Beiträge von Merkur-Uranus im Thema „Säkularer Buddhismus - Was ist das?“

    mukti:

    Der säkulare Buddhismus ist und bleibt meines Erachtens ein offener Prozess mit vielen Lehrmeinungen, von denen sich einige unreflektiert durchsetzen werden um die Gestalt von Dogmen anzunehmen, wie das eben in der westlichen Wissenschaft stattfindet, aber nicht nur dort, sondern auch in Religion und Philosophie.


    Schöne Grüße,
    mukti


    Gute Erfassung, wie ich finde. Niemand sagt, dass der Säkulare Buddhismus nicht auch seine Schattenseiten hat.

    mukti:

    Wie steht der "säkulare Buddhismus" eigentlich zum Vinaya, dem Regelwerk der Mönche?


    Den Säkularen Buddhismus kann man sich als ein gerade stattfindendes Konzil vorstellen. In vielen Teilen der Welt diskutieren gerade buddhistisch Praktizierende darüber, wie ein westlicher Buddhismus aussehen könnte - was es bedeutet, ihn zu säkularisieren und ob bei diesen Prozess die Essenz des Buddhismus heraus geschält werden kann - oder ob er vielleicht verloren gehen könnte.


    Wie könnte man in diesem Prozess zum Vinaya stehen?


    Nun, die Antwort gibst du ja schon zum Teil selbst. Es handelt sich um ein Regelwerk für Mönche.


    Für Laienpraktizierende sind beispielsweise die 5 Achtsamkeitsübungen nach Thich Nhat Hanh ausreichend. Schließlich schaffen es die allermeisten Menschen nicht, selbst diese wenigen Punkte einzuhalten:


    1. Achtung vor dem Leben, Gewaltfreiheit
    2. Großzügigkeit: Nicht-Stehlen, Genügsamkeit, Solidarität und Sozialbewusstsein
    3. Sexuelle Verantwortung: Respekt und Liebe, Schutz vor Missbrauch, Kultivieren von Verantwortungsgefühl zum Schutz der Integrität von Individuen, Paaren, Familien und Gesellschaft
    4. Aufmerksames Zuhören und mitfühlendes Sprechen: Empfohlen werden u.a. Marshall B. Rosenbergs Methoden der „gewaltfreien Kommunikation“
    5. Achtsamer Konsum: Achten auf geistige und körperliche Gesundheit, Meiden von „Giften“, Entschlossenheit zur „bewussten Lebensweise“


    Das ist die Grundidee des Säkularen Buddhismus.

    mukti:
    bel:


    "Das ist allein Deine Meinung" (Mary Sheldon)


    Falsch, es ist nicht allein meine Meinung.



    "Ich werde den Begriff «säkular» in drei sich überlappenden Bedeutungen verwenden:


    (1) Im gewöhnlichen Sinne, so wie das Wort in den zeitgenössischen Medien gebraucht wird: «säkular» bezeichnet das, was im Kontrast oder Gegensatz zu dem steht, was auch immer als «religiös» bezeichnet wird. Wenn während einer Podiumsdiskussion über irgendein Thema, zB die Existenz Gottes, der Moderator eingreift: «Und jetzt möchte ich X einladen, zu dieser Frage eine säkulare Perspektive zu bieten», dann wissen wir, was gemeint ist, ohne vorher «säkular» oder «religiös» genauer definieren zu müssen.


    (2) Ich werde den Begriff auch im vollen Bewusstsein seiner etymologischen Wurzel im lateinischen «saeculum» gebrauchen, welches das «jetzige Zeitalter», das «gegenwärtige Jahrhundert», die «jetzige Generation» bedeutet. Ich verwende also «säkular», um Bezug zu unseren Anliegen in dieser jetzigen Welt zu nehmen, da heisst, auf alles, was die Qualität unserer persönlichen, sozialen und umweltbedingten Lebenserfahrung auf diesem Planeten betrifft.


    (3) Zugleich verstehe ich den Begriff in seinem westlichen, historisch-politischen Sinne, indem ich (in Don Cupitt’s Definition) auf «die Verlagerung der Herrschaft über einen gewissen Lebensbereich von der Kirche zur ‹diesseitigen Macht› des Staates» Bezug nehme. Cupitt weist darauf hin, wie über die letzten zwei-, dreihundert Jahre ein «umfangreicher und langfristiger Säkularisierungsprozess schrittweise unsere ganze Kultur transformiert, während der religiöse Bereich allmählich schrumpft, bis letztendlich die Mehrheit der Bevölkerung beinahe ihr ganzes Leben verbringen kann, und es auch tut, ohne an Religion auch nur einen Gedanken zu verschwenden,» (Cupitt 2011, 100).


    Meine Absicht ist es aufzuzeigen, was passieren könnte, wenn «Buddhismus» oder «dharma» rigoros durch diese drei Bedeutungen des Begriffs «säkular» bestimmt werden. In anderen Worten, wie würde wohl ein nicht-religiöser, diesseitiger, säkularisierter Buddhismus aussehen? In welchem Ausmaß können wir diesen Säkularisierungsprozess bereits beobachten? Kann der Buddhismus – so wie er traditionell verstanden wird – diesen Prozess unversehrt überleben? Oder erleben wir das Ende des Buddhismus, zumindest so wie wir ihn kennen, und den Beginn von irgendetwas anderem?" S. Batchelor

    mukti:
    Doris Rasevic-Benz:


    Entspann Dich einfach. Und mach einfach Dein Ding weiter – ich muss mich wiederholen.


    Hör mal, bei allem wohlwollenden Respekt vor Andersdenkenden: Jedesmal wenn dieses Thema säkularer Buddhismus im Forum auftaucht, versuche ich herauszufinden was das ist.


    Ich ziehe jetzt den endgültigen Schluss, dass es diesen säkularen Buddhismus nicht gibt.


    Das ist ein richtiger Punkt - es gibt keinen Säkularen Buddhismus in dem Sinne, als das er gerade erst im Entstehen begriffen ist.


    Und doch: gerade in dem Prozess des Entstehens liegt ja der Kern des Säkularen Buddhismus.


    Nehmen wir einmal den Pali-Kanon als Beispiel. Viele der traditionellen Buddhisten berufen sich auf die Lehrreden des Pali-Kanon. Mit Zitaten und Sutren möchten sie aufzeigen, wie der Buddha dies oder jenes gemeint hat. Der Pali-Kanon ist somit die Grundlage ihres Buddhismus. Das Heilige Buch, wenn man so möchte.


    Der Säkulare Buddhismus hingegen sieht den Pali-Kanon erst einmal als Arbeitshypothese an. Er glaubt nicht daran, dass mittels der stillen Post (der Überlieferung von Mensch zu Mensch), die ursprünglichen Worte bis heute astrein erhalten sind. Vielmehr hält er es wahrscheinlich, dass sich (vor allem) metaphysische Konzepte in den Kanon geschlichen haben, Widersprüche und Ungereimtheiten, die es aufzulösen gilt.


    Aus diesem Grunde ist der Säkulare Buddhismus auch Praxis-orientiert (im Gegensatz zu einem glaubens-basierten Buddhismus). Die Dinge wollen überprüft werden, angewandt werden, erfahren werden. Es wird nicht an himmlische Wesen oder Wiedergeburt geglaubt, nur weil dies irgendwo auf einem alten Bananenblatt steht.


    Das müsste eigentlich verständlich sein.

    mukti:

    Nibbana spielt keine Rolle in dieser Schule.
    Für den nicht-säkularen Buddhismus spielt es die Hauptrolle, und wird als überweltlich bezeichnet. Ergo gilt einstweilen die Definition - säkularer B. grenzt sich vom nichtsäkularen B. dadurch ab, dass das Überweltliche keine Rolle spielt. Bis ein anderer Säkularer was anderes dazu sagt.


