Hallo!
Ich möchte nochmals einen Punkt aus dem "Zazen-Was kann es?"-Thema heraus nehmen.
bel hatte eine Passage aus dem Shobogenzo (zenki, Die Aktivität von Leben und Tod) erwähnt.
Ich zitiere sie erneut plus die vorangehenden zwei Absätze aus der mir vorliegenden Übersetzung:
"Die Verwirklichung von Erleuchtung bedeutet wahres Leben - vollständiges, freies Handeln. Wenn wir die Erleuchtung verwirklichen, wird die ganze Bedeutung von Leben und Tod klar. Diese Erfahrung kann jedoch nicht durch das Bewußtsein oder den Intellekt, ob begrenzt oder unbegrenzt, groß oder klein, lang oder kurz, nah oder fern, erklärt werden.
Unser gegenwärtiges Leben wird durch diese Erfahrung gestaltet, und umgekehrt wird diese Erfahrung durch unser gegenwärtiges Leben gebildet. Das Leben ist nicht Kommen und Gehen, Erscheinen oder Vergehen. Das Leben ist die ganze Erfahrung des Lebens; und dementsprechend ist der Tod die ganze Erfahrung des Todes. In der unbeschränkten Natur der buddhistischen Übung haben Leben und Tod diese besondere Bedeutung. Wenn wir auf unser gegenwärtiges Leben schauen, und allmählich anfangen, etwas zu erwachen, beginnt die Welt nach und nach ihre ganze Erscheinung zu offenbaren. Das gesamte All ist mit der ganzen Aktiviät des Lebens gefüllt. Jeder Augenblick enthält das ganze Sein.
Es ist mit dem Leben, wie wenn man in einem Boot ist. Auch wenn wir Segel, Ruder und Riemen beherrschen, hat das Boot dennoch seine eigene, unabhängige Existenz; es ist für unser Überleben wirklich notwendig - ohne das Boot können wir nicht leben. Andererseits kann das Boot ohne uns nicht richtig fahren: Mann und Boot bilden eine vollständige, harmonische Einheit und sind ganz voneinander abhängig. Wenn Mann und Boot zusammenwirken und miteinander ganze, vollständige Aktivität bilden, dann gehören zur gleichen Zeit und zum gleichen Raum auch der ganze Himmel, alles Wasser und alle Ufer. Dann wirken, in der Tat alle Umstände harmonisch zusammen. Auf diese Weise wirken auch das Leben und unsere Existenz zusammen."
bel hatte die "Bootszeit" als die Zeit der Teilnahme bezeichnet. Es ging ursprünglich um Langeweile, und als deren Kennzeichen sah er Teilnahmslosigkeit.
ZitatZen ist natürliche (nicht "gemachte") Teilnahme (Geist-Körper fällt ab) es ist das "Rudern", die "Bootzeit" wie es Dogen in "Zenki" beschreibt - deshalb ist es auch ein Gegenprogramm zur Nichtteilnahme, das wäre dann "die Zeit, die nicht dem Boot gehört", nirgendwohin gehört, totes Holz und kalte Asche - kumu shihui - (s. Linjian lu 林間録 und Shobogenzo, 51 Butsudo) .
Nun klang das ein wenig so, als könne man durch Teilnahmslosigkeit oder Langeweile aus dem Boot fallen.
Aber meiner Ansicht nach ist alles innerhalb dieses Lebens INNERHALB des Bootes und somit Aktiviät des Lebens. Es mag durchaus keine harmonische Einheit darstellen, aber immer noch eine Einheit. Es ist also durch das Gefühl der Teilnahmslosigkeit nicht möglich nicht teilzunehmen, vielmehr ist schon das "Teilnehmen-oder-nicht" illusorisch. Solange wir Leben, sind also unangenehme Zustände, auch und gerade Zustände des Getrenntseins die ganze Aktivität es Lebens und wir sollten vielleicht nichts darüber hinaus erwarten. Es ist ja gerade so, dass wir durch das Gewahrwerden dessen, dass -mal angenommen-unser gerade vorhandenes Gefühl des Getrenntseins, die ganze Aktivität des Lebens ist, die Einheit erlangen, ohne fälschlicherweise unser Getrenntheitsgefühl gegen eine Einheitsgefühl austauschen zu wollen (also unbewußt). Oder unser Teilnahmslosigkeitsgefühl-Gefühl gegen ein Teilnahme-Gefühl. Genaugenommen sind es keine Gefühl, sondern Gedanken. Denn das Gefühl wäre...oder...-und als ...oder...in jedem Fall das, was ist. Auch das, was wir zu dem "Was-ist" willkürlich addieren ist noch "was ist", wenngleich wir uns davon scheinbar entfernen. Darin liegt ja die Illusion, die wir für "Das-was ist" nehmen, in dem "für- wirklich-nehmen". Die Addition ist ja wirklich, als das was sie ist. Würden wir es dabei belassen,wäre es ja gut, aber wir legen noch ein besonderes Gewicht auf sie. Das ist die eigentliche die Täuschung. Wenn man das abstellt, mögen Illusionen da sein, ohne "Schaden" anzurichten. In diesem Augenblick des Erscheinens kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob Sein oder nicht, wahr oder nicht, da dieser Prozess nicht unterstützt wird. Es ist wie mit dem Erscheinen der Spiegelung des Mondes auf einer Wasserfläche. Man kann vielleicht sagen, dass diese Spieglung zu dem ursprünglichen "echten" Mond hinzugefügt ist, dass sie gewissermassen eine Illusion darstellt. Aber sie ist, was sie ist. Sie ist für sich vollkommene Aktivität. Der Gedanke, an etwas ursprüngliches, was die Spiegelung hervorruft, ist schon das scheinbare Heraustreten aus der Einheit. Die Täuschung ist dieser Prozess. Wenn ich dann sagen würde, dass ich, wenn ich ein Gefühl feststelle, welches ich dann als "Langeweile" denke, aus meinem "Original-Einheitszustand" (der dann auch nur eine Vorstellung ist) herausgetreten bin, dann also nicht mehr teilnehme, dann ist dieses die Täuschung, die Nicht-Teilnahme undTeilnahme.
"Beides" ist ja die eine Aktivität des Lebens.
Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, was ich meine (und ich habe nicht zu viele Schreibfehler produziert).
Und ich finde, das ist ein interessanter Punkt in der Zen-Praxis.