Beiträge von Sôhei

    Bestimmt wird das ein Buddhist anders sehen, und mit Zitaten aus dem Pali-Kanon untermauern.


    Ohne den Glauben an ein universelles und ein Einzel-Leben-übergreifendes dukkha besteht ja sonst gar keine Erlösungsnotwendigkeit. Dann könnte man ja einfach mit stoischem Gleichmut "ändern was man ändern kann, und akzeptieren was man nicht ändern kann", und gut ist :)

    Hallo Ji´un Ken


    Die beiden Aufsätze kenne ich, danke.
    Dass das anders gesehen werden kann ist ja klar. Das macht aber das eine oder andere noch nicht richtiger.


    Nach wie vor behaupte ich: Ein Werturteil (Unvollkommenheit, Leid-erzeugend) ist nicht aus einem Sachverhalt abzuleiten. Anderes Beispiel: Aus der Tatsache, dass Menschen hungern, kann ich nicht folgern, dass das ungerecht ist. Dazu bedarf es einer zugrundeliegenden normativen Sichtweise, die man bestenfalls begründen, nicht aber zwingend daraus ableiten kann.


    Und auch die Universalität von dukkha, wie sie in den Aufsätzen diskutiert wird, ist eben für mich eben eine unzulässige Verallgemeinerung.


    Hallo Florian,
    nein, nicht verschrieben :)


    Was ich damit sagen will:
    Vergänglichkeit ist eine wertfreie, empirische Beobachtung. Wir können beobachten wie Blumen verwelken, Leichname zerfallen etc. (Bei anderen Dingen wird es schon schwieriger, weil die Veränderungen sich über lange Zeiträume erstrecken, und nur winzig sind.) Und wir können natürlich auch im geistigen Bereich beobachten, wie sich z.B. unsere Einstellung gegenüber Personen, Verhaltensweisen und Lehren ändert.
    Dukkha als Unvollkommenheit (und Leid-erzeugend) ist dagegen ein Werturteil. Und ein Werturteil kann eben nicht aus einer wertfreien Beschreibung hergeleitet werden. Ich muss die Tatsache, dass Menschen geboren werden, altern und sterben aber nicht als Mangel empfinden, sondern kann das auch einfach als natürliches Geschehen akzeptieren. Als Mangel empfinde ich es doch nur dann, wenn ich den bewussten oder unbewussten Wunsch nach Unvergänglichkeit in mir trage.


    Die Empfindung von Geschehnissen ist eben unterschiedlich; abhängig von Sozialisation, Selbsterziehung etc. Es ist aber meines Wissens nach nicht möglich, Werte und Empfindungen einheitlich, universell und logisch aus Geschehnissen abzuleiten.

    Ich finde die drei Daseinsmerkmale in letzter Zeit alles andere als universell:


    - Vergänglichkeit: Ist empirisch zwar vielerorts beobachtbar, aber teilweise eben auch nicht. Im Bereich der fünf Sinne/kamaloka scheint Veränderung/Bewegung aber zumindest ein Grundprinzip. Aber ob das Universum vergeht und ein neues entsteht, ist mir durch Beobachtung nicht zugänglich, und soweit ich weiß sind sich die Physiker da auch nicht einig. Mathematische Gesetzmäßigkeiten, wie z.B. der Satz des Pythagoras, sind aber eigentlich keiner Veränderung unterworfen.


    - Leiden bwz. dukkha. Ich postuliere, jeder wird der Aussage zustimmen, "dass das Leben unvermeidlich auch leidvolle bzw. schmerzhafte Erfahrungen mit sich bringt". Aber ob und inwieweit tatsächlich alles Gestalten bzw. Gestaltete (sankhara) leidhaft oder zu Leiden führend ist, ist m.M.n. diskussionswürdig. Und Leid als Folge von dukkha ist ein nicht zulässiger Schluss.


    - Nicht-Substanz oder Substanz, bzw. was das eigentlich sein soll. Noch schwieriger; ungeklärter Streitpunkt bei Buddhisten, hinduistischen Denkern und abendländischen Philosophen seit 2500 Jahren.

    @ Florian u.a.


    Für mich ist bislang folgende Annahme am plausibelsten:


    "Der Tod von Sôhei ist das Ende von Sôhei und bedeutet zugleich das Ende von dukkha für Sôhei."


    Darüber hinaus kann ich nur noch versuchen, die Menge an dukkha die ich bis dahin erfahre zu reduzieren.
    Spekulationen über ein "danach" oder "weiter" sind für mich alle unbefriedigend, da eben spekulativ (und somit selbst dukkha bzw. Auslöser für solches).


    Du hast alle Ziele erreicht wie sie dort niedergeschrieben sind?? Vollständige Trieberlöschung etc.?
    Dann darf man wohl zur Arhatschaft bzw. Buddhaschaft gratulieren?

    Buddhaghosa:

    Das Originelle für mich beim Buddha ist u.a. das Aufzeigen der Wiedergeburt ohne Seele. Nur bedingt durch Prozesse.


    Gruß
    Florian


    Hallo Florian,


    worin für mich ganz einfach ein großes Verständnisproblem liegt, ist der Begriff "Wiedergeburt" (deswegen habe ich in der letzten Zeit auch schon Versuche unternommen, auf den Begriff "Weitergeburt" auszuweichen).


    Wiedergeburt impliziert für mich die Frage: "Was" wird wiedergeboren.


    Eine Alternative wäre, Wiedergeburt gänzlich offen im Sinne von "es wird wieder ein Mensch geboren" zu verstehen. Und dieser neue Mensch ist bedingt durch den alten Mensch geboren/entstanden. Die Frage um die es dabei dann halt geht lautet: "Wie wirkt der alte Mensch im neuen Mensch weiter, und wie kann dieses Weiterwirken gedacht/erklärt werden?"

    Hallo Bel


    Die Falsifizierbarkeit: Dazu müssten wir schon genaue Sätze bilden. "Altern ist Leiden" ist ja so noch nicht ausreichend. Das ganze Altern? Also z.B. der Zeitraum zwischen 60 und 80 Jahren? Dass jeder in dieser Zeitspanne einmal gelitten hat? Am z.B. Welkwerden des Körpers? Halte ich für wahrscheinlich, aber es gibt eben auch Menschen die weitgehend glücklich und zufrieden alt werden. Damit wäre ein grundsätzliches "Altern ist Leiden" falsifiziert.


    Dukkah als Hängen am Wehe- und Wohlgefühl: Das sehe ich schon auch so; bzw. ich verstehe es so, dass das Hängen an Angenehmen (die Fessel) zu Unangenehmen führt (z.B. wenn ich erkenne, dass ich es nicht festhalten kann). Denn das Hängen selbst ist m.M.n. neutral, bzw. ist keine Tätigkeit, welche aus sich selbst heraus leidvoll oder angenehm ist.


    Der dritte Punkt, alles Leid und eigenes Leid: Natürlich ist in den Sutten (auch; meist?) die Rede vom Leiden als Daseinsmerkmal. Aber die Frage bleibt doch: leidet der Einzelne an allem? Leidet der Einzelne am Daseinsmerkmal dukkha? Das abstrakte Daseinsmerkmal "Leiden" erfährt ja jeder anders, darüber hinaus kann ich es nur als universell erkennen. Oder wie meinst du das?

    Vielleicht kann die dukkha-Debatte ja ausgelagert werden, wäre spannend.


    Jedenfalls: dukkha als universelles Merkmal ist ja empirisch nicht beweisbar, sondern nur bestätigbar. Die allgemeinste Form der ich zustimmen könnte, würde dabei aber lediglich lauten: "Jeder Mensch hat in seinem Leben Erfahrungen gemacht oder wird Erfahrungen machen, welche er als leidvoll bezeichnet."


    Das "Geburt ist Leiden, Altern ist Leiden etc." ist dann ja nur eine Art Katalog, um es vom Abstrakten etwas konkreter zu machen. Trotzdem wäre ich vorsichtig, was die unbedingte Notwendigkeit von Leiden bzw. von einem gewissen Ausmaß an Leiden für alle Menschen betrifft. Denn, davon bin ich überzeugt, nicht für jeden ist alles gleichermaßen leidvoll.


