.


    Es ist echt schwer zu verstehen, wieso der Buddha so eine harte Aussage machte zu einer Zeit wo die Mutter meist wusste sie kann es eh nicht durchbringen, es würde eh sterben.

    Aber ich verstehe die Argumentation nicht, wieso es in dem heutigen Kontext wo alles unendlich viel besser ist für Mütter, ein besseres karmisches Resultat geben sollte als wenn die Abtreibung zur Zeit des Buddha geschah.


    Was ich noch verstehe ist der Punkt dass Abtreibungen heutzutage zu einem viel früheren Zeitpunkt stattfinden, da man schwangerschaften schneller feststellt und das Verfahren sofort einsetzen kann.

  • Zitat

    Es ist echt schwer zu verstehen, wieso der Buddha so eine harte Aussage machte zu einer Zeit wo die Mutter meist wusste sie kann es eh nicht durchbringen, es würde eh sterben.


    Buddha war kein Gesetzgeber. Er hat das Weltgesetz des Karma nicht selber beschlossen, sondern nur beobachtet und es - im Gegensatz zu uns - vollkommen durchdrungen. Aus Mitgefühl mit allen fühlenden Wesen hat er dann beschrieben, was er gesehen hat - und zwar unter anderem, daß vorsätzliches Töten in die Hölle führt. Das ist ein Naturgesetz, für das Buddha selber nichts konnte und das er auch nicht ändern konnte, sonst hätte er es sicher getan.


    Buddha vorzuwerfen, seine Aussage sei hart, ist ungefähr, also würde man einen Arzt beschuldigen, lieblos zu sein, weil er Krebs diagnostiziert. Aber was soll der Arzt denn machen? Er kann ja nur die Diagnose stellen, die er erkannt hat. Genau das tat auch der Buddha, der ein wahrer Arzt ist und der nicht nur die Diagnose gestellt, sondern mit seiner guten Lehre auch das Heilmittel bereitgestellt hat. :heart:

  • Mal ein Punkt Fragender : Du likest hier viele von meinen Posts, und ich deine nicht. Du kommst bei mir starr rüber, ich fühle nicht dass so eine Haltung zu richtigen Erkenntnissen führen kann. Ich kenne diese Energie an mir und weiß dass das den Blick auf die Tatsachen verzerrt. Daher kann ich das nicht so einfach übernehmen.

    Deine Argumentation im Post 124 finde ich logisch, kann mich dem aber nicht einfach so anschließen wegen der besagten Energie die ich an dir wahrzunehmen glaube. Sorry, ich kanns nicht anders erklären, es mag unsachlich rüberkommen.

    Denn die Buddha Aussage ist da, das sehe ich ein...

  • Ich verstehe jetzt gerade die kontroverse Diskussion nicht:


    Berzin schreibt doch klar:

    Die Abtreibung fällt aus einer buddhistischen Perspektive in die Kategorie der destruktiven Handlung des Tötens.

    Darüber hinaus gibt es aber noch weitere, mitfühlende Aspekte, auf die Berzin auch eingeht.

    Soweit ich weiß hat Buddha auch "Mitgefühl" gelehrt.

  • Liebe Turmalin, das ist kein Problem, Du kannst mich gerne kritisieren.


    Deine Wahrnehmung möchte ich nicht herabsetzen, aber das Problem mit subjektiver Wahrnehmung ist, daß man sich immer auch täuschen kann.


    Daher sollte man sich aus meiner Sicht auf die Fakten konzentrieren, bei denen man einen sicheren Grund hat. Ob ich ein guter oder schlechter Mensch sein mag, spielt gar keine Rolle, denn auf mich kommt es nicht an. Einen sicheren Grund haben wir aber in der Lehre des Erwachten.


    Ich finde es hilfreich, sich immer wieder klar zu machen, daß Buddha ja nicht die Leute ärgern, sondern sie aus großem Mitgefühl heraus vor Fehlern bewahren wollte.


    Und dabei war es eine seiner Grundlehren, daß Gewalt und vorsätzliches Töten niemals gerechtfertigt ist und immer extrem schlechtes Karma bringt. Das ist der springende Punkt.

  • ich warte erst mal was die anderen jetzt sagen.


    Ich habe dargestellt dass wenn man den historischen Kontext betrachtet, die Lage einer ungewollt schwangeren früher viel schlimmer war als im heutigen Deutschland.

    Ich hoffe darauf wird noch eingegangen.

  •  

    Mein Fehler ist zu kompliziert.



    Was mir aufgefallen ist führt das Einhalten der Sila mit ernsthafter Freude daran das zu tun, sowohl für mich als auch für Dich, dazu das ich aus den Bereichen heraus wachse in denen ich leichter aus "Ach so kann man das auch sehen!" dazu bereit bin gegen die Sila zu verstoßen. Es wird nicht leichter oder schwerer, es gibt einfach keinen Grund mehr das zu tu

    Mir hat z.B. das Sila "Ich werde Abstand nehmen von unsittlichen Sexualbeziehungen." dazu geführt mich endlich meinen Wünschen zu stellen und darauf zuzugehen. Denn Mein Glaube das ich ganz auf Sexuellen Handlungen verzichten muss um für meinen Lebensbereich die Sila einzuhalten wurde von Buddha zerstört. Natürlich werde ich diese Sila irgendwann auch einhalten können, ohne schwer, ohne leicht, aber das wird eingeleitet durch einen altersbedingten Wandel des Lebensbereiches.


    Warum jetzt DAS? Weil mir aufgefallen ist das ich bei der Abtreibungsdiskussion, die Sila verletzt habe und das nicht mehr will. Es war aus meinen Erfahrungen, Erinnerungen geschrieben alsob ich jetzt genau so handeln würde. Ich musste mich dazu bekennen die Unwahrheit zu sagen. ich weiß nicht wie ich jetzt handeln würde. Und wenn ich das behaupte, dass ich es genau so machen würde, ist das eine Unwahrheit. Ich bin so weit aus den Lebensbereichen heraus gewachsen, in denen es um Abtreibung geht, das ich nicht mehr Behaupten kann was ich behauptet habe. Eine bleibt natürlich bei einem eventuellen doch handeln müssen: keine Regeln und Normen, kein Persönliches, immer ganz bei dem Menschen als Mensch sein.

    Die Lehre wird mir weiter zeigen und das durch zeigen Erkannte und Geprüfte und Erlebte, wird nicht verlassen. Sonst hat die Freude den Sila zu folgen keine Basis, die Freude das es weder schwer noch leicht ist.

  • Vielen Dank für diesen Beitrag, Ellviral! Ich schätze es sehr, daß Du den Mut und die Kraft aufbringst , einen Fehler einzuräumen. Mögen die Verdienste, die Du Dir dadurch erwirkt hast, unermesslich sein! :heart: