Mabuttar:
Oder ist es eine bestimmte Art von sankhara die durch Nichtwissen bedingt ist und nicht alle sankhara ?
Ich möchte da nochmal Nanavira Thera zitieren in "EINE NOTIZ ZU PATICCASAMUPPADA", der es dort wegen der Exaktheit zwar sehr technisch erklärt, aber es kann sich lohnen.
In einem zweiten Post dann ein Auszug aus dem Essay "Veränderung" von Samanero Bodhesako. Er war Herausgeber der "Notizen zu Dhamma" und hat darin versucht die doch ziemlich komplexen Ausführungen Nanaviras in eine etwas einfachere Sprache zu verfassen.
EINE NOTIZ ZU PATICCASAMUPPADA
11. Wir wollen uns jetzt dem Anfang der paticcasamuppáda-Formel zuwenden und das Wort sankhára erwägen. Die Passage aus dem Cúlavedalla Sutta, die in §5 zitiert wird, verwendet sankhára, um ein Ding zu bezeichnen, das von einem gewissen anderen Ding untrennbar ist – mit anderen Worten, eine unab-dingbare Bedingung. Diese Definition ist vollkommen unkompliziert und ganz allgemein, und wir werden feststellen, dass dies alles ist, was wir brauchen. (Wenn ein sankhára etwas ist, wovon etwas anderes abhängt, können wir sagen, dieses „etwas anderes” wird von dem ersten Ding gestaltet oder bestimmt, gestaltet durch den sankhára, der daher etwas „Gestaltendes” oder eine „Gestaltung” ist. {Ñánavìra Thera übersetzt sankhára, sankhata, sankharoti mit „determination, determined, to determine”. Im Deutschen wäre „Bestimmung, bestimmt, bestimmen” die naheliegendste Übersetzung gewesen. Leider verdrängen bei diesen Begriffen die spezifischen Bedeutungen die allgemeine und Verwechslung mit „destiny, regulation, vocation etc./decided, resolute, specific etc./ modify, dispose of, ascertain etc.” wäre unvermeidbar. Das sind zwar auch alles Bestimmungen, aber eben bestimmte (specific determinations). Daher wurde den bereits eingeführten Begriffen „Gestaltung, gestaltet, gestalten” Vorzug gegeben. Für ein korrektes Verständnis sorgt der Text selbst. [S. Bodhesako, einer der Herausgeber von CtP, verwendet in seinen eigenen Werken „condition, conditioned, to condition”.]} Es wird zweckdienlich sein, das Wort Gestaltung zu benutzen, wenn wir sankhára übersetzen müssen.)
Zitat
Sabbe sankhárá aniccá;
sabbe sankhárá dukkhá;
sabbe dhammá anattá.
Alle Gestaltungen sind unbeständig;
alle Gestaltungen sind dukkha (leidhaft);
alle Dinge sind Nicht-Selbst
(Dhammapada 277-279).
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Ein puthujjana nimmt das, was ihm als sein „Selbst” erscheint, für bare Münze. Wenn er sich fragt, „Was ist mein Selbst?”, trachtet er danach, es irgendwie mit dem ein oder anderen Ding zu identifizieren, insbesondere mit den pañc’upádánakkhandhá oder einem davon (siehe Khandha Samy. 47 <S.III,46>4). Welches Ding (dhamma) er auch immer als das „Selbst” identifiziert, das nimmt er als beständig an; denn sähe er es als unbeständig an, würde er es nicht als „Selbst” identifizieren (siehe DHAMMA). Da er es aber doch als beständig ansieht – in der Tat beständiger als alles andere – wird er denken: „Andere Dinge mögen unbeständig sein, aber nicht dieses Ding, was ich bin.” Damit er es also als unbeständig sehen kann, sind indirekte Methoden erforderlich: Zuerst muss er sehen, dass dieses Ding von irgendeinem anderen Ding abhängig ist oder dadurch gestaltet wird, und dann muss er sehen, dass jenes andere Ding, jene Gestaltung oder sankhára von der dieses Ding abhängt, unbeständig ist. Wenn er sieht, dass jenes andere Ding oder sankhára, von dem dieses Ding abhängt, unbeständig ist, sieht er, dass auch dieses Ding unbeständig sein muss und betrachtet es nicht mehr als „Selbst”. (Siehe SANKHÁRA.) Wenn also sabbe sankhárá aniccá gesehen wird, wird sabbe dhammá anattá gesehen. Und ähnlich verhält es sich mit sabbe sankhárá dukkhá. Wir können daher sabbe sankhárá aniccá verstehen als „Alle Dinge, von denen andere Dinge (dhammá) abhängig sind – d.h. alle Gestaltungen (sankhárá) – sind unbeständig”, mit einem stillschweigend angehängten Folgesatz, „Alle Dinge, die von anderen Dingen (sankhárá) abhängig sind – d.h. alle bedingten oder gestalteten Dinge (sankhatá dhammá) – sind unbeständig.” Danach folgt „Alle Dinge sind Nicht-Selbst” als Selbstverständ-lichkeit.
13. Jedes Ding (dhamma) muss notwendigerweise einer oder mehrere der pañc’upádánakkhandhá sein (oder auf irgendeine Weise darin enthalten), entweder allgemein – z.B. Gefühl im Allgemeinen, d.h. Gefühl im Gegensatz zu dem, was nicht Gefühl ist – oder speziell – z.B. dieses anwesende schmerzhafte Gefühl im Gegensatz zu dem vorangegangenen angenehmen Gefühl (das als ein vergangenes Gefühl anwesend ist). In gleicher Weise muss auch jede Gestaltung (sankhára) einer oder mehrere der pañc’(upádán)akkhandhá sein. Somit können die pañc’(upádán)akkhandhá entweder als sankhárá oder als dhammá betrachtet werden, je nachdem, ob man sie nun als „Dinge-von-denen-andere-Dinge-abhängig-sind” ansieht oder als „Dinge-an-und-für-sich”. Siehe Majjhima 35 <M.I,228>.
14. Sankhárá sind einer der pañc’upádánakkhandhá (oder im Fall des arahat, einer der pañcakkhandhá – siehe Khandha Samy. 48 <S.III,47>). Die Lehrrede, die in §5 erwähnt wird (Khandha Samy. 56)3, sagt ausdrücklich, dass sankhárá in diesem Kontext cetaná sind. Wenn das der Fall ist, muss cetaná etwas sein, von dem andere Dinge abhängig sind. Was sind das für Dinge? Die Antwort erfolgt prompt durch das Khajjaniyasutta (Khandha Samy. 79 <S.III,87>6: es sind die pañc’(upádán)akkhandhá selbst.
15. Das bringt uns zu den puññábhisankhára, apuññábhisankhára und áneñjábhisankhára aus §6. Diese Gestaltungen sind ganz klar cetaná der einen oder anderen Art – und tatsächlich stellt die Lehrrede selbst einen Zusammenhang zwischen den Begriffen abhisankharoti und abhisañcetayati her (Nidána Samy. 51). Eine kurze Erörterung ist notwendig. Die Lehrrede sagt:
Zitat
Avijjágato'yam bhikkhave purisapuggalo puññañ ce sankháram abhisankharoti, puññúpagam hoti viññánam.
Wenn, ihr Bhikkhus, dieses unwissenheits-verstrickte menschliche Individuum eine verdienstvolle Gestaltung gestaltet, ist das Bewusstsein bei Verdienst angelangend.
Das Wort puñña wird für gewöhnlich mit kamma assoziiert, und die traditionelle Interpretation nimmt an, dass puññúpaga viññána gleichbedeutend mit puññakammavipáka im nächsten Leben ist. Puñña ist sicherlich kamma, aber in der Lehrrede deutet nichts darauf hin, dass puññúpaga viññána irgendetwas anderes ist als das verdienstvolle Bewusstsein von einem, der Verdienst gestaltet oder beabsichtigt. (Wenn von einem Individuum Verdienst beabsichtigt wird, ist es sich seiner Welt als einer „Welt-zum-Verdienste-darin-tun” bewusst, und das Bewusstsein ist somit „bei Verdienst angelangend”.) In §14 sahen wir, dass cetaná (oder Absichten) jeglicher Art sankhárá sind, und diese hier sind keine Ausnahme. Wie wir aus der Lehrrede ersehen, sind diese hier jedoch von besonderer Art; denn sie sind nicht im arahat zu finden. Es sind Absichten, in denen implizit der Glaube an ein „Selbst” steckt. Wir sahen in §10, dass der Glaube an ein „Selbst” die Bedingung für Geburt ist, und wenn solch ein Glaube restlos ausgemerzt ist, ist das Wort Geburt gegenstandslos. Mit dem Aufhören dieser bestimmten Absichten gibt es das Aufhören von Bewusstsein. Der arahat lebt allerdings noch und er hat sowohl Absichten (oder allgemeiner gesagt, Gestaltungen), wie auch Bewusstsein; aber dieses Bewusstsein ist niruddha, und die Absichten (oder Gestaltungen) müssen auf ähnliche Weise als „aufgehört” gelten. (Dieser