    Die von Bel hier angesprochene Verstrickung in globale Mechanismen ist dabei auch etwas, was meiner Meinung nach häufiger im Kontext moderner Deutungen der "Erbschuld" diskutiert wird. Auch hier glaube ich könnten wir genauer hinschauen: Inwieweit ist denn das dukkha, welches ich vielleicht durch eine bestimmte Art von Konsum in einer weit entfernten Region fördere, auch "mein dukkha"? Den Begriff "Mitschuld" oder "Mitverantwortlichkeit" fände ich da fast passender. In meinem Verständnis von Theravada jedenfalls ist das dukkha anderer Menschen nicht grundsätzlich relevant oder zentral für den eigenen Befreiungsweg.

    Hallo Bel,


    sehe ich weitgehend genauso.


    Dennoch: universelles Merkmal "Ja"; aber nur in dem Sinne, dass (sehr wahrscheinlich) alle Menschen in ihrem Dasein auch Leiden erfahren. Aber über konkrete und universelle Ursachen dafür, über Ausmaß und Umgang damit, ob und inwieweit alle Menschen so und so viel Leiden müssen, und wie das genau im Zusammenhang mit Einsicht und Verdrängung steht - darüber traue ich mir keine allgemeinen (oder gemeint: allgemeingültigen) Aussagen zu.
    Und habe auch noch keine mich überzeugenden gelesen/gehört.

    mukti:
    Sôhei:


    Na ja, es ist doch wohl ein Unterschied ob ich sage, zum Leben gehört halt auch Leiden dazu; oder zu sagen, das Leben ist so grundsätzlich und in solchem Ausmaß leidverbunden, dass es geradezu ein zentrales Charakteristkum des Lebens ist und ein extra "Befreiungsweg" nötig ist.


    Kommt auf das Ausmaß des Leidens an das man erfährt. Meine Wenigkeit hat damit einige Erfahrung, was bestimmt einer der Beweggründe für die Suche nach Befreiung ist. Leid kann definitiv unerträglich werden, weshalb dukkha auch wörtlich bedeutet "das was schwer zu tragen ist". Bei weniger Leid denkt man nicht daran, dass es jederzeit ohne Vorwarnung eintreten kann, weshalb man sich im Grunde unter einem Damoklesschwert befindet.


    Ganz klar, jeder Mensch erfährt unterschiedliches Leid in unterschiedlichem Ausmaß, und geht unterschiedlich damit um. Das berechtigt aber nicht zu der Verallgemeinerung, dass Leiden ein oder sogar das zentrale Charakteristikum des Daseins ist.

    bel:
    Sôhei:

    [Na ja, es ist doch wohl ein Unterschied ob ich sage, zum Leben gehört halt auch Leiden dazu; oder zu sagen, das Leben ist so grundsätzlich und in solchem Ausmaß leidverbunden, dass es geradezu ein zentrales Charakteristkum des Lebens ist und ein extra "Befreiungsweg" nötig ist.


    Dukkha ist ist nicht nur "Leiden" wie Du es intendierst, sondern auch alle Verdrängungsleistungen dieses betreffend.


    Wie habe ich denn Leiden deiner Meinung nach intendiert?

    mukti:
    Sôhei:

    @ Mukti


    Du schreibst, du siehst gerade die erste edle Wahrheit als empirisch hinlänglich bewiesen an.
    Das mag für dich so sein. Ich habe schon oft festgestellt, dass es gerade diese - ich sage jetzt mal - Hypothese ist, welche bei vielen Menschen problematisch ankommt. Und ich finde sie auch alles andere als a) empirisch ausschließlich bestätigt (beweisen kann man sie nämlich empirisch gar nicht); und b) klar, was genau damit gemeint ist.


    Wie sollte ein Leben ohne Leiden möglich sein? Ich sehe nur eine Möglichkeit, nämlich wenn keine Identifikation mit den Lebensphänomenen besteht. Dann ist aber kein "Ich bin" mehr, oder kein "ich lebe", was ja dasselbe ist wie "ich bin Körper/Geist". Wenn du eine andere Möglichkeit siehst, würde mich die wirklich interessieren.