    Wie Stephen Batchelor ausführt, ist die Frage nach der Wiedergeburt für den Buddhismus „wichtig, weil das ganze Gebäude traditioneller buddhistischer Denkweise mit dem Glauben an die Wiedergeburt steht und fällt. Wenn es keine Wiedergeburt gibt, warum sollte man dann darum bemüht sein, sich aus dem Kreislauf von Geburt und Tod zu befreien und Nirvana zu erlangen, das endgültige Ziel im Buddhismus? Wenn es keine Wiedergeburt gibt, wie können dann die moralischen Handlungen je Früchte ragen, die zur Zeit des Todes noch nicht gereift sind? (...)Doch damit die Wiedergeburt möglich ist, muss etwas den Tod des Körpers und Gehirns überleben. Um den physischen Tod zu überleben, muss 'etwas' nicht nur von nichtphysischer Natur sein, sondern auch noch fähig sein, 'Samen' vorher begangener Handlungen (Karma) aufzubewahren, die in zukünftigen Leben 'reifen' werden. Da die Buddhisten die Existenz eines beständigen Selbst verneinen, das von Leben zu Leben besteht, postulieren sie einen unbeständigen, nichtphysikalischen, geistigen Prozess, der erklärt, was wiedergeboren wird. Das führt zwangsweise zu einer Dualität von Körper und Geist."


    Für Batchelor ist der Glaube an die Existenz einer nichtphysikalischen geistigen Kraft das buddhistische Äquivalent zum Glauben an einen transzendenten Gott. Letztendlich unterscheidet sich der traditionelle Buddhismus in dieser Hinsicht nicht von anderen Glaubens-Religionen und das obwohl der Buddhismus ja durchaus als „atheistische Religion“ bezeichnet wird. Da jedoch „der Beweis der Wiedergeburt darauf beruht, den subjektiven Erfahrungsberichten anderer zu glauben, wie weit unterscheidet er sich dann von den Behauptungen über die Existenz Gottes, denn die Mystiker (...) behaupten, dass sie Gott direkt erfahren haben?"


    Wenn wir also mit dieser Perspektive an die Wiedergeburt glauben, haben wir es mit einer Form der Religion zu tun: Wir glauben an Gott oder wir glauben an das Paradies oder an die Wiedergeburt. Wir legen unser Leben in die Hände einer größeren Macht und ergeben sich ihr. Für den Philosophen Professor Thomas Metzinger sind Religionen deshalb „adaptierte Wahnsysteme“, die die Funktion besitzen, Bewältigungsstrategien für die Angst vor dem Tod zur Verfügung zu stellen. Das ist ein schwerwiegendes Argument gegen den Buddhismus, der sich so gerne von der Irrationalität der Glaubensreligionen absetzt. So bezeichnet der Zen-Meister Willigis Jäger die Wiedergeburtslehre als letzte Bastion des Ichs: „Die Religionen lehren uns, dass das Eigentliche erst noch kommt, später, im Himmel oder in einer besseren Wiedergeburt. Religionen leben von diesen Hoffnungsbildern. Sie sind wichtig, weil der Mensch sonst der Sinnlosigkeit anheim fällt. Sie sind zugleich aber auch das letzte Bollwerk, hinter dem das Ich sich verschanzt, um seinen Fortbestand zu retten.“


    Als Thich Nhat Hanh gefragt wurde, ob er denn wiedergeboren würde, sagte er, dass er in jedem Menschen, der achtsam seinen Weg geht, wiedergeboren wird. In jedem Moment, in dem wir uns der Allgegenwärtigkeit des Paradieses vergegenwärtigen, wird auch er sein, denn es gibt nur diesen einen zeitlosen Moment. Es gibt keine Sekunde, in der wir nicht gerade wiedergeboren werden. Leben und sterben ist ein unaufhörlicher Prozess. So schreibt er: "Im populären Buddhismus, der eher auf Hingabe und Glaube basiert, gibt es die Vorstellung, dass wenn der Körper sich auflöst, die Seele in einen anderen Körper wechselt, in einen Baum, einen Hirsch, in eine andere Person, vielleicht schwarz oder braun oder weiß usw. Mit Rechter Sichtweise ist diese Anschauung naiv. Zu sagen, dass wir nach unserem Tod in anderen Formen des Lebens weiterexistieren, ist kein tiefes buddhistisches Verständnis. Die cinematografische Natur des Bewusstseins schließt eine solche Sichtweise aus. Nichts wird geboren, nichts stirbt, es gibt nur immer wieder neue Manifestationen in neuen Formen."

    Interessanterweise wendet sich selbst Christof Spitz (Dolmetscher des Dalai Lama und Mitbegründer des Tibetischen Zentrums Hamburg) vom mythologischen Buddhismus ab und wendet sich einer Säkularisierung des Buddhismus zu.


    Seiner Ansicht nach sind Konzepte wie Wiedergeburt und Karma nicht zwingend notwendig für die Lehre des Buddha. Und zudem seien sie auch nur Randkonzepte, entbehrliche kulturelle Prägungen.


    Hier ein paar Zitate:


    "Ich argumentiere nicht, das Āryadeva die Vorstellung von Karma und Wiedergeburt verwirft. Ich bin der Meinung, dass es sich um eine indische Vorstellung handelt, die die Buddhisten in Indien nicht in Frage gestellt haben. Also haben sie die ihrer Meinung nach relative Gültigkeit dieser Konzepte benutzt, um eine Art weltlicher Ethik daraus abzuleiten. Im Kern des Weges zur Befreiung steht das nicht, im Gegenteil, jene, die sich einbilden, ihre Ritualistik oder körperliche Askese sei der echte Dharma, überschätzen ihre Praxis, und sind weiter im Wirken ihrer unwissenden Taten gefangen."


    "Ich bin mit Schmithausen der Meinung, dass die Kern-Praxis des Buddhismus nicht auf den Karma-Glauben angewiesen ist, unter der Bedingung, dass andere Maßstäbe für ethisches Handeln gefunden werden. Āryadeva nennt ja eindeutig die Gewaltlosigkeit, und um diese zu entwickeln, gibt es andere Mittel als den Glauben an Karma, nämlich Mitgefühl."


    "Wiedergeburt, selbst wenn es sie geben sollte, woran Āryadeva und andere indische Meister wahrscheinlich glauben, ist sowieso Teil des Leidenskreislaufs, warum also daraus einen Bestandteil des Weges zur Befreiung machen?


    Und man kann und sollte sich wohl auch ernsthaft die Frage stellen, ob das Konzept der Wiedergeburt in Höllen- bis Götterbereichen noch zeitgemäß ist. Mit zeitgemäß meine ich nicht, ob es modern genug ist oder nicht, sondern, inwieweit es unseren heutigen Erkenntnissen entspricht, die sich in vielen Bereichen weiterentwickelt haben seit der damaligen Zeit. Wer wollte das bestreiten? In den klassischen buddhistischen Texten wird zum Beispiel die Bedeutung des Gehirns gar nicht erkannt, allenfalls könnte man die Beschreibung der Sinnesfähigkeiten noch irgendwie damit in Verbindung bringen. Wollen wir deshalb den Erkenntnisfortschritt der letzten Jahrhunderte negieren?


    Die zentralen Lehren aber sind davon meines Erachtens nicht tangiert und bleiben trotzdem gültig: die Lehre vom abhängigen Entstehen und vom Nicht-Selbst; die Sicht der Verbundenheit der Lebewesen und der Bedeutung von Nicht-Verletzen und Mitgefühl; die Notwendigkeit von ethischen Werten; die Tatache, dass unser Denken und Handeln Wirkungen auf uns selbst hat (diesen Teil der buddhistischen Variante der Karma-Lehre würde ich auch für wesentlich halten); die Bedeutung von meditativer Schulung. Zusammenfassen kann man das zu den zwei Punkten, die auch Āryadeva für den Kern der Lehre Buddhas hält."