Punkt wird in §22 weiter erörtert. Siehe auch VIÑÑÁNA.) Sankhárapaccayá viññánam, was bedeutet „solange es Gestaltungen gibt, gibt es Bewusstsein”, ist daher auch so zu verstehen: „solange es puthujjana-Gestaltungen gibt, gibt es puthujjana-Bewusstsein”. Auch wenn uns das Khajjaniyasutta (§14) sagt, dass Gestaltungen so genannt werden, weil „sie das Gestaltete gestalten” (inklusive Bewusstsein), dürfen wir daraus nicht schließen, dass die Gestaltungen in „Gestaltungen sind eine Bedingung für Bewusstsein” (sankhárapaccayá viññánam) deshalb Gestaltungen sind, weil sie eine Bedingung für Bewusstsein sind: im Gegenteil. Sie sind eine Bedingung für Bewusstsein, weil sie Gestaltungen sind. Daher gilt: vitakkavicárá gestalten vacì, deshalb werden sie vacìsankhára genannt; und in ihrer Eigenschaft als ein sankhára sind sie eine Bedingung für viññána. Im Speziellen: puññábhisankhára, apuññábhisankhára und áneñjábhisankhára sind cetaná, die viññána je nachdem als puññúpaga, apuññúpaga und áneñjúpaga gestalten. Da sie etwas gestalten (egal was), sind diese Absichten Gestaltungen (wie im Khajjaniyasutta dargelegt). Als Gestaltungen sind sie eine Bedingung für Bewusstsein. Und als puthujjana-Gestaltungen sind sie eine Bedingung für puthujjana-Bewusstsein (das immer puññúpaga, apuññúpaga oder áneñjúpaga ist). Warum nun genau Gestaltungen eine Bedingung für Bewusstsein sind, wird später erörtert werden.
16. Zu dem, was in §5 über káyasankhára, vacìsankhára und cittasankhára gesagt wurde, ist nichts hinzuzufügen, außer dass wir in den Suttas gelegentlich auf die Begriffe káyasankhára, vacì-sankhára und manosankhára (nicht cittasankhára) stoßen. Sie sind als káyasañcetaná, vacìsañcetaná und manosañcetaná zu verstehen (siehe Nidána Samy. 25 <S.II,40>) und sollten nicht mit der vorher genannten Triade verwechselt werden.g Andere Spielarten von sankhárá, denen wir in den Suttas begegnen (z.B. áyusankhára, „das, wovon Leben abhängt”, in Majjhima 43 <M.I,295>) bereiten keine besonderen Probleme. Von nun an wollen wir also von der Grundbedeutung von sankhára, wie sie in §11 definiert ist, ausgehen.
17. Man betrachte nun diesen Satz:
Zitat
Tisso imá bhikkhave vedaná aniccá sankhatá paticcasamuppanná...
Es gibt, ihr Bhikkhus, diese drei Gefühle, die unbeständig sind, gestaltet, abhängig entstanden...
(Vedaná Samy. 9 <S.IV,214>.
Wir sehen erstens, was sankhata ist, ist anicca; das wissen wir schon aufgrund der Erörterung in §12. Zweitens sehen wir, sankhata sein und paticcasamuppanna sein ist das Selbe. Dies nennt uns gleich den Zweck der paticcasamuppáda-Formeln mit; sie sollen uns nämlich mittels der indirekten Methode von §12 zeigen, dass alle in ihnen aufgezählten Glieder unbeständig sind, denn jedes einzelne davon hängt von dem vorausgehenden Glied ab. Jetzt mag die Frage auftauchen, „Was ist dem ersten Glied – ist es beständig, da ihm ja kein anderes Glied vorausgeht?” In etlichen Suttas (Dìgha 14 <D.II, 32>; Nidána Samy. 65 >S.II,107>; ebd. 67 <S.II,112-115>) läuft die Serie rückwärts bis
Zitat
námarúpapaccayá saláyatanam, viññánapaccayá námarúpam, und dann wieder vorwärts náma-rúpapaccayá viññánam,
bedingt durch Name&Form ist das sechs-fache Sinnesgebiet; bedingt durch Bewusstsein ist Name&Form; … bedingt durch Name&Form ist Bewusstsein.
Dazu merkt der Buddha folgendes an (Dìgha 16 und Nidána Samy. 65):
Zitat
Paccudávattati kho idam viññánam náma-rúpamhá náparam gacchati; ettávatá jáyetha vá jìyetha vá mìyetha vá cavetha vá uppajjetha vá yadidam námarúpapaccayá viññánam, viññána-paccayá námarúpam, námarúpapaccayá sal-áyatanam,
Dieses Bewusstsein kehrt von Name&Form wieder zurück, es geht nicht darüber hinaus; so weit mag man geboren werden oder altern oder sterben oder schwinden oder aufsteigen; nämlich bedingt durch Name&Form ist Bewusstsein; bedingt durch Bewusstsein ist Name&Form; bedingt durch Name&Form ist das sechsfache Sinnesgebiet...
und so weiter. In dieser Formel wird deutlich, dass es kein „erstes Glied ohne vorangehendes Glied” gibt – námarúpa hängt von viññána ab und viññána hängt von námarúpa ab, das eine wird jeweils vom anderen gestaltet. Wenn sich der puthujjana entscheidet, dass viññána „Selbst” ist, stellt er fest, dass dessen Beständigkeit durch die Unbeständigkeit von námarúpa untergraben wird; wenn er sich entscheidet, dass námarúpa „Selbst” ist, wird dessen Beständigkeit durch die Unbeständigkeit von viññána untergraben. (Nebenbei bemerkt, die traditionelle Interpretation von námarúpa als „Geist&Materie” – siehe Visuddhimagga Kap. XVIII – liegt ziemlich falsch. Rúpa ist sicherlich „Materie” [oder vielleicht „Substanz”], aber náma ist nicht „Geist”. Weitere Erörterung ist hier nicht angebracht, aber siehe hierzu NÁMA. Wir können provisorisch mit „Name& Materie” übersetzen.)
18. Da „sankhata sein” und „paticcasamuppanna sein” ein und das selbe ist, sehen wir, dass jedem Glied der Reihe in §17 ein sankhára vorangeht, von dem es abhängig ist, und dass daher die Ansammlung von Gliedern in ihrer Gesamtheit von der Ansammlung ihrer jeweiligen sankhárá in ihrer Gesamtheit abhängig ist. In diesem Sinne können wir sagen, dass die Ansammlung von Gliedern in ihrer Gesamtheit sankhárapaccayá ist. Aber da diese Aussage nur bedeutet, dass jedes einzelne Glied der Reihe von einem bestimmten sankhára abhängig ist, sagt es uns nichts Neues. Sankhárapaccayá kann jedoch noch auf andere Art und Weise verstanden werden: Statt „abhängig von einer Ansammlung bestimmter sankhárá” könnte es auch bedeuten „abhängig von der Tatsache, dass es so etwas wie sankhárá gibt”. Im ersten Sinne ist sankhárapaccayá gleichbedeutend mit paticcasamuppanna („abhängig entstanden”) und bezieht sich auf eine gegebene Reihe als Ansammlung bestimmter Glieder; im zweiten Sinne ist sankhárapaccayá gleichbedeutend mit paticcasamuppáda („abhängiges Entstehen”) und bezieht sich auf eine gegebene Reihe als Beispiel für ein strukturelles Prinzip. Im zweiten Falle ist es ganz allgemein auf alle Formeln von paticcasamuppáda zutreffend, nicht nur auf diese (da jede beliebige Formel aus irgendeinem anderen Satz bestimmter Glieder besteht). Paticcasamuppáda ist in der Tat ein strukturelles Prinzip, das formell in der ersten Suttapassage am Anfang dieser Notiz dargelegt ist) und nicht die eine oder andere bestimmte Kette von sankhárá. Es wäre daher eine übermäßige Vereinfachung, irgendeine gegebene Formel mit bestimmter Ausdrucksweise als paticcasamuppáda zu betrachten. Jede dieser Formeln ist beispielgebend für das Prinzip, keine davon legt es dar. Jede beliebige paticcasamuppáda-Reihe hängt, kraft der Tatsache, dass sie ein Beispiel für paticcasamuppáda ist, davon ab, dass es solche Dinge wie sankhárá gibt: folglich hängt die Reihe in §17 von der Tatsache der Existenz von sankhárá ab: Gäbe es nicht so etwas wie sankhárá, gäbe es auch keinesfalls so etwas wie paticcasamuppáda und daher auch nicht so etwas wie diese individuelle Formulierung davon.
