Jyotsna':Ja, und da haben wir den Punkt: Ich weiß zwar nicht, wie unterschiedlich oder gleich die Leute in Tibet sind, aber hier bei uns gibt es im Christentum die ganze Palette: vom Nichtgläubigen, der wegen der Familie kirchlich heiratet und die Kinder taufen lässt bis zum beihnahe fanatischen Katholiken ist in allen Schattierungen alles vertreten.
Ich bin sehr freiheitlich erzogen worden mit ganz schwach christlichem Hintergrund.
Meine eigenen Kinder zum Beten anzuhalten schaffe ich genauso wenig, wie ihnen Lügengeschichten über den Weihnachtsmann zu erzählen. Vielleicht ist das ein Fehler, vielleicht sind wir tatsächlich so gut wie entwurzelt, aber es ist so.
Deshalb bin ich ja einmal aus dem Verein Kirche ausgetreten - weil ich nicht um der Anerkennung der Leute wegen, auch noch in meiner Freizeit was machen wollte. Und dann bin ich wieder eingetreten, weil mir was gedämmert war - man kann entweder einen neuen Verein gründen oder sich auf das einlassen, was ist. Und - die unterscheidung von Freizeit und Unfreizeit ist Unsinn.
Die Gründung eines neuen Vereins macht mehr Arbeit und Stress. Noch eine Religions-Sekte - wie irre muß man denn da sein. Dann lieber Atheist - aber mit denen zusammen fehlt ein spannender Streitgegenstand.
Die Tibeter sind genauso wie wir - alle Menschen sind gleich. Oder anders gesagt - alle Menschen sind Tibeter. Es sind Äußerlichkeiten, die uns unterscheiden. Diese Äußerlichkeiten können aber gewaltige Dimensionen annehmen.
Naja - und außerdem bin ich auch nicht daran interessiert mich auf mittelalterliche Gepflogenheiten einzulassen. Ich betrachte das als Brauchtumspflege - das habe ich schon immer nicht ausstehen können. Karnevalsverein, Schützenverein, Fronleichnamsprozessionen -- igitt.
Ich betrachte Kultur als Studienobjekt. Tibet ist was für Ethnologen und Historiker.
Ich glaube ich war nicht erziehbar - jedenfalls sieht das Ergebnis so aus. Und deshalb erziehe ich auch nicht. Aber du, bist Gärtner, da kann man das gut gebrauchen. Ich bin gerne im Garten - als Aufenthaltsort.
Die Zeit des Weihnachtsmannes und Osterhasen habe ich als Kind sehr genossen - es war alles so voller Geheimnisse. Allerdings waren die Geschenke immer voll enttäuschend.
Das habe ich meinen Kindern dann erspart - sie bekamen exakt das, was sie sich wünschten. Wenn schon Weihnachtsmann, dann aber richtig.
Bei Bruno Bettelheim habe ich da mal was Vernünftiges über diese komischen Geschenkebringer gelesen. Aber wenn ich das richtig betrachte - so war das bloß ne Wiederholung meiner Kindheit. Jetzt hatte ich die Gelegenheit die Sachen mit dem Weihnachtsmann und Osterhasen richtig zu stellen.
Der Mensch hat keine Wurzeln - außer wenn er hier im Forum anwächst