    Na ja, es ist doch wohl ein Unterschied ob ich sage, zum Leben gehört halt auch Leiden dazu; oder zu sagen, das Leben ist so grundsätzlich und in solchem Ausmaß leidverbunden, dass es geradezu ein zentrales Charakteristkum des Lebens ist und ein extra "Befreiungsweg" nötig ist.

    @ Mukti


    Du schreibst, du siehst gerade die erste edle Wahrheit als empirisch hinlänglich bewiesen an.
    Das mag für dich so sein. Ich habe schon oft festgestellt, dass es gerade diese - ich sage jetzt mal - Hypothese ist, welche bei vielen Menschen problematisch ankommt. Und ich finde sie auch alles andere als a) empirisch ausschließlich bestätigt (beweisen kann man sie nämlich empirisch gar nicht); und b) klar, was genau damit gemeint ist.


    1: Es gibt einen Schöpfergott.
    2: Wenn es keinen Schöpfergott gäbe, würde es uns nicht geben.
    3: Es gibt uns. Daraus folgt: Es gibt einen Schöpfergott.


    Quod erad demonstrandum.

    mukti:

    1)
    Also durch die Beschäftigung mit der Buddhalehre entsteht bei mir der Eindruck dass die Belehrungen des Buddha im Palikanon erhalten sind. Es fehlt mir da nichts Wesentliches zur Lösung des Daseinsrätsels.



    2)
    Ich erlebe das so, dass man zur Lösung bestimmter Fragen zuerst alles heranzieht was an Informationen erhältlich ist, bis der Bezugsrahmen übrigbleibt der am Vielversprechendsten ist. Das hängt davon ab welche Fragen man hat. Meine Fragen finde ich in der überlieferten Buddhalehre am Besten gelöst, und nur unzulänglich durch Naturwissenschaft, Christentum, griechischer Philosophie oder sonstwas. Zuerst fragt man sich was man eigentlich will und dann sucht man dort wo man es zu finden hofft.
    Von allen Fragen ist bei mir letztlich die Frage übriggeblieben wie das Leid beendet werden kann, ich halte sie sozusagen für die Mutter aller Fragen, den grundsätzlichen Antrieb für alles Streben.


    1) Das im Pali-Kanon Buddha-Lehre drinnen ist, stand ja gar nicht zur Frage (auch nicht, wieviel und wie authentisch). Es ging mir hier vielmehr darum: wir sprechen heutzutage immer bequem vom Pali-Kanon und allen darin enthaltenen Lehren. Historisch hat sich ja aber Buddha nicht hingesetzt und ein 1500-Seiten starkes Lehrgebäude entworfen, sondern er hat gleichzeitig und nacheinander konkrete Menschen unterwiesen. Manche ganz kurz, manche etwas länger; manche einmal, manche mehrmals. Sprich, wenn wir uns dem Buddhismus über das Gesamt "Pali-Kanon" nähern ist das bereits eine Situation, wie es sie zu Lebzeiten des Buddha nie gegeben hat.


    2) Natürlich wenden wir uns den Werkzeugen und Wegen zu, mit denen wir am besten klarkommen und die am besten unseren Bedürfnissen entsprechen. Und, das behaupte ich jetzt, dabei interessiert uns in der Regel nicht die Vollständigkeit und durchgängige inhaltliche Stimmigkeit der zugrundeliegenden Lehre. Das ist ja auch völlig okay. Wenn ich aber abgesehen vom pragmatischen Wert den eine bestimmte Lehre für mich hat auch ihre theoretische Widerspruchsfreiheit (oder sogar Dominanz) behaupte, dann muss ich die fraglichen Probleme (Beständigkeit und Veränderung, Ewigkeit der Welt, Was ist gut bzw. heilsam und warum etc.) auch für andere Sicht- und Herangehensweisen offenhalten. Und das bringt alles nix, wenn ich von vorherein nur ein Ergebnis zulassen will (auch wenn dieser Fehler natürlich auch Naturwissenschaftlern, Geisteswissenschaftlern etc. unterlaufen kann).

    mukti:
    Sôhei:

    Und auch hier:


    Solche Ansichten sind deshalb falsch, weil ja die Lehre richtig sein muss??


    Sie sind nicht falsch, aber sie führen nicht zur Befreiung.