19. Aber wenn es auch eine übermäßige Vereinfachung ist, irgendeine einzelne Reihe als paticcasamuppáda zu betrachten, so ist es dennoch nicht völlig falsch. Denn wir stellen fest, dass ein bestimmter Satz von Gliedern (viññána, námarúpa, saláyatana, phassa und so weiter) immer wieder auftaucht, mit nur geringen Abweichungen (Dìgha 15, <D.II, 56>9 lässt zum Beispiel saláyatana aus), in fast jeder speziellen paticcasamuppáda-Formel. Der Grund für dieses ständige Wiederkehren ist folgender: Obwohl paticcasamuppáda ein strukturelles Prinzip ist, beschäftigt sich die Buddhalehre mit einem bestimmten Problem und daher mit einer bestimmten Anwendung dieses Prinzips. Das Problem ist Leiden und sein Aufhören; die Sphäre, in der sich dieses Problem abspielt, ist die Sphäre des Erlebens, der bewussten Existenz, des Daseins; und die spezifischen Glieder viññána, námarúpa und die übrigen sind die fundamentalen Kategorien dieser Sphäre. Als Konsequenz davon ist die Reihe námarúpapaccayá viññánam, viññánapaccayá námarúpam, námarúpa-paccayá saláyatanam, saláyatanapaccayá phasso und so weiter das fundamentale Beispiel für paticcasamuppáda in der Buddhalehre, und deren spezielle Glieder sind die grundlegenden sankhárá. (Siehe unter KAMMA eine Suttapassage, in der auf ganz anderer Ebene ein Beispiel für paticcasamuppáda gegeben wird. Wenn man nicht versteht, dass paticcasamuppáda im Grunde ein strukturelles Prinzip mit einer ganzen Bandbreite unterschiedlicher Anwendungsmöglichkeiten ist, dann gerät man Verwirrung.) Nachdem diese speziellen Glieder die fundamentalen Kategorien sind, anhand derer das Erleben beschrieben wird, sind sie in jeglichem Erleben anwesend, und diese grundlegende paticcasamuppáda-Formel sagt uns, dass sie letztendlich alle von viññána abhängig sind (ganz offensichtlich, denn ohne Bewusstsein gibt es kein Erleben).h Aber da all diese Glieder inklusive viññána von sankhárá abhängig sind, ist die Reihe insgesamt sankhárapaccayá. (Obwohl dies in beiden, in §18 erörterten Sinnzusammenhängen zutrifft, bringt uns der erste davon nur eine selbstbestätigende Aussage. Nur der zweite Sinnzusammenhang von sankhárapaccayá interessiert uns.) Wenn wir diese Tatsache ausdrücken wollen, ist es nur nötig, sankhárapaccayá viññánam zu sagen. Da sankhárapaccayá (in dem Zusammenhang, der uns interessiert) gleichbedeutend mit paticcasamuppáda ist, gehen wir mal davon aus, dass sankhára-paccayá viññánam bedeutet „viññána ist paticcasamuppáda”. Versuchen wir, dieser Aussage nachzugehen.
20. Jedes beliebige Erleben beinhaltet paticcasamuppáda, aber das kann auf unterschiedliche Weise mit gegenseitiger Überschneidung gleichzeitig geschehen. So ist der (erlebte) Körper untrennbar vom (erlebten) Atem, und (erlebtes) Sprechen ist untrennbar von (erlebtem) Denken: Und sowohl (Erleben von) Atem, wie auch (Erleben von) Denken sind daher sankhárá. Aber in jeglichem Erleben stecken – als dessen fundamentale Kategorien und wesentliche sankhárá - viññána, námarúpa und so weiter. Wann immer es also Atem (káyasankhára) oder Denken (vacì-sankhára) und natürlich Wahrnehmung und Gefühl (cittasankhára) gibt, gibt es auch viññána, námarúpa und so weiter, die ebenfalls sankhárá sind. Auf ähnliche Weise ist jegliches Erleben absichtlich: Es ist untrennbar (außer für den arahat) von puññábhisankhára, apuññábhisankhára und áneñjábhisankhára. Aber in jeglichem Erleben stecken wiederum viññána, námarúpa und so weiter, seine fundamentalen Kategorien und wesentlichen sankhárá.i Mit anderen Worten, jedes beliebige Beispiel von paticcasamuppáda in der Sphäre des Erlebens kann in das fundamentale Beispiel von paticcasamuppáda in der Sphäre des Erlebens umformuliert werden, das – wie könnte es auch anders sein – mit viññána beginnt. Daher sind viññána und paticcasamuppáda eins. Das ist also die Bedeutung von sankhárapaccayá viññánam, darum ist „bedingt durch Gestaltungen Bewusstsein”.
