Beiträge von Sudhana im Thema „Die Irrlehre vom lieben was gerade ist“

    Konkret: Migräne ist ein großartiger Lehrmeister - die Intensität des Migränekopfschmerzes blendet vieles andere aus der Empfindung aus und erleichtert so die Konzentration auf den Schmerz - bis hin zur 'einspitzigen'. Unterstützend vor allem hinsichtlich Achtsamkeit ist auch die vorangehende Auraphase, in der bei mir zeitweise die Gehirnhälften asynchron laufen (was lästigerweise mit visuellen Doppelbildern und Schwindel einhergeht). Das lässt interessante Einblicke in die Funktionsweise von rupa zu. Trotzdem - allzu oft muss ich das nicht haben ...

    Die Auflehnung (Verleugung) wäre in meinen Augen

    Moment, das sind zwei paar Stiefel. Sich gegen duḥkha auflehnen, dagegen ankämpfen - ob nun durch übertriebene Askese oder Gier nach Macht und Besitz - ist eine Sache. Verleugnung ist es, duḥkha zu ignorieren - so zu tun, als wäre es nicht da. Insbesondere im Vergleich zur 'Auflehnung' eine passive (um nicht zu sagen bequeme) Herangehensweise. Insbesondere Letzteres ist nicht die Herangehensweise von upekkhā - sie ignoriert duḥkha nicht, sondern nimmt es an als das, was es ist: bedingt und ephemer.

    4) sich nicht gegen das Leiden auflehnen (es nicht verleugnen), sondern es als Teil des Lebens akzeptieren


    Ich habe in der Diskussion stillschweigend die Lesart 4 als richtige unterstellt.

    Ich würde nicht sagen "richtig" - aber genau um diese Haltung geht es mE hier und darum, ob sie im Sinne des buddhistischen Weges angemessen (heilsam) ist. Um so mehr, wenn man das 'akzeptieren' flugs in ein 'lieben' umdeutet (was ja wohl nicht dasselbe ist).


    Das ist sie nicht - der zweite Halbsatz ("als Teil des Lebens akzeptieren") widerspricht dem Grundanliegen des Buddhismus: Leiden zu überwinden. Das Verständnisproblem liegt wohl darin, in 'Auflehnung' den Ansatz zur Überwindung zu suchen. Nur funktioniert das nicht, die 'Auflehnung' selbst ist leidhaft. Die Akzeptanz erst gibt einen Ansatz zur Überwindung, weil sie eine neutrale, nicht von Hass und Gier, von Ablehnung und Liebe verzerrte Sicht in die Natur des Leidens ermöglicht.

    Da kann man nichts machen. (:

    Nö. Wenn es so da steht, wie Du es wiedergegeben hast (was ich Dir gerne glaube), dann habe ich das nötige dazu schon geschrieben. Jedenfalls scheint mir Thanissaro Bhikku, für dessen oben verlinkte Abhandlung über die brahmavihāra ich eine Gegenempfehlung aussprach, doch deutlich exakter und differenzierter mit den Quellen umzugehen und deswegen für eine persönliche Vertiefung des Themas geeigneter.


    Dass eine solche Vertiefung des Verständnisses durch die Quellen nur als Wechselwirkung mit dem Nachvollzug der in ihnen beschriebenen ethischen und meditativen Praktiken möglich ist, darüber sind wir uns sicher einig.

    Jedenfalls eine gute Zeit euch allen während der kommenden Tage, die hoffentlich erholsam, friedlich und erfreulich sein werden.

    Ja ist denn schon wieder Weihnachten? :) Jedenfalls - Danke gleichfalls.


    _()_

    In dieser Schrift von ihm ist auch ein Kapitel über die vier brahmaviharas, S.55-65

    Ein im Kontext dieser Diskussion sehr lesenswertes Kapitel mit reichlich Quellenverweisen. Nicht nur, weil es (insbesondere das Zitat von S. 58) offensichtlich meine These stützt, dass die apamaññā *nur* als eine Propädeutik des buddhistischen Weges zu verstehen sind ... ;)

    Ich will das hier nicht im einzelnen rein-kopieren, aber es lohnt sich diesen Abschnitt zu lesen, zumal er da auch einige Lehrreden heranzieht.

    Volle Zustimmung. Das gesamte Buch scheint mir eine gelungene no-nonsense-Einführung in verschiedene Aspekte der Theravada-Praxis und -Theorie zu sein und speziell das Brahmavihāra - Kapitel eine wertvolle Ergänzung zu Buddhaghosas Visuddhimagga IX. Danke für den Hinweis.