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    Frage eines Schülers: "Christof, Du hast mir übrigens immer noch nicht gesagt, was es denn für einen nennenswerten Unterschied gibt zwischen einem ethisch lebenden und nicht ethisch lebenden Menschen oder welche besondere Bedeutung das Leben überhaupt hat, wenn wir nach kurzer Zeit nach dem Tod alle gleich sind, egal was wir gemacht haben.
    Und viele Menschen leben nur ein paar Jahre, ein paar Monate, ein paar Tage.... die haben dann ihr Leiden (und Samsara ist nur Leiden - oder stimmt diese Lehre des Buddha nach neueren Erkenntnissen auch nicht?) ganz schnell abgearbeitet. Wir dagegen müssen noch warten - auf die große Befreiung und Gleichheit. Die am Ende ganz mühelos erreicht wird. - Much Ado About Nothing."


    Und Christof Spitz antwortet:


    "Lieber XY, entschuldige, es ist mir wirklich ernst darum, deshalb muss ich sagen, dass ich Deine Frage für eine schreckliche, im Grunde lebensfeindliche und auch künstliche Frage halte. Sie geht buchstäblich am Leben vorbei. Sie eliminiert die Wertschätzung für das Leben selbst und die Jetzt-Zeit. Die Bedeutung unserer Lebens liegt in unserem jeweiligen Sein, das prinzipiell immer im Jetzt liegt, und muss im Sein entschieden werden. Unser Leben geschieht genau dann, wenn wir leben, hier und jetzt, und so schaffen wir auch seinen Sinn und seine Qualität, während wir leben. Das gilt auch, wenn es positive Auswirkungen (für andere Wesen) in der Zeit nach uns hat. Das Leben birgt seinen Wert in seinem Sein. Die Frage, was unser Leben wert ist, können wir deshalb gar nicht aus der Perspektive unserer Nichtexistenz nach dem Leben heraus beantworten, sondern nur aus dem Jetzt-Sein des Lebens. Deine Frage, ob aus der Perspektive des Nichts betrachtet ein Unterschied unseres Lebens etwa zu dem eines ebenso zu Nichts gewordenen Mörder besteht, ist absurd, ohne Sinn und gefährlich dazu.


    Deshalb hat der Sinn des Lebens auch gar nichts mit der Dauer des Lebens oder einer möglichen zukünftigen Anzahl von Leben zu tun, sondern nur damit, wie es uns gelingt, in jener Zeit erfüllt zu leben, in der wir leben.


    Insofern ist dieses Leben gerade angesichts der "Bedrohung" des (nicht absoluten) Seins durch ein (auch nicht absolutes) Nichts nach dem Tod alles anderes als "Much Ado About Nothing". Zunächst ist es erst einmal das Kostbarste und Einzige, was wir haben.


    Wenn eine solche Lebenseinstellung jetzt nach der Definition von irgend jemandem nicht mehr buddhistisch sein sollte, so wäre mir das gleich. Dann lieber nicht Buddhist heißen."


    Interessant, nicht wahr...

    "Sektierertum überwinden – die drei Daseinsmerkmale auf den Buddhismus selbst anwenden


    Wir müssen also die Haltung überwinden, eine bestimmte Überzeugung oder Glaubensrichtung – buddhistisch, christlich, oder muslimisch oder was auch immer – sei absolut und nicht verhandelbar, könne nicht verneint oder abgelehnt werden. Speziell bezogen auf den Buddhismus, auf den ich mich konzentrieren möchte, ist es meines Erachtens ein guter Ansatzpunkt, die drei Daseinsmerkmale auf die Tradition selbst anzuwenden und ...


    • nicht mehr zu behaupten, eine bestimmte buddhistische Doktrin, Lehre oder Praxis sei bis in alle Ewigkeit und an allen Orten gültig, sondern stattdessen zu sehen, dass jede Form des Buddhismus gleichermaßen bedingt und in Abhängigkeit von einer Vielfalt von Umständen entstanden ist, die sich ihrerseits im Lauf der Zeit gewandelt und verschoben haben;
    • zu erforschen, inwiefern eine Tradition möglich ist, die Innovation, Transformation, Wandel hochhält. Und ebenso anzuerkennen, dass jede spezifische Form zwar für eine bestimmte Situation angemessen bzw. geeignet sein mag; doch da die Umstände sich verschieben und verändern, könnte sich diese Form zu anderen Zeiten als unzulänglich, unzuverlässig, unangemessen erweisen.
    • zu erkennen, dass im Kern der Tradition die Tatsache gegeben ist, dass sie selbst ebenfalls leer von einer festgelegten Essenz oder Natur oder Identität ist; dass der Buddhismus ebenfalls ohne Selbst ist. Dass es eine Tradition in Bewegung ist mit dem Vermögen, sich zu entwickeln und zu transformieren und an neue Umstände anzupassen.


    Diese unterschiedlichen Aspekte machen es möglich, dass etwas gewissermaßen sehr Befreiendes, Imaginatives und Kreatives in dieser Tradition zutage tritt. Mir ist jedoch gleichfalls bewusst, dass wahrscheinlich die Mehrheit der buddhistischen Institutionen, Schulen und Traditionen, die wir heutzutage in der Welt vorfinden, solchen Vorstellungen erheblichen Widerstand entgegensetzen. Sehr oft halten sie stark an bestimmten Arten, die Dinge zu sehen, fest – an bestimmten Lehren, bestimmten Formen der Praxis." S. Batchelor

    Matthias65:
    accinca:

    Ich würde daher sagen, es gibtWelt zugewandtes Bewußtsein und Welt abgewandtes Bewußtsein.


    Ich frage wirklich weil mich das interessiert: Gibt es für diese beiden Bewusstseins - Begriffe eine Definition des Buddha im Palikanon ?


    Im tibetischen Buddhismus gibt es breite Debatten über die verschiedenen Formen des Bewusstseins:


    "Es gibt viele Untersuchungen darüber, was das Ich, das Selbst eigentlich ist. Schon vor dem Erscheinen des Buddha hat es zahllose Philosophien gegeben, die sich mit dieser existentiellen Frage befaßten. Viele nicht-buddhistische Philosophien nehmen an, daß es ein Selbst gibt, das getrennt von den körperlichen und geistigen Aggregaten existiert. Ein solches von Körper und Geist losgelöstes Selbst wird von allen buddhistischen Schulen verneint.


    Innerhalb der buddhistischen Lehrmeinungen gibt es viele verschiedene Beschreibungen darüber, was das Selbst ist und wie es existiert. Einige Schulen wie die Vaibhaæikas nehmen an, daß alle fünf Aggregate (Körper, Empfindungen, Unterscheidungen, gestaltende Faktoren und das Bewußtsein) zusammen das Selbst bilden. Andere buddhistische Schulen postulieren einen bestimmten Faktor innerhalb der fünf Aggregate als Selbst, nämlich das Bewußtsein und innerhalb des Bewußtseins nicht ein Sinnesbewußtsein, sondern das geistige Bewußtsein, das sich über die Leben hinweg immer weiter fortsetzt. Die Anhänger der Cittamatra- Lehrmeinung vertreten die Auffassung, daß man keines der sechs Hauptbewußtseinsarten (Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck-, Tastbewußtsein sowie als sechstes das geistige Bewußtsein) als Selbst postulieren kann, denn sie sind alle gleichermaßen wechselhaft. Sie verändern sich von Moment zu Moment und können deshalb nicht das Selbst sein. Aus diesem Grund nehmen die Cittamatrin an, daß es ein zusätzliches Bewußtsein gibt, das sie "Allem-zugrundeliegendes" nennen; es ist verschieden von den sechs Hauptbewußtseinsarten und existiert unaufhörlich. Dieses Allem-zugrundeliegende betrachten sie als Selbst. Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt, daß die Cittamatrin ein weiteres Bewußtsein beschreiben, nämlich ein sogenanntes "verblendetes Bewußtsein". Damit gibt es ihrer Philosophie zufolge nicht sechs, sondern acht Bewußtseinsarten: die fünf Sinnesbewußtseinsarten, das Geistige Bewußtsein, das Verblendete Bewußtsein und das Allemzugrundeliegende Bewußtsein.


    Auch in den tantrischen Schriften finden wir eine Darstellung von acht Bewußtseinsarten. Allerdings ist hier unter dem Allem-zugrundeliegenden Bewußtsein nicht das gleiche zu verstehen wie im Cittamatra-System. Hier nämlich wird, wie es von den Hauptvertretern der Cittamatra-Schule Asanga und seinem Bruder Vasubandhu beschrieben wird, dieses Bewußtsein als karmisch neutral definiert. Dagegen ist das Allem-zugrundeliegende Bewußtsein, wie es im Höchsten Yoga-Tantra beschrieben wird, ein Bewußtsein, das nicht notwendigerweise neutral ist, sondern sich in einen heilsamen Zustand umwandeln kann. Also kann es sich hier nicht um das gleiche handeln. Das Allem-zugrundeliegende Bewußtsein im Höchsten Yogatantra ist das Bewußtsein des Klaren Lichts, das allem zugrundeliegende, natürliche, ursprüngliche Bewußtsein.


    Mit Ausnahme der Prasangika-Madhyamikas nehmen alle buddhistischen Schulen - die Vaibhaæikas, Sautrantikas, Cittamatrin und Svatantrika-Madhyamikas - an, daß alle Phänomene inhärent existieren, so auch das Selbst. Das bedeutet mit anderen Worten, daß man bei der analytischen Untersuchung eines Phänomens etwas im Objekt findet, was dieses Objekt ist, was man dieses Objekt nennt. Gibt man sich nicht mit der Erscheinungswelt zufrieden, so die Anhänger dieser Schulen, sondern blickt hinter die Erscheinung und fragt, was letztlich existiert, müsse es etwas Auffindbares geben, was von der Seite des Objekts her existiert, eine natürliche oder inhärente Existenz des Objektes. Auch das Selbst müsse in dieser Weise inhärent existieren. Die Schulen unterscheiden allerdings zwischen substantiellen und nominellen Phänomenen und betrachten das Selbst als ein nominelles Phänomen, das als Grundlage eine substantielle Existenz besitze. Danach muß es innerhalb der Aggregate, die die Grundlage für die Benennung des Selbst sind oder denen der Begriff des Selbst zugeschrieben wird, etwas Substantielles geben, das man auffinden und als Selbst identifizieren kann. Einige gehen davon aus, daß das sechste, das Geistige Bewußtsein das Selbst sei, andere postulieren, wie wir gesehen haben, ein weiteres Bewußtsein, das Allem-zugrundeliegende als Selbst. Alle Schulen außer den Prasangika-Madhyamikas nehmen an, daß es etwas Auffindbares, Substantielles gibt, dem man den Begriff Selbst zuschreiben kann.


    Die Prasangika-Madhyamikas mit ihren Hauptvertretern Candrakirti und Shantideva lehnen etwas inhärent Existentes ab. Sie ziehen zur Untermauerung ihrer Ansicht einen Vergleich heran, den der Buddha in einem Sutra gab: Ein Wagen existiert nur als bloße Benennung auf der Grundlage oder in Abhängigkeit von seinen Teilen. Es gibt keinen auffindbaren Faktor "Wagen", den man innerhalb seiner Teile, also auf der Seite des Objekts, ausfindig machen könnte. Der Wagen ist nicht irgendeins der Teile, nicht die Summe der Teile, und er existiert auch nicht getrennt von den Teilen. Man kann also keinen Wagen ausfindig machen, der inhärent existiert, der eine eigene Existenz besitzt. Der Wagen existiert nur in Abhängigkeit, als Benennung abhängig von den Teilen. Das gleiche gilt für die Person, die nur als Begriff existiert, der in Abhängigkeit von den verschiedenen körperlichen und geistigen Faktoren gegeben wird. Innerhalb der Benennungsgrundlage des Selbst, also den Aggregaten, ist nicht ein einzelner Faktor oder ein einziges Element von seiner Seite her als Ich auffindbar. Das Selbst existiert als bloße Benennung in Abhängigkeit von seinen Teilen und hat damit keinerlei Existenz von der Seite der Aggregate her.


    Der indische Meister Buddhapalita macht in seinen Schriften deutlich, daß die Annahme, etwas existiere von seinem Wesen her, Widersprüche aufweist. Wenn etwas von seinem Wesen her existent wäre, wie könnte es dann als abhängige Benennung existieren? Bedarf es keines abhängigen Zustandekommens mehr, muß man annehmen, daß es aus sich heraus besteht. Das bedeutet in der Konsequenz, daß es unabhängig existiert. Man könnte in diesem Fall nicht davon sprechen, daß Phänomene in Abhängigkeit von vielen Faktoren, von der Benennung usw. existieren. Im eben genannten Sutra heißt es, daß man in Abhängigkeit von den Aggregaten den Begriff Ich oder Selbst zuschreibt, das bedeutet, daß das Selbst in Form einer Benennung in Abhängigkeit von den Aggregaten zustande kommt bzw. Körper und Geist zugeschrieben wird.


    Wir müssen zwischen der Benennungsgrundlage und dem auf der Benennungsgrundlage benannten Phänomen differenzieren. Sprechen wir davon, daß die Person in Abhängigkeit von den Aggregaten benannt ist, dann sind zwei Dinge im Spiel: einerseits die Benennungsgrundlage, die fünf Aggregate, und andererseits das auf dieser Grundlage benannte Phänomen, das Selbst. Benennung und Benennungsgrundlage sind verschieden und schließen sich gegenseitig aus. Das eine ist nicht das andere, es gibt nichts, was beides ist; man muß zum Beispiel zwischen dem Handelnden und der Handlung unterscheiden. Das Selbst ist der Handelnde, die Handlungen werden mit den Aggregaten ausgeführt. Genau so können wir zwischen dem Besitzer und dem Besitztum unterscheiden. Der Besitzer ist das Selbst, sein Besitz sind sein Körper und sein Geist. Betrachten wir das Phänomen der Geburt, so ist das Selbst dasjenige, welches Geburt annimmt, und die fünf Aggregate sind das, was man mit der Geburt annimmt, die Faktoren, die man sich aufgrund seines vergangenen Karmas aneignet. So müssen wir unterscheiden zwischen den beiden Faktoren, dem Selbst und seiner Benennungsgrundlage, mit anderen Worten zwischen dem Selbst und den fünf Aggregaten; sie können nicht identisch sein.


    Aus diesem Grund sagen die Prasangikas, daß sich das Selbst nicht mit einem Faktor innerhalb der Aggregate identifizieren läßt. Man kann auch nicht sagen, daß ein Selbst getrennt von den Aggregaten existiert. Auch ist es falsch zu behaupten, das Selbst würde gar nicht existieren. Das Selbst existiert; wir begehen Handlungen, erfahren die Früchte unserer Handlungen in Form von Glück und Leiden usw. Als Konsequenz der Untersuchung bleibt nur übrig, daß das Selbst in bloßer Abhängigkeit als Benennung auf der Grundlage der Aggregate existiert und nicht in irgendeiner Weise von der Seite der Aggregate her, auf eine inhärente Weise.


    Bei eingehender analytischer Untersuchung finden wir weder das Selbst noch die Aggregate, die die Benennungsgrundlage des Selbst abgeben. Deshalb heißt es im Prasangika-Madhyamika- System, daß Phänomene als bloße Konvention existieren. Sie bestehen nur im Bereich der Erscheinung, der Konvention und nicht in einer endgültigen, inhärenten, auf der Objektseite auffindbaren Art und Weise. Alle Phänomene sind bloße Konventionen, was aber nicht bedeutet, daß alle Konventionen, alles, was man mit Weltlichem oder Konventionellem meint, auch tatsächlich existieren würde. Was immer existiert, existiert nur als Konvention, d.h. als bloße Benennung in Abhängigkeit von vielfältigen Faktoren und nicht von der Seite des Objekts her. Es gibt also das Ich oder Selbst, aber nur in dieser abhängigen Weise. Das Ich sammelt Karma an und erlebt die Früchte des Karma. Es existiert als konventionelles, aber nicht als endgültiges Phänomen. Das Selbst ist nicht nicht-existent, es existiert, aber es hat keine Existenz von seinem eigenen Wesen her, inhärent. Sobald man meint, etwas müsse von der Objektseite her existieren und sich anstrengt, unter allen Umständen etwas innerhalb der Aggregate zu finden, was man als Selbst bezeichnen kann, kommt man in Schwierigkeiten. Nimmt man hingegen wie die Prasangikas an, daß nichts von der Objektseite her oder inhärent existiert, sondern daß alles, was besteht, nur von der Benennung her, in Abhängigkeit existiert, steht man nicht vor der unlösbaren Aufgabe, innerhalb der Aggregate einen bestimmten Faktor als Selbst postulieren zu müssen. Der Begriff "Person" existiert in Abhängigkeit von den Aggregaten; er ist eine Benennung in Abhängigkeit von den Aggregaten, wobei innerhalb der Aggregate das des Geistigen Bewußtseins ein wesentlicher Faktor ist. So könnte man sagen, daß dieses Selbst als Benennung existiert, die dem Bewußtsein der Person zugeschrieben wird, also als Benennung in Abhängigkeit von dem Bewußtsein, das die eigentliche Benennungsgrundlage des Selbst bildet." Dalai Lama


    http://www.tibet.de/tib/tibu/2000/tibu52/52das_ich.html

    bel:
    Merkur-Uranus:


    Nicht umsonst steht der Zen Buddhismus dem säkularen Buddhismus am nächsten...


    Woran machst Du das denn fest? Wenn schon dann wäre es wohl umgedreht.


    Zen sprengt meiner Auffassung gerne das Althergebrachtes, um die Erstarrung, die Verkrustung zu vermeiden. So betrachtet wird im Zen viel Wert auf Offenheit/ Beginners Mind gelegt - damit ist eben auch eine Offenheit gegenüber neuen Phänomenen vorhanden, anstatt sich beharrlich an die alten Überlieferungen zu klammern.


    "Wer, ohne sich auf die Lehre eines Meisters zu verlassen, den Dharma aus den Ereignissen herleitet, wird einer mit scharfem Verstand genannt. Wer nur aus der gesprochenen Lehre eines Meisters versteht, ist dumm." Bodhidharma-Anthologie

    bel:

    Moment, die Lehre des Buddhas ist ja nicht "methaphysisch" - oder nur in dem Sinne, daß als "letzte Ursachen" des Leidens "Bevorzugung/Abneigung/Ignoranz" explizit herausgearbeitet werden, alles andere sind mehr oder weniger begründete Ableitungen.


    Nicht umsonst steht der Zen Buddhismus dem säkularen Buddhismus am nächsten...


    Der Unterschied liegt in der Weltsicht: "Sei es «Hinayana» oder «Mahayana» in seiner Ausrichtung, alle diese Formen von Buddhismus betrachten das Erreichen des nibbāna als letztes Ziel ihrer Praxis, das heisst das vollständige Loslassen des Verlangens (taṇhā), das den unablässigen Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt antreibt. Solches Verlangen liegt an der Wurzel von Gier, Hass und Verwirrung, die einen veranlassen, Handlungen zu begehen, die ihrerseits verursachen, dass man nach dem Tod unter mehr oder weniger günstigen Bedingungen im Samsara wiedergeboren wird." S.B.


    Der Säkulare Buddhismus "entmystifiziert" diese traditionellen Formen des Buddhismus - und praktiziert auf der Grundlage der Lehre des Buddha (ohne metaphysischen Überbau).

    Matthias65:

    Ja - und wie praktizieren Anhänger des SB ?


    Die Praxis des Säkularen Buddhismus (nicht zwingend in dieser Reihenfolge):


    1. Studium und Analyse der überlieferten Lehren (inkl. Kontemplation).


    2. Ethisches Verhalten.


    3. Meditation.


    4. Integration der buddhistischen Praxis in den Lebensalltag.


    5. Zufluchtnahme.

    Aiko:
    Merkur-Uranus:

    Es ist hauptsächlich auch deswegen schwierig, weil die meisten der sogenannten "Gegnern" des Säkularen Buddhismus sich überhaupt nicht mit ihm auseinander gesetzt haben (beziehungsweise Texte gelesen haben), sondern zumeist aufgrund des Gefühls, welches der Begriff "säkular" in ihnen auslöst, diskutieren.


    So kommt es zu sehr viel Gerede - ohne wirklichen Inhalt.


    Guter Witz.
    Ich mag' deine aus der Luft gegriffenen Vorstellungen über die Gefühle anderer. Batechlor ist ein ziemlicher Dünnbrettbohrer und da bleiben in einer Auseinandersetzung nur noch Späne und Stroh übrig, wenn man da mal mit Verstand dran geht.
    Flaches Wasser eben, wie man im Zen das auch nennt.



    Genau das meine ich. Besser hätte ich es nicht darstellen können. Anstatt mit Fakten und Analysen zu interpretieren, werden Begriffe wie "Dünnbrettbohrer" "Flaches Wasser" um sich geworfen. Und das von Menschen die sich ihres "scharfen Intellekts" rühmen. ;)

    Axel Benz:

    Einige Anmerkungen zu dem Versuch, hier eine mehr oder weniger allgemeinverbindliche Definition zu finden:


    Ich halte das für schlechterdings unmöglich. Es können nur Bausteine zusammengetragen werden, aber selbst die sind keinesfalls 'Allgemeingut', zu heterogen ist die Bewegung des Säkulären Buddhismus. Vielleicht kann ich das am ersten der beiden Texte verdeutlichen, die ich als Anhang beifüge:
    .


    Es ist hauptsächlich auch deswegen schwierig, weil die meisten der sogenannten "Gegnern" des Säkularen Buddhismus sich überhaupt nicht mit ihm auseinander gesetzt haben (beziehungsweise Texte gelesen haben), sondern zumeist aufgrund des Gefühls, welches der Begriff "säkular" in ihnen auslöst, diskutieren.


    So kommt es zu sehr viel Gerede - ohne wirklichen Inhalt.

    Jikjisa:


    ein säkularer wird nicht bestrebt sein in die tiefe zu gehen, er wird sich nicht ganz einlassen auf die übung, deswegen muss er eine neue `schule`aufmachen, weil genau dieses völlige einlassen und die hingabe an die übung ein erforderniss ist im buddhismus, jedenfalls für leute denen es ernst ist und war, bzw. die eine ernsthaftigkeit an den tag legen, die genau wieder aus dem glauben und/oder einsichtswissen erwächst bezüglich des daseinskreislaufes und der befreiung - und dem intensiven erfahren von dukkha - und der ohnmacht des Ich. diese komponenten zusammen. fehlt eine davon ist das einlassen auf die bandbreite der lehre nicht gegeben. ganz einfach, oder ?


    Naja. Schauen wir doch einfach mal. Hier in diesem Forum gibt es Menschen, die von sich behaupten voll und ganz den Buddhadharma zu praktizieren und sich zu 100% darauf einzulassen.


    Doch wenn man genauer hinsieht, kann man sehen, dass sie - anstatt in die Tiefe zu gehen - den ganzen Tag in diesem Forum über metaphysischen Kram plaudern (was der Buddha selbst ablehnte). Und gleichzeitig sprechen sie über die "Hauslosigkeit" und "Verwirklichung". Doch selbst kriegen sie ihren A***h nicht hoch und gehen dann eben in die Hauslosigkeit - oder zumindest in ein 3-Jahres-Retreat.


    In diesem Sinne halte ich den Säkularen Buddhismus für ehrlich und authentisch: Er sieht den Buddhaweg als Prozess der Befreiung. Nicht das Nirvana steht als unerreichbares Ziel am Horizont. Stattdessen wird die Praxis im Hier und Jetzt hochgehalten.

    Simo:

    Merkur-Uranus:


    Wenn Batchelor meint, den Buddhadharma besser zu verstehen als der Buddha selbst, dann sollte er sich vielleicht nicht das Etikett "Buddhismus" auf die Fahne kleben, sondern eher "meine Neuinterpretation". Entschuldigt bitte diese Polemik.
    Liebe Grüße.


    Das würde bedeuten, dass du den Buddhadharma vollkommen verstanden hast, sonst könntest du dir ja diese Einschätzung nicht leisten.

    Simo:


    Meiner Ansicht nach ist das eine überaus inkonsequente Deutung der Vier Edlen Wahrheiten (der 4 Grundannahmen).
    Liebe Grüße.


    "Wenn irgendein Glaubenssatz als grundlegend für Buddhas Lehre betrachtet werden kann, dann dürften es die vier edlen Wahrheiten sein, wie sie in der Ersten Lehrrede formuliert worden sind, von der angenommen wird, dass sie im Wildpark bei Isipatana (Sarnath) verkündet worden ist, nicht lange nach seinem Erwachen in Uruvelā (Bodh Gaya). Doch wenn wir den Text in der Fassung lesen, in der er uns überliefert wurde (es gibt siebzehn Versionen in Pali, Sanskrit, Chinesisch und Tibetisch), erscheint er auf den ersten Blick fest in der Erlösungslehre des Buddhismus 1.0 verwurzelt zu sein. Das Leiden in Form von Geburt, Krankheit, Altern und Tod (die erste edle Wahrheit) hat seinen Ursprung im Verlangen (die zweite edle Wahrheit). Nur wenn dieses Verlangen durch die Erfahrung von nibbāna (die dritte edle Wahrheit) zu einem Halt gebracht werden kann, wird das Leiden, das durch Verlangen verursacht wird, gleichfalls zu einem Ende kommen. Und der einzige Weg, diese endgültige Befreiung vom Leiden zu verwirklichen, besteht darin, dem edlen achtfachen Pfad zu folgen (die vierte edle Wahrheit). Das Ende vom Leiden ist deshalb nur zu erreichen, indem das Verlangen beendet wird, welches das Rad der Wiedergeburt antreibt. In der Tat verkündet der Buddha gegen Ende der Rede, dass «dies die letzte Geburt» sei. So lange man in dieser Welt als verkörpertes Lebewesen verbleibt, ist das Höchste, das man erreichen kann, eine gewisse Linderung des Leidens. Denn, damit Leiden tatsächlich aufhört, muss man den Prozess der Wiedergeburt überhaupt anhalten.


    Eine solche Lesart der Lehrrede würde anscheinend wenig Raum für eine säkulare Auslegung des Textes übrig lassen, wenn überhaupt. Denn diese Welt der Geburt, Krankheit, Altern und Tod, welche unser saeculum ausmacht, ist genau das, was notwendigerweise zu einem Ende gebracht werden muss, wenn wir jemals echte Erlösung oder Befreiung erreichen wollen. Orthodoxer Buddhismus zeigt sich hier im Grunde der indischen asketischen Tradition verpflichtet, die das Leben in dieser Welt als etwas betrachtet, das jenseits von Erlösung ist und dem entsagt werden soll. Der wichtigste Wert der menschlichen Existenz besteht darin, dass sie im Ablauf der unendlichen Runde der Wiedergeburten den günstigsten Zustand darstellt, um geboren zu werden, weil sie eben die besten Bedingungen bietet, der Wiedergeburt überhaupt zu entfliehen. Und das ist nicht nur die Sicht des «Hinayana»-Buddhismus. Die «Mahayana»-Traditionen sagen genau das gleiche, der einzige Unterschied besteht darin, dass der mitfühlende Bodhisattva so lange auf seine oder ihre endgültige Befreiung von der Wiedergeburt verzichtet, bis nicht zuerst auch alle anderen fühlenden Wesen sie erreicht haben.


    Dennoch, bei genauerer Analyse dieser Lehrrede treten gewisse Ungereimtheiten in der Struktur des Textes zu Tage. Die Erste Lehrrede kann nicht als wortwörtliche Niederschrift von dem, was der Buddha im Wildpark lehrte, behandelt werden, sondern als ein Dokument, das sich über eine unbestimmte Zeit entwickelt hat, bis es die Form erreichte, in der es heute in den Kanons der verschiedenen buddhistischen Schulen vorgefunden wird. An diesem Punkt kommt uns die moderne, historisch-kritische Wissenschaft zu Hilfe, als ein Mittel, einige der altehrwürdigen Ansichten buddhistischer Orthodoxie zu erschüttern.


    6.


    Der britische Philologe K.R. Norman ist einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der «Mittleren Indo-Ᾱryan Prakrits», d.h. der gesprochenen Sprachen (Prakrits), die aus dem Sanskrit abgeleitet sind, und die nach der klassischen Periode und vor der Neuzeit in Indien verwendet wurden. Zu diesen gehört Pali, die Sprache, in der die Lehrreden, welche dem Buddha zugeschrieben werden, in der Theravada-Schule erhalten sind. In einer aus 1992 stammenden Arbeit unter dem Titel «The Four Nobles Thruths» bietet Norman eine detaillierte philologische Analyse der Ersten Lehrrede an und kommt zu dem überraschenden Schluss, dass «die früheste Fassung dieses Sutta das Wort ariya-saccaṃ (edle Wahrheit) nicht enthalte» (Norman 2003: 223). Aus grammatikalischen und syntaktischen Überlegungen zeigt er auf, wie der Ausdruck «edle Wahrheit» unfachmännisch zu einem späteren Zeitpunkt als dem der ursprünglichen Abfassung in den Text interpoliert worden war. Aber weil kein solcher Originaltext bis auf unsere Tage überliefert ist, können wir nicht wissen, was er wirklich aussagte. Alles was vernünftigerweise gefolgert werden kann, ist, dass statt der Rede von vier edlen Wahrheiten, der Text lediglich von «vier» sprach.


    Der Begriff «Edle Wahrheit» wird so sehr als selbstverständlich angenommen, dass wir seinen polemischen, sektiererischen und arroganten Ton gar nicht bemerken. Alle Religionen behaupten, dass das, was sie und nur sie allein lehren, sowohl «edel» als auch «wahr» ist. Dies ist die Art von Rhetorik, wie sie im Religionsgeschäft verwendet wird. Man kann sich leicht vorstellen, wie im Laufe der Jahrhunderte nach Buddhas Tod seine Anhänger, im Laufe des Sich-gegenseitig-übertrumpfen-Wollens der konkurrierenden Sekten im alten Indien, zunehmend überhöhte Ansprüche bezüglich der Überlegenheit der Doktrinen ihres Lehrers machten, was in der Einführung des Ausdrucks «edle Wahrheit» resultierte, um das Dharma zu privilegieren und von dem, was ihre Mitstreiter lehrten, zu unterscheiden.


    Eine Implikation von Norman’s Entdeckung ist, dass der Buddha sich möglicherweise überhaupt nicht mit Fragen der «Wahrheit» beschäftigt hat. Sein Erwachen dürfte wenig damit zu tun gehabt haben, eine wahrhaftige Erkenntnis der «Realität» zu gewinnen, oder ein privilegiertes Verständnis darüber, wie die Dinge wirklich sind. Zahlreiche Passagen im Kanon bezeugen, wie sehr der Buddha sich weigerte, die großen metaphysischen Fragen anzusprechen: Ist die Welt ewig, nicht ewig, endlich, unendlich? Sind Körper und Geist dasselbe oder unterschiedlich? Gibt es eine Existenz nach dem Tod, oder nicht, oder keines von beiden, oder beides?2 Statt sich in solchen Diskussionen zu verlieren, bestand er darauf, einen therapeutischen und pragmatischen Weg zu enthüllen, welcher die Kernfrage des menschlichen Leidens betraf. Er erkannte, dass man endlos über die Wahrheit oder Falschheit von metaphysischen Behauptungen diskutieren könnte, ohne jemals zu einer endgültige Entscheidung zu gelangen, und darüber versäumen würde, mit der weit dringenderen Angelegenheit der eigenen Geburt und des Todes, sowie der der anderen, klarzukommen.


    Sobald die verführerische Vorstellung von «Wahrheit» den Diskurs des Dharma zu durchdringen beginnt, entsteht die Gefahr, dass der pragmatische Schwerpunkt der Lehre durch spekulative Metaphysik ersetzt wird, und Erwachen wird so als das Erreichen eines inneren Geisteszustandes gesehen, der irgendwie mit einer objektiven metaphysischen «Realität» übereinstimmt. Diese Tendenz wird dann noch ausgeprägter, wenn «Wahrheit» weiter qualifiziert wird, entweder als eine «absolute» (paramattha) oder als eine nur «relative» (samutti) Wahrheit. Obwohl diese Zwei-Wahrheiten-Lehre von zentraler Bedeutung für das Denken aller buddhistischen Orthodoxien ist, kommen die Begriffe «absolute Wahrheit» und «relative Wahrheit»nicht ein einziges Mal im den Sutta oder Vinaya Pitakas (Körbe) des Pali Kanons vor. Doch für die meisten buddhistischen Schulen – einschliesslich des Theravada – wird Erleuchtung heute als das Gewinnen eines direkten Einblicks in die Natur irgendeiner ultimativen Wahrheit verstanden.


    Dieses Privilegieren von «Wahrheit», würde ich sagen, ist einer der wichtigsten Indikatoren dafür, wie der Dharma allmählich von einer befreienden Praxis des Erwachens in das religiöse Glaubenssystem namens Buddhismus transformiert wurde.


    7.


    Öffne ein einführendes Buch über Buddhismus und du wirst üblicherweise auf den ersten paar Seiten eine Aufzählung der vier edlen Wahrheiten finden. Ausnahmslos werden sie in der Form von vier Aussagen vorgestellt werden, ungefähr wie folgt:


    1. Leben ist Leiden.


    2. Ursprung des Leidens ist Verlangen.


    3. Beendigung von Leiden ist nibbāna.


    4. Der edle achtfache Pfad ist der Weg, der zur Beendigung des Leidens führt.


    Genau durch die Art und Weise, in der diese Information meistens vorgestellt wird, wird der Leser herausgefordert zu überlegen, ob diese Aussagen wahr oder falsch sind. Am Anbeginn jeden Engagements für das Dharma erfährt man sich selber als Spieler des Sprachspiels «Auf der Suche nach der Wahrheit». Die unausgesprochene Annahme besteht darin, dass du dann qualifiziert bist, ein Buddhist zu sein, wenn du glaubst, dass diese Aussagen wahr sind, während du es nicht bist, wenn du sie als falsch erachtest. So wird man stillschweigend aufgefordert, den nächsten Schritt zu tun und eine Unterscheidung zwischen «Gläubiger» und «Ungläubiger» zu bekräftigen, d.h. zwischen denen, die den Zugang zur Wahrheit erlangt, und denen, die ihn nicht erreicht haben. Dies führt die Art von Trennung ein, die letztendlich ebenso zu kultischer Solidarität führen kann als auch zu Hass gegen andere, die nicht die eigenen Ansichten zu teilen. «[W]enn das Wort Wahrheit geäußert wird», bemerkte der italienische Philosoph Gianni Vattimo, «dann wird auch ein Schatten von Gewalt geworfen».3 Aber, falls Mr. Norman Recht hat, dann dürfte der Buddha seine Ideen überhaupt nicht im Sinne von «Wahrheit» dargelegt haben.


    Jede dieser Aussagen ist ein metaphysisches Statement, in seiner Art nicht unterschieden von «Gott ist die Liebe», «Schöpfung entsteht durch den Odem des Einen», «Glückseligkeit ist ewige Verbindung mit Brahman», oder «Du kommst zum Vater nur durch mich». Vielleicht wegen der eher psychologisch klingenden und nicht-deistischen Begriffswelt des Buddhismus (ganz zu schweigen von der weit verbreiteten Überzeugung, Buddhismus sei «rational» und «wissenschaftlich») mag man die offensichtlich metaphysische Natur der Behauptungen der vier edlen Wahrheiten nicht bemerken, bis man beginnt, sie entweder zu beweisen oder zu widerlegen.


    «Verlangen ist die Ursache von Leiden». Wie ist dann Verlangen die Ursache von Alter? Wie soll Verlangen die Ursache der Schmerzen eines Babys sein, das mit zystischer Fibrose geboren wurde? Wie ist Verlangen die Ursache dafür, in einem Unfall von einem Lastwagen überfahren zu werden? Ich habe festgestellt, dass heutige buddhistische Lehrer, die sich vielleicht mit der Metaphysik von kamma und Wiedergeburt nicht so wohl fühlen, oft versuchen werden, dies psychologisch zu erklären. «Verlangen ist natürlich nicht die Ursache von physischem Schmerz des Alters oder des zerquetscht Werdens unter den Rädern eines 3,5 Tonnen schweren Fahrzeuges», werden sie sagen. «Aber es ist durch das Verlangen, diese Dinge mögen nicht passieren, und durch das Unvermögen, das Leben so zu akzeptieren, wie es uns begegnet, dass wir uns selber unnötigen mentalen Kummer bereiten, zusätzlich zum physischen Schmerz.» Es ist offensichtlich, dass wir uns selbst oft auf diese Weise unnötigen seelischen Schmerz bereiten, und eine Anzahl von Passagen im Pali Kanon kann zitiert werden, um solch eine Lesart zu stützen. Doch wenn der Buddha in der Ersten Lehrrede erklärt, was er unter dukkha versteht, dann beschreibt er es nicht als «unnötigen seelischen Schmerz», sondern als Geburt, Krankheit, Alter und Tod, sowie die «fünf Bündel des Anhaftens» selbst. In anderen Worten: die Gesamtheit unserer existenziellen Situation in dieser Welt. Wenn wir den Text so nehmen, wie er dasteht, dann ist die einzige vernünftige Interpretation der Aussage «Verlangen ist die Ursache von Leiden» die traditionelle: Verlangen ist die Ursache von Leiden, weil Verlangen das ist, was verursacht, dass man sich Taten hingibt, die dazu führen, dass man geboren, krank und alt wird und stirbt. Aber natürlich ist dies Metaphysik: eine Wahrheitsbehauptung, die weder überzeugend bewiesen noch widerlegt werden kann.


