Ohne Denken wird man sich nicht in Achtsamkeit schulen können. Es geht ja darum, sich bewusst zu sein, was im eigenen Geist vor sich geht. Was im eigenen Geist vor sich geht, kann man aber nicht mit den Sinnesbewusstseinsarten erfassen.
Wie ich bei Analayo in mindestens drei Büchern über Satipatthana und vielen weiteren Artikeln verstanden habe, sollte man eigentlich das Denken, diesen plappernden Affen, am Ende überwinden und transzendieren, also über ihn hinausgehen. Der Beobachter und das Beobachtete kann man sich als zwei Seiten derselben Medaille vorstellen. Doch weitergehend gibt es keine Dualität mehr, keine Trennung, wie es zum Beispiel im Herz-Sutra beschrieben wird. Daher ist dieser Zustand mit sprachlichen Mitteln nicht vermittelbar, aber erlebbar und erfahrbar. Es ist kein Zufall, dass der Buddha im Pali-Kanon nicht direkt darauf geantwortet hat, was Nibbana ist.
Anders ausgedrückt: Sati benutzt das Denken sozusagen als Werkzeug, aber es findet kein Denken statt. Für das Denken braucht man jedoch den Denkenden, und so erschafft man selbst die Trennung, die eigentlich nicht vorhanden ist.
Zitat Eine genauere Untersuchung dieser Definition offenbart jedoch, dass sati eigentlich nicht als das Erinnern selbst definiert wird, sondern als das, was das Erinnern ermöglicht und erleichtert. Diese Definition von sati deutet darauf hin, dass das Erinnerungsvermögen gut funktioniert, wenn sati präsent ist. Auf diese Weise verstanden, lässt sich sati besser mit dem Kontext von satipaṭṭhāna in Verbindung bringen, wo es nicht darum geht, Vergangenes ins Bewusstsein zu rufen, sondern vielmehr darum, dass sich die Achtsamkeit auf den gegenwärtigen Augenblick richtet.
Ähnlich wird sati als Achtsamkeit des gegenwärtigen Augenblicks in den Darstellungen des Paṭisambhidāmagga und des Visuddhimagga beschrieben, denen zufolge die typische Eigenschaft von sati "Gegenwärtigkeit" (upaṭṭhāna) ist – sei es als Fähigkeit (indriya), als Erwachensfaktor (bojjhaṅga), als Bestandteil des edlen achtfachen Pfades oder im Moment der Verwirklichung.
So kann Achtsamkeit als Gegenwärtigkeit (upaṭṭhita-sati) verstanden werden, indem sie "Geistesgegenwärtigkeit" einschließt, insofern sie direkt der "Geistesabwesenheit" (muṭṭha-sati) entgegengesetzt ist. "Geistesgegenwärtigkeit" bedeutet, dass jemand, der sati besitzt, in Bezug auf den gegenwärtigen Augenblick hellwach ist. Aufgrund dieser Geistesgegenwart wird alles, was getan oder gesagt wird, klar vom Geist erfasst, sodass man sich später leichter daran erinnern kann.
S.63, "Der Direkte Weg".
In einem anderen Buch wird es noch präziser dargestellt, was mich persönlich an Zen erinnert. Es geht darum, immer wach und präsent zu bleiben, ohne „Denken“ oder „Bewertungen“. Man sieht die Welt der Phänomene, anders ausgedrückt, wie sie wirklich ist, und nicht durch die mentalen Schablonen und Raster der Wahrnehmung. Bei richtiger sati entfernt man sozusagen alles Denken, und übrig bleiben die rohen Daten der Wahrnehmung. Genau deshalb ermöglicht sati, die kilesa im Keim zu ersticken, oder noch weiter, sie können überhaupt nicht mehr entstehen. / Keine Mentale Ausuferung,.Papañca.Conceptual proliferation../ So habe ich es verstanden, und so praktiziere ich es nach der Theravada-Tradition.
Alles Gute!