    Zudem wird in einem der Texte, die ich angehängt habe, Gleichmut als ausgleichender Aspekt von Metta beschrieben.

    Wenn Du etwas nach oben scrollst (#55), kannst Du sehen dass ich - ohne diese Broschüre zu kennen - gestern u.a. darauf hingewiesen habe, dass die Übung der apamaññā vierfach ist und in ihr insbesondere Mitleid und Mitfreude einerseits sowie Wohlwollen (ich lasse mir hier keine Übersetzung 'Liebe' aufschwätzen) und Gleichmut andererseits einander austarieren. Zu einem mittleren Weg. Insofern ist die Aussage des Zitates (wenn sie denn als theravadische Lehraussage gelten soll) unpräzise, weil unvollständig. Gleichmut ist der ausgleichende Aspekt der apamaññā zum wohlwollenden Aspekt der apamaññā, mettā. Insofern ist Gleichmut ein "ausgleichender Aspekt" zu (nicht von) Wohlwollen; es gibt keine Hierarchie der apamaññā. Wenn wir hier schon im Rahmen Theravada diskutieren (was eine 'scholastische' Herangehensweise impliziert), sollten wir das auch richtig tun. Das ist nicht jedermanns Sache (und auch nicht mein ständiger 'Standort'), wofür ich Verständnis habe.


    Zurück zu dem Zitat von Dir, das mir zumindest verkürzt (und daher missverständlich) erscheint - bei allem Respekt vor dem Autor (einige der Namen sind mir durchaus ein Begriff), aber das würde mein Vertrauen in eine solche "Einordnung und Deutung von Begriffen und Zusammenhängen" eher einschränken, wenn das denn so korrekt wiedergegeben ist. Ohne, dass das nun mit Mutmaßungen über die Praxis des Autors verbunden wäre - die sind für jeden außer ihn selbst irrelevant.


    Die Mühe des Nachlesens habe ich mir jedenfalls nicht gemacht. Offen gesagt macht diese Broschüre beim ersten Überfliegen auf mich den Eindruck einer Missionszeitschrift, die mit extensivem Gebrauch des in der westlichen Kultur so positiv besetzten Begriffs 'Liebe' dort um Interesse für den Buddhismus werben will; etwas auf Kosten von Begriffsschärfe. Klar, man kann 'Andersfährtigen' in aller Regel nicht gleich den Abhidhamma unter die Nase reiben, das bringt nichts. Ich wäre der Letzte (als Mahāyānin in einem Theravada-Forum), ein solches upāya zu bemängeln. Aber mein Interesse wurde schon vor einer geraumen Weile geweckt, ich bin da eher nicht Zielpublikum.

    der Palikanon ist wie ein riesiger Steinbruch, mit dem Du fast alles belegen kannst, was in Deine Argumentation passt.

    Dann versuchs doch mal spasseshalber. Wäre besser, als denen, die Deiner Argumentation nicht folgen können oder wollen, Praxisdefizite zu unterstellen und sich damit selbst eine vergleichsweise fortgeschrittenere Praxis zu bescheinigen. Das kannst Du ja meinetwegen glauben - aber was versprichst Du Dir davon?


    Ansonsten - 'Gleichmut' ist gewiss keine 'Liebe', so wenig wie upekkha dasselbe ist wie metta. Es geht hier in diesem Thread doch um Liebe - warum sprichst Du auf einmal von 'Gleichmut'? Man kann - und sollte - samsara mit Gleichmut und Duldsamkeit annehmen. Das heisst: ohne affektive Bindung daran. Liebe ist eine affektive Bindung - sie ist in buddhistischer Praxis jedoch nicht auf Samsara gerichtet, sondern auf die darin gefangenen Wesen und motiviert so zu ihrer Befreiung. Ihnen zu erzählen, sie sollten Samsara liebend annehmen, ist dabei eher kontraproduktiv.

    Es ist in meinen Augen wichtig, dass es sich bei den Dingen ("das, was gerade ist") nicht bloß um physische Gegenstände handelt, sondern, wie in dem von Thorsten Hallscheidt zitierten Text angeführt, auch um eigene Grenzen, die Grenzen anderer oder den Gang des Lebens handeln kann. Das beinhaltet in aller Regel einen sozialen Aspekt.

    Ja. Die "Grenzen" sind personal. Die appamaññā sind ein Training, richtig mit diesen personalen Grenzen umzugehen - speziell, wo sie sich mit anderen personalen Grenzen berühren. Aber das ist im buddhistischen (und insbesondere Theravada-) Kontext nur eine Propädeutik. In der Ausübung des mittleren Weges geht es im theravadischen Modell (gewissermaßen als Ziel der ersten Etappe) zunächst um den Stromeintritt (sotāpatti), der einen Rückfall in verblendete Sicht verhindert ('point of no return'). Dazu ist die Lösung der mentalen 'Fessel' (saṃyojana - 'Fessel' ist als Bindung an saṃsāra zu verstehen) 'Persönlichkeitssicht' (sakkāyadiṭṭhi) eine der notwendigen Bedingungen. Gelöst ist diese mentale Fessel (die erste von zehn), wenn der Übende Nonpersonalität erfahrend nachvollzieht - also die Grenzen, insbesondere die personalen, abfallen. Sie sind ja nicht per se existent, sondern bedingt durch sakkāyadiṭṭhi; ohne sakkāyadiṭṭhi keine Grenzen - unbegrenzte Sicht in dieser Hinsicht.


    Die Kultivierung der sozialen Performanz nach dem Modell der appamaññā ist keine Nächstenliebe und auch keine Selbstliebe. Sie dient der Überwindung personaler Sichtweisen durch übende Entwicklung der zehn personalen 'Tugenden' (pārami) - zu denen übrigens auch mettā gehört. Dies verdeutlicht die Behandlung der appamaññā im Visuddhimagga:

    Zitat

    Hat der Mönch nun auf diese Weise die im Gipfeln im Schönen usw. bestehende Macht dieser Unermeßlichkeiten kennen gelernt, so möge er auch wissen, daß alle diese Übungen die sämtlichen edlen Dinge wie Freigebigkeit usw. zur Vollendung bringen.

    Weil nämlich die Großen Wesen (mahāsatta) auf der Wesen Wohl bedacht sind, der Wesen Leiden nicht dulden, den besonderen Glückszuständen der Wesen lange Dauer wünschen und zu allen Wesen - da sie keiner besonderen Seite zuneigen - gleiche Gesinnung hegen, darum geben sie allen Wesen zu ihrer Beglückung Gaben (dāna), ohne zu prüfen, ob diese oder jene der Gaben würdig sind oder nicht. Indem sie es vermeiden, die Wesen zu verletzen, befolgen sie die Sittlichkeit (sīla). Um die Sittlichkeit zur Vollendung zu bringen, üben sie Entsagung (nekkhamma). Um hinsichtlich dessen, was für die Wesen heilsam und unheilsam ist, die Unverblendung zu erreichen, läutern sie ihr Wissen (paññā). Dem Heile und Wohle der Wesen zuliebe strengen sie beständig ihre Willenskraft (viriya) an. Haben sie aber durch höchste Willenskraft selbst die Heldenhaftigkeit erreicht, so sind sie dennoch voll Nachsicht (khanti) gegen die vielartigen Verfehlungen der Wesen. Ein gegebenes Versprechen, etwas geben oder zu tun, brechen sie nicht (Wahrhaftigkeit: sacca). Mit unerschütterlichem Entschlusse (adhitthāna) wirken sie zum Heile und Wohle der Wesen. Mit unerschütterlicher Güte (mettā) geben sie ihnen den Vorrang. In ihrem Gleichmute (upekkhā) erwarten sie keine Gegendienste.

    Der rein personale Bezug - auf 'andere Wesen', auf 'alle Wesen' - ist unübersehbar. Das wäre in diesem Stadium des Weges, vor Stromeintritt mit Wegfall personaler Sicht, auch anders nicht sinnvoll.

    Zitat

    Insbesondere wird man darin bestärkt, sich der guten Seiten, der Tugenden und der Weisheit anderer bewusst zu sein.

    Das macht doch deutlich, worum es bei den apamaññā geht - es geht um soziale Performanz; die Haltung zum Umgang mit 'anderen'. Nicht um ontische Performanz, eine Haltung zum Seienden ("dem, was gerade ist").


    Grundsätzlich sollte man bei den apamaññā beachten, dass sie im Bereich buddhistischer Geistesschulung (bhāvanā) eine Sonderstellung einnehmen. Es ist kein Zufall, dass Buddha diese Übung den Kalamern empfahl, anstelle eines weiteren, nun 'buddhistischen' Missionierungsvortrags. Die apamanna sind gewissermaßen eine von Buddha empfohlene säkulare Geistesschulung, bhāvanā für Haushälter. Die Vermutung ist naheliegend, dass diese Übung vorbuddhistischen Ursprungs ist; schon der alternative Name brahmavihāra deutet darauf hin. Ihre Wirkung ist auch begrenzt - die Herzensbefreiung (cetovimutti) führt bestenfalls zur Existenzebene eines Brahma; der Hinweis findet sich öfter im direkten Anschluss an die Formel der vier apamaññā.


    Natürlich ist es auch eine den Ordinierten empfohlene Praxis; speziell zur Schulung der genannten sozialen Performanz. Wobei sich das bhāvanā der Ordinierten natürlich nicht darauf beschränkt; die "Herzensbefreiung" (das Ziel dieses speziellen bhāvanā) ist da nur ein Aspekt unter vielen.


    Zu beachten ist ferner, dass die apamanna grundsätzlich als Vierergruppe geübt werden. Mitfreude austariert durch Mitleid, Wohlwollen* austariert durch Gleichmut. Mittlerer Weg. Das erst ist 'Herzensbefreiung' - nicht eine isolierte Übung von mettā. Insbesondere im ersten Paar wird deutlich, dass es nicht um eine ontische Performanz geht (Mitleid mit "dem, was gerade ist"), sondern um eine soziale, transpersonale. Mitleiden kann man nur mit dem, was leidet, als persona. Das wird auch dadurch deutlich, wenn Buddha die Herzensbefreiung durch die apamaññā negativ definiert: "ohne Feindseligkeit und ohne Übelwollen".


    Ferner ist zu beachten, dass es einen Unterschied zwischen der "unermesslichen Herzensbefreiung" (appamāṇā cetovimutti) durch die apamaññā ('Unermesslichen') gibt und der "erhabenen Herzensbefreiung" (mahaggata cetovimutti), vgl. MN 127. Mit letzterer ist auf das eigentlich buddhistische bhāvanā verwiesen.


    *Das im Westen so inflationär gebrauchte 'Liebe' ist mE keine wirklich passende Übersetzung von metta - zumindest eine, die weiten Raum für Fehldeutungen lässt. Das Dictionary der Pali Text society gibt ein recht weites Bedeutungsspektrum an: "love, amity, sympathy, friendliness, active interest in others". In jedem Fall gibt es eine Beziehung zu Personen an, nicht zum momentan Seienden.

    Offensichtlich geht es um die Frage, ob Frau Zölls für sich in Anspruch nehmen kann Zen im Besonderen beziehungsweise Buddhismus im Allgemeinen zu praktizieren oder nicht.

    Nein. Es geht um die Frage, ob Frau Zölls eine "Brückenbauerin aus dem Buddhismus ist", wie in der Ankündigung des Films behauptet. Wobei ich übrigens sehr bezweifle, dass Frau Zölls sich selbst so sieht. Was sie 'praktiziert', weiss ich nicht, es ist in diesem Kontext auch nicht von Bedeutung. Sie ist sicher eine moralisch integere Frau und in Meditation geschult und erfahren. Der buddhistische Weg - auch der des Zen - ist jedoch dreifach. Hier in diesem Thread geht es um prajñā / paññā, 'Weisheit'.


    Ich will Frau Zölls nicht Weisheit absprechen - aber auf buddhistische Weisheit verweist das hier thematisierte Zitat eindeutig nicht. Da braucht man auch nichts tendenziös umdeuten oder umformulieren, "der Sinn des Lebens ist es, dass Du fähig wirst, das du das, was gerade ist, lieben kannst“ ist unmissverständlich genug. Immerhin zeigt der von Dir angegebene Kontext des Zitats (der freilich nicht von Frau Zölls stammt und sie nur indirekt 'aus zweiter Hand' widergibt), dass sie das Prinzip anicca verstanden zu haben scheint. Mit duḥkhatā sieht es schon deutlich anders aus und mit anātman möglicherweise nochmals anders - der Stallgeruch des Benediktushofs und die ehemalige Profession lassen das erwarten. Gedō Zen (j外道) halt. Dagegen ist nichts einzuwenden - außer, dass das mit Buddhismus nichts zu tun hat. Ein Missverständnis, das dieser Film fördert.


    Ansonsten - etwas annehmen, wie es kommt ist nicht 'lieben', genau wie etwas loszulassen, wie es geht, nicht 'lieben' ist. In keinem Sinn. Das nennt sich im Buddhismus khanti pāramī / kṣānti pramita und lässt sich mE am besten mit 'tolerierender Akzeptanz' übersetzen. Es impliziert Abwesenheit von Hass und Liebe, auch in subtilster Form. Im Theravada wie im Mahāyāna eine der 'perfekten Geisteshaltungen', die Bedingungen des Erwachens sind.

    Frau Zölls kommt ja aus der von Willig Jäger gegründeten Schule "Leere Wolke" die ja eben gerade nicht im Rahmen einer buddhistischen Orthodoxie bleiben will sondern eine "west-östliche Weisheit" anstrebt

    Man kann die Blätter des Teestrauchs mit heißem Wasser aufgießen und erhält Tee als Medizin. Man kann auch 56 Kräuter in Alkohol mazerieren, das Ergebnis mit Wasser auf einen Alkoholgehalt von 35% verdünnen und zuckern - und man hat einen Jägermeister als Medizin. Die Medizin muss der Krankheit gerecht werden. Da macht es einen Unterschied, ob man Müdigkeit und Flüssigkeitsmangel behandelt oder Völlegefühl. Wobei ich bei letzterem eher zu Underberg tendiere, der ist nicht so penetrant süßlich.

    denn der Buddhadharma ist ja wohl für alle Buddhisten eine wesentliche Referenz. Letztlich geht es ja auch hier gar nicht um den Begriff selbst, sondern darum, eine fürsorgliche, mitfühlende, gütige, freudvolle Haltung gegenüber der Welt als Irrlehre zu begreifen.

    Es geht darum, Begriffe richtig zu verstehen, ihre Bedeutung. Die vier apamanna, die TNH unter dem Begriff 'Liebe' zusammenfasst, wurden ja schon angesprochen. Und da geht es eben nicht, wie bei Frau Zölls, um "eine fürsorgliche, mitfühlende, gütige, freudvolle Haltung gegenüber der Welt" - was sich leicht als Aufforderung zur Dankbarkeit für die göttliche Schöpfung entschlüsseln lässt. Es geht vielmehr um "eine fürsorgliche, mitfühlende, gütige, freudvolle Haltung" gegenüber allen Wesen dieser Welt, die alle an ihr leiden. Ich denke, der Unterschied ist gar nicht so schwierig zu erkennen.

    Mabli:

    Meine Lesart ist, dass es bei der Liebe zu dem gegenwärtig Seienden um eine annehmende und akzeptierende Haltung und eine transformative Kraft geht.


    Natürlich, so ist es von der Theologin Zölls gedacht. Hat bloß mit Buddhadharma nichts zu tun. Und ob das mit dem transformieren so klappt, wie Frau Zölls sich das evt. vorstellt, ist eine andere Frage. Du kannst eine Gefangniszelle hübsch tapezieren - die Zellentür öffnet das nicht.

    Um sich von Hass und Gier lösen zu können, muss man sich erstmal eingestehen können, dass man diese Gefühle in sich trägt.

    Man muss sie vor allem erkennen, auch in ihren subtilen Formen. Dann sieht man, dass auch die "Liebe zu dem gegenwärtig Seienden" nichts als subtile 'Gier' ist, lobha. Und damit Anhaftung.

    Aññatitthiya Sutta

    Wobei metta und die anderen apamanna nicht gerichtet sind auf das, was ist, sondern auf das, was an dem was ist, leidet. Ein nicht unerheblicher Unterschied.


    Frau Zölls ist offensichtlich eine versierte Theologin - das, was ist, das Leiden zu lieben, bringt die christliche Lehre knapp auf den Punkt. Eine Liebe, aus der der Mensch Abraham seinen Sohn Gott opfert und aus der Gott seinen Sohn den Menschen opfert. Das artet ja dann auch immer wieder in einen regelsrechten Leidenskult aus - wofür etwa die Zustände in den Sterbehäusern von "Mutter Teresa" recht bezeichnend waren. Das trägt schon die pathologischen Züge eines sublimierten Masochismus.

    das Wünsche-Haben nach einem außen

    ... ist auch nicht besser oder schlechter, als dieses "außen" zu lieben oder lieben zu wollen (was auch immer konkret unter diesem 'lieben' verstanden werden soll),

    von dem man abhängig ist, indem man von dort Befriedigung erhofft.

    - was, soweit ich sehe, eine Grundbedingung dafür ist, ein solches 'außen' überhaupt zu setzen und ein Selbst davon abzu-setzen. Wie man mit dieser Dichotomie umgeht, ist eine sekundäre Frage. Was dieser 'Umgang' wiederum als Folge bedingt, eine tertiäre - die allerdings die entscheidende für die Beurteilung sowohl der 'Setzung' von Ich und Nicht-Ich wie auch der möglichen Optionen des 'Umgangs' damit ist.