    Sie führen nicht zur Befreiung, weil ja die Buddha-Lehre den einzigen und richtigen Weg zur Befreiung weist; und dass wiederum ist die Behauptung, für die der Beweis fehlt.


    Hi Nibbuti,


    schon klar: Denn wenn man sie versteht, versteht man auch, dass eben alle Ansichten falsch sind, welche in der Lehre etwas Widersprüchliches, Unklares etc. finden. Weil, wie ja schon geschrieben, die Lehre des Buddha immer Recht hat.


    Krass.

    mukti:

    So ist es. Ein Argument dagegen wäre dass man das Leiden in diesem Leben beenden kann ohne dabei gleich sterben zu müssen, dass also der Zweck Lehrreden lediglich eine Anleitung für ein glückliches Leben wäre. Dabei wird aber übersehen dass Leben immer mit Leiden verbunden ist - erste edle Wahrheit. Es lässt sich also das Leiden nicht beenden ohne das Leben aufzugeben, findet keine vollständige Loslösung von den Daseinsfaktoren (khandha) statt, dann muss es auch Leiden geben. Somit wäre nach der ein-Leben-Theorie die Lehre nur geeignet das Leiden zu reduzieren, und so liegt ihr also das Begehren nach einem glücklicheren Leben zugrunde.


    Und auch hier:


    Solche Ansichten sind deshalb falsch, weil ja die Lehre richtig sein muss??

    Doris Rasevic-Benz:

    All das stellt sich nicht, wenn man einfach seine eigenen Erfahrungen untersucht.
    Die Texte sind Berichte über Ergebnisse. Daher sind sie nicht mehr als ein Handlauf, auf den man immer wieder mal eine Blick zur Inspiration werfen kann. Der eigentlich relevante Text ist der Text, den die Erfahrungen eines jeden selbst schreibt. Ist wie bei einem Gedicht: Es kann keine fremde Erfahrung vermitteln. Es kann jedoch dazu führen, sich einer eigene Erfahrung bewusst zu werden. Das nennt man dann "Aha-Effekt". Das Gedicht wird dann völlig klar. Aber von einem Gedicht ausgehend, eine Erfahrung zu machen, das funktioniert nicht.


    Man gaukelt sich daher etwas vor, wenn man denkt die Texte zu interpretieren. Man interpretiert immer seine Erfahrungen mit dem Text. Das ist natürlich auch eine durchaus effektive Methode, um etwas über sich kennenzulernen. Aber eben über sich. Nur, das ist es, was ich denke, dass der Buddha wollte, dass wir uns kennenlernen, nicht das was er sagt oder was von ihm überliefert und redigiert wurde. Der Text ist der Finger, der auf den Mond zeigt. Den Wissenschaftler interessiert der Finger, den Praktizierenden der Mond.


    Liebe Grüße
    Doris


    Hallo Doris,
    ich finde "jein". Wie Erfahrungen und deren Interpretationen zustande kommen ist eine komplexe Angelegenheit. Texte, ebenso wie andere Geschichten darüber, wie etwas ist oder sein kann, sei es von Eltern und Freunden gehört, in Büchern gelesen etc. können uns sowohl dazu bringen bestimmte Erfahrungen erst einmal zu machen; und zugleich ist unsere Art Erfahrungen zu machen von unserer Vorgeschichte geprägt. Aber wir können uns bemühen, das was wir mit reintragen zu erkennen. Aber auch "blanke Sinneswahrnehmungen" werden zwangsweise mit dem Rest unserer Persönlichkeit verbunden (und ob es solche blanken Sinneswahrnehmungen überhaupt gibt, ist ja auch nicht einfach zu entscheiden). Sprich: Doris kann "den Mond" niemals ohne Doris erfahren, und Sohei den Mond niemals ohne Sohei. Und eigentlich würde ich sagen, dass gerade den Wissenschaftler dasjenige interessiert, was unabhängig davon dass speziell Doris oder Sohei den Mond betrachten, über den Mond aussagbar ist. Schließlich: die Beschäftigung mit der Wissenschaft kann vielleicht auch dazu führen dass man erkennt, dass der Finger überhaupt nicht auf den Mond zeigt.