21. Diese Erörterung hat vielleicht verdeutlicht, warum sankhárá in der üblichen zwölfgliedrigen paticcasamuppáda-Reihe eine derart bunte Sammlung von Dingen sein kann, wie Absichten des Verdienstes, Unverdienstes und der Unverstörbarkeit, Ein-&Ausatmen, Gedankenfassen&Nachdenken, Wahrnehmung und Gefühl. Diese Dinge sind, eins wie das andere, Dinge, von denen andere Dinge abhängig sind, und als solche sind sie sankhárá der einen oder anderen Art; und solange es überhaupt sankhárá irgendwelcher Art gibt, ist viññána vorhanden und alles, was von viññána abhängig ist, mit anderen Worten, paticcasamuppáda ist vorhanden. (Wir wollen die irrelevanten Ausnahmen von áyusankhára und saññávedayitanirodha außer Acht lassen, die außerhalb der Sphäre des Erlebens liegen. Siehe Majjhima 43 <M.I,295>.) Umgekehrt hört viññána (und daher paticcasamuppáda) auf zu existieren, wenn sankhárá jeglicher Art aufgehört haben. (Man mag sich fragen, warum káyasankhára und die beiden anderen durch besondere Erwähnung als sankhárá hervorgehoben werden. Anscheinend lautet die Antwort: um das fortschreitende Aufhören der sankhárá beim Erlangen von saññávedayitanirodha aufzuzeigen – siehe Majjhima 44 <M.I,301> und Vedaná Samy. 11 <S.IV,216> - oder einfach, um zu zeigen, solange es paticcasamuppáda gibt, gibt es Körper, Sprache oder [zumindest] Geist.)
23. Wie wir sehen, kann man sankhárapaccayá viññánam so verstehen, dass jede spezifische Reihe von sankhára/sankhatadhamma-Paaren (einem oder mehreren), bei der das erste Paar viññána enthält, von genau der Tatsache abhängig ist, dass es überhaupt sankhárá gibt. Avijjápaccayá sankhárá heißt dann, dass eben diese Tatsache, dass es überhaupt sankhárá gibt, von avijjá abhängig ist; und mit dem Aufhören von avijjá – avijjánirodhá – hören alle sankhárá, welcher Art auch immer, auf – sankháranirodho. Die vielleicht schlichteste Formulierung dieser Aussage, aus dem Vinaya Mahávagga, lautet:
Zitat
Ye dhammá hetuppabhavá, Tesam hetum Tathágato áha, Tesañ ca yo nirodho, Evamvádì mahásamano.
Die ursächlich entstehenden Dinge, deren Ursache hat der Tathágata genannt, und was deren Aufhören ist, so spricht der Große Mönch.
Hier sind ye dhammá hetuppabhavá alle Dinge jeglicher Art, die von hetú („Gründe, Ursachen” – Synonym zu paccayá) abhängig sind. Da jedes dieser Dinge von seinem jeweiligen hetu abhängig ist (wie in beliebiger paticcasamuppáda-Formel), teilt es sein Schicksal mit seinem hetu – es ist anwesend, wenn der hetu anwesend ist, und abwesend, wenn der hetu abwesend ist. Daher ist der hetu dieser Dinge zusammengenommen (aller Dinge, die hetuppabhavá sind) nicht verschieden vom hetu der einzelnen hetú zusammengenommen. Wenn es überhaupt hetú gibt, dann gibt es hetuppabhavá dhammá, wenn es keine hetú gibt, dann gibt es keine hetuppabhavá dhammá; und hetú haben, weil sie nichts anderes als sankhárá sind, avijjá als Bedingung. Tesam hetum („deren Ursache”) ist also avijjá. Das Dhamma zu sehen, heißt paticcasamuppáda zu sehen (wie in §7 festgestellt wurde), und avijjá ist daher das Nicht-Sehen von paticcasamuppáda. Avijjápaccayá sankhárá bedeutet somit „paticcasamuppáda ist abhängig vom Nicht-Sehen von paticcasamuppáda”. Umgekehrt ist das Sehen von paticcasamuppáda das Aufhören von avijjá, und wenn paticcasamuppáda gesehen wird, verliert es seine Bedingung („Nicht-Sehen von paticcasamuppáda”) und hört auf. Und das ist das Aufhören aller hetuppabhavá dhammá. Somit ist tesam yo nirodho das Aufhören von avijjá.