robozo:
liebe freunde
ich selber bin ja überhaupt kein orthodoxer buddhist, das was ich weiss habe ich mir aus büchern, in gesprächen und ausprobieren selber beigebracht. das resultat ist so eine art halbwissen, das ich allerdings auch immer ein bischen zu korigieren versuche. es würde mich wunder nehmen wer von euch fundiert ausgebildet ist (als mönch oder autodidaktisch) ,und wer es wie ich gemacht hat. dazu würde es mich freuen, wen ihr ein kurzes portrait eurer praxis und werdegangs als buddhisten skizzieren könntet, natürlich nur wenn ihr lust habt.
lieber gruss robo
Den Begriff "orthodoxer Buddhist" finde ich ohnehin schon recht unorthodox, grade im Bezug auf westliche Buddhisten. Denn nur eine kleine Minderheit der westliche Buddhisten ist von Kindesbeinen an überhaupt mit dem Dhamma bzw. Dharma aufgewachsen oder darin (durch buddhistische Eltern) "erzogen" worden. In meinem Fall war es vermutlich so ähnlich wie bei den meisten heutigen Vollzeit-Buddhisten - es war ein langjähriger Selbstlern-Prozess (indem ich regelmäßig in geistiger Hinsicht auf die Schnauze gefallen bin).
Zu Beginn (damals war ich 15 Jahre alt) habe ich genauso wie viele andere jeden literarischen "Erguss" an "buddhistischer Literatur" mir reingezogen, dessen ich mit meinen damals begrenzten finanziellen Mitteln (ca. 30-50 DM Taschengeld pro Monat) habhaft werden konnte. Wirklich viel hat es mir aber nicht gebracht, zumindest keinen systematischen Einstieg in Buddhas Lehre, der für einen Westler auch geeignet wäre. So "schwebte" ich geistig in der Hinsicht viele Jahre auch nur in der Luft, ohne wirkliche Fortschritte auf dem Weg Buddhas gemacht zu haben.
Die meisten buddhistischen Bücher, die ich damals erwarb, behandelten in irgendeiner Art und Weise vor allem den Tibetischen Buddhismus (und den Dalai Lama) oder das Zen nach Shunryu Suzuki Roshi. Für einen systematischen Einstieg in die buddhistische Praxis haben i.d.R. die meisten dieser Bücher nichts getaugt. Das Problem an diesen Büchern, so meine Meinung dazu, waren vor allem jene asiatischen Lehrer, die die Verfasser dieser Werke waren.
Warum? Meiner Meinung nach setzten die asiatischen Buddhisten von interessierten Westlern an Buddhas Lehre zu viel Grundwissen über Buddhas Lehre im Vorfeld voraus und "stürzten" sich von Beginn an zu schnell auf spezifische Bereich der buddhistischen Lehre, die meist nur von fortgeschrittenen und erfahrenen Buddhisten wirklich verstanden werden konnten.
Von einem westlichen Buddhisten, der sich noch im Anfangsstadium seiner "buddhistischen Ausbildung" befindet, und dessen Geist zudem noch kulturbedingt i.d.R. zu stark geistig von der christlichen Lehre "verunreinigt" ist, haben solche Bücher vermutlich oft mehr für Verwirrung gesorgt als für geistige Freiheit, die ja ein "Markenzeichen" gelungener buddhistischer Lebensführung darstellen sollte.
Merkwürdigerweise, haben erst einige wenige Werke zu Madhyamika-Lehre des Tibetischen Buddhismus es "geschafft" mir zu erlauben, einen systematischen Einblick in die Lehre des Buddhismus zu bekommen. Diese waren von Anfang an klar strukturiert und haben mich als Leser von einer Verständnisebene zur (nächst schwierigeren) geführt, ohne dass ich damals, aufgrund des Umfangs dieser Materie, überfordert gewesen wäre oder ständig den "roten Faden" bei diesen Belehrungen verloren hätte (was natürlich hier und da auch hin und wieder passierte). Dies ist vermutlich auch der Grund, warum ich der Madhyamika-Lehre, trotz meines Wechsels zum Theravada-Buddhismus, bis heute mich stark verbunden fühle.
Die klare Struktur und Systematik des Theravada-Buddhismus, welcher ein ausgegliches Verhältnis zwischen Theorie(Lehre des Dhamma)-Meditation(Praxis)-buddh. Lebensführung (Ethik) lehrt, war es am Ende auch schlussendlich, was mich vom Zen-Buddhismus und dem Tibetischen Buddhismus weggeführt hat. Mit der ganzen historischen "Altlast" asiatischer Rituale und Traditionen, welche über die Jahrhunderte dem Dhamma kulturbedingt von den Menschen "übergestülpt" wurde, konnte ich damit von da an nichts mehr anfangen.
Ein anderes Problem, dass ich damals als junger Spund und neunmalkluge Leseratte hatte, war meine damalige Unfähigkeit (und Naivität) zwischen dem unterscheiden zu können, was wirklich hilfreich und authentische buddhistische Lehre war und was nicht. Nur allzu oft haben mich andere pseudo-spirituelle Werke z.B. von Dürckheim, Osho oder TZM ständig vom buddhistischen Weg abgebracht und mich nur meine kostbare Lebenszeit gekostet. Von all der schwachsinnigen Esoterik-Literatur von damals will ich hier gar nicht erst anfangen zu reden.
Wirklich hilfreich war damals vor allem mein spontaner Beitritt als Mitglied der Deutschen Buddhistischen Union e.V. und der damit verbundene Bezug ihrer Zeitschrift "Lotusblätter". Ich bin nachwievor davon überzeugt, dass ich damals mit meinen 17 Jahren das jüngste Mitglied der DBU wurde, dass sie je in ihren Mitgliederkarteien verzeichnen durften. Da Eigenlob aber gehörig stinkt, will ich hier darauf nicht länger rumreiten. Die "Lotusblätter" haben mir damals zumindest sehr dabei geholfen, meinen inneren Kompass zu "bilden" bzw. zu "trainieren", was auf dem Weg Buddhas wirklich hilfreich ist und was eben nicht.
Es war ein jahrelanger Lernprozess, der mich zu dem Buddhisten gemacht hat, der ich heute bin. Von irgendwelchen spirituellen "Irrlichtern" lasse ich mich heutzutage nicht mehr ablenken oder verrückt machen. Wenn andere Menschen mir von ihren spirituellen/religiösen Wegen erzählen, dann höre ich zwar interessiert zu und respektiere ihre Entscheidungen in diesem Bereich auch, aber lasse mich dadurch auch nicht mehr von meinem eigenen buddhistischenn Weg abbringen oder mich darin irgendwie beeinflussen.
In dem Sinne hatte alles, was ich in der Hinsicht erleben, erfahren und lernen durfte, schon irgendwie seinen Sinn bekommen. So, ich denke, damit konnte ich dir hoffentlich darlegen, wie sich zumindest in meinem Fall die ganze Sache - auf dem Weg zum "orthodoxen Buddhisten" - abgespielt hat. Weiter darauf einzugehen, würde hier auch zu weit führen, schließlich will ich hier nicht meine Biografie breit treten.
Gruß
Garfield