    In meinem Buch Buddhismus für Ungläubige (1997) habe auch ich den Fehler begangen, dukkha im Sinne von Verlangen zu interpretieren, welches dieses verursachen soll. Ich überlegte, wenn dukkha von Verlangen herrührt, dann muss es sich auf den seelischen Schmerz beziehen, der durch den Griff des Verlangens erzeugt wird. Deshalb übersetzte ich dukkha als «seelischen Schmerz» [in der deutschen Übersetzung des Buches wurde das englische Wort «anguish» mit «Angst» übersetzt, was den Übersetzern dieses Textes aber als besonders unpassend erscheint]. Ungeachtet dessen, ob Verlangen solchen seelischen Schmerz hervorruft oder nicht, das ist nicht wie dukkha in der Ersten Lehrrede dargelegt wird. Als ein Ergebnis dieser Art Interpretation wird dukkha als ein rein subjektives Problem gesehen werden, das durch korrekte Anwendung der Techniken von Achtsamkeit und Meditation «gelöst» werden kann. Denn dukkha ist genau dasjenige Leiden, dass unnötigerweise zu den unausweichlichen Schmerzen und Frustrationen des Lebens hinzugefügt wird. Diese psychologische Lesart dreht die Praxis des Dharmas zusehends nach innen, weg von der Sorge um ein allgegenwärtiges dukkha des Lebens und der Welt, hin zu einer exklusiven, sogar narzisstischen Angelegenheit mit subjektiven Gefühlen von Mangel und Kummer.


    8.


    Der Begriff «Wahrheit» ist so sehr in unserem Diskurs über Religion verankert, und wird weiter noch verstärkt durch die dem Buddhismus eigene Darstellung der Lehre, dass man es schwierig, sogar bedrohlich, finden könnte, zu «verlernen», (nur) in dieser Weise über das Dharma zu denken und zu sprechen. Doch dieses Verlernen ist genau das, was getan werden muss, wenn wir den Übergang von einem glaubens-basierten Buddhismus (Version 1.0) zu einem praxis-basierten Buddhismus (Version 2.0) unternehmen wollen. Wir müssen uns bis zu dem Punkt trainieren, an dem unsere erste Reaktion beim Hören oder Lesen eines Textes aus dem Kanon nicht mehr «ist das wahr?», sondern «funktioniert das?» ist.


    Gleichzeitig müssen wir auch eine kritische Analyse der Texte selbst unternehmen, um, so gut wir aus dieser zeitlichen Entfernung noch können, die zentralen Begriffe und narrativen Strategien zu entdecken, die eine bestimmte Passage oder Lehrrede prägen. Wenn wir die Worte «edle Wahrheit» aus dem Satz «vier edle Wahrheiten» subtrahieren, bleibt bloß das Wort «vier» übrig. Und die knappste Formulierung der vier, die überall in den buddhistischen Traditionen gefunden wird, ist folgende:


    Leiden (dukkha)
    Entstehen (samudaya)
    Aufhören (nirodha)
    Weg (magga)


    Sobald der Satz des Epithetons «edle Wahrheit» beraubt und nicht mehr in behauptender Sprache formuliert wird, gelangen wir zu den vier Grundpfeilern, auf denen sowohl Buddhismus 1.0 als auch Buddhismus 2.0 aufgebaut sind. Genau so wie es vier Nukleobasen (Cytosin, Guanin, Adenin und Thymin) gibt, aus denen DNS, die Nukleinsäure zusammengebaut ist, welche die genetischen Informationen für alle lebenden Organismen enthalten, so könnte man sagen, dass «Leiden», «Entstehen», «Aufhören» und «Pfad» die vier Nukleobasen sind, die das Dharma, den Korpus an instruktiven Ideen, Werten und Praktiken ausmachen, die alle Spielarten des Buddhismus entstehen lassen." Stephen Batchelor


    http://www.saekularerbuddhismus.org/?page_id=1251

    Aiko:


    12 Interwies ist ja mal eine Datenbasis, die haut aber jeden Forscher glatt um - und da zieht ihr derart weitreichende Schlüsse?

    [/quote][/quote]


    Ich weiß nicht, inwieweit du mit wissenschaftlicher Arbeit vertraut bist und dem Unterschied zwischen qualitativer und quantitativer Forschung. Beides sind unterschiedliche - im besten Falle ergänzende - wissenschaftliche Forschungsmethoden.


    "Unter qualitativer Sozialforschung wird in den Sozialwissenschaften die Erhebung nicht standardisierter Daten und deren Auswertung verstanden. Besonders häufig werden dabei interpretative und hermeneutische Methoden als Analysemittel verwendet.


    Wissenschaftstheoretische Grundlagen für qualitative Methodologien in den Sozialwissenschaften liefern unter anderem Theorietraditionen wie die phänomenologische Soziologie oder der symbolische Interaktionismus, die oft unter der Bezeichnung interpretatives Paradigma oder interpretative Soziologie zusammengefasst werden.
    Im Alltag und der von Wissenschaftlern und Nicht-Wissenschaftlern geteilten Lebenswelt sind Sinnkonstruktionen und der vernünftige Charakter sozialen Handelns in spezifischen kulturellen Kontexten bereits immer gegeben, bevor sich die soziologische Analyse überhaupt ihrem Gegenstand zuwendet. Im Gegensatz zu naturwissenschaftlichen Tatsachen ist der sozialwissenschaftliche Gegenstand also immer schon in gewisser Weise durch die Untersuchten und Befragten vorstrukturiert und damit reflexiv. Die Methodentradition der qualitativen Forschung versucht, diesem besonderen Charakter sozialwissenschaftlicher Gegenstandsbereiche durch den offenen Charakter der Datenerhebung und den interpretativen Charakter der Datenauswertung Rechnung zu tragen. Dabei legen qualitative Sozialforscher zumeist großen Wert auf die Erfassung der Akteursperspektive und der Handlungsorientierung und der Deutungsmuster der Befragten, vor allem wenn sie sich der interpretativen Soziologie verpflichtet fühlen." Wiki

    Kusala:

    Kann bitte hier jemand mal in Stichworten zusammentragen was "Säkularer Buddhismus" genau bedeutet?
    Was möchte "er"?
    Wie wird praktiziert?
    Was ist das Ziel?
    Welche Stützen/"Geländer" bietet es den Menschen in "Krisenzeiten", die "intellektuell nicht ganz so versiert" sind?


    ()



    1. Was möchte er? Der säkulare Buddhismus versteht sich als eine praxis-orientierte Form (im Gegensatz zu einer glaubensbasierten Form). Das heißt, er orientiert sich sehr stark an den Worten des Buddha - ohne sich dabei mit einem metaphysischen Überbau (Wiedergeburt, himmlische Wesen usw) anzuhängen.


    Hier äußert sich Stephen Batchelor ausführlicher zu diesem Punkt: http://ibuddhismus.blogspot.de…-herz-des-buddhismus.html


    2. Er wird auf der Basis der vier edlen Wahrheiten, des achtfachen Pfades und der drei Daseinsmerkmale praktiziert.


    3. Das Ziel ist das Erlöschen des Durstes.


    4. Welche Stützen bietet er Menschen in Krisenzeiten, die intellektuell nicht ganz so versiert sind? In dieser Diplomarbeit wurde beispielsweise versucht herauszufinden, welche wie Berufstätige ihre buddhistische Praxis in den Arbeitsalltag integrieren können. Das geht vielleicht schon mal in die Richtung deiner - äußerst komplexen - Fragestellung: http://integralesleben.org/if-…on-buddhistischer-praxis/